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Modell: Gunship Hai Chow
Hersteller: Oceanmoon
Maßstab: 1/700
Material: Resin
Art.Nr.: WM03001
Preis: ca. 13 € (bei Ebay-Händler ss-model)

Bei einem chinesischen Kanonenboot werden sicher viele an ein kaum bekanntes Einzelschiff denken. Aber die Hai Chow war eine der 120 Sloops der verschiedenen Flower-Klassen, die zwischen 1915 und 1917 für die britische Royal Navy sowie die französische Marine gebaut wurden und die im Ersten Weltkrieg als Minensucher und Geleitschiffe dienten. Später fuhren Schiffe dieser Klassen als Handelsschiffe sowie bei der ägyptischen, australischen, belgischen, chinesischen, dänischen, deutschen, indischen, italienischen und portugiesischen Marine. Einige Schiffe dienten sogar noch im Zweiten Weltkrieg.

Das Original

Die Hai Chow (海周) wurde als HMS Pentstemon als eine der Sloops der Arabis-Klasse gebaut. Die Arabis-Klasse war die dritte der Flower-Klassen aus dem Ersten Weltkrieg. Die erste dieser Klassen, die Acacia-Klasse, wurde als Minensucher entworfen und war mit zwei 7,62 cm-Geschützen noch leicht bewaffnet. Die Konstruktion des Rumpfs beruhte überwiegend auf den Standards der Handelsmarine, so dass die Schiffe von vielen Werften gebaut werden konnten. Nach 24 Sloops der Acacia-Klasse wurden zwölf Schiffe der verbesserte Azalea-Klasse gebaut. Diese sollten eine schwerere Bewaffnung, zwei 12 cm-Geschütze, erhalten, um sich besser selbst gegen deutsche Zerstörer verteidigen zu können. Teilweise kamen aber nur zwei 10,2 cm-Geschütze an Bord. Die nächste Klasse, die Arabis-Klasse, fiel etwas größer aus und erhielt stärkere Maschinen. Von dieser Klasse wurden 36 Schiffe für die Royal Navy und acht für die französische Marine gebaut.

Nachdem die Sloops im Ersten Weltkrieg anfangs primär als Minenräumer eingesetzt wurden, wurden sie ab 1916 und insbesondere 1917 immer mehr als Geleitschiffe verwendet, die Handelsschiffe gegen deutsche U-Boote verteidigen sollten. Zwei weitere Klassen unterschieden sich optisch deutlich von den drei Vorgängerklassen, da sie äußerlich Handelsschiffen ähneln sollten. Dies waren die Aubrietia-Klasse (12 Schiffe) und die Anchusa-Klasse (28 Schiffe). Von der ersten Klasse ging auch ein Schiff an die französische Marine. Im Ersten Weltkrieg wurden 18 der Sloops überwiegend von deutschen U-Booten versenkt - eine französische und 17 britische.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die meisten der britischen Sloops schnell ausgemustert. Wenige dienten noch zwischen den Kriegen, lediglich HMS Foxglove, HMS Lupin und HMS Rosemary waren noch als Sloop im Zweiten Weltkrieg im Einsatz. Mehrere dienten noch bis zum Zweiten Weltkrieg als Schulhulks. HMS Chrysanthemum wurde sogar erst 1995 abgewrackt, während HMS Saxifrage als HMS President heute noch auf der Themse liegt (neben dem Leichten Kreuzer Caroline und dem Monitor M 33 eines von drei britischen Schiffen aus dem Ersten Weltkrieg, das noch existiert). Einige andere Schiffe wurden nach dem Ersten Weltkrieg zu Handelsschiffen. Darunter war die HMS Sunflower, die als Yashima Maru für die japanische Reederei O.S.K ab 1923 fuhr. 1933 ging sie im Sturm unter, wurde aber gehoben und fuhr ab 1939 als Miyajima Maru für Tochigi Kisen K.K, ab 1940 als Kosei Maru und wurde dann 1943 in die japanische Marine als Hilfs-U-Jäger und später als Minenleger eingegliedert. In dieser Form überlebte sie den Krieg. Die französischen Schiffe dienten bis Mitte der 1930er als Avisos, meist in den Kolonien. Altair wurde erst 1940 ausgemustert.

