Deckelbild

Modell: Kawanishi N1K2-J Shidenkai (George) Japanese navy interceptor
Hersteller: Hasegawa
Maßstab: 1/32
Umfang: 157 Plastikteile davon 15 Klarsichtteile, Decals für zwei Maschinen inkl. Rang- und Nationalitätsabzeichen für die Pilotenfigur
Art.Nr.: ST 33
Preis: ab ca. 29 € (in Japan) bis 60 €

Das Original

Der landgestütze Jagdbomber Shiden, zu deutsch "Violetter Blitz", geht auf den Seejäger Kyofu ("Mächtiger Wind") zurück und war eine unbeauftragte Eigenentwicklung von Kawanishi. Der Erstflug des neuen Musters N1K1-J Shiden fand am 27. Dezember 1942 statt und in der Folge zeigte sich deutlich, dass die neue Maschine, im Vergleich mit den aktuellen Jagdflugzeugen der Marine, überlegene Leistungsdaten lieferte. Die Verwendung des neuen Homare-Motors in Verbindung mit einer Vier-Blatt-Luftschraube ergab eine höhere Geschwindigkeit und besonders positiv wirkten sich die neuartigen, automatischen Luftkampf-Klappen aus, die den Piloten in der heissen Phase des Einsatzes deutlich entlasteten. Unglücklicherweise behielten die Konstrukteure die Mitteldecker-Anordnung der Tragflächen der Kyofu bei, so dass die Fahrwerksbeine ungewöhnlich lang und störanfällig wurden, was in der Folge nicht selten zu Landeunfällen führte. Trotz seiner überlegenen Leistungsdaten war der Homare 21-Motor noch zu wenig zuverlässig, aber dennoch wurde die Serienproduktion befohlen, denn die Marineflieger gerieten im Vergleich zu den neuen F6F "Hellcat" Jägern der US Navy immer mehr ins Hintertreffen. Während die Produktion auf Hochtouren lief, entwickelten die Kawanishi-Ingenieure die Maschine zur N1K2-J Shiden-Kai ("Violetter Blitz-verbessert") weiter.

Die konsequenteste Entscheidung betraf dabei die Tragflächenanordnung. Nunmehr als Tiefdecker ausgelegt, waren die Fahrwerksprobleme behoben. Während das Leitwerk der N1K1-J noch stark der Kyofu ähnelte, hatte die verbesserte N1K2-J ein vollkommen neues Leitwerk, was besonders bei der Seitenflosse auffällt. Auf die MG-Bewaffnung im Rumpf wurde nach den Prototypen verzichtet. Durch diese und noch andere Einsparungen konnte das Gewicht um 225 kg reduziert werden. Der Rumpf wurde um etwa 1 m verlängert, woraus sich eine verbesserte Langstabilität ergab.

Das breite Seitenleitwerk wurde im Verlauf der Entwicklung verkleinert, was den exzellenten Flugeigenschaften aber keinen Abbruch tat. Ein Problem blieb der Homare. Er konnte nie zu einem komplett zuverlässigen Motor gemacht werden und leider fielen seine Leistungsdaten in Höhen über 5.600 m so rapide ab, dass die Shiden-Kai auch nicht gegen die hocheinfliegenden B-29 Bomber eingesetzt werden konnte.

Ähnlich wie die FW-190 oder Me 262 in Deutschland wurde die N1K2-J gerne in die Hände erfahrener Piloten gegeben, um ihren technischen Fortschritt optimal nutzen zu können. Leider gab es davon schon nicht mehr so viele, so dass erfahrene Veteranen aus den Flugschulen zurück beordert werden mussten, zu denen man sie als "lebenserhaltende Massnahme" versetzt hatte. Die herausragende Einheit dieser Art war die 343. Marinefliegergruppe unter dem Kommando von Kapitän z.S. Minoru Genda. Genda war der Chefplaner des japanischen Überfalls auf Pearl Harbor im Dezember 1941 gewesen und sein Bekanntheitsgrad half sicher sehr dabei, die Einheit mit dem besten Material und den besten Piloten zu versorgen. Doch trotz einiger beachtlicher und zeitweise demoralisierender Erfolge gegen die schon zu siegessicheren US-Marineflieger war ihr Kampf genauso aussichtslos wie jener der deutschen Piloten der Reichsverteidigung. Letztlich waren 428 gebaute Shiden-Kai, inklusive der Prototypen, einfach zu wenig, um eine entscheidende Wendung bei der Luftüberlegenheit herbei zu führen und mit jedem "Experten", der trotz seiner Kampferfahrung im Luftkampf unterlag, wurde die Lage aussichtsloser.

