23.05.1968 - 50 Jahre Vietnamkrieg

 

Heute vor 50 Jahren, am 23. Mai 1968, schoss der Lenkwaffenkreuzer USS Long Beach eine nordvietnamesische MiG im Vietnamkrieg ab (siehe Jahrestage auf Modellmarine). Dies war der erste Abschuss eines Flugzeugs durch eine schiffsgestützte Flugabwehrrakete.

Das Original

Die USS Long Beach (CGN-9), Spitzname "The Pig", "Long Bitch" oder auch "Nukie Niner", war der einzige Lenkwaffenkreuzer, der für die US Navy als solcher geplant und gebaut wurde - wenn man die durch den Washingtoner-Flottenvertrag nach oben getriebenen Größen der Kreuzer als Maßstab nimmt und die ursprünglich als Fregatten (DL/DLG) und 1975 zu Kreuzern umklassifizierten Schiffe sowie das Chaos bei den Klassifizierungen von Überwasserkampfschiffen in den letzten 70 Jahren ignoriert. Die Long Beach war dazu das erste atomgetriebene Überwasserkampfschiff und damit in gewisser Hinsicht auch ein Testschiff.

Ursprünglich wurde die Long Beach in den 1950ern als Fregatte (DLG) geplant, worunter die US Navy damals schnelle Geleitschiffe der Träger verstand, die größer und kampfkräftiger als Zerstörer waren. Wegen Antriebs musste das Schiff aber größer ausfallen, was aber dann, auch wegen der Kosten, dazu führte, dass man meinte, dass ein so teures Schiff auch entsprechend besser bewaffnet ausfallen musste, was wiederum zu einer Größenzunahme führte. Das Ziel war letztlich ein Kreuzer mit beträchtlichen Offensivpotential, der unabhängig operieren können sollte. Als Offensivbewaffnung waren erst Regulus II-Marschflugkörper, danach ballistische Raketen des Typs Polaris vorgesehen. Für unabhängige Operationen waren eine starke Flugabwehr- und U-Jagdbewaffnung notwendig. Obwohl die Fundamente für die Polaris-Starter eingebaut wurde, kamen diese Starter und Raketen nie an Bord.

Das Ergebnis war ein sehr teures schnelles Geleitschiff der Träger: die Long Beach erhielt die beiden damals vorhandenen weitreichenden-Flugabwehrraketen. Achtern ein Starter für Talos-Raketen mit 104 km Reichweite, von denen 46-52 (je nach Quelle) im dem Magazin davor untergebracht waren. Vorne waren zwei Starter für Terrier-Raketen mit 74 km Reichweite. Der vordere Terrier-Starter hatte dahinter ein Magazin mit 80 Raketen, der hintere eines mit 40. D.h. sie führte 172 Flugabwehrraketen mit, was im Vergleich zu heutigen Schiffen sehr eindrucksvoll ist, insbesondere, wenn man bedenkt, wie groß diese Raketen, besonders die Talos-Raketen, waren. Für jeden Zwillingsstarter waren zwei Feuerleitradargeräte vorhanden. Für die Flugabwehr erhielt die Long Beach den ersten phasengesteuerten Radar der US-Navy: SCANFAR, eine Kombination aus SPS-32-Antennen für die Luftraumüberwachung und SPS-33-Antennen für die Zielverfolgung. Diese Antennen wurden fest an die vier Seiten einer kubusartigen Brücke montiert, die dem Schiff das charakteristische Aussehen gaben. Diesen Radar gab es sonst nur noch auf dem Träger USS Enterprise (CVN-65), der deshalb eine ähnliche Brücke erhielt. Diese für ihre Zeit sehr fortschrittlichen Antennen waren allerdings anfällig für Ausfälle. Dazu gab es zu wenig ausgebildete Techniker, was die Wartung und Bedienung zusätzlich erschwerte. Diese Radaranlagen wurden 1980-83 durch SPS-48 und SPS-49 ersetzt, wofür die Masten stark verändert wurden. Auch die Talos-Raketen und insbesondere ihre SPG-49-Feuerleitgeräte waren anfällig für Störungen. Sie wurden deshalb 1979 entfernt. Die Terrier, die auch ihre schweren Kinderkrankheiten hatten, wurden durch SM-1ER und schließlich SM-2-ER ersetzt. Anfangs hatte die Long Beach nur eine Flugabwehr- und U-Jagdabwehrbewaffnung. Gegen Schiffe konnte sie nur die Terrier- und Talos-Flugabwehr-Raketen einsetzen. Sie wurde deshalb nach Indienststellung mit zwei alten 12,7 cm-Geschützen nachgerüstet. Nach den Ausbau des Talos-Starters erhielt sie 1979/80 zwei Harpoon-Anti-Schiffsraketenstarter. Zuletzt hatte sie auch noch zwei Starter für Tomahawk-Marschflugkörper und war damit am Ende ihrer Dienstzeit sehr viel näher an dem ursprünglichen Konzept eines Kreuzers für offensive Operationen.

