Der Bausatz


  • Bausatz: Deutsches Schnellboot S 100-Klasse

  • Hersteller: Revell AG, Deutschland

  • Länge: ca. 49cm, Bauteile:140


Deckelbild Revell S100 Dieser Bausatz im Maßstab 1:72 wurde seit seinem Erscheinen in Printmedien und Internetforen als außerordentlich formschön, passgenau und gut detailliert gelobt , ein Top-Modell einfach aus dem Karton zu bauen, für dankbar kleines Geld. Als Schnellbootfan kommt man an diesem Bausatz einfach nicht vorbei. Trotzdem darf man nicht erwarten, für 15 Euro einen authentischen Bausatz zu erwerben. Um aus dem Bausatz ein Schmuckstück zu machen, muss man –wie immer- tiefer in die Tasche greifen.
Aus der Schachtel gebaut, erhält man ein 49 cm langes Schnellboot, das sich stark an das Original anlehnt und das auf den ersten Blick mit historischen Fotos dieses Bootstyps konform geht. Erst beim genaueren Betrachten erkennt man, dass viele Feinheiten dieses Bausatzes „mit der heißen Nadel“ gestrickt wurden bzw. nicht berücksichtigt wurden. Aufgrund der vielfältigen (und oft vermeidbaren) Fehler kann man nur mutmaßen, dass die Entwicklungszeit zu kurz und/oder das Projektbudget bei Revell stark limitiert waren.
Das ist absolut kein Vorwurf an die Fa. Revell. Ganz im Gegenteil: Ich liebe Bausätze, die Spielraum für Verbesserungen und Detaillierungen beinhalten. Insofern haben die Jungs von Revell ihren Pflichtteil erfüllt und es obliegt jedem einzelnen Modellbauer, wie er die Kür gestaltet.
Ich entschied mich für den Bau einer Variante vom Frühjahr 1945. Zu diesem Zeitpunkt wurden angeblich einige Boote (Bootsnr. bzw. Flottillie sind mir nicht bekannt) umgerüstet, indem die 3,7cm Flak auf dem Achterdeck gegen eine 2cm Vierlingsflak C38 ersetzte.
Außer dem Revellbausatz habe ich den Ätzteilesatz von WEM, das Sd. Kfz 7/1 mit C38 Vierlingsflak von Revell sowie von Miniaturas Alemany einen Flakvierling C38 mit Besatzung aus Weißmetall verwendet. Die Besatzung entstand aus Umbauten diverser Figurensets bzw. Zinnabgüssen anderer Schiffsbausätze.
Der Bausatz wird in einer unpraktischen Faltschachtel ausgeliefert und besteht aus vier in Folien eingeschweißten Spritzrahmen, zwei Rumpfhälften, einer bedruckten Klarsichtfolie für die Brückenverglasung und einer Rolle Garn.
Die Qualität des Bausatzes ist überdurchschnittlich gut. Die großen Rumpfhälften sind sauber gespritzt und nicht verzogen. Die Bauteile weisen nur einen minimalen Grat auf und die Passgenauigkeit ist, bis auf zwei Ausnahmen, hervorragend.
Ich verwendete folgende Hintergrundliteratur:
1. Squardron/Signal: Schnellboot in action
2. Osprey Publishing: German E-Boats 1939-45
3. Sigfried Breyer: Die deutsche Kriegsmarine 35-45 Band 2
4. Werner Müller: Die leichte und die mittlere Flak 1906-1945
5. Harald Fock: Die deutschen Schnellboote 1914-1945
6. Marine-Arsenal Band 18: Leichte und mittlere Artillerie auf deutschen Kriegsschiffen

1. Der Rumpf

Die Linienführung des zweiteiligen Rumpfes ist hervorragend gelungen. Der Gesamteindruck wird leider durch völlig falsch geformte Auspuffmündungen, Kühlwasseröffnungen und Schiffspropeller getrübt. Nachdem die Rumpfhälften zusammengeklebt und die Heckspiegelnaht gespachtelt waren, wurden die vorgeprägten Außenbordöffnungen aufgebohrt und in ihre korrekte Form gebracht. Das Kunststoffteil des Kühlwassereinlaufs wurde übrigens zu einem späteren Zeitpunkt durch ein dünneres Kupferblech ersetzt.AußenbordöffnungenDie Blätter der drei Propeller besitzen fälschlicherweise eine lineare Steigung und erinnern eher an das Schlagwerk einer Kaffemühle. Mittlerweile bekommt man sehr gut gefertigte After-market Propeller; zur Bauzeit meines Bootes musste ich die einzelnen Blätter noch über einem Lötkolben erwärmen und vorsichtig in Form biegen.PropellerDem Bausatz liegen leider keine „richtigen“ Torpedorohre bei. Der vordere Seeverschluß ist nur eine massive Blende und deshalb kann das Boot kann nur mit geschlossenen Torpedorohren gebaut werden.
Um die Rohre in geöffneter Position darzustellen, benutzte ich diese Blenden nur als Anrissschablone für die Öffnung im Bug.
TorpedrohröffnungAus einem Stück Kupferblech (50x29x0,24mm) entstand ein "echtes" Torpedorohr. Da die Mündung der Torpedorohre nicht kreisrund sondern oval ist, muss das Rohr im Schraubstock gestaucht werden. SchraubstockDieser Schritt muss unbedingt vor dem Zusammenlöten der Stoßkanten durchgeführt werden, um eine saubere Kontur zu bekommen. Die Lötnaht befindet sich im abgeflachten Bereich und wurde so weit es geht plan gefeilt. Beim Einkleben in den Rumpf liegt sie auf der Innenseite und ist nicht mehr sichtbar. RohrnahtAls nächstes wurde das Rohr mittig durchgesägt, und zwar im 45°-Winkel zur Längsachse. Gesägte RohreDie Sägekante wurde nochmals geplant und entgratet und dann konnten die „halben“ Rohre jeweils Backbord und Steuerbord eingeklebt werden. Rohre eingebaut