Technische Daten (N1K2-J):

Besatzung: 1
Länge: 9,35 m
Spannweite: 12 m
Höhe: 3,96 m
Gewicht (max.): 4860 kg
Antrieb: 1 x Radialkolben-Sternmotor Nakajima NK9H Homare 21 mit 1.484 kW/1.990 PS
Geschwindigkeit: 595 km/h in 5.600 m Höhe
Gipfelhöhe: 10.760 m
Reichweite (max.): 2.335 km (mit Zusatztanks)
Bewaffnung: 4 x 20 mm Maschinenkanonen Typ 99 i.d. Flächen
Bombenlast: bis zu 500 kg an Unterflügelstationen

Der Bausatz

Es war nur eine Frage der Zeit, bis Hasegawa sich dieses Flugzeugmusters annehmen würde, hatten die Entwickler doch schon vor Jahren einen genial guten und sehr erfolgreichen Bausatz der "George-Kai" in 1:48 auf den Markt gebracht. Außerdem scheint es ja tatsächlich so zu sein, dass Hasegawa das "alte" 1:48 Programm durchgeht, um die erfolgreichen Produkte nun auch in 1:32 zu realisieren. Wenn dem so ist, dann dürfen wir uns sicher noch auf das eine oder andere Topmodell freuen!

Auch bei diesem neuen Bausatz bleibt sich Hasegawa seiner Linie treu und hat wieder ein Produkt geschaffen, dass mit wenigen Teilen zu einem absolut überzeugenden Ergebnis führt. Dem Trend 1:32er Flugzeugbausätze mit allen denkbaren "inneren Werten" wie kompletten Motoren, kompletten Waffenanlagen etc. auszustatten, hat man sich erfreulicherweise nie angeschlossen. Wer sowas will, wird sicher einen Weg (oder einen Zubehörhersteller) finden, aber für alle anderen bedeutet diese Strategie, dass sie ein tolles Modell bauen können, ohne alle weiteren Projekte für wenigsten sechs Monate auf Eis legen zu müssen. Mit nur 157 Bauteilen kommt man hier zum Ziel und vermisst nichts!

Der Doppelstern-Motor ist in Form zweier rückseitig hohler Sterne dargestellt, die noch durch Stösselsterne, Einspritzanlage, Abgasanlage etc. vervollkommnet werden. Wer jetzt noch selbsttätig Zündkabel ergänzt, erhält einen Motor, der - auch in diesem Maßstab - von vorne betrachtet (und von hinten geht es ja nicht) keine Wünsche offen lässt.

Die Motorverkleidung wurde einteilig mittels einer gleitenden Form erstellt und es müssen vor dem Verbauen nur minimale Nacharbeiten durchgeführt werden. Super! Es ist übrigens gut möglich, dass Hasegawa wie schon bei der Mitsubishi J2M Raiden auch eine Prototyp-Version der Shiden-Kai in petto hat, denn dazu müsste nur eine neue Motorverkleidung mit kleineren Lufteinläufen her. Warten wir es ab.

Das Cockpit ist wie üblich ein Modell im Modell. Es fehlt nichts, bis auf Anschnallgurte, ein paar wenige Kabelstränge und Leitungen und ob die dann "den Kohl fett machen" ist auch noch fraglich, denn so breit ist der Einstieg nicht, dass man so sehr viel davon sehen könnte! Die Instrumententafel ist sehr fein detailliert, aber all diese Details zu bemalen, ist gar nicht so einfach. Für alle diejenigen, denen das zu schwierig erscheint, oder denen es wegen eingeschränkter Sehkraft einfach nicht möglich ist, hat Hasegawa wie üblich Abziehbilder vorgesehen. Ich habe in der Vergangenheit schon des Öfteren solche Decals verwendet und muss sagen, dass die richtig gut aussehen können. Natürlich ist ein ordentliches Maß an Weichmacher notwendig, damit sich die Abziehbilder wirklich in alle Vertiefungen "saugen", aber es geht und sieht dann besser aus als alles, was ich mit Farbe zu Stande bringe!

Der Rumpf wird mit separatem Heck geliefert, da Hasegawa eine frühe und eine späte Variante der Shiden-Kai entwickelt hat. Bei diesem Bausatz handelt es sich um die frühe Variante mit dem noch recht breiten Seitenleitwerk.

