Modell: Shamrock V von 1930, J-Class America's Cupper
Hersteller: Amati, Italien
Maßstab: 1:80
Material: Resin, Holz, Metall, Stoff
Kit. No.: 1700/53
Preis: 99,- Euro (2004)

Das Vorbild


Der britische Tee-Baron Sir Thomas Lipton unternahm zu Beginn des letzten Jahrhunderts eine Reihe von Anläufen um den berühmten „America's Cup“ wieder nach England zu holen. Leider blieben alle seine Versuche erfolglos. Trotzdem zählen seine Shamrocks mit zu den schönsten und ästhetischsten Yachten, die die Welt je gesehen hat. Oftmals waren seine Schiffe einfach nur vom Pech verfolgt. Die Shamrock V war nicht nur der fünfte und letzte Anlauf von Sir Thomas Lipton, sondern wurde 10 Jahre nach der letzten Niederlage gebaut. Sir Thomas Lipton wendete sich mit dem Bauauftrag, wie zuvor, an Charles Nicolson (Von Camper & Nicolson).
Die grüne Farbe der Yacht und ihr Name (Shamrock = Kleeblatt) deuten die Verbundenheit von Thomas Lipton zu seiner Heimat, Irland an.
Die Shamrock V segelt auch heute noch und ist erst vor kurzem generalüberholt worden. Bis dahin war sie noch im Originalzustand, was sie aber nicht hinderte, bei mehreren „Spaßregatten“ der aktuellen Eigentümer der noch existierenden J-Class Yachten, ihre Konkurrentinnen gut im Griff zu haben, obwohl diese ihre Restaurierungen bereits hinter sich hatten.
Der Aufenthalt auf einer J-Class Yacht ist ein Fest für die Sinne. - Im Gegensatz zu modernen Regattayachten, befindet sich an Bord der J-Class Yachten eine vollständige Inneneinrichtung mit Polstern und Kojen, wie es sich für eine fahrtentaugliche Yacht gehört. Nur sind diese Einrichtungen bei den J-Class Yachten vom Feinsten. Mahagoni, Elfenbein, Porzellan, Silber- oder gar Gold sind durchaus gängige Materialien an Bord dieser Yachten.
Die Shamrock stellt mit ihrem tiefen, tintigen „Britisch Racing Green“ eine farbliche Besonderheit gegenüber den weißen und blauen Rümpfen der Konkurrentinnen dar. Zusammen mit roten Mahagoniaufbauten und goldenen Messingbeschlägen eine wahre Augenweide!

Das Modell


Das Modell wird von Amati als „Museum Quality Modell“ beworben. Wenn man sich den Schrott so anschaut, den man heutzutage als J-Class-Modell fertig für 200,-€ erwerben kann, dann mag diese Aussage sogar gerechtfertigt sein, ich verstehe unter Museumsqualität allerdings etwas anderes. Doch dazu später mehr.
Das Modell ist in dem etwas ungewöhnlichen Maßstab 1:80 entworfen. Fertig besitzt es eine LüA von 44,5 cm und eine Höhe von etwa 60-65 cm inklusive Ständer, bei einer Rumpfbreite von 7 cm.
Damit besitzt es nahezu ideale Abmessungen um auf einem großen Schreibtisch repräsentativ zu stehen.
Das Modell ist nur eines aus einer Reihe von J-Class Modellen in derselben Größe, der „America's Cup Collection“. Neben der Shamrock sind auch noch die Endeavour, die Rainbow, die Enterprise und die Ranger im selben Maßstab erhältlich. Wer es gerne noch größer mag kann auch weitere J-Class Modelle von Amati im Maßstab 1:35 erwerben (LüA des fertigen Modells: 115 cm für die Endeavour). Und wer mehr Zeit zum basteln besitzt, kann auch die Holz-Version in 1:80 bauen.
Das besondere an diesem Bausatz ist, daß der Rumpf bereits fertig ist. - Dies erspart eine Menge Bauzeit und nachdem es sich um einen „Resin“-Rumpf handelt, darf man eigentlich auch eine sehr hohe Fertigungsqualität erwarten. - Schließlich werden „Resin“-Modelle für ihren hohen Detailgrad gelobt.

