HMS Scylla 1/700 von Jim Baumann

Das Original

Die HMS Scylla war ein leichter Flak Kreuzer der Dido Klasse. Sie wurde in Greenock, Schottland, im April 1939 auf Kiel gelegt. Der Stapellauf erfolgte bereits im Juli 1940, bis zur Indienststellung dauerte es dann noch bis Juni 1942. HMS Scylla und ihr Schwesternschiff HMS Charybdis waren mit vier 4,5” Zwillingstürmen bewaffnet, da die eigentlich vorgesehenen 5,25” Türme nicht in ausreichender Anzahl zur Verfügung standen. Beide Schiffe hatten daher bald ihren Spitznamen „the toothless terrors“ weg.

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Trotzdem hatten beide Schiffe eine beachtliche Feuerkraft, was sie im Einsatz auch unter Beweis stellten. HMS Scylla fuhr zuerst auf der Eismeerroute nach Murmansk. Nach der Rückkehr mit dem Konvoi PQ18 beehrte Winston Churchill das Schiff mit seinem Besuch. Anschließend lief der Kreuzer nach Gibraltar, welches er im Oktober 1942 erreichte. Nach der Teilnahme an der Operation Torch, der Landung der US Amerikaner in Nordafrika, nahm HMS Scylla an Operationen in der Biskaya teil. Bei einer der Operationen brachte der Kreuzer am 01. Januar 1943 das unter deutscher Flagge fahrende Schiff Rhakotis, ca. 200 Meilen NW von Cape Finisterre, auf. Nachdem HMS Scylla das Feuer eröffnete, versenkte die Besatzung der Rhakotis ihr Schiff.

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Im Februar desselben Jahres fand sich der Kreuzer im Nordmeer wieder, doch bereits im Juni ging es wieder zurück in die Biskaya. Im September 1943 unterstützte HMS Scylla die Landungen in Salerno. Anschließend erfolgte die Rückverlegung in die Heimat, um dringende Reparaturarbeiten durchführen zu können. In diesem Zuge erfolgte ein Umbau für die Rolle als Flaggschiff für Escort Träger Verbände. Im Juni 1944 fand sich HMS Scylla in der Funktion als Flaggschiff für die MTB Verbände wieder, welche die Landung in der Normandie unterstützen und die deutschen Schnellboote in ihren Basen in Brest und Lorient angriffen. Ihre aktive Karriere endete am 23. Juni 1944. An diesem Tag lief der Kreuzer auf eine Mine. Die folgende Detonation brach den Kiel des Schiffes. Sie konnte zwar eingebracht werden, wurde aber aufgrund der Kosten und der günstigen Kriegslage außer Dienst gestellt.

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Ihre letzten Einsätze erlebte der Hulk von 1948 bis 1950 als Zielschiff. Im Mai 1950 wurde das Schiff von Barrow-in-Furness abgebrochen. In ihren 34 Monaten aktiven Einsatzes war HMS Scylla stets ein glückliches Schiff. Sie nahm an vielen unterschiedlichen Einsätzen und Operationen teil und verlor lediglich einen Mann, der bei schlechtem Wetter über Bord ging.

Das Modell

Das Modell ist für einen Kreuzer Display für die Show in Telford gedacht. Obwohl der Zweite Weltkrieg mit seinen Schiffen nicht gerade meinen Schwerpunkt darstellt, hat mich doch der hellblaue Tarnanstrich auf dem Deckelbild des WSW Bausatzes gereizt, auch wenn das Blau einige Fragen aufwirft.