Die Long Beach war 219,9 m lang, 22,3 m breit und verdrängte 16.602 ts. Der Antrieb bestand aus zwei Kernreaktoren, die den Dampf für zwei Dampfturbinensätze zur Verfügung stellten. Mit 80.000 PS wurden über 30 kn erreicht. Die Besatzung bestand aus 1107 Seeleuten.

Bewaffnung 1968
2 x 12,7 cm L/38 Mk 30-Geschütze
1 Mk 12-Zwillingsstarter für Talos-Flugabwehrraketen (46-52 Raketen)
2 Mk 10-Zwillingsstarter für Terrier-Flugabwehrraketen (120 Raketen)
1 Mk 16-Achtfachstarter für ASROC-U-Jagdraketen (20 Raketen)
6 x 32,4 cm Torpedorohre (zwei Mk 32-Drillingsrohre)

Die Long Beach wude 1957-61 von Bethlehem Steel Co., Fore River Shipyard in Quincy gebaut. Sie diente anfangs im Atlantik und im Mittelmeer. 1964 nahm sie mit dem ebenfalls atomgetrieben Flugzeugträger USS Enterprise und der Fregatte (Lenkwaffenkreuzer) USS Bainbridge an der Operation Sea Orbit teil, einer Weltumrundung, die ohne Versorgung durchgeführt wurde, um die Fähigkeiten der atomgetriebenen Schiffe zu demonstrieren. 1966 wurde sie in den Pazifik verlegt, wo Long Beach ihr neuer Heimathafen wurde. Ab 1967 wurde sie wiederholt im Vietnamkrieg eingesetzt, wozu sie überwiegend der Leitung der eigenen Flugzeuge diente. Sie war 1968, 1969, 1970, 1972, 1974 und 1975 teilweise mehrfach im Einsatz. Am 23. Mai 1968 gelang ihr mit einer Talos-Raketen der erste Abschuss eines Flugzeugs durch eine schiffsgestützte Flugabwehrrakete, als sie auf 105 km Entfernung eine nordvietnamesische MiG abschoss. Im Juni schoss sie eine weitere aus einer Entfernung von 98 km ab. 1975 wurde San Diego ihr neuer Heimathafen. 1979-80 wurde der Talos-Starter und seine Feuerleitradars entfernt und Harpoon-Starter kamen an Bord. Auch nach Ende des Vietnamkriegs wurde sie wieder in der Region eingesetzt, so 1980 zur Rettung von vietnamesischen Flüchtlingen (Boat People). 1980-83 wurde sie modernisiert und erhielt neue Radaranlagen. 1985 kamen Tomahawk-Marschlugkörper an Bord. Am 19. Oktober 1987 unterstützte sie Operation Nimble Archer, einen Angriff auf zwei iranische Ölplattformen während des Ersten Golfkriegs (Iran-Irak-Kriegs). 1991 wurde sie erneut in den Persischen Golf verlegt, aber erst nach Ende des Zweiten Golfkriegs. 1994 wurde die Long Beach außer Dienst gestellt. In Newport News wurden die Aufbauten entfernt und dann Puget Sound, Bremerton die Reaktoren ausgebaut. Zumindest Teile des Rumpfs wurden 2012 zum Verschrotten verkauft, eventuell existiert der Mittelteil des Rumpfs, in dem sich der Reaktor befand, heute noch im Puget Sound.

