Modell: R.O.C.N. Destroyer DDG-925 De Yang
Hersteller: Orange Hobby
Maßstab: 1/700
Material: Resin (3D-Druck), Fotoätzteile, gedrehte Messingteile, Abziehbilder
Art.Nr.: 7180-398
Preis: 98,6 € (bei NNT Modell + Buch)

Das Original

Der taiwanesische Zerstörer De Yang (德陽, auch Deyang oder Te Yang transkribiert; DDG-925) wurde ursprünglich 1945 als USS Sarsfield (DD-837) der Gearing-Klasse gebaut. Die US Navy modernisierte viele dieser Zerstörer während des Kalten Kriegs im Rahmen der FRAM-Programme. Derartig modernisierte Schiffe wurden später an viele Marinen abgegeben und einige modernisierten diese Schiffe weiter, u.a. mit Anti-Schiffs-Raketen und bemannten Hubschraubern. Aber keine Marine ging so weit wie die taiwanesische im Rahmen des Wu Chin III-Programms: die gesamte verbliebene Bewaffnung des ursprünglichen Bauzustands wurde entfernt und durch moderne Waffensysteme ersetzt. Es waren nicht nur U-Jagd-Raketen und Anti-Schiffsraketen vorhanden, sondern auch weitreichende Flugabwehrraketen. Insgesamt sieben Schiffe wurden 1986-91 so umfassend modernisiert, eines, die De Yang, ist heute noch als Museumsschiff erhalten.

Die taiwanesische Marine ging aus den Resten der Marine der Republik China hervor, die unter dem Befehl der Kuomintang-Partei sich nach dem verlorenen Bürgerkrieg nach Taiwan zurück zog. Die Marine heißt heute noch Marine der Republik China (englische Abkürzung ROCN). Sie verfügte anfangs über eine Mischung aus übrig gebliebenen chinesischen und ehemals japanischen Schiffen, erhielt aber bald ehemalige Schiffe der US Navy. Sie erhielt zwischen 1971 und 1983 insgesamt 15 Zerstörer der Gearing-Klasse, wovon einer bei der Überführung nach Taiwan in einem Taifun strandete und nur noch ausgeschlachtet werden konnte. Zwei  der Zerstörer waren im Rahmen des FRAM II-Programms modernisiert worden, behielten also alle drei 12,7-cm-Türme, erhielten aber einen Hangar und Flugdeck für DASH-Drohnen und andere U-Jagd-Waffen. Die restlichen zwölf Schiffe wurden umfangreicher nach dem FRAM I-Standard modernisiert, wobei meist einer der 12,7-cm-Türme entfernt wurde, ein ASROC-U-Jagd-Raketenstarter mittschiffs sowie ein Hangar und Flugdeck für DASH-Drohnen ergänzt wurde. Durch die Modernisierung der Marine der Volksrepublik China, während Taiwan politisch immer mehr isoliert wurde und immer mehr Schwierigkeiten hatte Zugang zu modernen Waffensystem zu erhalten, drohte die taiwanesische Marine zurück zu fallen. Als Übergangsmaßnahme, um Zeit für Neubauten zu gewinnen, wurden die Wu Chin-Modernisierungsprogramme gestartet. Die ersten beiden Programme waren weniger umfangreiche Modernisierungen und wurden bei Schiffen in verschiedenen Ausrüstungszuständen und im Falle von Wu Chin I auch verschiedener Klassen durchgeführt. U.a. wurden 7,6-cm-Geschütze, Hsiung Feng I-Anti-Schiffsraketen und Sea Chaparral-Flugabwehrraketen eingebaut.

