09. April bis 10. Juni 1940: 75 Jahre Schlacht um Norwegen

 

Heute vor 75 Jahren, am 19. April 1940, geleitete der französische Leichte Kreuzer Émile Bertin Truppentransporter nach Namsos in Norwegen (siehe Jahrestage auf Modellmarine). Der Konvoi sollte den alliierten Brückenkopf in Namsos stabilisieren. Die meisten deutschen Flugzeuge, die den Konvoi angreifen sollten, fanden ihn nicht, so dass die Truppen erfolgreich angelandet werden konnten. Ein Junkers Ju 88 Bomber der Staffel KG 30 erzielte aber einen Treffer auf der Émile Bertin sowie einen Nahtreffer. Die 500 kg Bombe durchschlug das Schiff ohne zu explodieren - ein unerwarteter Vorteil des kaum gepanzerten Schiffs, dass sich so nur relativ leicht beschädigt zurückziehen konnte.

Das Original

Der französische Leichte Kreuzer Émile Bertin wurde ursprünglich als zweiter Minenkreuzer neben der Pluton geplant. Das Ergebnis war letztlich aber ein Leichter Kreuzer, der zwar auch Minen legen konnte, dessen Kreuzer-Funktion aber klar im Vordergrund stand. Statt 270 Minen, wie die ältere Pluton, konnte der neue Kreuzer nur 84 transportieren. Dafür fiel die Bewaffnung deutlich stärker aus - neun 15,2 cm-Geschütze statt vier 13,8 cm - und die Geschwindigkeit wurde von 31 auf über 36 kn erhöht. Bei einer der Probefahrten erreichte sie 39,67 kn und war damit der schnellste französische Kreuzer.

Es gab mehrere Gründe, den Entwurf von einem Minenleger zu einem Leichter Kreuzer umzuwandeln: die teuren Schweren Kreuzer konnten nicht in den erforderlichen Stückzahlen gebaut werden; es wurde erwartet, dass der Bau der Schweren Kreuzer durch die Flottenverträge verboten würde (was auch die britische Royal Navy anstrebte); zuletzt hatte die italienische Marine in Reaktion auf die französischen Großzerstörer ab 1928 mit dem Bau von Leichten Kreuzern der verschiedenen Condottieri-Klassen begonnen, auf die die französische Marine reagieren wollte.

Wie bei den ersten französischen Leichten Kreuzern, der Duguay-Trouin-Klasse, wurde auch bei der Émile Bertin auf hohe Geschwindigkeit als Eigenschutz gesetzt. Entsprechend fiel die Panzerung minimal aus. Die Hauptbewaffnung bestand aus neu eingeführten 15,2 cm-Drillingstürmen. Die schwere Flak sollte ursprünglich nur aus einem 9 cm-Zwilling bestehen. Es kamen dann zwei 9 cm-Einzellafetten hinzu, ohne allerdings die Kapazitäten des Munitionsaufzugs anzupassen. Die leichte Flak wurde zu Beginn des Zweiten Weltkriegs durch den Ersatz der 3,7 cm-Einzellafetten durch Zwillinge verstärkt. Der Kreuzer erwies sich als schnell und seetüchtig, aber auch als zu leicht gebaut, so dass der Rumpf verstärkt werden musste. Aus der Émile Bertin wurde die größere und relativ gut gepanzerte La Galissonière-Klasse entwickelt, die als eine der besten Leichten Kreuzer-Klassen gilt.

Die Émile Bertin war 177,0 m lang, 15,8 m breit und verdrängte voll beladen 8480 t. Der Antrieb bestand aus sechs Kesseln und vier Dampfturbinen, die zusammen 102 000 PS leisten und eine Geschwindigkeit von 34 kn ermöglichen sollten. Bei den Probefahrten wurden 137 908 PS und 39,67 kn erreicht, im Einsatz erreichte sie meist über 33 kn. Die Besatzung setzte sich aus 705 Mann zusammen.

