Modell: Leichter Kreuzer Lamotte-Picquet, 1927/45
Hersteller: HP Models
Maßstab: 1/700
Material: Resin, Messingrohre
Art.Nr.: WWII-WL-F-054
Preis: 70 €
Das Original
Die französische Marine gehörte wie die US Navy zu den Marinen, die nach dem Ersten Weltkrieg kaum über moderne Kreuzer verfügten. Der letzte kleinere Kreuzer war der 1903 fertig gestellte Geschützte Kreuzer Jurien de la Gravière. Danach wurden nur noch Panzerkreuzer gebaut, von denen der letzte, die Waldeck-Rousseau, 1911 fertig wurde. Im Programm von 1912 war eine Klasse von Spähkreuzern geplant, deren Bau bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs aber zugunsten der Bauprogramme für die Armee gestrichen wurde. So waren Anfang der 1920er vier ehemalige deutsche (Colmar, Mulhouse, Strasbourg und Metz) und ein ehemaliges österreichisch-ungarisches Schiff (Thionville) die einzigen modernen Kreuzer der französischen Marine.
Um diesen Mangel zu beheben, gehörten Kreuzer in den Nachkriegsprogrammen zu den Typen, die Priorität hatten. Die neue Klasse orientierte sich anfangs an dem Spähkreuzer des Programms von 1912. Während der Spähkreuzer acht 13,8 cm-Geschütze in Einzellafetten erhalten sollte, sah der neue Entwurf die gleiche Zahl von Geschützen in Zwillingstürmen vor. Dieser Entwurf wurde aber im Vergleich zu den damals im Bau befindlichen Leichten Kreuzern der Royal Navy (E-Klasse) und US Navy (Omaha-Klasse) als zu schwach und zu langsam befunden. Deshalb wurde das Schiff vergrößert (von etwa 5000 t auf 8000 t), statt der 13,8 cm-Geschütze solche des Kalibers 15,5 cm ebenfalls in vier Zwillingstürmen geplant und die Geschwindigkeit auf 34 kn erhöht. Typisch für die damalige Zeit sollte die hohe Geschwindigkeit durch eine minimale Panzerung ermöglicht werden. Nur die Magazine, Türme, Barbetten und der Kommandoturm erhielten schwache vertikale Panzerung, dazu kamen leichte Panzerdecks.
Nach diesem Entwurf wurden drei Schiffe gebaut: Duguay-Trouin, Lamotte-Picquet (auch La Motte-Picquet) und Primauguet. Die Duquay-Trouin-Klasse wurde auch als 8000 t Kreuzer-Klasse (croiseurs de 8000 t) bezeichnet. Statt der ursprünglich geplanten zusätzlichen Schiffe ging die französische Marine anschließend zum Bau von Schweren Kreuzern über. Die Duquay-Trouin-Klasse zeichnete sich dank des hohen Freibords durch hohe Seetüchtigkeit aus. Die geplante Geschwindigkeit wurde nicht ganz erreicht, der Rumpf war leicht gebaut und der Fahrbereich war relativ gering. Auch die Feuergeschwindigkeit der 15,5 cm-Geschütze (3 Schuss/Minute statt der geplanten 6 Schuss/Minute) war enttäuschend. Alle drei Schiffe wurden ohne die vorgesehen Feuerleitgeräte in Dienst gestellt, die, wie ein Katapult, erst nachgerüstet wurden. Auch die Flak wurde noch vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs verstärkt, blieb aber schwach. Den Zweiten Weltkrieg überlebte nur Duguay-Trouin, die sich im Mai 1943 nach fast drei Jahren Internierung in Alexandria wieder den Allierten anschloss. Primauguet wurde während der Schlacht von Casablanca am 8. November 1942 und Lamotte-Picquet am 12. Januar 1945 in Saigon versenkt - beide von der US Navy.
Die Lamotte-Picquet war 181,0 m lang, 17,2 m breit und verdrängte voll beladen 9665 t. Ihr Antrieb bestand aus acht Kesseln und vier Dampfturbinensätzen, die insgesamt nominell 102 000 PS leisteten. Sie erreicht bei den Probefahrten mit 115 100 PS etwas über 33 kn. Die Besatzung setzte sich aus 591 Mann zusammen.