Das Wu Chin III-Programm war dagegen deutlich umfangreicher und standardisierter. Es wurden 1986-91 insgesamt sieben Zerstörer der Gearing-Klasse, die alle FRAM I-Modernisierung erhalten hatten, umgebaut: Chien Yang (DDG-912), Liao Yang (DDG-921), Shen Yang (DDG-923), De Yang (DDG-925), Yun Yang (DDG-927), Zheng Yang (DDG-928) und Shao Yang (DDG-929). Nur die im Rahmen des FRAM I-Programm hinzugefügten ASROC-Starter und U-Jagd-Torpedorohre wurden beibehalten, genauso der Hangar und das Flugdeck für einen Hughes 500MD/ASW Defender-Hubschrauber. Alle andere Waffen wurden entfernt und durch neue ersetzt. Auch die Sensorausstattung wurde durch neue niederländische und US-amerikanische Such- und Feuerleitradargeräte verbessert, genauso kamen neue passive Sensoren und elektronische Gegenmaßnahmen an Bord. Die im Rahmen von Wu Chin III modernisierten Schiffe erhielten so eine weitreichende Flugabwehrfähigkeit, eine Nahbereichsabwehr und Anti-Schiffsraketen. Die SM-1-Flugabwehrraketen wurden hier nicht in trommelartigen Magazinen untergebracht, sondern an Deck in fest montierten boxartigen Startern aufgestellt. Hierdurch konnten weniger Raketen mitgeführt werden, aber die Umbauten waren bei so kleinen Rümpfen möglich. Die so modernisierten Schiffe dienten noch bis 2003-06, also 14-16 Jahre nach der Modernisierung und damit insgesamt bis zu 60 Jahre.

De Yang ist 119,0 m lang, 12,5 m breit und verdrängte ursprünglich als Sarsfield 3516 t (später 3540 t?). Der Antrieb erfolgte über vier Kessel und zwei Dampfturbinen mit insgesamt 60.000 PS, womit sie ursprünglich 36,5 kn (später 32,5 kn?) erreichte. Die Besatzung bestand aus 275 Mann.

Bewaffnung
1 x 7,62 cm L/62 OTO Melara Geschütz
2 x 4 cm L/70 Bofors Geschütze (Einzellafetten)
1 x 2 cm L/76 Phalanx Nahbereichsabwehrgeschütz
4 Hsiung Feng II Anti-Schiffsraketen (ein Vierfachstarter)
10 SM-1MR Flugabwehrraketen (zwei Zwillings- und zwei Drillingsstarter)
8 ASROC U-Jagdraketen (ein Achtfachstarter)
6 x 32,4 cm Mk 32 Torpedorohre (zwei Drillingstorpedorohre für Mk 46 U-Jagd-Torpedos)
1 Hughes 500MD/ASW Defender-U-Jagdhubschrauber

De Yang wurde 1945 von Bath Iron Works in Bath als USS Sarsfield gebaut. Sarsfield kam im Zweiten Weltkrieg nicht mehr zum Einsatz und war nach dem Krieg im Atlantik und in der Karibik, oft zum Test von U-Jagdmethoden. Sie wurde 1950 auch zur Unterstützung von Test von zweistufigen Bumber-Raketen der US Army genutzt. 1961 unterstützte sie das Raumfahrtprogramm Project Mercury, um die Kapsel wieder zu bergen. 1962-63 wurde sie in der Marinewerft Boston im Rahmen des FRAM I-Programms modernisiert. Sie blieb überwiegend im Atlantik. 1968 wurde sie um Afrika herum in den Indischen Ozean geschickt. 1971 wurde sie während des Dritten Indisch-Pakistanischen Kriegs erneut in den Indischen Ozean geschickt. 1972 wurde sie im Vietnamkrieg eingesetzt, geleitete dort den Flugzeugträger USS Saratoga sowie wurde zum Landzielbeschuss eingesetzt. 1973 war sie bei der Mittelmeerflotte. 1974 gab es eine Meuterei an Bord, die durch den Rassismus der Offiziere ausgelöst wurde. 1975/76 sowie 1976/77 wurde Sarsfield erneut ins Mittelmeer geschickt.

