Seitentitel

Modell: USS Independence CVL-22
Hersteller: Dragon
Maßstab: 1/350
Material: Polystyrol / Ätzteile
Art.Nr.: 1024
Preis: ca. 150,-€

Das Original

Zu Beginn des 2. Weltkrieges stellte sich mit dem Angriff auf die italienische Flotte in Tarent durch Trägerflugzeuge der Royal Navy, dem Angriff von Nagumos Trägerstreitmacht auf Pearl Harbor und der Versenkung der Force Z durch japanische (landgestützte) Bomber das Waffensystem Flugzeugträger als entscheidendes Instrument im Seekrieg heraus und löste damit die Schlachtschiffe ab.
Nachdem die Vereinigten Staaten in diesen Krieg eingetreten sind war die Hauptsorge der US Navy im Kampf gegen die japanische Marine ausreichend fliegendes Material auf geeigneten Plattformen zu den Kriegsschauplätzen in den Weiten des Pazifik zu transportieren.

Da sich diese Situation durch den Verlust von vier großen Flottenträgern im Jahr 1942 verschärfte und da mit dem Zugang der neuen Essex-Träger nicht vor ´43 zu rechnen war wurde nach Alternativen gesucht. Die Lösung war, neun begonnene Rümpfe der leichten Kreuzer der Cleveland-Klasse in einem Notprogramm zu Trägern umzubauen. Die daraus entstandenen Flugzeugträger waren zwar deutlich kleiner als ein zum damaligen Zeitpunkt normaler Flottenträger, aber dennoch größer als die ebenfalls in Bau befindlichen Geleitträger. Und sie hatten den Vorteil aufgrund ihrer starken Kreuzer-Antriebsanlage mit den schnellen großen Trägern mithalten zu können. Daher wurden sie als leichte Träger (CVL) klassifiziert.
Während ihrer Einsatzzeit versahen die neun Schiffe ihren Dienst im Pazifik und nahmen an allen Unternehmungen im Rahmen der Task Force 58 bzw. 38 teil. Werftauenthalte sahen nur Einheiten, welche im Kampf beschädigt wurden. Dies fand teilweise in der Heimat, teilweise in dem vorgeschobenen Werftstützpunkt auf Ulithi statt.

Technische Daten:
Länge über alles:               189,9 m
Breite über alles:                33,3 m
Tiefgang:                           7,9 m
Verdrängung maximal:      13.000 t
Besatzung:                       1.569 Offz. und Mannschaften
Bewaffnung:                     4/1943 2-127 mm, 18-40 mm, 4-20 mm
                                        7/1943 26-40 mm, 4-20 mm
                                        1945 28-40 mm, 4-20 mm
Flugzeuge:                       45 (100 gestaut)

Kurzlebenslauf:
1943 Pazifik; Marcus, Wake, Rabaul, Gilbert Inseln, Tarawa
11/1943 Beschädigung durch Flugzeugtorpedotreffer
1944 Westküste Werft; Palaus, TF38, Philippinen, Luzon, Ulithi, Okinawa, Formosa, Leyte, Samar, Philippinen, Ulithi
1945 Luzon, Formosa, Indochina, Chinesische Küste, Werft Pearl Harbor, Ulithi, Okinawa, japanische Heimatinseln, Westküste, Magic Carpet Fahrten
1946 Magic Carpet Fahrten
6/1946 Zielobjekt bei Atombombenversuchen bei Bikini, weitere Testreihen
1/1951 versenkt als Zielobjekt

Quelle: Stefan Terzibaschitsch, Flugzeugträger der US Navy, Band 1: Flottenflugzeugträger, ISBN 3-7637-5803-8

Der Bausatz

In den letzten Jahren hat sich Dragon einen hervorragenden Ruf erarbeitet, wenn es darum geht höchst detaillierte und präzise Bausätze zu produzieren. Nachdem sich der Hersteller zunächst hauptsächlich mit Panzern befasste, wurde zum Glück für uns Marinemodellbauer seit einiger Zeit das Augenmerk auch auf maritime Themen gelenkt. Nach der Scharnhorst ist nun die Independence der neuste Wurf im Maßstab 1/350.