Viele ehemals britische Schiffe wurden an andere Marinen verkauft: die HMS Syringa an Ägypten, wo sie als Sollum fuhr; die HMS Mallow, HMS Geranium und HMS Marguerite an die australische Marine (nicht umbenannt); HMS Zinnia an die belgische Marine, die sie unter gleichen Namen bis 1940 verwendete, als sie von der Kriegsmarine erbeut und danach als Artillerieschulschiff Barbara verwendet wurde; HMS Pentstemon über Zwischenstationen an China, wo sie als Kanonenboot Hai Chow fuhr; HMS Asphodel an Dänemark, wo sie als Inspektionsschiff Fylla fuhr; die HMS Lychnis und HMS Ceanothus an die indische Marine, für die sie noch im Zweiten Weltkrieg als Cornwallis und Elphinstone fuhren; die HMS Buttercup über Zwischenstationen an die italienische Marine, wo sie als Teseo fuhr; die HMS Jonquil und HMS Gladiolus an Portugal, wo sie als NRP Carvalho Araújo und NRP República anfangs als Kreuzer (!) und später als Aviso klassifiziert waren.

Die Hai Chow war 81,6 m lang, 10,2 m breit und verdrängte 1250 ts. Der Antrieb bestand aus einer Vierzylinder-Dreifachexpansionsdampfmaschine und zwei Kesseln und leistete 1400 (2000?) PS, womit 17 kn erreicht wurden. Die Besatzung setzte sich aus 90 Mann zusammen (zumindest in britischen Diensten).

Bewaffnung (als Pentstemon)
2 x 12 cm (eventuell auch 2 x 10,2 cm)
2 x 4,7 cm

Bewaffnung (als Hai Chow, unsicher)
1 x 12 cm
1 x 2 cm

Die Hai Chow wurde 1916 von Workman, Clark and Company in Belfast für die Royal Navy gebaut und tat im Ersten Weltkrieg als HMS Pentstemon Dienst. 1920 wurde sie als Handelsschiff verkauft und diente u.a. als Lila und Hai Li. 1932 wurde sie in Hong Kong offiziell für die Salzverwaltung angekauft, danach wieder zurück zum Kanonenboot umgebaut und als Hai Chow in den Dienst der chinesischen Marine gestellt. Im Zweiten Chinesisch-Japanischen Krieg wehrte Hai Chow zusammen mit dem Geschützten Kreuzer Chao Ho und Küstenbatterien am 14. September 1937 einen Angriff des japanischen Leichten Kreuzers Yubari und der Zerstörer Oite und Hayate auf dem Perlfluss ab, wobei Hai Chow schwer beschädigt wurde. Danach wurde sie mehrfach von Flugzeugen bombardiert, anfangs Maschinen des Trägers Ryujo und eventuell Hosho, später von Flieger der japanischen Armee. Am 7. Oktober 1937 wurde Hai Chow schließlich von japanischen Flugzeugen versenkt. 

Der Bausatz

Von dem chinesischen Kleinserienhersteller Oceanmoon sind bereits einige chinesische Kriegsschiffe erschienen. Überwiegend waren dies Bausätze aus der Zeit des Ersten Chinesisch-Japanischen Kriegs von 1894/95. Dies ist hier eines der Schiffe aus dem Zweiten Chinesisch-Japanischen Krieg, das dazu Umbaumöglichkeiten in zahlreiche andere Schiffe diverser Marinen bzw. zivile Schiffe bietet.

Der Bausatz ermöglicht den Bau eines Wasserlinienmodells und wird in einer kleinen Plastikkiste geliefert.