1977 erfolgte der Verkauf an die taiwanesische Marine, sie wurde als De Yang (DD-925) in Dienst gestellt und erreichte Taiwan im Januar 1978. 1989 wurde sie im Rahmen des Wu Chin III-Programms modernisiert und in DDG-925 umklassifiziert. 2005 wurde De Yang außer Dienst gestellt, 2009 nach Anping gebracht, wo sie bis heute als Museumsschiff zu besichtigen ist. Praktisch alle Systeme, die sie im Rahmen der Wu Chin III-Modernisierung erhalten hatte, wurden entfernt. Die SM-1-Starter gingen an Fregatten der Chi Yang-Klasse, modernisierte ehemalige Fregatten der Knox-Klasse. Als Museumsschiff erhielt sie als "Ersatz" Waffen, die sie in ihrer Einsatzzeit nie an Bord hatte: 12,7-cm-Einzeltürme und Hsiung Feng I-Raketenstarter.

Der Bausatz

Orange Hobby stellt den taiwanesischen Zerstörer De Yang nach der Wu Chin III-Modernisierung dar. Der Bausatz besteht aus einer Mischung aus 3D-gedruckten Resinteilen, Fotoätzteilen, gedrehten Messingteilen und Abziehbildern - ist also ein Komplettpaket.  Es ist interessant, dass auch Orange Hobby auf 3D-gedruckte Teile statt gegossener Teile wechselt - eindeutig ein Trend bei Kleinserienherstellern im Schiffsbereich.

Der Rumpf wird zusammen mit den ganzen Stützstrukturen vom Druckprozess geliefert - deshalb auch die schräge Anordnung. Die Druckqualität und die Detaillierung der Teile ist überwiegend sehr gut. Die Seiten der Aufbauten haben schöne Details, auch z.B. die Unterbauten der SM-1-Starter sind gut gemacht. Man muss hier aber sorgfältig aufpassen, wenn man die Stützstrukturen entfernt - einige könnte man für Abstützungen von Decks halten. Bemerkenswert ist auch, dass hier Öffnungen für drei Schrauben vorgesehen sind, um das Modell auf einer Platte befestigen zu können - die Öffnungen für die Schrauben werden später durch das 7,62-cm-Geschütz, den hinteren Schornstein und das Phalanx-Geschütz verdeckt.


Es gab aber meinem Exemplar auch ein ernsthaftes Problem: wegen der geringen Zahl von Stützen unter dem Rumpf und dem großen Abstand zwischen diesen, war der Rumpf an der Wasserlinie wellenförmig. So hätte das Modell höchstens in sehr bewegter See dargestellt werden können. Orange Hobby modifizierte aber die Stützstrukturen und lieferte einen Ersatzbausatz, bei dem das Problem behoben ist. NNT hat aktuell auch weitere korrekte Bausätze im Angebot. Hier der Vergleich des ursprünglichen, fehlerhaft gedruckten Rumpfs und des neuen, korrekten Rumpfs:


Relativ leicht dagegen dürfte zu korrigieren sein, dass De Yang zumindest bei Dienstende hinter den beiden seitlichen Anbauten der Brücke auf jeder Seite noch jeweils einen Behälter mit einer Rettungsinsel auf einer kleinen Plattform hatte. Diese fehlen im Bausatz (einige Schwesterschiffe hatten hier jeweils zwei Rettungsinseln).

Die restlichen Resinteile sind sicher in einem "Käfig" gedruckt. Die Qualität der Teile sieht hier sehr gut aus, beachtlich z.B. das Phalanx-Geschütz, der Rumpf des Bordhubschraubers und der Unterbau des Hsiung Feng II-Starters. Es liegt nur ein Hsiung Feng II-Vierfachstarter bei, was zuerst irritierend ist, da viele Schiffe dieser Epoche zwei Vierlingsstarter mit Anti-Schiffsraketen hatten - aber De Yang und ihre Schwesterschiffe hatten wohl aus Platzmangel tatsächlich nur einen Vierlingsstarter. Wenn man die Teile von ihrem Rahmen entfernen will, muss man aufpassen, da wegen des "Käfigs" es teilweise schwerer ist, die Teile zu erreichen, um diese abzuschneiden. Eventuell muss man den "Käfig" teilweise erst entfernen?


Es liegen gedrehte Messingteile für das 7,62-cm und die beiden 4-cm-Geschütze bei, dazu für das vordere Bein des Dreibeinmasts sowie ein Teil, dass ich noch nicht identifizieren konnte. Es liegen auch drei Schrauben bei, um das Modell auf eine Platte schrauben zu können.

