Titel: De Zeven Provincien
Reihe: ---
Autor: G. C. Dik
Sprache: Holländisch
Verlag: Uitgeverij van Wijnen - Franeker, 1993
ISBN: ISBN 90 5194 091 2
Preis: Preis 150 – 180 EUR


Dieses Buch beschäftigt sich mit der Rekonstruktion der „Zeven Provincien“, welche in den niederländisch – englischen Seekriegen des 17. Jahrhunderts Flaggschiff von Admiral De Ruyter war.
Die „Zeven Provincien“ wurde 1665 im Auftrag der Admiralität von der Maas in Delfshaven gebaut. Das Schiff war als niederländisches Flaggschiff konzipiert und mit 80 Kanonen bestückt.
Originalpläne dieses Schiffes hat es sicher nie gegeben, technische Daten sind nur wenige überliefert. Das Schiff wurde allerdings sehr oft gemalt und gezeichnet. Diese Darstellungen bilden eine wichtige Grundlage für die Rekonstruktion.
Dem Buch liegt eine Planmappe mit 6 großformatigen Blättern mit Zeichnungen bei. Die Pläne sind im etwas ungewöhnliche Maßstab von 1/77 gezeichnet. Der Maßstab erklärt sich aber dadurch, daß 1 Daumen in der Zeichnung 7 Fuß in der Realität entsprechen.

 


Die beiliegende Planmappe

Aus dem Inhalt:

  1. Historischer Hintergrund
  2. Rekonstruktion des Rumpfes
  3. Anker & Ankerkabel
  4. Geschütze
  5. Dekorationen
  6. Rekonstruktion der Takelage
  7. Flaggen
  8. Boote
  9. Anmerkungen zum Bau eines Modells
  10. Leben und Taten von Michiel Adriaenz de Ruyter


Beschreibung


Die Rekonstruktion des Schiffes ist das Lebenswerk von G. C. Dik, das erst posthum von seinem Sohn veröffentlicht wurde.
Das Werk ist unglaublich umfangreich und sehr detailliert. Der Autor bedient sich für seine Rekonstruktion der überlieferten Texte von Witsen und van Yk zum niederländischen Schiffbau und studiert die Gemälde und Zeichnungen der Maler Willem van der Velde Vater und Sohn. Er zieht nicht nur die Abbildungen der Zeven Provincien heran, sondern wertet auch Abbildungen anderer Schiffe für seine Studien aus.
Im ersten Kapitel geht Dik auf zeitgenössische Modelle ein, die, bis auf eines, noch heute in Museen bestaunt werden können. Er stellt die Maler Willem van der Velde Vater und Sohn vor, deren Zeichnungen für seine Arbeit von großer Bedeutung sind. Und man erhält Hintergrundinformationen zum Holländischen Zweidecker aus dem ersten und zweiten Seekrieg gegen England.

Detail aus einem Gemälde von Willem van der Velde mit der Zeven Provincien

Im zweiten Kapitel beginnt die eigentliche Rekonstruktion. Dik beschreibt dabei ausführlich sein Vorgehen. Man bekommt also keine fertige Zeichnungen vorgesetzt, sondern kann Schritt für Schritt verfolgen, wie das Schiff entsteht. Vor allem läßt sich nachvollziehen nach welchen Kriterien der Autor seine Rekonstruktion anfertigt.
Das Kapitel ist voll von Detailskizzen, die sehr zum Verständnis des Textes beitragen und weit über die Planbeilagen hinausgehen. Die Pläne sind hier nicht der Kern der Arbeit sondern sind eher eine Ergänzung zum Buch.

Drei alternative Seitenansicheten, die sich jeweils in den Details unterscheiden

Neben der Rekonstruktion des Rumpfes ist die Rekonstruktion der Bemastung und Takelung das Hauptthema des Buches. Auch hier gibt es viele Detailzeichnungen und Skizzen. Die Rundhölzer sind einzeln herausgezeichnet und auch unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten.
Für die Takelage ist die Tauführung einzelner Gruppen in Skizzen herausgearbeitet. Belegstellen und Tauwerkumfang sind angegeben.
Ausschnitte zur Takelage aus Gemälden der Van der Veldes sind ebenfalls abgebildet und stellen zeitgenössische Belege für bestimmte Takelungsdetails dar.

Beispiel aus dem Kapitel zur Takelung

Die übrigen Kapitel sind kürzer als die beiden Hauptteile des Buches. Besonders das Kapitel zur Dekoration fällt durch die Vielzahl der Skizzen und Zeichnungen auf.


Aus dem Kapitel zur Dekoration

Fazit


Nach dieser Rekonstruktion wurde auf der Bataviawerft die Replik der Zeven Provincien begonnen. Leider offenbarte der Riß einige Schwächen und der Bau wurde wieder abgebrochen. Momentan wird mit überarbeiteten Zeichnungen neu aufgebaut.
Ist diese Rekonstruktion der Zeven Provincien durch G. C. Dik dadurch wertlos geworden?
Ich glaube nein! Es gibt nach diesen Rissen segelbare Modelle. Es macht wohl einen Unterschied, ein Modellschiff zu bauen oder einen Nachbau in Originalgröße herstellen zu wollen. Ich kann mir gut vorstellen, daß viele unserer geschätzten Modellbaupläne ähnlich Schiffbruch erleiden würden, würde man sie einer wissenschaftlichen Untersuchung in einem technischen Institut unterziehen.
Wenn man das Buch durchblättert, merkt man sehr bald, wie viel Arbeit und Herzblut hier eingeflossen sind. Das allein hat schon so viel Achtung und Respekt verdient, daß trotz der Schwächen, die sich in der Praxis offenbart haben, dieser Rekonstruktionsvorschlag meiner Meinung nach noch immer sehr lesenswert ist. Von der Fülle an Informationen kann man eigentlich nur profitieren.
Interessant ist natürlich eine Gegenüberstellung mit den Veröffentlichungen der Bataviawerft zur Zeven Provincien. Bei der Interpretation der Van der Velde Zeichnungen kommt man hier stellenweise zu anderen Schlüssen und der interessierte Leser darf sich dann sein eigenes Bild machen.
Denn es handelt sich hier „nur“ Rekonstruktionsversuche dieses faszinierenden Schiffes. Das Original von 1665 läßt sich mit Sicherheit nicht mehr fehlerfrei erschaffen.
Das Buch gibt es nur in Holländischer Sprache. Mit Deutsch- und Englischkenntissen und einem Wörterbuch läßt sich der Text aber erschließen.
Wir danken Holger Baethis (Modellboard-Nick: HWB) für diese Buchbesprechung.