Modell: Gearing Class Destroyer U.S.S. Gearing DD-710 1949
Hersteller: Dragon
Maßstab: 1:350
Material: Polytsyrol
Art.Nr.: 1029
Preis: ca. 55,- €
Das Original
"Bereits im Oktober 1941 beschäftigte sich das Bureau of Ships, das Konstruktionsbüro der US-Navy, mit einem neuen Zerstörerentwurf, der – unter Verwendung eines den Fletchern ähnlichen, jedoch im Hinblick auf die Stabilitätseigenschaften etwas verbreiterten Bootskörpers und einer diesen weitgehend entsprechenden Antriebsanlage – durch den Einsatz der gerade fertiggewordenen 12,7-cm-Zwillingstürme eine Erhöhung der Rohrzahl der Hauptartillerie von fünf auf sechs, d.h. um 20 %, und darüber hinaus mehr freie Decksflächen für die Aufstellung von Fla-Waffen ermöglichte. Da das Oberkommando, der General Board, sich Anfang 1942 unter ähnlichen Prämissen mit einem noch größeren und auch schnelleren Zerstörertyp, der späteren Gearing-Klasse, beschäftigte, entschied man, den Bureau of Ships-Entwurf, die Allen M. Sumner-Klasse, parallel zu den zunächst weiterlaufenden Fletcher-Orders als „Interimstyp“ bis zum Anlaufen der letztlich als Standart-Typ vorgesehenen Gearing-Klasse zu bauen.
Die Allen M. Sumner-Klasse kann mit dem von den vorangegangenen Fletchern abgeleitet, jedoch im Hinblick auf die Stabilitätseigenschaften etwas breiteren Bootskörper auf 114,76/112,48 x 12,45 x 4,3 m Hauptabmessungen, wodurch die Verdrängung auf 2610/3218 t stieg. Mit der bewährten Fletcher-Antriebsanlage sank die Konstruktionsgeschwindigkeit der größeren Boote auf 36,5 kn, doch die Bewaffnung kam auf 6-127-mm-L/38, 2 x 4- + 2 x 2-40-mm, 11-20-mm, 10-53,3-cm-TR, sechs Wabowerfer und zwei Waboablaufbühnen. Zwölf Boote, DD 735 – 740, 749 – 751, 771 – 773, wurden bereits während des Baus auf die Fertigstellung als Zerstörerminenleger umgestellt. Sie konnten statt der TR bis zu 120 Minen fahren. Tatsächlich hat man dann aber zum Zeitpunkt der Fertigstellung der Boote das Minenwerfen in den japanischen Gewässern primär mit Flugzeugen vorgenommen und einige der Boote wurden dann vor Okinawa als „Radar-Pickets“ zum Einsatz gebracht.
Die Gearing-Klasse wurde letztlich dann nur eine Verlängerung der Allem M. Sumner-Klasse um 4,27 m, um durch größere Bunkerkapazität einen größeren Fahrbereich und durch die Reduzierung des Wellenwiderstandes bei gleichbleibender Antriebsleistung eine etwas höhere Geschwindigkeit zu erreichen. Diese Vorteile führten dann auch dazu, dass einige Boote der Allen M. Sumner-Klasse als Gearings fertiggestellt."
Zitat aus: Harald Fock, Z-vor! Internationale Entwicklung und Kriegseinsätze von Zerstörern und Torpedobooten im Zweiten Weltkrieg 1940-1945, ISBN 3-7822-0762-9
Der Bausatz
Auf 22 Spritzlinge verteilen sich die Bauteile des Bausatzes und werden in einem stabilen Karton geliefert. Auf der Rückseite und den Seitenlaschen sind die verschiedenen Besonderheiten des Modells durch computeranimierte Darstellungen aufgezeigt.
Beim Blick in die randvolle Schachtel findet sich obenauf, in einzelne Ziptüten verpackt und auf einem Karton befestigt, die beiden Ätzteilplatinen, die selbstklebenden Flaggen, die Decalbögen und die transparenten Spritzteile, sowie die Besatzungsfiguren.
Um das Schiff entweder als Fullhull oder als Waterline präsentieren zu können ist der Rumpf an der Wasserlinie getrennt zweiteilig ausgeführt. Allerdings ist das Unterwasserschiff ein paar Zehntel Millimeter zu kurz.
Als Details sind die Schlingerkiele und Ankerklüsen wiedergegeben. Das Doppelruder wird aus jeweils zwei Teilen zusammengesetzt und separat eingeklebt, um dieses ausgelenkt und korrekt darstellen zu können.
Die Seitenwände der Aufbauten sind hochgradig detailliert. So sind z.B. wichtige Einzelheiten wie Feuerlöschschläuche mit angeformt. Bis auf wenige Ausnahmen sind die Schotten als Durchbrüche wiedergegeben. Dies könnte allerdings, wenn man sich dazu entschließt diese geöffnet darzustellen, einen Durchblick durch das Modell gewähren. Dies ist nur teilweise richtig, da im Schiffsinneren eine Vielzahl von Unterteilungen vorhanden ist und nur in manchen Bereichen ein „Durchblick“ möglich ist. Um geschlossene Schotten darzustellen, können die Öffnungen entweder durch gespritzte Schotten oder Ätzteile verschlossen werden. Auch die Innenseite des Schanzkleides der offenen Brücke ist mit feinsten Details versehen.
Die einzelnen Oberdecks weisen neben vielen Positionierungshilfen auch Wartungs- und Zugangsluken auf. Die darauf angeformten Splitterschutzwände verjüngen sich nach oben hin sehr stark, sodass ein maßstäblich korrekt dünnes Erscheinungsbild entsteht. Die Verjüngung ist sogar noch dünner als bei den zuvor erschienen Bausätzen der Benson-/Gleaves-Klasse.
