Modell: Arado Ar 196 A
Hersteller: Italeri
Maßstab: 1/48
Material: Polystyrol
Art.Nr.: 2675
Preis: ca. 30 Euro
Arado Ar 196 A Beobachtungs- und Mehrzweckseeflugzeug
Viele Jahre lang gab es nur Kleinserien-Bausätze der Arado 196, dem Standard-Seeflugzeug der Deutschen Luftwaffe, im beliebten Maßstab 1:48. Ob Vaku-, oder Plastikspritzguss-Bausatz, die Produkte litten immer entweder unter schwerer Baubarkeit, mangelnder Qualität oder einem verhältnismässig hohen Preis. Es war nur eine Frage der Zeit, bis der erste Großserienbausatz dieses wichtigen Flugzeugtyps auf dem Markt erscheinen würde, doch das Ergebnis ist leider nicht 100%tig geglückt.
Das Original
Die Arado 196 A ersetzte ab 1939 die veraltete He 60 als Standard-Bordflugzeug der Kriegsmarine, sowie bei den Küstenfliegergruppen an Nord- und Ostsee.
Bismarck und Tirpitz verfügten jeweils über sechs Flugzeuge, Scharnhorst und Gneisenau über vier, die Schweren Kreuzer über drei Maschinen. Die Panzerschiffe und einige der leichten Kreuzer wurden immerhin noch mit je zwei Arados ausgestattet, sofern dies nicht nur auf dem Papier stattfand. Auch die diversen Hilfskreuzer führten je zwei Arados auf ihren Fahrten mit sich, was auch für den Decal-Bogen des Italeri-Bausatzes eine Rolle spielte.
An allen Fronten zwischen Nordmeer und Indischem Ozean taten die Arados Dienst als Aufklärer, U-Jäger, Verbindunsgflugzeug zwischen Inselstützpunkten und auch als Schiffsbekämpfer musste sie gelegentlich herhalten, auch wenn ihre zwei 50 kg Bomben sicher nicht so sehr viel Schaden anzurichten im Stande waren.
Insgesamt wurden 546 Maschinen der verschiedenen Baumuster gefertigt. Hauptnutzer waren natürlich das Deutsche Reich, aber auch Rumänien, Bulgarien und Finnland setzten die Arado 196 als Aufklärer und U-Jäger ein.
Technische Daten: Besatzung: 2 Länge: 11 m Spannweite: 12,4 m Höhe: 4,45 m Motor: 1 x BMW 132 K mit 900 PS Höchstgeschwindigkeit: 310 km/h in 4000 m Höhe Reichweite: 1070 km Bewaffnung: 2 x 20 mm MG FF in den Tragflächen, 1 x 7,9 mm MG 17 1 x 7,9 mm MG 15 oder 2 x 7,9 mm MG 81 Z(willing) max. 100 Kg Bombenlast
Der Bausatz
Italeri's Bausatz ist der erste Plastikspritzgussbausatz der in Großserie auf den Markt gekommen ist. Bedenkt man die formbautechnischen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts durfte man einiges erwarten, doch weit gefehlt: Was hier geboten wird ist ein "Rücksturz" ins letzte Quartal des 20 Jh.!
Die Bauteile verteilen sich übersichtlich auf vier Spritzlinge und der erste Eindruck ist gar nicht schlecht, zumal gleich der Transportwagen ins Auge fällt, der ja nicht unbedingt zu erwarten war. Doch beim genaueren Hinsehen geht der erste gute Eindruck schnell verloren. Was Italeri uns hier präsentiert haben wir so oder ähnlich schon in den 1980er und 90er Jahren angeboten bekommen und was damals gut war ist heute längst nicht mehr Standard.
Die Konturen der Details sind verwaschen und Gussgrate sollten an sich nicht mehr zum Erscheinungsbild eines Bausatzes des Jahres 2010 gehören.
Als eine Frechheit empfinde ich persönlich den Sternmotor des Bausatzes. Hierbei handelt es sich um eine Wiedergabe jenes Motors, der schon in der Henschel Hs 123 von Esci enthalten war und der damals schon nicht überzeugen konnte. Sowas zu übernehmen und als "new tooling" zu verkaufen ist schon dreist zu nennen.
Auch die Art der Darstellung der stoffbespannten Steuerflächen entspricht nicht dem heutigen Standard.
Die Cockpitdetails, soweit überhaupt vorhanden erinnern an längst vergangene Tage von denen ich glaubte, sie würden nie mehr wieder kommen, aber das war wohl ein Trugschluss. Einen, als Relief aufgesetzten, Feuerlöscher, oder soll es womöglich ein Atemautomat sein (?) hatte ich so nicht erwartet zu finden und die Gashebel mit Übertragungsgestänge versetzen einen maximal in nostalgische Stimmung aber bestimmt nicht in freudige Euphorie.
Italeri behauptet einen Bausatz mit den Varianten A-3 und A-5 herausgebracht zu haben, doch wenigstens eines der zwei dafür notwendigen Unterscheidungsmerkmale ist nicht vorhanden. Die Version A-5 unterscheidet sich von der A-3 durch eine modernisierte Funkanlage sowie ein MG 81 Z als bewegliches Abwehr-MG. Was die Funkanlage betrifft muss ich zugegeben, dass ich nicht sagen kann welche Version Italeri dargestellt hat, jedenfalls ist es nur eine. Die Bewaffnung besteht definitiv aus nur einem MG 15 und somit finden sich in der Schachtel nur Bauteile für die Version A-3. Schade! Die Bewertung der Qualität des MG überlasse ich der geneigten Leserschaft.
