„USS Nimitz CVN-68“ steht da – winzig klein, für mich ohne Brille gar nicht zu erkennen, und deutlicher zu lesen bei schrägem Lichteinfall.
Jawohl – wir reden von klar lesbaren Namensplatten für die Brücke eines Flugzeugträgers in 1:350, reliefgeätzt. Und wir reden von White Ensign Models aus Großbritannien und ihrem neuen Ätzteilesatz "USS Nimitz". Genauer gesagt von drei Sätzen: "The Ship", "Refit Parts" und "Airwing". Und wir reden auch über neue Dimensionen im Modellbau: Messing-Origami, wie Stefan es hier kürzlich für seine Yamato festgestellt hat, ist noch milde ausgedrückt. Um eines vorweg zu sagen: Wer sich entscheidet, seine Trumpeter-Nimitz mit allem auszurüsten, was WEM dazu anbietet, sollte sich auf Bauzeiten von einem Jahr oder länger einstellen und anschließend einen wirklich guten, staubfreien Platz für sein Modell suchen.
"The Ship" (WEM #PE 3539)
Dieses Set wird von White Ensign so zu sagen als Grundergänzung für die Trumpeter-Nimitz angeboten. Für etwas mehr als 38 britische Pfund – rund 55 Euro also – erhält man einen soliden weißen Umschlag mit Papprücken, der zwei Fotoätzplatinen enthält. Die kleinere von beiden wird von den Teilen für drei große Radarantennen dominiert: SPS 48 3-D-Radar zur Luftraumüberwachung, SPS-49 zur Seeraum und Luftraumüberwachung sowie – und das ist neu in diesem Maßstab – die von vielen Modellbauern so lang erwartete SPS-43 Matratze, die größte Radarantenne, die jemals auf einem amerikanischen Schiff rotierte. Alle drei Antennen sind reliefgeätzt und von erstklassiger Qualität. SPS-48 und SPS-49 bestehen aus fünf und sechs Fotoätzteilen und werden schon in derselben Qualität für den Enterprise-Satz von White Ensign angeboten. Das folgende bild zeigt die Antenne SPS-43 aus dem Bausatz von Trumpeter und auf der Platine. Der Unterschied fällt ins Auge. Die vierte Radarantenne ist das SPD-10 Navigationsradar.
Ergänzt wird diese erste Platine durch Spreizer für die Drähte an den Funk-Peitschenantennen, Satellitenantennen und die Schlauchtrommeln, die auf die Laufgänge entlang des Flugdecks gehören. Hinzu kommen die Niedergänge, die vom Flugdeck zu den Laufwegen (Catwalks) führen. Selbstverständlich haben sie Stufen, die einzeln in Richtung gebogen werden müssen.
Die größere Platine ist aus etwas dickerem Messing geätzt. Sie enthält zunächst sämtliche Reling für das Flugzeugträgermodell, wobei die Reling für die einzelnen Versorgungsöffnungen im Rumpf paßgenau ist und sogar an den unteren Ecken abgerundet, damit sie auch wirklich nahtlos an der richtigen Stelle sitzt. Sie hat Öffnungen für die Klüsen, das ist neu und eine schöne Ergänzung, denn bislang musste man sich diese Öffnungen immer selbst schneiden oder die Klüsen waren eben von Reling verdeckt. Insgesamt ist auch für den Fall, dass man sich einmal vermessen haben sollte oder ein Stück vom Teppichmonster gefressen wird, ausreichend Reling vorhanden.
Viel Platz nehmen auf der Platine die Deckrandnetze ein. Sie sind auf dem Schiff überall dort, wo das Deck nicht mit einem Laufweg abschließt, am Bug oder Heck zum Beispiel, an den Fahrstuhlkanten oder am Ende der Start- und Landebahn. Die Netze sollen verhindern, dass jemand von Deckspersonal über Bord geht. Sie sind auf der Platine reliefgeätzt und von sehr feiner Struktur. Neu: Auch die Verstrebungen der Netze zur Deckskante sind dabei. Die Netze sind auch am Bausatz angeformt, allerdings aus solidem Plastik und müssen entsprechend vorher mit einem scharfen Skalpell abgetrennt werden.
Ein weiterer Schwerpunkt ist der Radarmast, der achterlich der Insel steht und entweder die SPS-43 Antenne oder in späteren Jahren die SPS-49-Antenne trägt. Schon der im Bausatz vorhandene Mast ist für Spritzgußverhältnisse sehr gelungen, doch die filigrane Messingkonstruktion von WEM toppt das mit Leichtigkeit. Vor allem, wenn es um die Plattformen geht. Auch die Plattformen des Hauptmasts auf der Insel sind in hervorragender Weise wiedergegeben, selbstverständlich mit sämtlichen Verstrebungen und passenden Relingstücken.
Wäre die Platine jetzt voll, niemand würde sich beschweren, denn mit den bislang genannten Teilen
ließe sich die Nimitz schon anständig aufbrezeln. Doch wir sind noch nicht am Ende. Denn neben diesen Baugruppen hält die Ätzplatine noch eine Fülle von Details bereit. Dazu gehört unter anderem die Plattform für die Landesignal-Offiziere samt Rettungsnetz und Windabweiser. Die wurde im Bausatz einfach weggelassen.(nim3) Endlich vorhanden sich auch die Stahlseilzüge für die Fahrstühle. Vier Seilzüge geben die Möglichkeit, einen Fahrstuhl in Hangarposition zu bauen.