2. Das Vorschiff

Auch hier waren einige Korrekturen erforderlich. Zuerst habe ich den kalottenförmigen Wulst einschließlich der kreisförmig ausgeformten Halteplatten der Geschützreling abgeschliffen. S-100 Boote hatten diesen Wulst nicht, sondern ein flaches, mit Segeltuch beschichtetes Holzdeck, auf dem bis zur Unterkante der Torpedorohre Aluminiumplatten genietet waren. Danach wurden die Lippklampen am Bug etwas detaillierter ausgearbeitet.BackDie Standardbugwaffe der S100 Boote war das 2 cm MG 38 in der handbetätigten Drehkranzlafette 41. Fast alle Boote waren mit einem Panthografgestänge ausgerüstet, das beim Höhenrichten den Winkel der Geschützwiege synchron auf einen Visierträger am Ende der Waffe übertrug. Auf ihm konnten verschiedene Visiere montiert werden. Dadurch musste der Richtschütze bei großen Rohrerhöhungen nicht in die Knie gehen und konnte relativ entspannt zielen, so als wenn sein Blick dem anfliegenden Ziel folgt. Links neben dem Richtschützen stand oft noch ein Ladeschütze im Brunnen. Um den Brunnen herum lagerte Bereitschaftsmunition in geschraubten Blechrahmen oder - bei späten Kriegsbauten - in genagelten Holzrahmen.Foto Bug-MGBei der Darstellung der Waffe wurde seitens Revell sehr schlecht recherchiert. Statt des MG C38 liegt dem Bausatz der Typ C30 bei. Die Originalwaffe wurde in einer Drehkranzlafette am Umfang des Brunnens geführt. Die Modelllafette besitzt lediglich eine Mittelachse, die in eine zentrische Aufnahme im Brunnenboden geklebt werden soll. Die Rohrwiege besitzt links einen Hebel, mit dem der Ladeschütze das Seitenrichten unterstützt. Beim Bausatz ragt der Hebel über die Brunnenkante hinaus: Höhenrichten unmöglich. Baut man die Teile gemäß der Anleitung zusammen, ist der Abstand zwischen horizontalem gestelltem Rohr und dem Deck 2mm (real ca. 15cm) zu hoch. Darüber hinaus fehlen das komplette Visiergestänge, das Visier, die Bereitschaftsmunition und der Hülsenfangkorb. Die Brunnenabdeckung ist dagegen viel zu dick.
Beim Vergleich des Brunnens mit Originalzeichnungen zeigte sich außerdem, dass das Bausatzteil 2mm zu kurz und 4,5mm im Durchmesser zu klein war.
Als erstes habe ich einen neuen Brunnen aus dem Aluminiumgehäuse eines Elko´s gebaut und wie beim Original eine kleine Luke nach achten angebracht.Neuer BrunnenDanach wurde die Unterseite derBrunnenabdeckung um 3mm gekürzt, die Schließhebel auf ein realistisches Maß gekappt und die Sinkstellen am senkrechten Teil gespachteltBrunnenabdeckungUm dem Original zu entsprechen muss die hintere Kante des Brunnens bündig an die achtern liegende Kante der Decköffnung geklebt werden. Die Öffnung im Vordeck überdeckt den vorderen Brunnenbereich dadurch um ca 5 mm. Die Luke zeigt nach achtern. In den Absatz der Decköffnung wurde als Lafettenführungsring ein Streifen aus 0,2mm Kupferblech mit 0,5mm Überstand eingebaut. Die Reling habe ich aus 0,6mm Messingdraht gebogen. Die Plastikreling war mit 1mm Durchmesser (=7,2cm im Original) zu dick. Dazwischen wurden die Kästen für die Bereitschaftsmunition angeordnet. Sie sind Bestandteil des PE-Sets von WEM. Zum Schluss bekam die Reling einen Gischtabweiser aus 02er Kupfer wie er auch auf dem Originalbild zu sehen ist. Deutlich erkennbar: Der Hebel an der Rohrwiege, der das Höhenrichten verhindert und gekürzt werden muß.BugwaffeDie Befestigungsachse der Lafette wurde komplett entfernt und durch eine quer liegende Strebe ersetzt, die die Kanone am Brunnenumfang führt. Die zum Lieferumfang von WEM gehörende Visiereinrichtung wurde nicht eingebaut, da sie zu wenig Ähnlichkeit mit den echten Panthographgestängen hat. BuglafettePassenden Ersatz habe ich aus Draht und PE-Rahmenteilen gebogen. Ebenfalls aus Draht entstand der strumpfhosenbespannte Hülsenfangkorb. Paradoxerweise besitzt keine Waffe dieses Bausatzes Munition. Aus diesem Grund habe ich die 20mm Magazine aus dem WEM-Set abgeformt und ca. 50 Magazine aus Zinn gegossen (und tatsächlich alle an Bord verteilt). Als letztes Bauelement wurde auf der Rückseite des Brunnenrandes ein Rückenpolster für die Geschützbedienung hergestellt.
Ende Teil 1

Fertiges Bug-MG