Modell: WWI German U-Boat SM U9
Hersteller: Das Werk
Maßstab: 1/72
Material: DW720001
Art.Nr.: 161 Plastikteile, Abziehbilder
Preis: 99 €

Das Original ist, so glaube ich, so gut bekannt und in den diversen, zuvor erschienenen Besprechungen des vorliegenden Bausatzes zur Genüge beschrieben worden, sodass ich mir den üblichen historischen Abriss an dieser Stelle spare und mich nur mit dem Bausatz selbst befasse, doch zuvor noch ein paar persönliche Anmerkungen.

Es ist schon viele Jahre her, als ich beinahe einen damals schon fast „antik“ zu nennenden Vacu-Bausatz von U 9 im Maßstab 1/72 über ein bekanntes online-Auktionshaus gekauft hätte. Ich konnte mich angesichts des zu erwartenden Aufwands, daraus ein ansprechendes Modell zu bauen, gerade noch zurückhalten, doch der Wunsch nach einem Plastikbausatz eines kaiserlichen U-Boots in diesem Maßstab blieb lebendig. Mit der Aufnahme meiner Tätigkeit als Modellbauer des Internationalen Maritimen Museums Hamburg mit seiner großartigen Sammlung, inklusive des Nachlasses von Otto Weddigen, verstärkte sich dieser Wunsch nur noch weiter, doch leider blieb er noch lange Zeit unerfüllt.

Dem wagemutigem Team von Harald Bauskes (Modellbau-König) Label „Das Werk“ verdankt die Modellbaugemeinde nun den ersten Spritzgussbausatz eines kaiserlich-deutschen U-Boots in 1/72, und dieser Bausatz löste außer großer Begeisterung auch gleich zwei déjà-vus bei mir aus.

Der Bausatz

Das Modell beeindruckt natürlich schon durch seine schiere Größe, aber auch durch sein Gewicht, denn die Rumpfhälften sind auffällig schwerer, weil dickwandiger, als zum Beispiel bei den Booten von Revell. Macht aber einen guten Eindruck, finde ich, bringt aber auch ein Problem am Bug mit sich.

Um es gleich vorweg zu sagen, schon auf den ersten Blick bietet der Bausatz sehr viel „Licht“, aber leider auch auf denselben Blick einiges an Schatten, was aber bislang nur wenigen aufgefallen zu sein scheint.


Der Rumpf ist klassisch zweigeteilt erstellt worden. Ein großer, zentraler „Spant“ sowie diverse Querverstrebungen, sorgen für reichlich Stabilität. Im Bug kommt ein Spant zum Einbau, der auch die separaten Mündungsklappen der Torpedorohre trägt. Im Heck bildet ein Spant die Montagebasis für das zweigeteilte Seitenruder. Bisher alles gut durchdacht.

Am Bug befinden sich Darstellungen der Stopfbuchsen für drei Tiefenruder, so wie sie ursprünglich für diese Boote gedacht waren, aber nur zwei der Ruder wurden letztlich genutzt. Hier stimmt aber etwas nicht. Laut Bauplan soll die untere der drei Buchsen leer bleiben, aber das kann nicht sein. Meines Wissens wurde das mittlere der drei Ruder nach der Erprobung weggelassen. Zum Glück ist das ja kein Problem. Wer mir hierbei folgen will, ändert einfach die Anordnung und fertig. Richtig glücklich war ich, als ich die offenen Drainage- oder Flutöffnungen am Überwasserschiff sah. Bislang musste man da immer selber ran, erstmal von innen reichlich Material wegfrässen und saß anschließend in einem Haufen statisch aufgeladenen Plastikschnees. Ganz, ganz toll, dass dies hier nicht notwendig ist!

Das eigentliche high-light des Rumpfes ist aber die Oberflächengestaltung. Eine Darstellung der von Hand genieteten Platten, wie sie ihres Gleichen sucht. Die nicht zu prominenten Nietreihen sind herrlich unegal. Nicht alle sind vollkommen gerade verlaufend, oftmals sitzen die Nieten zu nah beieinander, oder auch mal zu weit auseinander, wie es gar nicht anders sein kann. Erstklassig! Bei den am Rumpf entlang laufenden Dopplerstreifen hingegen, die schon recht deutlich ausgearbeitet sind, bin ich mir nicht so sicher, was ich davon halten soll. Sieht nicht schlecht aus, wirkt aber dennoch übertrieben.

