Faa di Bruno

Das Original

Am 1. Januar 1916 ließ die italienische Marine in der Marinewerft von Venedig ihren ersten Monitor vom Stapel, die einzigartige Faà di Bruno. Am 23. Juli 1917 wurde das Schiff in Dienst gestellt. Übrig gebliebene 38 cm-Geschütze des unvollendeten Schlachtschiffes Cristoforo Colombo wurden in einem Doppelturm eingebaut. Der Rumpf war rechteckig, mit einem kleinen Deckshaus und einem kleinen Schornstein achtern. Jeglicher Zugang in den Rumpf erfolgte durch die zahlreichen Decksluken. Das ‚Deck’ hatte die Form eines Dachs mit einem ‚First’ auf der Mittschiffslinie, auf welcher die abgeschrägte und stark gepanzerte Geschützbarbette saß. Ein etwa drei Meter breiter Panzergürtel aus Beton umgab den kompletten Rumpf.

Faà di Bruno verdrängte 2.584 BRT und mit ihren zwei insgesamt 465 PS starken Motoren erreichte sie eine Geschwindigkeit von drei Knoten!

Während des Ersten Weltkrieges beschoss sie k.u.k.-Geschützstellungen und –Landeinheiten. Nach Ende der Feindseligkeiten blieb sie bis 1924 in Dienst, entkam dem Schneidbrenner zwischen den Kriegen und fristete ein kümmerliches Dasein als rostender Hulk.

Im Zweiten Weltkrieg dann wurde sie als schwimmende Geschützbatterie reaktiviert, in GM 194 umbenannt und fortan diente sie zur Hafenverteidigung von Genua (1940 – 1943). Ihre Flak-Bewaffnung wurde verstärkt und sie erhielt einen kompletten Tarnanstrich.
Ihr letztendliches Schicksal ist mir nicht bekannt.

Länge: 55,5 Meter
Breite: 27 Meter
Tiefgang: 2,21 Meter
Besatzung: 189 Offiziere und Mannschaften

Das Modell

Von Regina Marina kommt ein kleiner netter Bausatz dieses einzigartigen Gefährts. Im Bausatz enthalten sind ein paar Resin-Teile und ein kleiner Satz Photoätzteile. Leider scheint es so, als wäre der Bausatz anhand fehlerhafter Zeichnungen und unscharfer Photos produziert worden, und zwar bevor gute Detail-Photos auftauchten, die mir freundlicherweise von Giampiero Galeotti (Regina Marina) zur Verfügung gestellt wurden. Daher enthält der Bausatz ein paar Ungenauigkeiten und Fehler...

Die Maße des Rumpfes sind sehr genau und geben dessen Form sehr gut wieder. Faà di Bruno lag tief im Wasser und um das Modell wie in den Photos darzustellen, musste ein Großteil des Unterwasserrumpfes entfernt werden. Dies wurde mit einem Bandschleifer erreicht, wobei der Rumpf sofort danach auf seiner Grundplatte befestigt wurde, da ansonsten die nun hauchdünnen Kanten leicht hätten beschädigt werden können.

Die Auswertung der genannten Photos ergab, dass der obere Teil der Modell-Barbette zu schmal war.

Der Barbette fehlte die auffällige obere Kante, wodurch sie auch nicht die nötige Breite erreichte.

Mit einer aufgeklebten Polystyrol-Scheibe wurde die Kante erzeugt und mittels Kfz-Spachtel deren Unterseite der Form der Barbette angeglichen und anschließend mit Rundfeilen und feinem Nassschleifpapier, gewickelt um ein Metallröhrchen, in eine konkave Form gebracht.

Um eine scharfe Kante für die Barbette und deren Oberseite zu erreichen, habe ich die Polystyrol-Scheibe entsprechend ausgedünnt, wodurch die Barbettenhöhe ebenfalls in Relation zum Rest des Modells erhalten blieb.

Zu dieser Zeit verbrachte ich endlose Stunden mit dem Anstarren von Photos, zoomte in diese hinein, bis ich das Gefühl hatte, richtig mit dem Fahrzeug vertraut zu sein. Das bedeutete, dass ich nun viele der schönen dargestellten Details wegzuschneiden und durch noch feinere, selbstgebaute zu ersetzen hatte!