Das Modell

Den Lenkwaffenkreuzer USS Long Beach habe ich aus dem JAG-Bausatz aus dem Jahre 2000 gebaut. Der Bausatz stellt den Zustand von 1964 dar, mein Modell wurde dagegen in den Zustand von 1968 umgebaut. Der Bausatz ist allgemein gut, hat aber ein typisches Problem von Bausätzen der Epoche: diverse Kleinteile sind zu groß und damit nicht maßstabsgetreu ausgeführt. Trotz einer aufwendigen Verpackung in einem Rohr mit entsprechender Polsterung war bei meinem Exemplar das Schanzkleid am Bug abgebrochen. Für die Positionierung der Teile empfiehlt es sich Fotos und Zeichnungen zu Rate zu ziehen, da die Anleitung nicht immer klar ist und vielfach die Positionen auch nicht markiert sind.

Die Position des zweiten Terrier-Starters ist beim Bausatz viel zu hoch. Dies sieht man auch daran, dass die Öffnungen des Magazins dahinter im Abweiser liegen und sich auf das offene Deck dahinter öffnen würden statt ins Magazin darunter. Entsprechend habe ich hier viel Material weggeschnitzt und danach die Türen des Magazins neu gemacht.

Die geschlossene Reling vorne an der Brücke des Bausatzes wäre umgerechnet auf die Originalgröße 1,4 m dick, die Brückenflügel waren einfach durch genauso dicke Teile dargestellt (als wären sie nach oben geschlossen). Auch diese Teile schnitzte ich weg und ersetzte sie durch dünnere Plastikplatten.

Die Masten baute ich aus Metallstäben und Plastikplatten, -streifen und -stäben neu auf. Bei dem kleinen Großmast verwendete ich die recht dicken Fotoätzteile des Bausatzes, am Fockmast baute ich die Plattformen neu. Diese waren 1968 sowieso etwas anders gestaltet. Die diversen Antennen sind aus entsprechend zurecht geschliffenen Plastikstäben. Die SPS-10- und SPS-12-Radarantennen sowie die Windmesser stammen aus dem GMM-Satz für die moderne US-Schiffe. Seitlich vom Fockmast ergänzte ich noch die ECM-Anlagen, die ich aus diversen Metallstäben und Plastikteilen baute. Bei den Plattformen neben dem Großmast ergänzte ich noch die Abstützungen aus Metallstäben und den oberen Teil der Antenne aus Plastik- und Metallteilen. Bei den SPG-55-Feuerleitgeräten für die Terrier entfernte ich die kleine Antenne an der rechten Seite genauso wie die Teile oberhalb des eigentlichen Radars. Diese waren nur bei späteren Versionen des SPG-55 vorhanden. Die Form der Halterung der SPW-2-Leitantennen, die über und unter den SPG-49-Feuerleitradare für die Talos standen, versuchte ich etwas ähnlicher zu den Originalen zu schnitzen und ergänzte dazu eine Plattform für die obere der beiden SPW-2-Antennen. Die Peitschenantennen sind aus 0,05 mm Kupferdraht. Ich habe sie aufgerichtet dargestellt, vor einem Raketenstart wurden sie seitlich weg geklappt. Dies habe ich nicht dargestellt, obwohl ich scharfe Raketen auf den Startern montiert habe, da diese Antennen sonst leicht in der Vitrine mal verbogen werden würden.