Leider ist der gute Eindruck nicht allumfassend, denn die Oberseiten der Satteltanks sind vollkommen glatt! Nicht eine Niete und was noch schlimmer ist, nicht einer der 17 (!) Mannlochdeckel (die Einstiege in die Sektionen des Satteltanks) pro Seite ist dargestellt worden. Hier zeigt sich, dass die klassisch hälftige Teilung des Rumpfes nicht die optimale Lösung gewesen ist. Dabei hätte es eine andere, logischere Lösung gegeben. Endlang der Rumpfkante verläuft eine sehr tiefe eingearbeitete Gravurlinie. Hier hätte sich die Trennung zwischen Rumpfhälfte und Rumpfoberseite, inklusive Deck angeboten. Die fehlenden Mannlochdeckel lösten übrigens das erste déjà-vu bei mir aus. Nachdem ich 2001 das Typ VII  C von Revell mit anregen durfte, hörte ich bis kurz vor Erscheinen des Bausatzes nichts mehr aus Bünde. Dann der erste Blick auf das fertige Modell: keine Mannlochdeckel! Fakt ist, dass die Deckel bei U 9 fehlen, ebenso wie Nietenreihen entlang der Spanten. Wirklich, wirklich Schade. Bis hierhin sah alles so gut aus. Leider fehlen auch Scheuerleisten entlang des Rumpfes. Diese liegen knapp oberhalb der Wasserlinie und sind deshalb auch zumeist gut sehen. Sie reflektieren das einfallende Licht und stehen deshalb auch auf schlechten Fotos heraus.

Selbst auf den rudimentären Zeichnungen, die sich von U 9 finden lassen, sind sie dargestellt. Dieses Manko lässt sich zwar leicht mittels eines Profilstabs korrigieren, aber ich frage mich, warum muss ich das bei einer so gut zu sehenden Struktur überhaupt? Noch was, die Bugkante ist nach dem Zusammenbau der Hälften 3 Millimeter dick. Das wären 21,6 Zentimeter in 1/1 ! Da muss man ran, das ist viel zu dick.

Das Deck weist kräftige Gravuren auf, die auch etwas weniger prominent hätten ausfallen können, aber lieber so als zu flach. Viele der, versenkt dargestellten, Details sind eigentlich Öffnungen. Hier muss jeder selbst entscheiden, ob er diese öffnet oder nur mit dunklerer Farbe auslegt. Zur  Detaillierung des Deckbereichs tragen je zwei separate Poller an Bug und Heck sowie die Ankerwinde bei. Beim großen Vorbild war diese versenkbar. Nichts sollte unnötig aus dem Deck herausstehen. „Das Werk“ hat dem insofern Rechnung getragen, als dass die Poller in derart tiefe Schächte eingeklebt werden sollen, dass sie tatsächlich versenkt werden könnten, wenn man sie entsprechend einkürzt. Eine umlaufenden Nut scheint mir hierfür den Anhaltspunkt zu liefern, doch der Bauplan lässt sich darüber nicht aus.

Von der Unterseite her werden der Schacht für die klappbare Schornstein-Ansaugrohr-Kombination sowie zwei an Abflussrohre erinnernde, runde Schächte vor und hinter dem Turm eingebaut. Der Schornsteinschacht ist ein einzelnes Bauteil und rund herum geschlossen. Ungünstig, denn wäre es so am großen Vorbild konstruiert worden, würde dort ständig eine große Menge Wassers stehen bleiben. Es fehlen natürlich die seitlichen Durchbrüche, die das Ablaufen des Wasser ermöglicht hätten. Die runden Schächte  gehörten in Kombination mit Bergehaken zur Bergungsausrüstung des Bootes. Im Falle einer Havarie mit Überlebenden, konnten die beiden in der Nähe angeordneten Bojen ausgelöst werden, sodass sie zur Meeresoberfläche aufsteigen konnten, wo sie dann vom Hebeschiff Vulkan direkt hätten aufgenommen werden können. Somit konnten eine Verbindung zu den Bergehaken hergestellt werden, ohne erst Taucher zum Boot runter schicken zu müssen. Eine clevere Idee, die meines Wissens aber nie angewandt wurde. Von einer der beiden Bojen führte eine Trosse in den Schacht, runter an den Haken und dann wieder raus an die zweite Boje. Dieses Detail ist auf Plänen zu sehen und sollte am Modell unbedingt dargestellt werden, was aber bedeutet, dass man diese Trossen am besten vorher in den vorbildlich tiefen Schacht einbaut. Später kommt man da nicht mehr ran. Die beiden erhöhten Einstiegsluken auf dem Vor- und Achterschiff sind geöffnet darstellbar. Generell löblich, aber darunter ist dann nichts mehr. Wenigstens ein kurzes Stück Rohr wäre hier wünschenswert gewesen. Die Innendetails der Luken empfinde ich als etwas zu simpel dargestellt.