Ich entfernte das anmodellierte Deckshaus mit seinen Fenstern, denn auf meinen Photos hat es diese nicht, besaß achtern an backbord eine rechtwinklige Erweiterung und hatte ein gewölbtes Dach, kein flaches! Ich baute das neue Deckhaus aus einem Polystyrol-Block mit einem Dach aus in Sekundenkleber getränktem Papier.

Der Resin-Schornstein achtern vom Deckshaus wurde abgeschnitten und ein neuer aus einem Kupferröhrchen erstellt, wobei der untere Mantel etwas dicker ausgeführt wurde. Zur leichteren Handhabung wurde er etwas höher gebaut und später noch gekürzt.

Die Frontpanzerung des Rumpfes wurde mit verdünntem Weißleim verstärkt, um die Abformkante zu verdecken, aber gleichzeitig die Form des Betongürtels beizubehalten.

Die angeformten Spills und Winden wurden entfernt. Photos zeigen diese auf Podesten und mit dahinter oder davor vorhandenen kleinen Spillbremsen. Ich habe diese aus Resin-Resten auf einer Handbohrmaschine und mit einer Klinge als Meißel selbst gedreht.

Ich wollte die Decksluken geöffnet darstellen, so, wie es beim festgemachten Schiff wahrscheinlich gewesen wäre. Um ihnen etwas Tiefe zu verleihen, habe ich deren Öffnungen durch den kompletten Rumpf fortgesetzt. Mit dem Rumpf auf einer dunklen Unterlage ist die Illusion eines tiefen dunklen Einstiegsschachtes perfekt.

Nachdem ich die Öffnungen durch den Rumpf getrieben hatte, entfernte ich mit dem Bandschleifer den Unterwasserrumpf, um größeren Tiefgang des Modells zu simulieren.. Ich drehte wie immer von unten eine kleine selbstschneidende Schraube in ein vorgebohrtes Loch (3 mm), um das Modell mit einer Federklampe während des Baus, aber vor der Befestigung auf der Grundplatte, leichter handhaben zu können.

Das gleiche machte ich mit dem 38 cm-Turm, um auch diesen während des Lackierens mit der Federklampe halten zu können. Ich war nicht zufrieden mit der Turmform, als ich diese mit den mir zugesendeten Photos verglich. So beklebte ich den Turm mit Polystyrolstreifen, um ihn neu formen zu können.

Nun war es an der Zeit, das Gefährt auf seiner Grundplatte zu befestigen und diese mit Wasser zu versehen. Dies geschah auf meine übliche Art, und zwar mit Aquarellpapier. Um die Illusion der offenen Luken noch weiter zu verbessern, trieb ich die Öffnungen auch durch die Grundplatte hindurch. Die Rumpfform wurde aus dem Aquarellpapier ausgeschnitten, damit es genau an dem Rumpf anliegt.

Das Gehen auf den abgeschrägten Decks hätte unter der Besatzung bestimmt bald zu Gelenkschäden geführt und so wurde das Schiff mit horizontal ausgerichteten Laufstegen versehen. Diese lagen dem Bausatz nicht bei. Ich stellte diese und deren Stützen durch abgelängte WEM 1:350 Entmagnetisierungsschleifen für die KGV-Klasse dar. Gemäß dem, was ich auf Photos erkennen konnte, dienen nun deren ursprüngliche Befestigungsbänder, heruntergebogen, als Stützen und Gehrungen für die Laufstege.

Das Modell wurde mittels Klebstoff und einer Schraube durch die Barbette auf der Grundplatte befestigt.

Ich begann, so viele Extradetails hinzuzufügen, wie ich auf den Photos erkennen konnte.

Die beiden Latrinen und der mittig gelegene Wassertank achtern bestehen aus Polystyrolstreifen. Extra Lukendeckel und eine große Anzahl an Befestigungs- und Belegmöglichkeiten wurden mit einem Tropfen Weißleim oder mit einem Bleistiftkreis dargestellt.