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Ich hatte einen einfachen und zügigen Bau erwartet, doch irgendwie steckten in dem Modell einige ungeahnte Probleme und Schwierigkeiten. Die wesentlichen Probleme zeigten sich bei einem Vergleich mit Fotos des Originals. WSW hat das Mastermodell augenscheinlich nach den Profile Morskie Plänen erstellt, diese sind jedoch leider fehlerhaft. Einige der Unstimmigkeiten sind falsch positionierte Luken und Schotten, unstimmige Brückendetails, fehlende oder falsch positionierte Spritwasserabweiser und Schanzkleider, ein falsches Profil des Decks und der Schornsteine sowie etliche kleinere Unstimmigkeiten. Doch die größte Unstimmigkeit resultierte aus einem eigenen Fehler! Nachdem ich etliche Ressourcen nach dem Tarnanstrich durchforscht hatte, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass Scylla den auf der Steuerbordseite aufgebrachten Tarnanstrich auch auf der Backbordseite führte. Damit lag ich aber falsch, wie ich leider erst in einem weit fortgeschrittenen Baustadium feststellen musste. Es war leider zu spät, den bereits aufgetragenen Anstrich zu übermalen, daher muss ich wohl mit meinem Irrtum leben. Anzumerken sei, dass Scylla im Laufe ihrer Dienstzeit des Öfteren Änderungen an ihrem Tarnanstrich aufwies!

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Nachdem ich den Rumpf von Gussrückständen gesäubert hatte, machte ich mich daran, einige der Holzdecks herunter zu schleifen, an deren Stelle eigentlich ein Stahldeck sein sollte. Außerdem habe ich den Knickspant am Bug etwas stärker betont. Etwas Kopfzerbrechen bereiteten mir die vertikalen Brückenfenster. Diese wollte ich durch Fotoätzteile ersetzen, fand aber zunächst keine passenden. Schließlich wurde ich bei Zubehör für Modelleisenbahnen fündig. Leitern für Eisenbahnmodelle passten genau für meinen Anwendungsfall, immer wieder ein Grund, auch mal in anderen Bereichen zu schauen! Ebenso habe ich die meisten Schanzkleider entfernt und durch feines Messingblech ersetzt. Das Blech ist eigentlich Abfall und entstammt der Einfassung verschiedener Ätzteilbogen!

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Die offene Brücke ist leider ausgegossen und wurde unter Zuhilfenahme einer kleinen Fräse vom Material befreit! Die Seitenwände wurden mit Papier kaschiert, der Boden mit Weißleim aufgearbeitet.

Die Schornsteine verdienen ebenfalls einige Aufmerksamkeit. Es fehlt einerseits das markante Aussehen des Schornsteinmantels, außerdem passten die Schornsteinkappen nicht. Dem Schornsteinmantel rückte ich mit einem Bastelmesser zu Leibe und schabte in vertikaler Richtung etwas Material ab, um in etwa die Form eines Vielecks zu erzielen. Die Kappen wurden vorsichtig abgeschnitten und der Kragen mittels Papier und Sekundenkleber neu erstellt. Die Kappen wurden anschließend wieder an ihrem Platz befestigt. Verbleibende Lücken verfüllte ich mit Sekundenkleber. Der restliche Bau des Modells ging relative zügig von der Hand. Natürlich verlangten die vielen Kleinteile und Fotoätzteile für Niedergänge, Handläufe, etc. die übliche Aufmerksamkeit und Geduld.

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Eine der kleinen Baugruppen – die Scheinwerferplattform! Für die Scheinwerfer waren an den Ständen Halterungen für Schutzabdeckungen angebracht. Diese stellte ich durch gebogene Stücke feiner Reling dar. Die Lücken verfüllte ich wiederum mit Weißleim, um so die Segeltuchabdeckung zu simulieren.

Um das Modell bei der weiteren Bearbeitung, gerade bei der noch ausstehenden Takelung, richtig und sicher halten zu könne, habe ich von der Unterseite zwei selbstschneidende Schrauben eingedreht und daran eine Halteklammer befestigt, mit der ich das Modell sicher handhaben kann. Die gleichen Schrauben finden später auch bei der Befestigung des Modells auf seiner Grundplatte Verwendung. Die beiden Dreibeinmasten weisen auffällige Knotenbleche an den Knotenpunkten auf. Diese habe ich aus Papier hergestellt. Damit das Papier eine ausreichende Eigenstabilität besitzt, ist es ratsam, das Papier mit Sekundenkleber zu tränken. Die Masten selber habe ich aus unterschiedlichen Messingrundstäben neu aufgebaut.