Nach dem Einbau des Decks sollen seitlich am Bug noch zwei Teile verbaut werden, die mich stutzen ließen. Soweit mir bekannt, befand sich unter den Abdeckklappen, denn um solche handelt es sich hier, der Anker auf seiner Ablauffläche. Aber nur an Backbord! Von zwei Ankern ist mir nichts bekannt und Fotos der Boote zeigen auch nichts dergleichen auf der Steuerbordseite. Ich denke, da hat der Konstrukteur das Bauteil einfach gespiegelt, ohne zu wissen wozu es beim Original diente. Das Deck (oder eigentlich die Rumpfhälften) bringt aber leider ein großes Problem mit sich, das sich nicht so einfach beheben lässt. Es ist ganz eindeutig zu niedrig über den Satteltanks angeordnet. Kein Zweifel! Um wieviel Millimeter es zu niedrig ist, kann ich nicht sagen, aber ich würde sagen es sind mindestens drei. Das wären dann gute 21 Zentimeter in 1/1 ! Wollte man das korrigieren, müsste man auf der gesamten Länge eine Erhöhung vornehmen. Schwierig, aber generell machbar. Stellt sich nur die Frage: will man das?

Der Turm weist eine sehr gelungene Darstellung der ziemlich großen Rundkopfnieten entlang der Oberkante auf. Des Weiteren gibt es die Öffnungen für die druckfesten Bullaugen im Turmdruckkörper, ebenfalls mit  dicken Nieten umrandet, nur leider bleiben diese leer. In diesem großem Maßstab hätte ich mir hier Klarsichtteile gewünscht und keine „Löcher“. Die Trittöffnungen an der achteren Turmseite sind auch tatsächlich Öffnungen. Topp!

Das innere des Turmdruckkörpers weist einige, später kaum mehr sichtbare Details auf. Unter anderem ein Bauteil mit einer anmodellierten Leiter. Zuerst habe ich gedacht: prima! Doch dann wurde mir klar, dass dieses Bauteil vollkommender Unsinn ist. Es unterteilt den Turmdruckkörper in eine vordere und eine hintere Sektion, aber der Turmdruckkörper war nicht unterteilt. Wie sollte man sich denn sonst in ihm bewegen? Mann musste doch an die Periskope und den Fahrstand etc. ran!

Unmittelbar vor dem Turm, auf dem erhöhten Bereich, fehlt leider eine wichtige Komponente der Rettungseinrichtungen für ein auf Grund gegangenes Boot. Die Telefonboje. Diese verfügte über ein 80 Meter langes Kabel und konnte, ebenso wie die Bergehakenbojen, von innen gelöst werden. Sie verfügte über einen Hörer in einem wasserdicht verschraubten Behälter und oft auch über ein Blinklicht. Muss man unbedingt selber nachbauen, da die Boje hier sehr auffällig fehlen würde. Es fehlt übrigens eine Tür zu einer Last, achtern an Steuerbord, in der wohl die Fender verstaut waren. Gut auf Fotos zu erkennen.

Die Ausfahrgeräte sind gut dargestellt, ebenso die Steuersäule. Besonders gut gefällt mir die Signalpfeife an der Turmfront. Die Turmreling ist doppelt vorhanden. Einmal mit und einmal ohne Persenning. Da man diese Baugruppe nicht verkleben muss, könnte man bei Bedarf auch mal wechseln.  Praktisch!

Die Antriebs- und Ruderanlage ist auch sehr gut dargestellt. Das große Hauptruderblatt weist sogar Opferanoden auf! Der oberhalb der Wasserlinie liegende Teil des Seitenruders ist doppelt vorhanden, da dieser Teil im Laufe der Zeit vergrößert wurde, wie Fotos belegen. Sehr gut!

Rund um die Tiefenruder an Bug und Heck kann man wahlweise Abweisergestänge montieren, oder eben auch nicht, denn auf See waren sie natürlich nicht montiert. Für die Verspannung liegen dem Bausatz Spannschlösser bei. Diese sind in der Menge unnötig, wie Fotos leicht belegen, und auch etwas zu „kräftig“, aber immerhin gibt es welche. Tatsächlich benötigt man nur ein Spannschloss pro Schutzeinrichtung, nicht ein Spannschloss pro Abspannstropp.

Zur weiteren Ausstattung des Modells gehören noch zwei Maxim-MG auf Dreibein. Die Maxims sind an sich gut dargestellt, sogar inklusive einer Munitionskiste. Letztere weist aber bei meinem Bausatz ein tiefes Ausdrückerloch auf. Leider fehlt hier noch die marinetypische Schulterstütze. Wer möchte, sollte noch den Hülsensammelsack ergänzen. Der ist relativ leicht zu modellieren.