Die Höhe der Beine des Dreibeinmastes ist in der Anleitung viel zu hoch dargestellt. Ich habe die Höhe meiner Mastbeine einer Seitenansicht (Photo) des Schiffes entnommen. Bei stationärem Schiff waren die Sehschlitze des Beobachtungsstandes mit einem Segeltuchvorhang verschlossen. Ich stellte dies durch einen in den Stand geklemmten, rundengebogenen Papierstreifen dar, der anschließend zur Versteifung mit Sekundenkleber getränkt wurde.

Ich stützte die Decke des Beobachtungsstandes ab, um den Papiervorhang zu entlasten und besser ausrichten zu können. Ungewöhnlicherweise wurden die Beine des Dreibeins nicht unterhalb des Beobachtungstandes zusammengeführt sondern wurden durch gelochte Verstrebungen auf Abstand zueinander gehalten. Diese stellte ich aus geätzten Pallungen für Beiboote her (WEM). Zusätzlich fügte ich Sprach- und Drainagerohre aus dünnem Kupferlitzen hinzu – jedenfalls soweit ich diese durch mein endloses Starren auf Photos erkennen konnte.

Der Betonpanzer um den Rumpf schien von Stahlbändern zusammengehalten und mittels Stahlklammern am Rumpf befestigt worden zu sein. Welches Funktion oder welches Material auch immer, ich erzielte deren Darstellung mittels halbierter und in Form gebrachter 1:700 Kettenglieder. Nun sah es dem Original schon sehr ähnlich und ich füllte die Lücken der Kettenglieder mit Weißleim, um dem Ganzen etwas mehr Stabilität zu verleihen.

Ein auffälliges Merkmal dieses Fahrzeugs war die gepanzerte Schutzkalotte über dem Geschützturm. Dieses Detail wollte ich unbedingt originalgetreu darstellen. Das Bausatzteil aus Resin wies im Vergleich mit den Photos eine falsche Form auf und so wurde aus einer Rundkopfschraube einen passender Ersatz gedreht. Leider war der Stahl der Schraube von minderer Qualität und daher gestaltete sich das Hinterschneiden auf der Innenseite als sehr schwierig. Der zweite Versuch mit einem Messingteil verlief sehr viel erfolgreicher. Beim Drehen blieb mittig einen Metallstift stehen, sodass die schwere Schutzkalotte, ohne die ‚Stützstreben’ zu belasten, in die Turmdecke gesteckt werden konnte. Die Stützstreben stellte ich aus photogeätzten V-förmigen Klammern dar (WEM 1:700 Flugzeugteile).

Um die Szenerie etwas zu beleben, fügte ich einen aus Resinresten geschnitzten kleinen Leichter (alter WEM Hood-Geschützturm) hinzu. Dieser wurde mit einer Süllkante aus Polystyrol und einigen photogeätzten Lukendeckeln einer GMM 1:426 Arizona ausgerüstet. Ich bohrte durch die Unterseite des Leichters, um einen tiefen Laderaum zu simulieren und ‚öffnete’ einen der Lukendeckel.

Danach fuhr ich mit der Detaillierung fort. Stützen für das Sonnensegel lagen dem Bausatz bei aber ich wollte meine etwas feiner und dünner haben... Ich längte Photoätz-Relingsdurchzüge (1:350 ‚Superfine’) ab und klebte sie in ins Deck vorgebohrte Löcher. Die schrägen Stützen stellte ich aus gezogenem Gießast her. Ich wollte das Sonnensegel auch darstellen und obwohl es viele Details verdeckt, belebt es den Gesamteindruck ungemein. Die einzelnen Segmente des Sonnensegels wurden durch Ziehen eines dünnen Films aus Weißleim über einem Gerüst aus dünnem Kupferdraht, welches die Stützstreben simulierte, hergestellt. Wie auf den Photos ersichtlich, gab es einige Fehlversuche aber letztendlich führte diese Methode zum Erfolg. Die großen Abstände zwischen den Streben brachte den Weißleimfilm bis an die Grenzen der Belastbarkeit. Am achteren Ende simulierte ich durch ein paar zusätzliche Tropfen ein weiteres, aber aufgerolltes Segment des Sonnensegels.

