Colbert Deckelbild

Modell: Colbert (C 611) 1964 French Navy anti-air cruiser
Hersteller: Niko Model
Maßstab: 1/700
Material: Resin, Fotoätzteile, Abziehbilder
Art.Nr.: 7105
Preis: 65,6 € (bei NNT Modell + Buch)

Das Original

Der französische Kreuzer Colbert wurde in den 1950ern als Flugabwehrkreuzer entwickelt. Die Konstruktion beruhte auf dem Entwurf, nachdem die De Grasse fertig gestellt wurde. Sie erhielt die gleiche Bewaffnung, auch insgesamt war sie ähnlich. Allerdings konnten einige der Probleme der De Grasse behoben werden, insbesondere in Bezug auf die Toplastigkeit. Colbert erhielt dazu eine andere Anordnung der Maschinen, d.h. nach US-amerikanischen Vorbild wurden jeweils eine Turbine und Kessel gemeinsam in einem Raum aufgestellt, während davor es abwechseln Turbinen- und Kesselräume gab. Dazu erhielt sie ein Spiegelheck, der Schornstein wurde weiter von der Brücke entfernt aufgestellt und sie erhielt modernere Radaranlagen. Neben ihrer Rolle als Flugabwehrschiff, z.B. zum Schutz der Träger, konnte sie als Flaggschiff verwendet werden. Sie war sogar vorgesehen, kurzzeitig als Truppentransporter dienen zu können und konnte bis 2400 Soldaten aufnehmen.

Die Colbert beruhte auf dem Lehren des Zweiten Weltkriegs, war also mit halb- und vollautomatischen Geschützen zur Flugabwehr bewaffnet. Wegen der langen Zeit, die von den ersten Planungen bis zur Fertigstellung verging, war sie bei Fertigstellung 1959 schon veraltet. Geschütze waren zur Abwehr von Überschallflugzeugen nicht mehr ausreichend, es brauchte Lenkwaffen. Die US Navy verfügte bereits über drei umgebaute Lenkwaffenkreuzer, weitere waren im Bau bzw. Umbau. Für die sowjetische Marine sollten auch kurz darauf die ersten Lenkwaffenkreuzer gebaut bzw. umgebaut werden. Dazu waren auch die ersten Lenkwaffenzerstörer schon im Bau, z.B. die US-amerikanische Coontz/Farragut-Klasse, das sowjetische Projekt 57B (Krupny) und die britische County-Klasse. Während die ältere De Grasse nicht mehr umgebaut wurde, wurde die Colbert 1970-72 umfassend zum Lenkwaffenkreuzer modernisiert. Dabei wurden alle 12,7 cm-Türme und vier 5,7 cm-Türme entfernt, sie erhielt Masurca-Flugabwehrraketen, neue 10 cm-Türme, eine neue Brücke, Masten und Radarananlagen. 1980 wurde sie auch noch mit Exocet-Anti-Schiffsraketen nachgerüstet.

Die Colbert war 180,5 m lang, 19,7 m breit und verdrängte bei Fertigstellung voll beladen 11.093 t. Der Antrieb bestand aus vier Kesseln und zwei Dampfturbinensätzen, die 86.000 PS leisteten, womit 33,7 kn (Probefahrten) erreicht wurden. Die Besatzung bestand ursprünglich aus 977 Mann.

Bewaffnung 1964
16 x 12,7 cm L/54 modèle 1948 (acht Zwillingstürme)
20 x 5,7 cm L/60 modèle 1951 (zehn Zwillingstürme)

Die Colbert wurde 1953-59 von der Marinewerft in Brest gebaut. Ihr Heimathafen wurde Toulon. Im Juli 1961 wurde sie nach Bizerte in Tunesien während Bizerte-Krise verlegt - Tunesien setzte damals die Rückgabe des Marinestützpunkts in einer blutigen Auseinandersetzung durch, in der 630 Tunesier getötet und 1555 verwundet sowie 20-27 Franzosen starben und um die 100 verletzt wurden. Colbert evakuierte nach Ende des Konflikts Familienmitglieder aus dem Stützpunkt. Abgesehen von Einsätzen bei Übungen transportierte sie Präsident Charles de Gaulle 1964 nach Südamerika und 1967 nach Kanada. 1970-72 wurde sie in Brest zum Lenkwaffenkreuzer umgebaut. Danach war sie bis 1976 bei der Atlantikflotte mit Heimathafen Brest. Anschließend wurde sie wieder zur Mittelmeerflotte nach Toulon verlegt. 1981-82 folgte eine weitere große Überholung und Modernisierung, deren sichtbarstes Merkmal die Syracuse-Satellitennen hinter der Brücke war. 1988 war sie im Pazifik, u.a. für die 200 Jahr-Feier Australiens. 1990 nahm sie an der Mission Salamandre teil, als sie den Träger Clemenceau und den Tanker Var zum Persischen Golf geleitete. Die Mission war ein Teil des Aufmarschs für den Zweiten Golfkrieg, die Colbert kehrte aber ins Mittelmeer vor den Beginn des alliierten Angriffs zurück und nahm so nicht an dem Krieg teil. 1991 wurde sie außer Dienst gestellt, 1992 wurde sie nach Bordeaux gebracht, wo sie 1993 als Museumsschiff eröffnet wurde. 2006 musste das Museum aber schließen und die Colbert wurde 2007 in den Schiffsfriedhof Landévennec gebracht. 2016 wurde sie in Brest abgerüstet und dann 2017-18 in Bassens abgewrackt - womit einer der wenigen bis dahin erhaltenen Kreuzer leider auch Geschichte war.