Bewaffnung 1929
8 x 15,5 cm L/50 Mle 1920 (vier Mle 1921-Zwillingstürme)
4 x 7,5 cm L/50 Mle 1922 (Mle 1922-Einzellafetten)
12 x 0,8 cm MG Hotchkiss (sechs Zwillingslafetten)
12 x 55,0 cm Torpedorohre (vier Mle 1922T-Drillingsrohre, insgesamt 24 Mle 1923D-Torpedos)
1-2 Schreck FBA 17-Bordflugzeuge
Bewaffnung 1941
8 x 15,5 cm L/50 Mle 1920 (vier Mle 1921-Zwillingstürme)
4 x 7,5 cm L/50 Mle 1922 (Mle 1922-Einzellafetten)
12 x 1,3 cm MG Hotchkiss (sechs Zwillingslafetten)
12 x 55,0 cm Torpedorohre (vier Mle 1922T-Drillingsrohre, insgesamt 24 Mle 1923D-Torpedos)
2 Potez 452-Bordflugzeuge
Die Lamotte-Picquet wurde von 1923-27 auf der Marinewerft Lorient (Arsenal de Lorient) gebaut. Nach ihrer Fertigstellung war sie in Brest stationiert und diente als Flaggschiff der 3. Division légère (3. DL, diesem Geschwader gehörten alle drei Schiffe der Klasse an). 1928 wurde das Geschwader nach Toulon zur Mittelmeerflotte verlegt. Lamotte-Picquet kehrte 1932-33 zeitweise nach Brest als Flaggschiff der Atlantikflotte (2e Escadre) zurück. Danach gehörte sie zeitweise zur 2. DL. Ab Ende 1935 war sie in Indochina stationiert und wurde Flaggschff der französischen Fernostflotte (Forces Navales d’Extreme Orient, F.N.E.O.). Dort bildete sie mit einem weiteren Kreuzer, erst der Primauguet, später mit dem Schweren Kreuzer Suffren, die 5. DL.
Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs blieb die Lamotte-Picquet in Indochina, während die Suffren 1940 ins Mittelmeer zurückkehrte (und in Alexandria interniert wurde). Die französischen Streitkräfte in Indochina schlossen sich nach dem Waffenstillstand Vichy-Frankreich an. Die französischen Kolonien gerieten unter Druck von Japan und dem mit Japan sympathisierenden Siam (Thailand). Mit Siam brach am 6. Januar 1941 ein offener Krieg aus. Als Reaktion griff die Lamotte-Picquet zusammen mit den Avisos Dumont d'Urville, Amiral Charner,Tahure und Marne am 17. Januar den siamesischen Flottenstützpunkt Koh Chang an. Sie versenkten das Küstenpanzerschiff Thonburi (auch Dhonburi; sie wurde später wieder gehoben und in Dienst gestellt) sowie die Torpedoboote Chonburi und Songhkla. Kurz nach diesem französischen Sieg erzwang Japan einen Waffenstillstand und in der Folge immer mehr Zugeständnisse von Vichy-Frankreich.
Trotz einer Überholung in Osaka Ende 1941 verschlechterte sich der Zustand des Leichten Kreuzers immer mehr und 1942 wurde er außer Dienst gestellt. Lamotte-Picquet blieb aufgelegt in Saigon, wo sie am 12. Januar 1945 von Flugzeugen der Lexington, Hancock und Hornet der TF38.2 versenkt wurde. Das Wrack wurde nach dem Krieg nicht gehoben.
Der Bausatz
HP Models stellt die Lamotte-Picquet im Zustand von 1941, das heißt der Schlacht von Koh Chang, dar. Der Bausatz ermöglicht den Bau eines Wasserlinienmodells. Der Rumpf ist so gegossen, dass die Deckshäuser auf dem Backdeck unter der Brücke und mittschiffs auf dem Oberdeck richtig dargestellt sind, da die Decks darüber als zusätzliche Teile beiliegen. Der Rumpf ist dazu in Bezug auf Form und Abmessungen korrekt wieder gegeben.
Die Teile der Aufbauten sind auf einen relativ dünnen Trägerfilm gegossen, so dass hier nicht viel Schleifarbeit an der Unterseite anfallen sollte. Die Teile sind gut gegossen. Beim Original ragte der gepanzerte Kommandoturm minimal über das Deck des Steuerstands hinaus, während HP dies als eine Ebene darstellt. Die anderen Teile sind korrekt dargestellt. Einige Teile sind etwas gebogen - das dürfte aber durch eine Hitzebehandlung leicht zu korrigieren sein. Die Schornsteine sind oben nicht offen dargestellt, haben aber ein angedeutetes Schornsteingrill. Der große Flugzeug- und Bootskran dürfte verwendbar sein (hatte beim Original keine Gitterstruktur), für das Katapult wird man eine Alternative für die Darstellung der Gitterstruktur suchen müssen.