Der Rumpf ist gut detailliert, lediglich die Holzplanken auf dem Vorschiff sind etwas breit dargestellt. Da aber die Gravuren sehr fein sind, dürfte man das auch verschmerzen können. Unter dem Rumpf gibt es einen massiven Anguss, den man entfernen muss. Der Rumpf scheint etwas zu kurz und zu schmal zu sein. Allerdings sind meine Quellen in Bezug auf diese Klasse relativ begrenzt. Von der Hai Chow selbst habe ich nur ein Foto gefunden, dazu noch ein Foto als britische Sloop Pentstemon (mit Ballon auf dem Achterschiff!) und als Handelsschiff Lila.

Die Aufbauten bestehen aus wenigen Teilen: das Aufbautendeck sowie die Brücke. Die Detaillierung ist erneut gut. Allerdings muss man auch hier einen massiven Anguss entfernen. Außerdem muss man die Abstützungen des Decksüberhangs selbst aus dünnen Draht oder gezogenen Gussast bauen.

Die Kleinteile kommen an fünf Angüssen. Leider liegt nur ein 12 cm-Geschütz bei. Ob man die Poller (auf dem rechten Foto ganz rechts) von dem Anguss abgekommt, ist eine interessante Frage. Auf jeden Fall eine komplizierte Lösung, diese als extra Teile zu gießen. Die Schornsteine sind oben leider nicht offen, dafür ist aber das Schutzschild des 12 cm-Geschützes hinten offen dargestellt. Die Zahl der enthaltenen Beiboote stimmt nicht mit der Zeichnung in der Anleitung überein, es würden zwei größere Boote fehlen. Auf dem oben schon erwähnten Foto sieht man aber nur vier kleinere Boote.

Der Bausatz enthält auch zwei Plastikstäbe für die Masten. Plastikteile haben gegenüber Metallteilen allerdings den Nachteil, dass sie unter Zug der Takelage leicht verbiegen.

Leider sind keine Fotoätzteile enthalten, z.B. für die Decksabstützungen, Abstützungen der Brückenrelings und der Wanten.

Abziehbilder

Der Abziehbilderbogen enthält mehrere Flaggen sowie anscheinend Markierungen für damalige chinesische Flugzeuge - mal schauen, für was letztere eigentlich gedacht sind, da Hai Chow kein Flugzeug mitführte.

Anleitung

Die Anleitung besteht aus einem chinesischen Text über das Original, einer Zeichnung des Schiffs (die beste, die ich kenne; im Original ist sie auch besser als der gezeigte Scan) sowie einer Explosionszeichnung, die den Zusammenbau erklärt. Aufgrund der wenigen Teile sollte dies ausreichend sein. Farbangaben fehlen. Wahrscheinlich war Hai Chow in einem Mittelgrau gestrichen und die Decks entweder holzbeplankt oder mit Linoleum belegt (Aufbautendecks).

Umbauideen gibt es viele, hier z.B. ein Foto der Rosemary im Zweiten Weltkrieg, die HMS Delphinium mit Tropenanstrich zwischen den Weltkriegen, HMS Primrose mit wildem Tarnschema im Ersten Weltkrieg, als französischer Aviso Aldebaran, die portugiesische Carvalho Araújo als Vermessungsschiff (siehe auch hier), die portugiesische República als Kreuzer, das dänische Fischereischutzschiff/Inspektionsschiff Fylla (siehe auch hier), das japanische Passagierschiff Yashima Maru (hier nach Hebung als Kosei Maru) etc. Im Endeffekt sollte der Bau jeder der Sloops der Acacia-, Azalea- und Arabis-Klasse möglich sein.

Quellen

Fazit

Ein guter detaillierter Bausatz eines chinesischen Kanonenboots, der dazu zahlreiche Umbaumöglichkeiten bietet.

alt empfehlenswert

Lars