Viele der Anbauteile sind aus mehreren Teilen zu einer Baugruppe zusammenzufügen. Allein schon die optischen Richtsäulen werden aus zwei Teilen zusammengesetzt und haben dadurch ein korrektes Erscheinungsbild. Die 40mm BOFORS-Zwillinge und –Vierlinge sind für sich alleine schon kleine Bausätze. Ein Vierling setzt sich aus 15 Spritz- und Ätzteilen zusammen und lässt dabei keine Wünsche offen. Ebenso verhält es sich bei der 20mm Oerlikon-Flak. Diese wird aus je neun Einzelteilen aufgebaut und selbst dabei hat man noch die Wahl zwischen einen gespritzten Kunststoff- oder einem Ätzteil als Schutzschild.
Die ebenfalls mehrteiligen Schornsteine erhalten sogar ein Innenleben. Im Gegensatz zu früheren Bausätzen gibt es allerdings nicht die Wahl zwischen Bauteilen mit bereits angeformten Leitern oder „nackigen“, bei welchen geätzte Leitern angeklebt werden. Auch die Schutzgitter auf den Schornsteinkappen können nur durch Fotoätzteile dargestellt werden.
Die Fotoätzteile
Dem Bausatz liegen zwei kleine Ätzplatinen bei. Eine mit Schotten, welche optional zu den Spritzteilen verwendet werden können. Diese Platine ist mit 0,25mm recht dick und die Details sind etwas "verwaschen". Noch dazu sind die reliefgeäzten Vorreiber und Handräder außermittig. Allerdings ist hier die Rückseite ebenfalls reliefgeätzt und die Struktur der Innenseiten der Schotten wiedergegeben. Offene Schotten lassen sich somit problemlos mit den mitgelieferten Teilen darstellen.
Die zweite Platine dagegen macht einen sehr brauchbaren Eindruck. Sie hat eine Stärke von 0,15mm und beinhaltet einige wichtige Details wie Visiereinrichtungen für die Bofors-Flak, Schutzschilde für die Oerlikon-Flak, Niedergänge, Teile für die Antennen und Radargeräte, etc.
Decals und weitere Teile
Die Decals lassen leider nur die USS Gearing DD-710 als baubare Variante zu. Daneben wird der rutschfeste Belag auf dem Oberdeck und die Tiefgangsmarkierungen durch entsprechende Abziehbilder dargestellt. Als Dreingabe gibt es ein paar wenige Signalflaggen, die Hoheitsflagge und die Gösch auf einem kleinen selbstklebenden Bogen. Die Flaggen müssen noch ausgeschnitten werden. Um ein Vollrumpfmodell entsprechend präsentieren zu können liegt ein standartisierter Displayständer, wie er auch in den anderen neuen 350er Bausätzen zu finden ist, bei.
Weiterhin finden sich die für die neue 1:350er Serie typischen sechs unterschiedlichen Soldatenfiguren in dem Bausatz.
Die Anleitung
Die Anleitung ist leider Dragon-typisch sehr unübersichtlich und vollgestopft mit Baugruppen, welche noch dazu nicht klar abgegrenzt sind. Der Modellbauer wird in nur acht Schritten zum fertigen Modell geführt. In der ersten Baustufe werden gleich zehn verschiedene, teils mehrfach anzufertigende Baugruppen erklärt. Das weitere Zusammenspiel der einzelnen Teile, welche auf dem Oberdeck verbaut werden, ist durch die hohe Anzahl ebenfalls sehr verwirrend. Noch dazu sind in kleinen abgegrenzten Kästchen wiederum zusätzliche Baugruppen für jeden Abschnitt anzufertigen.
Sehr positiv dagegen sind die Farbangaben. Diese finden sich am Ende der Bauanleitung und zeigen das Schiff in einer Fünfseitenansich. Dem Modellbauer bleibt die Wahl zwischen dem Gunze Sangyo- und ModelMaster-Sortiment. Außerdem wird das Tarnschema in dem von der US Navy verwendeten Farbsystem (z.B. 5-H Haze Gray) benannt.
Fazit
Dieser Bausatz ist zur Zeit das "non plus ultra" auf dem Markt und Dragon etabliert sich im Bereich 1/350 zum Maß aller Dinge. Man darf gespannt sein auf die angekündigte "Scharnhorst". Aufgrund der sehr zahlreichen und z.T. äußerst filigranen Bauteile ist der Bauatz allerdings für den Anfänger nicht geeignet. Fortgeschrittene werden daran ihre wahre Freude haben. Einziges Manko im Vergleich mit dem sonst hier gebotenen ist die fehlende Reling und es bleibt zu hoffen, daß es bald von Cyber Hobby ein entsprechendes Upgradeset gibt. Zwar ist das Modell mit einem Preis von ca. 55,- € für so ein "kleines" Schiff recht hoch, aber in puncto Detail- und Bauteilfülle gerechtfertigt und daher
sehr empfehlenswert
Bereits vor Erscheinen des Bausatzes war der Aftermarket aktiv und GMM bietet eine passende Ätzteilplatine an, welche das Modell mit z.T. sehr wichtigen Details, wie z.B. die Munitionsracks der 40mm BOFORS, ergänzt. Wer den zusätzlichen Kostenaufwand von ca. 60,- € nicht scheut kann daraus ein absolut vorbildgetreues Modell bauen.
Abschließend bleibt nur noch zu sagen, daß es wünschenswert wäre, wenn Dragon ähnlich wie Hasegawa oder PitRoad eigenständige Bausätze mit allgemeinen Ausrüstungsgegenständen bzw. den Bewaffnungen herausbringen würde.
Sven