Es liegen etwas mehr Beiboote bei, als benötigt werden. Als Bordflugzeug liegt eine Potez 452 bei, allerdings nur eine, während das Original ein weiteres Flugzeug vor dem Großmast mitführen konnte. Die Feuerleitgeräte für die schwere Flak sind korrekt oben offen dargestellt, während sie bei den Schwesterschiffen geschlossen wurden. Die Resinteile für die Masten werden viele wahrscheinlich durch Metallteile ersetzen. Der Flugzeugkran hatte beim Original eine Gitterstruktur, die hier auf dem Resinteil nur teilweise angedeutet ist.
Die 15,5 cm-Zwillingstürme sind richtig dargestellt. Die Schutzschilder und Lafetten der 7,5 cm-Flak sind auch gut wiedergegeben, das Schutzschild scheint mir beim Original (von der Seite gesehen) nur etwas abgerundeter gewesen zu sein. Die Rohre sind bei meinem Exemplar des Bausatzes nicht vorhanden (obwohl in der Anleitung anders dargestellt) und müssen aus dem Zubehörbereich ergänzt werden. Die 1,3 cm-Zwillinge scheinen vor der Größe her originalgetreu zu sein, allerdings sind sowohl die Basis als auch die Rohre etwas massiv.
Messingrohre und Flaggen
Dem Bausatz liegen außerdem gedrehte Rohre für die 15,5 cm-Geschütze und ein Satz auf Papier gedruckte Flaggen bei.
Der Bausatz ist somit relativ vollständig. Wünschenswert wären neben einem fotogeätzten Katapult und Flugzeugkran (der auf dem Achterschiff) sowie Rohren für die 7,5 cm Flak, noch Abziehbilder für die Markierungen der Potez 452 (und eventuell eine zweite Maschine) und die "Uhren" zum Anzeigen der Entfernung (cadrans optique, range clocks; waren bei Lamotte-Picquet 1940-42 schwarz mit weißen Ziffern). Die 1,3 cm-Zwillingsflak der französischen Marine ähnelte übrigens stark denen, die von der japanischen Marine verwendet wurden. Das heißt man könnte hier, z.B. von FineMolds, bessere Teile finden.
Die Anleitung
Die Anleitung besteht aus einer Übersicht über die enthaltenen Teile, einer Explosionsansicht und einer Seiten- und Aufsicht. Der Zusammenbau dürfte so möglich sein. Diejenigen, die auch über die Pläne in Les croiseurs de 8000 t (die auch den Bauzustand von 1941 darstellen) verfügen, dürften es aber leichter haben.
Es fehlen Angaben zu der Länge der Rahen, ein Takelplan sowie Farbangeben. Lamotte-Picquet war 1941 in einem sehr hellen Grau gestrichen.
Quellen
- Les croiseurs de 8000 t von Jean Guiglini und Albert Moreau, Rennes, 2005
- French cruisers 1922-1956 von John Jordan und Jean Moulin, Barnsley, 2013
- The Origins of the French 8,000-tonne Cruisers of 1922 von John Jordan in Warship 1997-1998, London, 1997
- Pläne der Duguay-Trouin des Service historique de la Défense
- La Motte-Picquet (1924) (Wikipedia)
- Croiseur Lamotte-Picquet (Net-Marine)
- Le Lamotte-Picquet (www.croiseur-lamotte-picquet.fr)
- Photos Croiseur La Motte-Picquet (Alabordache)
- Cruisers of World War Two. An International Encyclopedia von M.J. Whitley, London, 1995
- Conway’s All the World Fighting Ships 1922-1946 von Roger Gardiner (Herausgeber), London, 1980
Fazit
HP Models setzt mit diesem Bausatz die Reihe der französischen Kreuzer des Zweiten Weltkriegs fort. Der Bausatz ist in Bezug auf die Vorbildgetreue und die Gussqualität sehr gut. Wenn im Bausatz noch Fotoätzteile und Abziehbilder enthalten wären, wäre er auch insgesamt sehr gut.
empfehlenswert
Lars