Auch die Rutschen zur Notentsorgung von Munition sind dabei. Diese Rampen wurden auf allen Trägern an mehreren Punkten entlang der Deckskante installiert, nachdem bei einem verheerenden Feuer an Bord von USS Enterprise am 14. Januar 1969 auf Deck gelagerte Munition nicht schnell genug über Bord geworfen werden konnte und explodierte. Weitere Kabel- und Schlauchtrommeln, Stellinge für den Landgang samt Aufhängungsgerüsten sowie der Ausleger für den Tilly-Flugzeugkran runden die Platine ab. Ach ja – und die Namensplatinen natürlich. Einmal für die Nimitz und einmal für die „Dwight D. Eisenhower“ (CVN-69) sind dabei. Zwei Zentimeter lang, drei Millimeter hoch und – lesbar!
Die Bauanleitung ist sehr ausführlich und enthält neben einem umfangreichen Teileplan Zeichnungen für die einzelnen Bauabschnitte. Sie sind so übersichtlich und genau, daß ein Zusammenbau der Komponenten auch ohne Englischkenntnisse möglich ist, denn die Texte sind natürlich alle in englischer Sprache.
Fazit:
Die beiden Platinen aus dem Satz "The Ship" – Das Schiff – machen aus dem Trumpeter Bausatz ein Schmuckstück, entweder als "Nimitz" oder als "Eisenhower". Damit könnte man sich zufrieden geben, zumal das Angebot schon über das hinausgeht, was WEM für Tamiyas Enterprise bislang im Angebot hat. Und das ist schon Klasse.
Also absolut empfehlenswert.
Doch es gibt ja diese Modellbauer, denen das noch nicht ausreicht. Die entweder einen der späteren Träger dieser Klasse bauen, oder beim Detaillieren ausloten wollen, wo die Grenze zum Wahnsinn liegt. Auch für diese Menschen hat White Ensign Models ein Herz und den passenden Fotoätzsatz:
Refit Parts (WEM #PE 3568)
Refit – das bedeutet soviel wie Nachrüstung, Umbau. Wer weitere 47 Euro ausgeben will oder sich für das ultimative Doppelpack entscheidet und dann für beide Sets insgesamt 15 Euro spart, erhält allerdings deutlich mehr als nur Teile für den Umbau.
Die Platine, verpackt im üblichen weißen Umschlag mit Kartonrücken, enthält zunächst alle notwendigen Komponenten, um auch die neueren Schiffe der „Nimitz“-Klasse zu bauen. Das sind vor allem neue Radarmasten. Die Gittermasten aus Nimitz und Eisenhower wichen einem soliden Mastsockel mit Gitteraufbau, ab der „Lincoln“ mit neuer Form, um dann ab „George Washington“ vollends solide zu werden. Alle Mastformen, auch die Unterschiede bei den Schotten und Plattformen, sind auf der Ergänzungsplatine vorhanden. Reliefgeätzt, versteht sich.
Hinzu kommen die Varianten der Plattformen am Hauptmast sowie die neue, rechteckige Plattform, die Typschiff Nimitz seit ihrer jüngsten Werftliegezeit mit gründlichem Umbau auf dem Radarmast fährt.
Ins Auge fällt auf der Platine auch die Struktur für die Andockstelle der Verkehrsboote am Heck. Diese Plattform wurde erst bei späteren Werfliegezeiten bei der Nimitz und der Eisenhower nachgerüstet und ist deshalb konsequent auf der Refit-Platine. Die Andockplattform ist wunderschön filigran ausgearbeitet und hat die korrekten Gitterrosten als Laufgänge.
Laufgitter ist übrigens das richtige Stichwort an dieser Stelle, denn nun wird es irre. Von den Catwalks rund um das Flugdeck war ja schon die Rede. Die haben im Bausatz einen soliden Plastikboden. Schön und gut. Nur am wirklichen Schiff sind das – richtig! Laufgitter. Und weil WEM eben eine Schwäche für die Detailfanatiker unter uns Modellbauern hat, besteht die Nachrüst-Platine zur Hälfte aus diesen Laufgittern. (nim19) Samt der dazugehörigen Stützen und Unterzüge. Wer sich entschließt, sie zu verarbeiten, muss im Prinzip die Catwalks von Grund auf neu aufbauen, mindestens aber die Böden mit einem Skalpell sauber heraustrennen! Dass diese Prozedur etwas mühsam ist, räumt White Ensign in der Bauanleitung ein. Doch der Lohn ist ein Flugdeck, das wirklich eine genaue Replik des Originals darstellt.
Die Bauanleitung entspricht dem bereits geschiderten Standard.
Fazit:
Die "Refit Parts" sind weit mehr als zusätzliche Ausrüstung, um die neueren Schiffe der Klasse zu bauen. Wer sich schon die Mühe macht, und seine Nimitz mit Fotoätzteilen umfangreich ausrüsten will, sollte auch die Catwalks mit Laufgittern versehen. Der Effekt ist mit Sicherheit phantastisch.
Hervorragend
Für beide Set gilt: Sie sind nichts für den Anfänger. Man sollte schon umfangreiche Kenntnisse im Umgang mit Fotoätzteilen haben. Wer sich die entsprechende Zeit nimmt, die einfach notwendig ist, um diese Sets zu verarbeiten – denn bei manchen Biegearbeiten wird nicht mehr als ein oder zwei Teile pro Tag machbar sein – wird mit einem Modell entlohnt, das wirklich Spitzenklasse ist. Unbedingt empfehlenswert ist sicherlich ein Biegetool – ich werde mir jetzt auch einen anschaffen. Erst recht für die Teilchen, die in Teil II anstehen:
Das Bordgeschwader.
Frank Ilse
Vielen Dank an Caroline und John Snyder von WEM für die Probeprodukte!