Der Blick in den Karton offenbart einen sauber verpackten Bausatzinhalt. Der an der Wasserlinie geteilte Rumpf ist zusammen mit der Grundplatte des Displayständers und dem Flugdeck zusätzlich in Blisterverpackungen gegen Verrutschen gesichert.

Eine Probepassung der Rumpfteile zeigt, dass diese zwar etwas unter Spannung stehen, aber exakt übereinander passen. So gibt es keinen Versatz an den seitlichen zur Verbesserung der Seetüchtigkeit angebrachten Wülsten bzw. Bug oder Heck.

Das einteilige Flugdeck verfügt über feine Gravuren, die das Holzdeck imitieren und erhabene aber nicht übertrieben gefertigte Fangseile. Die Seiten weisen Durchbrüche für Schotten auf, wobei hier ein sehr feiner erhabener Süllrand vorhanden ist. Als Schotten können alternativ Spritz- oder die beiliegenden Ätzeilen verbaut werden.
Die Innenseiten des Flugdecks und der Hangarwände sind strukturiert ausgeführt. Die seitlichen Rolltore des Hangars können offen und die Aufzüge abgesenkt dargestellt werden. Dadurch ergibt sich ein bedingter Einblick in diesen Bereich.

Die Schiffspropeller sind im Gegensatz zu denen z.B. der Gearing nicht ganz so scharfkantig.
Wo es die Konstrukteure von Dragon für sinnvoll erachteten, wurden Bauteile im sog. Slide-Mold-Verfahren hergestellt. So z.B. der Unterbau für das große SK-Radar oder den Flugzeugkran. Diese sehr filigranen Teile sind natürlich auch entsprechend bruchanfällig bzw. verbiegen leicht so wie bei diesem Exemplar beim Kran geschehen.

Beim Betrachten der anderen Spritzlinge setzt sich der gute Eindruck von der Feinheit der Modellteile fort. Um den hohen Detaillierungsgrad aufrecht zu erhalten müssen die Anbauteile in entsprechend viele Bauteile unterteilt werden. Daher sind es gerade die kleinen Dinge, wie die Bewaffnung, welche sehr stark aufgeteilt sind. Ein 40 mm Bofors-Zwilling besteht dadurch aus acht Einzelteilen (Ätzteile inbegriffen). Eine 20 mm Oerlikon aus sieben. Teilweise kann man dabei zwischen Spritz- und Ätzteilen wählen, teilweise sind nur Ätzteile vorgesehen. So z.B. die Sitze für die Richtschützen der Bofors. Würde man bei anderen Modellen von anderen Herstellern auf Aftermarket Produkte aus Resin zurückgreifen, so ist dies hier nicht notwendig, um ein sehr realistisches Aussehen zu bekommen.

Auf einem doppelt vorhandenen Spritzling finden sich Teile für die allgemeine Ausrüstung. Darunter sind Floater-Baskets, Rettungsboote, die Whaleboote, Signalscheinwerfer, Feuerlöschschläuche (!), etc.
Mittlerweile zum Standard bei Dragon geworden ist das Beilegen von gespritzen Besatzungsfiguren. Diese sind teilweise mehrteilig ausgeführt und bereichern das fertige Modell mit etwas Leben. Außerdem finden sich als Schmankerl neben den Flugzeugtraktoren mit Zugstangen vier Willis Jeeps.

