Britannia

Besuch auf der königlichen Yacht Britannia, Leith, 27. Oktober 2014

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde bei der Werft John Brown am Clyde eine neue königliche Yacht gebaut. Sie war eigentlich für König George VI. gedacht, dessen früher Tod 1952 ließ ihn ihre Fertigstellung aber nicht mehr erleben. Die neue Königin Elizabeth II. taufte das Schiff 1953, im Folgejahr wurde die Britannia in Dienst gestellt. Von 1954 bis 1997 legte das Schiff auf zahlreichen Reisen weltweit über eine Million Seemeilen zurück, bis es aus Kostengründen ersatzlos außer Dienst gestellt wurde. Die Britannia diente einerseits der königlichen Familie als schwimmende Residenz und zu regelmäßigen Erholungsreisen, andererseits war sie weltweit Schauplatz zahlloser Treffen mit politischem und wirtschaftlichem Charakter. Bei ihrem Bau wurde die Verwendung als Lazarettschiff im Kriegsfall mit einbezogen, der Fall trat jedoch niemals ein. Sie wurde lediglich 1986 zur Evakuierung von Flüchtlingen aus dem krisengeschüttelten Jemen eingesetzt.

Nach ihrer Außerdienststellung wurde die Britannia als schwimmendes Museum nach Leith, dem Seehafen von Edinburgh, gebracht, wo sie bis heute zu besichtigen ist. Sie ist im Besitz einer Stiftung und eine der größten Touristenattraktionen der Region mit ca. 300.000 Besuchern im Jahr.

Zum Besuch der Britannia fuhren wir mit einer der Edinburgher Buslinien zum Ocean Terminal nach Leith. An einem früheren Hafenbecken wurde in den 1990ern zur Wiederbelebung des Viertels ein großes Einkaufszentrum, das Ocean Terminal, gebaut. Innerhalb dieses Einkaufszentrums befindet sich das Britannia Visitor Centre mit dem Zugang zum Schiff.

Es stehen Audioguides in diversen Sprachen zur Verfügung. Nach Durchlaufen einer einführenden Ausstellung können die Besucher das Schiff auf den verschiedenen Decks besichtigen. Der Zugang zu den einzelnen Decks erfolgt jeweils durch einen Treppenturm auf dem Dock, sodass innerhalb des Schiffs keine Niedergänge begangen werden.

Die Besichtigung beginnt mit der Brücke und dem Signaldeck, setzt sich fort über die Offiziersquartiere, die Kabinen der königlichen Familie, die Repräsentationsräume, das Verandadeck, die diversen Messen der Unteroffiziere und Mannschaften, die Funktionsräume wie Wäscherei, Krankenrevier und NAAFI, bis hin zu einem Blick in den Maschinenraum. Im untersten zu besichtigenden Deck ist eine Ausstellung zur Verbindung der königlichen Familie mit dem Segelsport eingerichtet. An einem Ponton längsseits der Britannia ist die vor einigen Jahren renovierte königliche Segelyacht Bloodhound von 1936 vertäut. Die königliche Barkasse schwimmt in einem kleinen Wasserbecken auf dem Pier an der Backbordseite der Britannia.

Ein Besuch auf der Britannia sagt einiges über ihre früheren Besitzer aus. Die Königin und Prinz Philip ließen das Schiff nach ihren Wünschen einrichten, und während der über vierzig Jahre Dienstzeit wurde wenig verändert. Auf dem Verandadeck finden sich noch Bambusmöbel, die Prinz Philip 1959 in Hongkong kaufte. In seinem Arbeitszimmer findet sich ein Modell der HMS Magpie, seinem letzten Kommando in der Marine.

Alles wirkt sehr gepflegt, aber selbst in den Repräsentationsräumen eher bescheiden, falls dieses Wort bei einer Yacht von 126 m Länge, einer Verdrängung von fast 6.000 Tonnen und einer Besatzung von 250 Mann irgendwo angemessen ist. Es gibt lediglich ein Doppelbett an Bord, das Prinz Charles 1981 anlässlich seiner Hochzeitsreise mit Prinzessin Diana einbauen ließ. Es gibt keinen Pool, für die Kinder konnte ein Planschbecken auf dem Verandadeck aufgebaut werden. Im Vergleich zu den aktuellen Yachten der Superreichen wirkt alles eher betulich und zurückgenommen.

Die Unterkünfte der Mannschaft sind spartanisch eng, entsprechend dem damaligen Standard auf Kriegsschiffen. Auch hier ist alles sehr gut in Schuss, es sind auch ständig Mitarbeiter der Stiftung mit Instandhaltungsarbeiten beschäftigt. Die Audioguides und die zahlreichen Fotos geben ein gutes Bild vom Leben auf der Yacht.

An Bord gibt es ein Restaurant, das Schiff kann auch für Veranstaltungen gemietet werden. Wie überall üblich, führt der Ausgang durch einen ausgedehnten und gut sortierten Souvenirladen.

Aus meiner Sicht ist ein Besuch in Edinburgh sowieso sehr lohnend, und ein Abstecher zur Britannia ebenfalls!  

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Frank Spahr