Der unerwartete Transportwagen macht auch auf den zweiten Blick keinen schlechten Eindruck auf mich. Italeri hat sich bemüht den hölzernen Planken eine Maserung und sogar Astlöcher zu geben. Wie sich das unter der Farbe machen wird, bleibt abzuwarten. Auffällig ist bei dem Wagen, dass hier die Konturen der Bauteile nicht so verwaschen wirken wie an den übrigen Bauteilen.
Begrüssenwert ist die Aufteilung der Schwimmer-Bauteile. Diese bestehen aus drei Teilen, wobei der Rücken einteilig ausgeführt wurde, Dies wirkt sich natürlich sehr positiv auf die, in diesem Bereich liegenden, Wartungsdeckel aus. Hier sind die Gravuren recht scharf und irgendwie wirken die Schwimmer so, als gehörten sie nicht zum übrigen Bausatz dazu. Sie überzeugen mich mehr als die übrigen Bauteile.
Die Kanzelteile sind soweit ok. Ich habe sie nicht aus der Tüte genommen um sie vor Kratzern zu schützen, kann aber sagen, dass die Kanzelstreben leicht angeraut ausgeführt worden sind, was sicher ein Bemalen von Hand erleichtert.
Der Markierungsbogen beinhaltet Decals für vier deutsche Maschinen. Vier Deutsche? Aber da sind doch französische Kokarden und japanische Hinomarus drauf. Stimmt schon, aber dennoch handelt es sich auch bei diesem Varianten um Deutsche "Vögel". Außer einer Ar 196 der 1./Bordfliegergruppe 196, an Bord der Bismarck und einer angeblichen Ar 196 A-5 der 2./Seeaufklärungsgruppe 125, stationiert auf Kreta 1941, liefert der Bogen Markierungen für zwei Maschine deutscher Hilfskreuzer. Eine Maschine des deutschen Hilfskreuzers Widder ist mit französischen Kokarden der "Aero Naval" und der dazugehörigen Trikolore am Seitenruder markiert, während die andere zum Hilfskreuzer Thor gehören soll. Dieses Flugzeug wurde 1941 im Indischen Ozean nicht nur mit japanischen Hoheitszeichen ausgestattet, sondern sollte auch von der Art des Tarnanstrichs her, inklusive der üblichen gelben Tragflächenvorderkanten als "Freund-Feind"-Kennung, ganz den Eindruck eines regulären japanischen Seeflugzeuges erwecken. Dies fiel ihr sicher nicht allzu schwer, ähnelt sie bautechnisch doch stark der Aichi E13A "Jake" bzw. der Yokosuka E14Y "Glen".
Den Hintergrund dieser ungewöhnlichen, ja geradezu völkerrechtswidrigen Markierungen bildet der ohnehin etwas "rechtsfreie" Raum des Hilfskreuzerkrieges. Da die Hilfskreuzer selbst ja auch oftmals vorgaben Schiffe neutraler Staaten zu sein, nimmt es nicht Wunder, dass sie auch ihre Flugzeuge mit mehr oder weniger unverfänglichen Markierung auf ihre Aufklärungsrunden schickten. Im Fall der "Japanischen" Arado kommt evtl. noch hinzu, dass die Arados von Thor rund um den deutschen Stützpunkt Penang Aufklärungsflüge durchführten und eine Bemalung mit japanischen Markierungen möglicherweise sogar abgesprochen gewesen sein könnte. Als Indiz dafür dient mir die Tatsache, dass auch die deutschen U-Boote in diesen Gewässern die jeweils gültige "Freund-Feind"-Kennung, bestehend aus einem oder mehreren weisen Streifen an Deck, führen mussten. Diese Praxis bestätigte mir auch der Kommandant von U-861, Jürgen Oesten anlässlich eines Interviews, das ich vor einigen Jahren mit ihm führen durfte. Es kann also sehr gut sein, dass man hier nur einem möglichen Abschuss durch japanische Flieger vorbeugen wollte.
Fazit
Das Italeri sich dieses Flugzeugtyps angenommen ist grundsätzlich zu begrüssen. Die Art der Umsetzung hingegen, ist "suboptimal" und entspricht nicht den Möglichkeiten den moderner Formenbau heutzutage bietet.
Die Beigabe eines Transportwagens ist begrüssenswert und auch in der Ausführung recht gelungen. Der Decalbogen bietet überraschende Markierungen und macht auch im Druck einen guten Eindruck.
Selten habe ich mir Details-Sets aus Resin oder Fotoätzteile so sehr gewünscht wie nach dem Begutachten dieses Bausatzes. Ich hoffe sehr auf die "üblichen Verdächtigen" des after-markets, ohne die es ein "Rücksturz" ins 20. Jahrhundert, mit viel scratch-Bau, werden wird, wenn man denn ein einigermaßen zeitgemässes Modell der Arado 196 erstellen möchte. Aber vielleicht ist ja gerade das eine reizvolle Aufgabe für echte Nostalgiker unter den Modellbauern?
guter Durchschnitt
Olaf
Wir danken der Firma Faller für das Bausatzmuster