Die Mk 10-Terrier-Starter und ersetzte ich genauso wie den Mk 12-Talos-Starter durch feinere gedruckte Teile von diStefan 3Dprint (siehe Mk 10 und Mk 12). Insbesondere die Raketen sind im JAG-Bausatz nicht gut dargestellt. Bei dem gedruckten Mk 10-Starter sind auch die Düsen dabei, die entweder vor oder hinter dem Starter angebracht waren, um im Notfall eine nicht gestartete Rakete entfernen zu können. Auch die Mk 56-Feuerleitgeräte für die 12,7 cm-Geschütze ersetzte ich durch gedruckte Teile, dieses Mal von Model Monkey. Die 12,7 cm-Türme selbst erhielten Messingrohre von Master.

Bemalt habe ich die Long Beach mit Farben von Vallejo Model Color: 154 (989) Signalgrau für die vertikalen Flächen, 159 (991) Staubgrau für die Decks, 162 (869) Basaltgrau für die Behälter für die Rettungsmittel und die Vorderseiten der SPG-55-Feuerleitradare, 152 (883) Hellgrau für die Vorderseite der SPG-49-Feuerleitradare, 4 (820) Cremeweiß für die Raketen und Teile der Beiboote sowie 167 (995) Anthrazitgrau für den Unterwasserrumpf der Beiboote und die Spitze des Hilfsdiesel-Schornsteins.

Wer das Modell weiter verfeinern will, empfehle ich sich bessere und feinere Fotoätzteile zu besorgen. Die Davits der Beiboote sind doch sehr vereinfacht durch die Fotoätzteile von JAG dargestellt, während die Fotoätzteile für die Plattformen neben dem Großmast sehr grob sind. Auch der ASROC-Starter und die Behälter für die Rettungsmittel kann man durch maßstabsgerechtere Teile ersetzen. Die Teile aus dem Bausatz sind zu groß. Das ist mir insbesondere bei den Rettungsmittelbehältern aufgefallen, da ich nicht die Zahl des Originals anbringen konnte. Eventuell gibt es noch zwei weitere Fehler: a) die Form des Deckshaus um den zweiten SPG-55-Feuerleitradar scheint nicht zu stimmen, da man auch hier Probleme hat, die Rettungsmittelbehälter nach den Fotos anzubringen. b) Zumindest an der Steuerbordseite könnte die Form des achteren Aufbaus (also des Talos-Magazins) seitlich falsch sein. Auch hier hatte ich Probleme die korrekte Position der Rettungsmittelbehälter wiederzugeben.

Links ein Vergleich der Long Beach mit zwei Lenkwaffenschiffen aus der gleichen Epochen, der Fregatte, später Lenkwaffenkreuzer USS Wainwright (1966, JAG) und der Fregatte, später Lenkwaffenzerstörer USS Preble (1960, Niko Model). In der Mitte mit zwei neueren Schiffen, dem Lenkwaffenzerstörer USS Mustin (2003, Dragon) und dem russischen Lenkwaffenkreuzer Moskwa (1983, Trumpeter). Rechts mit zwei älteren Kreuzern, dem Schweren Kreuzer USS Wichita (1939, Midship Models) und dem Geschützten Kreuzer USS Raleigh (1894, Modelkrak).

Quellen

  • Kreuzer der U.S. Navy von Stefan Terzibatschitsch, Augsburg, 1997
  • U.S. Cruisers: An Illustrated Design History von Norman Friedman, Annapolis, 1984
  • Die Atomkreuzer der U.S. Navy von Wilhelm M. Donko, Koblenz, 1987
  • USS Long Beach (Navsource)
  • USS Long Beach (CGN-9) (Wikipedia)
  • USS Long Beach (CGN 9) (navysite.de)
  • USS Long Beach (CGN-9) (hullnumber.com)
  • JAG's Long Beach in 1/700 scale von Ray D. Bean in Plastic Ship Modeler N° 24 von Daniel H. Jones, Arvada, um 2000 veröffentlicht
  • Kampfsysteme der U.S. Navy von Stefan Terzibatschitsch, Hamburg, 2001
  • Conway’s All the World’s Fighting Ships 1947-1995 von Robert Gardiner (Herausgeber), London, 1995
  • The Encyclopedia of Warships from World War II to the present day von Robert Jackson (Herausgeber), Hoo, 2006

Lars