Da man beim Bau zwischen drei Bauzuständen wählen kann, nämlich Werfterprobungsfahrt, Marcus Island Raid September 1943 und Rabaul Raid November 1943, sind teils unterschiedliche Bauteile vorhanden bzw. man muss verschiedenen Waffen einbauen. Der bauliche Unterschied besteht hier hauptsächlich in der Form der Heckaufbauten.
Eine weitere Meisterleistung sind die in transparenten Kunststoff gespritzten Flugzeuge. Es handelt sich hier um die Typen F-6F Hellcat, SBD Dauntless und TBF Avenger. An dieser Stelle will ich nur die Detaillierung der Hellcat beschreiben. Ähnliches gilt auch für die anderen Muster.

Grundsätzlich können die Flugzeuge mit ge- oder entfalteten Flächen gebaut werden. Einzeln liegen zwei Versionen der Cockpitverglasung, ein- oder ausgefahrene Fahrwerke, der Zusatztank, 5-Zoll-Raketen, Bombenaufhängungen, der Propeller und sogar optional der Radardom für die Nachtjägervariante bei. Inwiefern sich diese Teile unter Beibehaltung der Detailtreue verkleben lassen, wird sich erst beim Bau zeigen.

Die Fotoätzteile

Dragon hat dem Bausatz drei kleine Ätzplatinen beigefügt. Diese beinhalten alternative Teile für die Rolltore des Hangars oder die Schotten. Wie oben erwähnt sind für die Bewaffnung teils optionale Teile vorgesehen, teils können nur die geätzten verbaut werden. Auf der größten Platine finden sich einige Relingabschnitte, Niedergänge, Ankerketten, Radar- und Strukturteile. Die Ankerkette ist allerdings nicht zu gebrauchen, da sie weder von den Abmessungen noch von der Dreidimensionalität stimmig ist. Das von Dragon verwendete Messing ist zudem sehr dick und stabil, sodass es sich schwer biegen lässt. Aufgrund der Dicke sind die Details z.B. Schotten etwas verschwommen.

Decals

Das einzeln eingeschweißte und mit der gewohnten Schutzfolie bedeckten Decalblatt wurde von Cartograf gedruckt und ist von entsprechender Qualität. Darauf finden sich Hoheitsabzeichen für die Bordstaffel, Oberdecksmarkierungen für die unterschiedlichen Bauzustände, taktische Nummern des Schiffes und sogar zwei „Beware of Propeller“-Schriftzüge. Leider fehlen Staffelabzeichen für die Bordflugzeuge. Hier wird aber sicherlich der ein oder andere Hersteller von Decals bald nachziehen und solche anbieten.

Die Anleitung

Leider ist wie immer die Bauanleitung der große Schwachpunkt bei Dragon. Diese ist in schwarz, weiß, hell- und dunkelblau gehalten. Sie ist auf etwas länger als DIN A4 gedruckten Seiten zu finden. Kleinere Unterbaugruppen werden neben dem eigentlichen Bauabschnitt in kleinen Kästchen erläutert. Da allerdings teilweise viele dieser zusätzlichen Kästchen bei manchem Abschnitt anzufinden ist und man obendrein noch zwischen den drei Bauzuständen wählen muss, führt dies zu einiger Verwirrung und zerstört den anfänglichen übersichtlichen Eindruck. Insgesamt reichen nur zehn Abschnitte aus, um das Modell fertigzustellen. Auf der ebenfalls in der Anleitung zu findenden Bemalungsanweisung wird das recht einfache Tarnschema und die Positionierung der Decals eingegangen.

Fazit

Dragon beweist mit diesem Modell wieder einmal, dass diese Bausätze unangefochten an der Spitze der mittlerweile sehr großen Auswahl an 1/350er Schiffen stehen. Andererseits muss man auch einiges an Durchhaltevermögen aufbringen, um diesen höchst detaillierten Bausatz fertigzustellen. Für einen Anfänger ist er wegen der großen Teilezahl und Komplexität nicht zu empfehlen. Dragon wendet sich an den Fortgeschrittenen Modellbauer und bietet ihm ein Höchstmaß an Bausatzkunst und ist für diesen

alt uneingeschränkt empfehlenswert

Sven