S 90 Deckelbild

Modell: German S 90 torpedo boat, 1899
Hersteller: Kombrig
Maßstab: 1/700
Material: Resin, Fotoätzteile, Abziehbilder
Art.Nr.: 70515
Preis: 22,60 € (NNT Modell + Buch)

Das Original

In Deutschland begann die Entwicklung und der Bau von Torpedobooten mit den 1871 gebauten Spierentorpedobooten. In der Folgezeit wurden verschiedene Typen von Torpedobooten entwickelt, die bei relativ geringen Herstellungskosten auch gegen Großkampfschiffe erfolgreich waren. Auf Seiten des potentiellen Gegners Großbritannien entwickelte man als Antwort auf diese leichten und beweglichen Einheiten sogenannte Torpedobootszerstörer. Diese waren bei ähnlicher Wendigkeit und Geschwindigkeit dazu bestimmt, Torpedoboote abzudrängen und wenn möglich zu versenken.

Auf diese Torpedobootszerstörer, aus denen dann der Schiffstyp des Zerstörers hervorging, reagierte die Kaiserliche Marine mit den sogenannten Großen Torpedobooten. Diese, gegenüber den herkömmlichen Torpedobooten, ungefähr doppelt so großen Einheiten waren seetüchtiger, hatten eine größere Reichweite und erreichten Geschwindigkeiten von bis zu 27 kn. Gegenüber ihren potentiellen britischen Kontrahenten waren die Großen Torpedoboote artilleristisch zwar unterlegen, verfügten aber über ein Torpedorohr mehr.

Das Große Torpedoboot SMS S 90 wurde im Jahr 1898 in der Schichau-Werft in Elbing (daher das „S“ in S 90) auf Kiel gelegt und lief am 26.07.1899 vom Stapel. Am 26.07.1900 lief die S 90 zusammen mit zwei Schwesterschiffen (S 91 und S 92) und dem Lazarettschiff Gera mit Ziel China aus. Anlass war der Wunsch einer Verstärkung der deutschen Flottenpräsenz als Reaktion auf den Boxeraufstand. Am 06.10.1900 erreichte der Verband Shanghai. Die Torpedoboote wurden der Linienschiffdivision und dem Ostasiatischen Kreuzergeschwader zugeteilt, um die chinesische Küste und Flussmündungen zu überwachen. Nach dem Ende des Boxeraufstandes verblieb S 90 in China, während ihre Schwesterschiffe S 91 und S 92 nach Deutschland zurückkehrten. Die SMS S 90 war anschließend zusammen mit dem ehemals chinesischen Zerstörer SMS Taku in Tsingtau stationiert.

Für das Jahr 1914 war geplant, SMS S 90 außer Dienst zu nehmen und durch drei neue Torpedoboote zu ersetzen. Dies musste aufgrund des Kriegsausbruches unterbleiben. Zusammen mit dem Kanonenboot SMS Iltis versah S 90 weiterhin Sicherungsdienst in Tsingtau. Am 22.08.1914 wurde S 90 beim Sichern des Minenlegers SMS Lauting vom britischen Zerstörer HMS Kennet entdeckt und beschossen. S 90 erwiderte das Feuer, drehte ab und lockte den britischen Zerstörer so in den Wirkbereich einer deutschen 10,5 cm Landbatterie, die ebenfalls das Feuer eröffnete. Mit drei Toten und sieben Verwundeten drehte die beschädigte HMS Kennet ab.

Am 17.10.1914, als absehbar war, dass sich Tsingtau nicht mehr lange würde halten können, unternahm S 90 einen Durchbruchsversuch. Hierbei kam es zu einer Begegnung mit dem veralteten japanischen Geschützten Kreuzer Takachiho, der von einem von S 90 abgeschossenen Torpedo versenkt wurde. Der Verlust des Kreuzers und seiner 271-köpfigen Besatzung war im Ersten Weltkrieg der größte Verlust der japanischen Marine infolge Feindeinwirkung. Dennoch war auch das Schicksal von S 90 besiegelt. Der Kommandant Paul Brunner erkannte, dass ein Ausbruch aufgrund von Brennstoffmangel nicht möglich war und gab Befehl, das Boot zu versenken. Die Besatzung wurde anschließend in China interniert.