Bausatzbestandteile


Im Bausatz enthalten sind neben drei sehr ordentlichen Plänen, die nur einseitig bedruckt sind (was ein Vorteil ist):

  • zwei beidseitig bedruckte DIN A4 Blätter (zusammengeheftet) auf denen die deutsche Übersetzung des ansonsten komplett in italienisch gehaltenem Bausatzes zu finden ist,

  • natürlich der Rumpf,

  • ein dünnes Sperrholzbrett (1 mm), aus dem die Einzelteile bereits mit dem Laser ausgestanzt sind, welches in erster Line das Deck und einige Decksaufbauten beinhaltet,

  • ein dickeres Sperrholzbrett (4mm), ebenfalls mit Laser ausgestanzt, welches zwei Teile des Ständers und das Ruderblatt der Shamrock beinhaltet

  • ein Stück Spezialkarton, in Kunststoff eingeschweisst, als Farbprobe für den Lack des Rumpfes, zusammen mit einem Stück durchsichtigen PVC für die Glasscheiben,

  • einen Rundstab mit eingfräster Nut, ca. 60 cm lang, für den Mast,

  • eine Reihe weiterer Kupfer-, Messing- (beide rund) und Holzstäbe (quadratischer Querschnitt),

  • ein Holzstab, 5 x 10 x 330 mm für den Großbaum,

  • ein Bündel quadratischer „Planken“ (für das Deck),

  • ein Stück „Segeltuch“, vermutlich Kunstseide,


Der Beschlagsatz besteht aus:

  • einem Beutel „Blöcke“ (Holz),

  • Ruderbeschläge aus Messing, Steuerrad (Zinn?) und -säule (Messing),

  • ein Beutel mit „normalen“ Klampen (Zinn?),

  • ein Beutelchen mit Winschen (Messing) und zwei speziellen Bugklampen,

  • zwei weitere Beutel, einer mit vorgebogenen Metallstreifen, die mich an Splinte erinnern (Messing) und der zweite enthält winzige Messing-Hohlnieten,

  • dazu noch ein Wickel mit Tau einer Stärke (hellbraun).





Qualität des Bausatzes


Bei dem gewählten Maßstab sind selbstverständlich viele Details schlicht nicht realisierbar. Deswegen muß man sich von Anfang an auf eine relativ reduzierte Darstellung der Yacht einstellen. Trotzdem besitzt das fertige Modell um Lichtjahre mehr Details als die grobschlächtigen J-Class Modelle, die man fertig für etwa 200 Euro erwerben kann.
Mir gefallen die drei recht guten und übersichtlichen Pläne. Der fertige Rumpf nimmt einem die Arbeit ab, einen so schlanken und diffizilen Rumpf aus einzelnen Planken selbst zu erstellen. Ein so ranker Rumpf neigt dazu, daß der Kiel schnell krumm wird und das Modell dann auf den Müll gehört. Durch den fertigen Rumpf kann man sich auch als Einsteiger, oder als Fortgeschrittener mit engem Zeitrahmen, an den Bau dieses schönen Modells heran wagen.
Doch leider ist genau dieser Rumpf Anlaß zu ernster Kritik. Der Rumpf ist angeblich aus Resin, welches bekannt für seinen hohen Detaillierungsgrad ist. - Es werden normalerweise für erheblich feinere Details in noch kleineren Maßstäben Resin-Teile eingesetzt. Um so mehr schmerzt es dann, wenn Bug und Heck des Rumpfes gleich um mehrere Millimeter (ca. 4mm am Bug und 2-3 mm am Heck) zu kurz sind. Wenn man sich klar macht, daß 2 mm beim Modell am Original 16 cm sind, dann ist der Modellrumpf in Summe fast einen halben Meter zu kurz. Das ist keine Präzision, wie sie für ein Museeumsmodell erforderlich ist.




Festgestellt wurde das Manko durch auflegen des Decks. Dieses steht, wie auf den Fotos ersichtlich, deutlich im Bug und achtern über. Wenn sich zwei Bauteile nicht über die Größe einig sind, sollte der Bauplan entscheiden. - Hier tut er es zu Gunsten des Decks. Das Deck hat also die korrekte Form.
Weiterhin ist es gut, daß man den Rumpf ohnehin lackiert. Denn der Resin-Rumpf, der in meinem Bausatz enthalten war, war bereits gespachtelt. Es handelt sich hierbei nicht nur um einen einfachen Materialfehler, denn hier sind Lufteinschlüsse und ein Wechsel in der Oberflächenbeschaffenheit festzustellen. Nicht schön, denn die sorgen für zusätzlichen Aufwand, wenn man den Rumpf auch wirklich tadellos glatt haben möchte.