Die Fotoätzteile

Der Bausatz enthält insgesamt vier Fotoätzteilplatinen. Zwei davon sind spezifisch für diesen Bausatz. Diese enthalten Teile für die Masten, bereits abgelängte Reling, Niedergänge, Schraubenschutz, Davits, Sicherheitsnetze für das Hubschrauberdeck und die Radarantennen. Dazu kommt noch eine kleine Platine mit Türen sowie eine mit Teilen für den Hughes 500-Bordhubschrauber.


Die Reling ist relativ dick. Die Topspieren beider Masten liegen als Fotoätzteil bei, um so einige Details darzustellen. Dies hat aber den Nachteil, dass diese Teile nur zweidimensional sind und eventuell eine Kombination aus Metallstäben und einzelnen Elementen der Fotoätzteile besser wirkt. Für die runde Antenne jeweils an der Mastspitze muss man selbst einen Ersatz finden - aus der Restekiste oder aus einem Plastikstab feilen? Der Schraubenschutz auf der Steuerbordseite hatte bei Dienstende nur noch zwei Verstrebungen nach oben (eine eventuell beschädigt und dann entfernt worden?).

Die Abziehbilder

Die Abziehbilder umfassen Rumpfnummern, Hubschrauberdeckmarkierungen, Warnkreise, das Wappen für das Hangartor und Flaggen.


Es liegen aber nur die Nummern für De Yang bei, keine für ihre Schwesterschiffe.

Die Anleitung

Die Anleitung enthält eine Übersicht über die enthaltenen Teile, auf der die Nummer für die 3D-gedruckten Kleinteile markiert sind. Die eigentliche Bauanleitung besteht aus verschiedenen perspektivischen Ansichten, auf denen die kleineren Teile farbig markiert sind und einzelne Elemente wie Geschütze, Masten und Bordhubschrauber genauer erklärt sind. Eine Ansicht zeigt die Positionen der Stützstrukturen am Rumpf, so dass klar ist, was Stützstruktur und was Modell ist: bei einigen Teilen, die wie Decksstützen aussehen, sicher hilfreich. Leider sind die farbigen perspektivischen Ansichten teilweise etwas unscharf gedruckt, so dass man einige Teile und deren Anordnung nicht gut erkennt. Die Farben sind nur mit Namen beschrieben, beziehen sich nicht auf einem bestimmten Hersteller.


Aus dem Bausatz kann man ohne größere Veränderungen nur die im Wu Chin III-Programm modernisierten taiwanesischen Schiffe bauen. Soweit ich gesehen habe, sind die Unterschiede zwischen den verschiedenen Schiffen relativ gering. Der Umbau eines Schiffs in US-Diensten bzw. früher in taiwanesischen Diensten würde diverse Umbauten erfordern und viele Teile müssten aus anderen Quellen besorgt werden. Hier wäre es eher zu hoffen, dass Orange Hobby oder ein anderer Hersteller einen neuen Bausatz eines Zerstörer der Gearing-Klasse mit FRAM I-Modernisierung produziert. JAG/Admiralty Model Works hat (hatte?) einen solchen Bausatz im Maßstab 1/700 im Angebot, aber dieser ist inzwischen sehr alt (von 2002?) und entspricht nicht mehr heutigen Standards.

Quellen

Fazit

Der Bausatz des taiwanesischen Zerstörers De Yang von Orange Hobby ist von sehr guter Qualität, sowohl von der Druckqualität als auch in Bezug auf die Detaillierung. Der Bausatz ist durch die enthaltenen gedrehten Messingteile und Fotoätzteile bereits sehr vollständig. Negativ sind mir nur die Topspieren aufgefallen, die nur als zweidimensionale Fotoätzteile beiliegen, so dass die runde Struktur der Spieren und der Antennen auf ihrer Spitze nicht dargestellt ist. Außerdem fehlen zwei kleine Plattformen mit Rettungsinseln, was relativ leicht zu korrigieren sein dürfte. Insgesamt ist der Bausatz denoch

sehr empfehlenswert


Lars