Mit weiter fortschreitendem Bauzustand machte mir das Detaillieren des Modells immer mehr Spaß. Nach Fotovorlagen brachte ich eine Vielzahl der markanten Decklüfter an, die den Decks ein geschäftiges Aussehen verleihen. Ein weiteres, sehr markantes Detail sind die Floater Körbe, die an allen möglichen Punkten des Schiffes angebracht waren. Nach einigen Versuchen habe ich die Körbe aus fünfreihiger Reling hergestellt, die ich einem Satz für Passagierliner entnahm. HMS Scylla hatte einen charakteristischen Auslegerkran. Das Bausatzteil ist leider nur eine Karikatur des Originals, welches auch nur sehr einfach umgesetzt ist. Beim Studieren einiger Bilder stellte ich fest, dass diese immer nur den gleichen Bereich zeigten. So habe ich dann innerhalb von fünf Stunden aus Plastikmaterial, Papier, Messingrundmaterial und Fotoätzteilen einen eigenen Kran erstellt.

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Alle Poller und Klüsen entlang des Oberdecks wurden entfernt und durch Eigenanfertigungen ersetzt. Ein Stück dünner Draht und etwas Weißleim stellen die neuen Bauteile dar. Munitionshalterungen wurden dort angebracht, wo es meiner Meinung nach sinnvoll erscheint. Die offene Brücke wurde mit Fernrohren, Sprachrohren, Windabweisern und einer Besatzung mit den typischen beigen Duffle Coats versehen. Alle Beiboote wurden durch ihre entsprechenden Pendants von White Ensign Models ersetzt. Die Reling stammt von GMM und wurde so zugeschnitten und verarbeitet, dass an den Ecken auch tatsächlich eine Relingstütze steht. Die Carley Flöße stammen aus dem Bausatz und diversen anderen Ressourcen. Die vielen Dampfrohre, die am vorderen Schornstein entlang laufen, wurden aus Lötzinn gebogen und anschließend angebracht. Die starken Materialkanten der offenen Rückseiten der Geschütztürme habe ich etwas ausgedünnt, die Rohre wurden durch passende Rohre aus meinem Fundus ersetzt. Einem Mix aus GMM und Eduard Figuren wurde mit etwas Weißleim, quasi zu Leibe gerückt, um den Figuren etwas mehr Konturen zu geben.

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Das Modell wurde in ein passendes Display gesetzt, welches ich in meiner üblichen Methode hergestellt habe. Auf die Metallplatte aufgebrachtes Künstlerpapier zur Wassergestaltung wurde mit Füller behandelt, farbig betont und anschließend mit Klarlack überzogen.

Eine ausführliche Beschreibung ist auf Modelwarships zu finden:

* Wassergestaltung Teil 1
* Wassergestaltung Teil 2

Nachdem die Wasseroberfläche fertig gestellt und das Modell platziert war, ging es an das Rigg. Wie üblich, habe ich hier gezogenen Gussast verwendet, mit dem ich bisher sehr gute Erfahrungen gemacht habe.

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Fazit

Wie schon angesprochen, habe ich jetzt eine HMS Scylla, die im Anstrich nur von der Steuerbordseite dem Original entspricht. Die Backbordseite zeigt, wenn auch mit Abstrichen im Bezug auf die Radarausstattung, HMS Charybdis! Trotz allem bin ich mit dem Modell sehr zufrieden.

Mein besonderer Dank gilt David Grifith, der mir einige hervorragende Fotos des Großmodells der HMS Scylla zur Verfügung stellte, welches im Glasgow Museum of Transport ausgestellt ist.

Referenzen:


Jim Baumann

Aus dem Englischen übersetzt von Christian Bruer