Ebenfalls in die Rubrik „unschöne Abbildungsprobleme“ fällt der Verlauf des Kiels. Gerade der Bug des Modells erscheint wie „rundgeschliffen“, dabei ist davon auszugehen, daß der Kiel im Modellmaßstab eine scharfe Kante bilden müsste. Mir ist keine Rennyacht bekannt, die so lang und schlank gebaut ist und die dann plötzlich einen Kiel besitzt, der eher eine Rundung mit einem halben Meter Radius darstellt, als einen echten Kiel. Scharfe Linien waren hier gefragt und genau das fehlt dem Modell. Auch hier ist wieder, rechts und links von der Kiellinie gesehen, zuviel „Spiel“. Gerade von einem Resin-Rumpf sollte man anderes erwarten können. So bleibt einem nichts anderes zu tun, als den Kiel selbst in mühsamer, langwieriger Handarbeit ganz vorsichtig auf eine saubere Kante hin zu schleifen, denn das ist ein schwieriges Unterfangen. Zu wenig wegschleifen bedeutet einen zu runden Kiel, zu viel wegschleifen bedeutet erneutes spachteln. Und wenn man dann auch noch eine exakte gerade Linie an einem gewölbten Körper erzielen will, läuft das in etwa auf die gleiche Arbeit hin, wie das auswetzen einer Scharte an einer Klinge (Wer das schon einmal gemacht hat, kann sich in etwa vorstellen wie aufwändig das ist...).
So wird dann leider aus einem Modell, welches einem Einsteiger eben diesen Einstieg erleichtern könnte, eine echte Herausforderung im Feinschliff.
Sehr gut ist die mitgelieferte Farbkarte. Das Modell im Katalog und auf der Verpackung ist viel zu sehr „Grasgrün“. Die Originalfarbe ist eher ein tintiges Tannengrün und entspricht eher der Hintergrundfarbe im Katalog. Wer dem Rumpf genug Aufmerksamkeit schenkt und ihn fleißig auf Hochglanz schleift und korrekt die Farben aufträgt, wird am Ende durch eine wirklich exklusive Schönheit belohnt. Diese Schiffe sind bereits in Natura auf Hochglanz poliert. - Wenn man das maßstäblich beibehalten wollte, müsste man einen „Ultra-Hochglanz“ erzielen.
Das Material für die Segel ist absolut akzeptabel. Rennyachten haben noch nie derbes Tuch verwendet, sondern es wurde schon früh Wert auf Leichtigkeit gelegt. Schließlich mussten die Segel ja keine Weltumsegelung aushalten. Und mit einem geringeren Gewicht des Segel kann man mehr Steifigkeit und damit oft auch mehr Höhe auf der Kreuz gewinnen. Für Regattayachten ein echtes Muß!
Der mitgelieferte Ständer ist schlicht simpel und häßlich. Das Modell gewinnt sicher, wenn man sich dort etwas schönes einfallen lässt, zum Beispiel eine Mahagoni-Platte mit Messing-Säulen, die den Rumpf aufnehmen.

Fazit


Der Bausatz besitzt, wie alle anderen Bausätze auch, seine Licht- und Schattenseiten. Er enthält, außer den Farben und Beizen und Klebstoffen und Werkzeugen (z.B. einer Helling) alles, was man zum Bau benötigt. Wenn man sich ausreichend bemüht und viel Zeit in den Rumpf investiert und die viele Schleifarbeit nicht scheut, dann wird man am Ende mit einem außergewöhnlich schönen und seltenen Modell belohnt, gegen das sich die käuflich erwerbbaren Fertigmodelle ausmachen, wie aus der Steinzeit. Der Aufwand für die Schleifarbeiten ist relativ zu sehen, denn wenn man den gesamten Rumpf aus Holz selbst bauen würde, so würden etwa die gleichen Arbeiten anfallen. Es wäre also unfair zu behaupten, daß der Bausatz mehr Arbeit macht.
Als Wermutstropfen bleibt trotzdem die Ungenauigkeit beim Rumpf. Hier wäre deutlich mehr drin gewesen. Und mit einer besseren Qualität des Rumpfes hätte man auch Einsteigern eindeutig eine Empfehlung aussprechen können. So bleibt ein Haufen Schleifarbeiten, die dem Einsteiger entweder bereits zu Beginn die Lust am Modellbau vermiesen, oder ein zu wenig verschliffenes Modell, bei dem man sich, so lange es vor einem steht, über die Fehler ärgert. Die Rumpfform mit dem langen schmalen Kiel ist jedoch so empfindlich, daß man hier eigentlich einem Einsteiger abraten sollte.
Trotz alledem ist der Preis von 99,- Euro für den Bausatz absolut gerechtfertigt. Mit angemessenem Aufwand kann hier ein kleines Juwel erstellt werden.
Trotz der oben erwähnten Schwächen bleibt am Ende ein absolut empfehlenswerter Bausatz.
Herbert Wengatz