Technische Daten:
Länge: 63,00 m
Breite: 7,00 m
Tiefgang (max): 2,83 m
Besatzung: 57 Mann
Geschwindigkeit: 27,0 kn
Bewaffnung: 3 x 5 cm L/40, 3 Torpedorohre 45 cm

Der Bausatz

In einer Zusammenarbeit der beiden russischen Hersteller Kombrig und U-Boot-Laboratorium liegt nun ein Modell der SMS S 90 im Maßstab 1/700 vor. Das Modell kommt in einem eher labbrigen, dünnen Stülpkarton daher. Dieser Karton ist in der Hauptsache mit Styropor gefüllt. Das eigentliche Modell passt in einen kleinen, wiederverschließbaren Plastikbeutel. Auch wenn diese Verpackung etwas provisorisch wirkt, erfüllt sie doch ihren Zweck. Die Anzahl der Teile ist sehr übersichtlich, aber das war bei einem Modell dieser Größe auch nicht anders zu erwarten.

Der einteilige Rumpf ist sehr fein und ohne Verzug gegossen und weist keine Luftblasen oder Fehlstellen auf. Auf der leicht abgerundeten Back ist ein Rillenmuster zu erkennen, das möglicherweise eine Holzbeplankung andeuten soll. Dieses Muster erinnert aber ein wenig an das Schichtenbild bei gedruckten Modellen, allerdings bin ich mir ziemlich sicher, dass der Rumpf nicht gedruckt wurde. Auf der Hompage des Herstellers steht, dass der Bausatz (bzw. das Urmodell?) in 3D modelliert und CNC gefräst wurde.

Auf einem Gußast finden sich 16 Klein- und Kleinstteile wie Geschütze, Torpedorohre, Schornsteine etc.

Diese Teile sind sehr fein und filigran, weisen aber im Bereich der Torpedorohre etwas Fischhaut auf. Zudem, und das wird schwer zu korrigieren sein, sind die Angüsse der Geschütze so massiv, dass ein Herauslösen und Einbauen dieser Teile nahezu unmöglich erscheint.

Die Fotoätzteile

Dem Bausatz liegt eine kleine aber absolut ausreichende Ätzplatine bei. Hier finden sich neben Treppen, der Brücke und diverser nützlicher Kleinteile die Teile für die Reling. Leider ist diese nicht so aufgebaut, dass sie im Bereich der Klebefläche eine durchgehende Kante hat. Vielmehr müssen die einzelnen Stützen separat aufgelebt werden.

Die Abziehbilder

Auf dem Abziehbildersatz befinden sich die Flaggen in zwei verschiedenen Größen. Die Abziehbilder sind sauber und Versatzfrei gedruckt.

Die Anleitung

Die Bauanleitung besteht aus einem zweiseitigen, farbig bedruckten Blatt. Auf der ersten Seite wird ein kurzer Abriss über das Boot und seine Geschichte gegeben. Die zweite Seite besteht im Wesentlichen aus einer farbigen Explosionszeichnung. Grundsätzlich würde diese Zeichnung zum Zusammenbau ausreichen. Allerdings liegt der Fehler im Detail: Mit römischen Ziffern werden die Masten und Stagen beschrieben, die wohl aus (nicht beiliegendem) Draht hergestellt werden müssen. Was nicht angegeben wurde, sind die Länge und der Durchmesser dieser Teile. Die Längen soll man sich wohl aus der beiliegenden Bemalungsanleitung entnehmen.

Diese Anleitung beschränkt sich auf die Angabe der Bootsfarbe für den August 1914 („Black“), der Holzteile („Wood“) und der Positionslichter („Red“, „Green“). Hersteller werden nicht angegeben und m.E. auch nicht benötigt. Dieser von Kombrig vorgeschlagene Anstrich ist, nicht wie angegeben für 1914, sondern nur für einen frühen Bauzustand korrekt. In China erhielt sie einen weiß-gelben Tropenanstrich, der zwischen 1910-12 durch einen grauen Anstrich ersetzt wurde.

Fazit

Kombrig liefert für einen durchaus moderaten Preis (für ein Kleinserienmodell) ein qualitativ durchaus gutes Modell, dass sich an einem Tag entspannt zusammenbauen und lackieren lässt. Ärgerlich sind die schlecht gegossenen Geschütze und die fehlenden Längenangaben zu den Masten in der Bauanleitung. Ich gebe diesem Bausatz unter Berücksichtigung des Vorgenannten

alt empfehlenswert


Jens Bartels

Wir danken Kombrig für das Bausatzmuster