Wo ich gerade dabei war, habe ich auch gleich mit dem Weißleim neue Geschützrohre aus Messingdraht an den Flak-Geschützen befestigt. Anschließend habe ich durch mehrere Lagen Weißleim Geschützpersenninge aufgebaut. Die Geschütze wurden auf den kleinen mitgelieferten photogeätzten Plattformen montiert, wobei deren Stützen aus zurechtgeschnittenen 1:700 Relingstreifen hergestellt wurden.

Die Anker sind modifizierte Ätzteile von GMM, den sich verjüngenden Toppmast hat Steve Foulkes gedreht, die Luken sind Ätzteile von WEM und der Lüfter wurde mit einem runden Deckel versehen.

Die Ruderanlage war auch sehr interessant, denn das Schiff hatte ein Doppelruder, welches, je eins an backbord und steuerbord am äußersten Heckende und jeweils mit einem Handrad versehen, mittels eines querschiffs liegenden Schneckengetriebes betätigt wurde. Die Steuerräder sind Ätzteile von WEM. Meine Besatzung wurde aus den Reihen von GMM und Eduard rekrutiert.

Die italienische Flagge wurde auf weißem Decal-Bogen gedruckt, wobei schon die Flaggenvorlage zum Einsatz kam, die ich schon für meine 1:350 Roma verwendet hatte. Ich habe diese Vorlage einfach auf 1:700 herunterskaliert. Die Flagge wurde anschließend zwischen Butterbrotpapier gelegt und leicht zerknüllt. So werden Risse verhindert und das Aussehen einer Flagge in einer schwachen Briese wird simuliert.

Um die Szenerie noch lebhafter zu gestalten, wurde eine kleine Gig hinzugefügt, die sich mit strammen Schlägen von steuerbord achtern dem Schiff nähert.

Die Klampen wurden zwar als Ätzteile mitgeliefert, aber auf den Photos waren sie von eher flacher Form und so stellte ich sie selbst aus sehr dünnen Messingstreifen her. Das Schiff wurde mit Ätzteil-Ketten festgemacht, die etwas verdreht wurden, um einen etwas mehr räumlichen Effekt zu erzielen. Die große Festmachertonne wurde aus einen Polystyrol-Röhrchen und einem kleinen Messingstreifen hergestellt.

Der Hauptniedergang auf dem ‚First’ des ‚Vordecks’ hatte eine Persenning, deren Stützgestell am Modell mit Ätzteilresten, bespannt mit einem Film aus dünnen Weißleim, hergestellt wurde.

Zusammenfassung

Dieses Projekt und die damit verbundene Herausforderung, so viel wie möglich aus den vorhandenen Photos herauszuziehen und dem jeweiligen Bauzustand zuzuordnen, hat mir sehr viel Freude bereitet.
Man kann Regia Marina dazu gratulieren, dass sie mit einem solch faszinierenden aber auch bizarren Gefährt den Markt bereichern. Die Mängel im Bausatz lassen sich auf eine allgemein bekannte aber ungenaue Zeichnung zurückführen und natürlich auf das Fehlen von Photos, die mir letztendlich aber dann doch zur Verfügung standen und von denen ich natürlich beim Bau profitieren konnte.

Die Faà di Bruno ist nicht gerade das, was man als Großmodell bezeichnen kann, da die Länge über alles gerade mal um die acht Zentimeter beträgt.

Bilder des fertigen Modells:

Mein Dank geht an:

  • Giampiero von Regia Marina für die Photos und sonstige Unterstützung.
  • Steve Foulkes für seine Fähigkeiten an der Drehmaschine beim Drehen der Schutzkalotte und dem Verjüngen des Mastes.
  • Olaf Held für die Übersetzung ins Deutsche.

Bibliographie:

  • NAVI E MARINAI ITALIANI NELLA GRANDE GUERRA Erminio Bagnasco & Achille Rastelli

Jim Baumann

(Übersetzt aus dem Englischen von Olaf Held, www.linerpara.de)