Bewaffnung 1940
9 x 15,2 cm L/55 Modéle 1930 (drei Drillingstürme)
4 x 9 cm L/50 Modèle 1926 (eine Zwillings- und zwei Einzellafetten)
8 x 3,7 cm L/50 Modèle 1933 (vier Zwillingslafetten)
8 x 1,32 cm L/76 Modèle 1929 Hotchkiss-MG (vier Zwillingslafetten)
6 x 55 cm Modèle 1928T-Torpedorohre (zwei Drillingsrohre, keine Möglichkeit zum Nachladen)
2 Gurdou-Lesseure GL.832 Hy-Bordflugzeuge (eines teilweise auseinandergebaut im Hangar)
84 Minen

Die Emile Bertin wurde 1931-34 von AC St. Nazaire-Penhoët gebaut. Nach ihrer Indienststellung wurde sie Flaggschiff der 2e Escadre légère (2. Leichtes Geschwader) mit Heimathafen Brest, 1938 wurde sie ins Mittelmeer verlegt.

Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs war sie bei der 3e Division légère und wurde nach Bizerte (heute Bizerta in Tunesien) verlegt, um für Angriffe auf Italien bereit zu stehen. Da Italien erst einmal neutral blieb, wurde sie stattdessen für den Transport polnischer Goldreserven aus Beirut nach Toulon eingesetzt. Ab Januar 1940 war sie in Dakar als Teil der Force Y stationiert, um im Atlantik deutsche Handelsstörer zu suchen.

Die Émile Bertin sollte Teil der Flotte sein, die in Norwegen einmarschieren sollte (mit dem Vorwand nach Finnland marschieren zu wollen, um dieses im Winterkrieg gegen die Sowjetunion zu unterstützen), aber diese Pläne verzögerten sich, so dass den Alliierten die deutsche Invasion in Norwegen am 9. April 1940 zuvor kam. Sie war aber am alliierten Gegenangriff beteiligt und geleitete am 19. April 1940 einen Konvoi, der französische Gebirgsjäger (Chasseurs alpin) transportierte, nach Namsos in Norwegen. Der Konvoi bestand aus den Truppentransportern/Hilfskreuzern (ehemaligen Passagierschiffen) Ville d'Oran, El Kantara, El Djezaïr und El Mansour, die neben der Émile Bertin von den Großzerstörern Tartu, Epervier, Chevalier Paul und Maille Brézé geleitet wurden. Kurz vor der norwegischen Küste griff eine Junkers Ju 88 Bomber der Staffel KG 30 den Konvoi an und erzielte einen Treffer auf der Émile Bertin sowie einen Nahtreffer. Die 500 kg Bombe schlug zwischen den beiden hinteren Zwillingsmaschinengewehren ein und trat - ohne zu explodieren - nahe des Rumpfbodens wieder aus. Die deshalb nur relativ leicht beschädigte Émile Bertin wurde durch den Leichten Kreuzer Montcalm ersetzt und anschließend in Brest repariert.

Im Mai und Juni 1940 transportierte die Émile Bertin zusammen mit dem Schulkreuzer Jeanne d'Arc und dem Flugzeugträger Béarn Teile der Goldreserven der französischen Zentralbank nach Kanada. Bei der zweiten Fahrt wurde das Gold nicht in Halifax ausgeladen, da Frankreich inzwischen den Waffenstillstand mit Deutschland akzeptiert hatte. Stattdessen fuhr sie nach Fort-de-France auf Martinique. Dort blieb sie bis Juni 1942 relativ inaktiv, als sie auf Druck der amerikanischen Regierung komplett außer Dienst gestellt wurde.

Erst im August 1943 schloss sich die Émile Bertin den Alliierten an und wurde in Philadelphia modernisiert. Die Torpedorohre und das Katapult wurden ausgeschifft und stattdessen die schwere und leichte Flak deutlich verstärkt. Ab Februar 1944 wurde sie im Mittelmeer eingesetzt, anfangs als Geleitschiff, ab Mai unterstützte sie den Vormarsch an Land durch Feuerunterstützung. Nach Einsätzen im Raum von Anzio nahm sie im August an der Landung in der Provence teil (Operation Dragoon). Zuletzt leistete sie im Januar 1945 Feuerunterstützung. Wegen einer Überholung wurde sie nicht mehr in den Pazifik verlegt. Nach Kriegsende sollte sie die französische Besitznahme von Indochina sichern und wurde so in den Indochinakrieg (der Vorläufer des Vietnamkriegs) verwickelt. 1946 verlegte sie zurück ins Mittelmeer, wo sie 1947-51 als Artillerieschulschiff diente. 1951 erfolgte die Außerdienststellung, bis 1959 wurde sie noch als Hulk genutzt. 1961 erfolgte der Verkauf zum Abwracken nach Italien.