Die späte Bausatzvariante ist in Japan zwischenzeitlich auch bereits erschienen und teilweise sogar schon ausverkauft, da es sich um eine limitierte Auflage handelt! Wie schon bei der Raiden wird der Rumpf durch stabile Spanten versteift, von denen der vorderste später mit dem ebenso stabilen Tragflächenholm verbunden wird. Das Ergebnis ist bombenfest. Vor dem Zusammenbau sollte man aber noch einen recht großen und erhabenen Wartungsdeckel an der Steuerbordrumpfseite entfernen, da dieser nur für die späte Version benötigt wird. Solche Problemzonen sind die Folge von Hasegawas Politik, möglichst kostengünstig und mit wenigen Bauteilen zum Ziel zu kommen. Bei anderen Bausätzen von Hasegawa musste man früher auch schon mal nicht benötigte Gravuren mit Sekundenkleber auffüllen und verschleifen, aber einen Wartungsdeckel flächig abzuschleifen und dann auch noch einen Blechstoss nach zu gravieren, ist schon nicht ohne. Die modellbauerfreundlichere Methode wäre natürlich eine alternative Rumpfhälfte gewesen, aber dazu war man aus Kostengründen wohl nicht bereit. Sehr schade!

Die Tragflächen sind schnell gebaut. Die Radschächte müssen eingebaut werden, der Tragflächenholm und die separaten Lande-/Luftkampfklappen, sowie ein paar Kleinteile. Die Klappen sollen generell ausgefahren montiert werden. Wer die Flächen gerne eingefahren darstellt (am Boden waren sie immer eingefahren), muss die Klappen etwas einkürzen. Hasegawa liefert im Bauplan eine Zeichnung für diesen unkomplizierten Akt. Die Positionslichter sind als Klarsichtteile ausgeführt, was leider noch immer nicht bei allen Herstellern zum Standard gehört. Aber auch bei den Tragflächen musste ein Kompromiss gemacht werden. Im Bereich der Hülsenauswurfschächte müssen separate Platten eingesetzt werden. Das erfordert mehr Sorgfalt als vielleicht gedacht, denn es kommt dabei gerne mal vor, dass diese Platten zu tief in die dafür vorgesehenen Aussparungen einsinken.

Das Fahrwerk ist ebenfalls modellbauerfreundlich detailliert. Es verfügt nämlich über angegossene Bremsleitungen und zusätzliche Bauteile, die jenen Teil der Leitung darstellen, der sich an der Federbeinschere entlang "schlängelt". Wer diese Details lieber mit Draht darstellen möchte, soll es tun, aber mir persönlich gefallen die Leitungen auch so. Wie bei Hasegawa üblich, ist das Spornrad eine einzelne, gut detaillierte Baugruppe und ich glaube kaum, dass ich eine anderes Flugzeug mit einem im Verhältnis kleineren Spornrad kenne.

Außenlasten sind bei diesem Bausatz und auch bei der späten Version bis auf einen Zusatztank nicht vorgesehen, obwohl es Einsatzversuche mit improvisierten Luft-Luft-"Raketen" gab. Auch ein (klein) bisschen schade.

Die exzellenten Klarsichtteile werden im Bereich der Schiebehaube noch mit Hand- bzw. Verrieglungsgriffen verfeinert. Gibt es auch nicht immer!

Abziehbilder

Der Decalbogen liefert Markierungen für zwei Maschinen der 343. Marinefliegergruppe. Die erste wurde vom Staffelkapitän der 301. Staffel Oberleutnant z.S. Naoshi Kanno pilotiert. Ihm wurden bis zu seinem Tod am 1. August 1945 48 Luftsiege zugesprochen. Er steht damit auf dem 9. Platz in der Liste der erfolgreichsten Marineflieger Japans. Allerdings hatte die 301. Staffel unter seiner Führung auch die größten Verluste innerhalb der 343. Gruppe zu verzeichnen!

Die zweite Maschine gehörte zur 407. Staffel und wurde von Warrant Officer Kouji Ohara geflogen, einem Piloten, der in keiner Abschussliste auftaucht. Ein Warrant Officer war übrigens ein Dienstgrad zwischen den Offizieren und Unteroffizieren. Beide Maschinen waren im April 1945 auf dem Flugfeld von Matsujama stationiert. Der Decalbogen liefert in vorbildlicher Weise auch Markierungen für die Pilotenfigur und zwar unter Berücksichtigung der beiden unterschiedlichen Dienstgrade. Super!

Fazit

Der vorliegende Bausatz gehört zum Besten, was ich in diesem Maßstab kenne. Wer all das "Innenleben" mag, das andere Hersteller heutzutage in ihre Bausätze packen, wird hier zwar nicht glücklich, aber wenn ich mit anderen Modellbauern über diesen Punkt spreche, höre ich nur ganz, ganz selten, dass jemand das unbedingt haben will. Der Bausatz führt mit kleinen Hürden (zu entfernende Wartungsklappe) zu einem wirklich tollen Modell der N1K2-J Shiden-Kai und ist daher

alt uneingeschränkt empfehlenswert

Olaf

Wir danken Faller für das Bausatzmuster