Der Bausatz

Der Bausatz des französischen Flugabwehrkreuzers Colbert von Niko Modell stellt laut der Beschriftung auf dem Bausatzdeckel den Zustand von 1964 dar. Gemäß den Angaben in Les Croiseurs Colbert (siehe Quellen) entspricht dies dem Zeitraum von 1963-69. Ursprünglich hatte Colbert auf dem Oberdeck hinter der Brücke Öffnungen für Beiboote, die um 1963 verschlossen wurden. Niko Model stellt das Schiff ohne diese Öffnungen dar. Dazu wurden zwischen der Fertigstellung und 1963 der DRBV 22A-Radar durch einen DRBV 23 und der DRVB 20A durch einen DRBV 20C ersetzt. Niko Model hat DRBV 23- und DRBV 20C-Antennen beigelegt. D.h. die Angabe "1964" ist korrekt.

Der Rumpf ist von der Form und den Abmessungen originalgetreu - abgesehen davon, dass es für mich so wirkt, dass der Heckspiegel sich beim Original leicht nach achtern neigt, während beim Modell er sich leicht nach vorne neigt. Auch die Kante des Knicks in den Spanten am Bug könnte ausgeprägter sein, d.h. weniger abgerundet. Im Bereich der Wasserlinie wird man etwas nacharbeiten müssen, eventuell sollte man auch die Rumpfseiten etwas nachschleifen. Ansonsten ist der Guss und die Detaillierung gut.

Colbert Rumpf Colbert Rumpf Colbert Rumpf
Colbert Rumpf Colbert Rumpf Colbert Rumpf

Die Teile für die Aufbauten und den Schornstein sehen gut gegossen und detailliert aus:

Colbert Aufbauten Colbert Aufbauten

Auch die Qualität der Kleinteile ist gut. Bei den 12,7 cm-Geschützen wären gedrehte Messingrohre eventuell besser, aber meines Wissens gibt es diese noch nicht.

Colbert Kleinteile Colbert Kleinteile Colbert Kleinteile
Colbert Kleinteile Colbert Kleinteile Colbert Kleinteile
Colbert Kleinteile Colbert Kleinteile Colbert Kleinteile

Eine nette Beigabe ist der SNCASE SE.3130 Alouette II-Bordhubschrauber, für den auch Fotoätzteile beiliegen (siehe unten). Die Colbert hatte keinen Hangar, aber ein Landedeck.

Die Fotoätzteile

Der Bausatz enthält eine umfassende Fotoätzteilplatine, auf der man u.a. die komplexen Gittermasten, Bootsdavits, Radarantennen, Teile für die Alouette II (Rotor, Heckausleger, Heckrotor), Niedergänge, Fallreeps und Relings findet. Letztere sind nicht bereits abgelängt.

Colbert Fotoätzteile

Abziehbilder

Der Abziehbilderbogen umfasst Kennnummern, Flaggen und Hubschrauberdeckmarkierung.

Colbert Abziehbilder

Die Anleitung

Die Anleitung umfasst eine Teileübersicht, die eigentliche Bauanleitung und Farbangaben. Die Bauanleitung besteht aus perspektivischen Zeichnungen und Schwarz-Weiß-Fotos eines gebauten Modells. Meiner Meinung nach wäre es gut gewesen, wenn es zusätzlich noch eine Aufsicht und Seitenansicht gegeben hätte, da dies die Positionierung und Ausrichtung der Teile erleichtert. French Cruisers 1922-1956 enthält eine Zeichnung, die eventuell hilfreich ist. Die Farbangaben bestehen aus einer farbigen Ansicht eines gebauten Modells und Angaben für Farben von Mr. Hobby. Für die Ausrichtung der Abziehbilder wäre eine Seitenansicht und Aufsicht besser gewesen.

Colbert Anleitung Colbert Anleitung Colbert Anleitung Colbert Anleitung

Ein Umbau in einen früheren Zustand dürfte schwierig sein, insbesondere die Herausarbeitung der Öffnungen für die Beiboote. Es bleibt spannend, ob Niko Model auch einen Bausatz der Colbert als Lenkwaffenkreuzer herausbringen wird. Dieser Umbau wäre sehr umfassend, da man die Brücke, den Großteil der Bewaffnung, die Masten und den Großteil der sonstigen Details selbst bauen müsste. Es wäre wohl auch praktisch, wenn man Details wie die Geschütze extra kaufen könnte, um so die De Grasse von HP Models weiter detaillieren zu können.

Quellen

Fazit

Niko Model setzt mit diesem Bausatz die Serie der Kreuzer des Kalten Kriegs fort. Der Bausatz der Colbert zeichnet sich durch gute Details und Vollständigkeit aus. Mit etwas Nacharbeit am Rumpf, die nicht sehr aufwendig sein sollte, dürfte ein sehr gutes Modell möglich sein.

alt empfehlenswert

Lars