Das Modell

Die Émile Bertin habe ich aus dem Bausatz von HP Models gebaut. Dieser stellt den Zustand von 1942 dar. Ich wollte den Zustand von 1940 darstellen, wofür aber nur wenige Änderungen notwendig sind. Eigentlich muss man nur eine größere Ladung von MG, die HP sowieso nicht richtig dargestellt hat, weglassen und deren Lafetten entfernen.

Die Zahl der Teile ist zwar relativ übersichtlich, aber die wenigen Aufbauteile musste ich alle von dem relativ dicken Trägerfilm entfernen und deshalb jeweils unten etwas abschleifen. Diese Arbeit ist relativ aufwendig. Beim Brückenaufbau hatte ich zudem Probleme mit der Passgenauigkeit und der Einpassung des Dreibeinmasts.

Die Kleinteile sind von unterschiedlicher Qualität. Während z.B. die 15,2 cm-Türme, der Entfernungsmesser oben auf dem Fockmast und die Scheinwerfer gut sind, auch wenn sie von Grat und kleinen Gussungenauigkeiten befreit werden müssen, finde ich die Lafetten für die 9 cm-Flak und die Beiboote nicht gelungen. Der Bausatz enthält Messingrohre für die 15,2 cm-Geschütze, ich habe aber welche von Master Models benutzt. Die 9 cm-Lafetten haben Schutzschilde, die hinten nicht offen sind, was ich angesichts ihrer komplizierten Form akzeptiert habe. Die Rohre selbst, die dem Bausatz nicht beiliegen, sind relativ ähnliche 9 cm-Rohre für italienische Geschütze von Master. Bei den 3,7 cm-Geschützen habe ich die Rohrspitzen durch dünneren, gezogenen Gussast ersetzt. Aus diesem Material habe ich auch die Rohre der 1,32 cm-Zwillings-MG gemacht. Die Antennenträger am Fockmast und dem hinteren Schornstein sind aus Draht selbstgebaut. Die Takelung erfolgte mit schwarzem UNI-Caenis 20 Denier-Faden. Leider fehlt dem Bausatz das Gurdou-Lesseure GL.832 Hy-Bordflugzeug. Dieses habe ich nach den Zeichnungen im Profile Morskie aus Plastikstäben und -platten selbstgebaut. Die Verstrebungen der Schwimmer sind aus Draht.

Für die Bemalung orientierte ich mich an den Angaben in Le croiseur Émile Bertin 1933-1959 von Jean Lassaque. 1940 war die Émile Bertin im Dunkelgrau der Atlantikflotte bemalt, für dass ich Vallejo Model Color 159 Staubgrau verwendet habe. Lassaques Buch habe ich so interpretiert, dass das Oberdeck, der Großteil des Backdecks sowie die unteren Aufbautendecks mit rotbraunem Linoleum belegt waren, das ich mit 136 Rotes Leder dargestellt habe. Die restlichen Stahldecks sind mit 162 Basaltgrau bemalt, einige Holzdecks und das Innere der Beiboote mit 124 Iraqui Sand. Der Vorderteil des Rumpfs des GL.832-Bordflugzeugs ist mit 71.062 Aluminium bemalt, der Rest mit 57 Enzianblau, das mit etwas 153 Hellblaugrau aufgehellt wurde. Die Markierungen am Seitenleitwerk und den Flügeln sind mit Pinsel nur angedeutet, da ich keine französischen Markierungen vorrätig hatte.

Quellen

Vielen Dank an Jacques Druel von L'Arsenal für das Vorabexemplar des fotogeätzten Katapults und Bruno Gire für die hilfreichen Informationen über französische Anstriche und marinebezogene Fachtermini!

Lars