Die manuell aufstellbaren Funkmasten gehören unverzichtbar zur Optik eines U-Boots des Ersten Weltkriegs. Anständig verspannt machen sie dann später den Unterschied aus. In wie weit das Plastikmaterial ein Verspannen zulässt, kann ich noch nicht beurteilen. Ich denke aber, dass es zu weich ist und ich es daher gar nicht erst darauf ankommen lassen würde, sondern gleich neue Masten aus Messing oder Alu bauen werde. Zu den Masten und der Antennenanlage gehört übrigens auch eine Einlassbuchse, die wie ein dickes Rohr an Deck steht. Wer möchte, kann die Masten aber auch liegend verstaut darstellen. Eine wirklich prima Option!

Die Abziehbilder

Der Abziehbilderbogen beinhaltet die großen Bug-Nummern für alle vier Boote der Klasse. Für U 9 sogar in zwei unterschiedlichen Ausführungen. Nummern für den Modellständer sind für alle vier Boote, jeweils in schwarz und weiß vorhanden. Des Weiteren gibt es Tiefgangsmarken, sogenannte Ahmings, sowie Beschriftungen für die hufeisenförmigen Rettungs“ringe“ in weiß und in schwarz. Leider nur für U 9 und nicht auch noch für die anderen drei Boote. Merkwürdig. Das Eiserne Kreuz, das U 9 verleihen worden war, ist ebenfalls vorhanden. Prima. Nicht gut gelungen ist die kaiserliche Reichskriegsflagge. Die Darstellung des Reichsadlers ist wirklich „unterirdisch“. Hier muss man nach was besserem suchen. Ich nehme an, nein ich hoffe, dass zum Beispiel Peddinghaus-Decals bald etwas passendes anzubieten hat.

Die Anleitung

Zum Lieferumfang des Bausatzes gehört noch etwas vollkommen unübliches, ein 99 Seiten umfassendes Buch, das Informationen über die Entstehung des Bausatzes, U 9 und seine Schwestern, die U-Boottechnik der Zeit und noch über so vieles mehr bereithält, dass ich dieses unverhoffte Extra noch in einem eigenen Artikel vorgestellt habe, da es sonst zu kurz kommen könnte.

Fazit

Es war wagemutig von „Das Werk“, sich an ein Vorbild zu wagen, zu dem keine allzu „dicke“ Quellenbasis vorlag. Ein Taucherteam das Wrack von U 12 vermessen zu lassen, ist wohl als Recherchemethode kaum mehr zu toppen, dennoch hat es das Team nicht geschafft jeder Mine auszuweichen, die sich in seinem Weg befand. Der U 9-Bausatz gefällt mir generell sehr gut. Die Darstellung der Rumpfbenietung ist vorbildlich und nach allem was ich bis jetzt sagen kann, ist er auch generell einfach zu bauen und verfügt über eine sehr hohe Passgenauigkeit. Mein langgehegter Wunsch nach einem kaiserlichen U-Boot in 1/72 ist also endlich in Erfüllung gegangen. Dennoch wünschte ich mir, das jemand mit „U-Bootverstand“, oder doch wenigstens mit Erfahrung beim Bau von U-Boot-Bausätzen, in die Entwicklung mit einbezogen worden wäre, denn dann hätte vielleicht das eine oder andere Manko vermieden werden können. Ich sage ausdrücklich vielleicht, denn manchmal, wenn man „knietief“ in einem Projekt steckt, sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht. Kenne ich selber aus eigener Erfahrung. Das große Potential, das in „Das Werk“ steckt ist, ist offensichtlich und ich bin sicher, dass ein weiterer Bausatz eines kaiserlichen U-Boots aus deren „Schmiede“ mit weniger Mankos daherkommen würde. Darf man mal träumen...ein UB III ? Alleine die Tarnanstriche, die da möglich wären. Das wär was! Oder doch lieber wieder ein berühmtes Boot? U 35 vielleicht?

Doch zurück zum Bausatz. Für einige der genannten Mankos gibt es inzwischen Abhilfe, sodass man dann doch ein sehr, sehr gutes Modell eines Bootes der U 9-Klasse bauen kann, aber das kostet dann wieder extra Geld. Ach ja, das zweite déjà-vu... Als der allererste Bausatz des inzwischen legendären Herstellers „Wingnut Wings“ erschien, es war die Junkers J.I, musste ich den sogleich haben. Die Begeisterung beim ersten Blick in die Schachtel war damals groß, doch je länger ich drauf schaute, umso mehr „Probleme“ tauchten auf, bis es eine so lange Liste war, dass ich das Modell auf Jahre hinweg nicht mehr anfassen mochte. Das wird mir mit SM U 9 nicht passieren, garantiert! Übrigens: schon der nächste Wingnut Wings Bausatz, die LVG C.VI, hatte nur noch minimale „Fehlerchen“. Es geht also. Auf ein neues „Das Werk“!

empfehlenswert


Olaf Krabbenhöft

Wir danken Das Werk für das Bausatzmuster