Das Original

Das französische Schlachtschiff Carnot wurde nach einem populären französischen Präsidenten, Marie François Sadi Carnot, benannt. Dieser war 1894 in Lyon von einem italienischen Anarchisten ermordet worden. Das Schiff war das letzte Schlachtschiff, das in Toulon gebaut wurde. Es war Teil einer Entwicklungsreihe von Schiffen, von denen jedes einen Fortschritt gegenüber dem Vorgänger darstellten sollte. Die anderen Schiffe waren Charles Martel, Jauréguiberry und Bouvet.

Carnot wurde im Juli 1891 auf Kiel gelegt und lief am 12. Juli 1894 vom Stapel. Lang gezogene Bauzeiten waren in dieser Epoche die Norm, aber Carnot hält den Rekord für die längste! Nach umfangreichen Erprobungen, Reparaturen und Modifikationen wurde sie endlich am 25. Juni 1897 für vollständig einsatzbereit und ausgerüstet erklärt. Sie wurde danach bei dem Levante-Geschwader eingesetzt. Sie blieb bis Januar 1900 im Mittelmeer und wurde danach gemeinsam mit Massena zum Nordgeschwader (Escadre du Nord) nach Brest verlegt. Im Juni kehrte sie für die Sommermanöver ins Mittelmeer zurück. 1900-02 verbrachte sie fast zwei Jahre für Reparaturen und Verbesserungen im Bereich des Unterwasserrumpfs in der Werft. Danach wurde sie zusammen mit Brennus zur Reserveflotte verlegt. Im August 1905 repräsentierte fast die gesamte Escadre du Nord Frankreich bei der großen Flottenparade in Spithead. Im Oktober des gleichen Jahrs kehrte sie wieder in die Werft zurück, da es erhebliche Probleme mit den Schlingerkielen gegeben hatte. Im Januar 1906 kehrte Carnot zusammen mit Massena und Jauréguiberry ins Mittelmeer zurück. Zwischen 1907 und 1913 musste sie immer wieder in die Werft und war nur kurz im Mittelmeer bzw. im Atlantik in Dienst. Die restliche Zeit war sie bei der Reserveflotte.

Inzwischen war Carnot leider auch veraltet und wurde am 1. April 1914 außer Dienst gestellt. Sie wurde danach als Wohnschiff genutzt. Im Juli 1919 wurde sie gestrichen und 1922 abgewrackt.

Technische Daten:
Länge: 114 m
Breite: 21 m
Tiefgang: 8,4 m
Verdrängung: 12.000 t
Besatzung: 647

Bewaffnung:
2 x 305 mm L/45 Modèle 1887 Geschütze
2 x 274 mm L/45 Modèle 1887 Geschütze
8 x 138 mm L/45 Modèle 1888 Geschütze
4 x 65 mm Geschütze
12 x 47 mm Geschütze
8 x 37 mm Geschütze
4 x 450 mm Torpedorohre

Das Modell

Dieses aggressiv und gleichzeitig eigenartig aussehende Schiff finde ich wegen meiner Faszination für das Ungewöhnliche spannend. Die asymmetrischen Schornsteine und der massiv eingezogene Rumpf bewirkten, dass ich ein Modell dieses Schiffs unbedingt haben wollte.

Der Bausatz von dem nicht sehr bekannten japanischen Hersteller Yumematu im Maßstab 1/700 ist nicht ohne Probleme. Die meisten wurden dadurch verursacht, dass damals keine nützlichen Pläne erhältlich waren. Fast jedes Foto des Schiffs ist aus einem flachen Winkel und von außerhalb des Schiffs aufgenommen.

Ich verbrachte wahrscheinlich die Hälfte der 3,5 Monate langen Bauzeit damit, Fotos zu untersuchen und aus ihnen Hinweise für die wahrscheinliche Decksgestaltung abzuleiten. Glücklicherweise hatte ich E-Mail-Kontakt zu einigen Experten für französische Schiffe der Epoche, die mir bei der wahrscheinlichen Form der Lüfter und der Decksanordnung halfen. In diesem Fall ist nichts 100% nachweisbar, nur wahrscheinlich.

Mein Modell stellt die Carnot im Zustand vom August 1905 während der großen Flottenparade in Spithead dar.

Ein ausführlicher Baubericht findet sich hier.

Fazit

Da es damals keine Pläne gab, ist der Bausatz von Yumematu, trotz der Mängel bei der Vorbildgetreue, ein mutiger Versuch. Er ist weit davon entfernt einfach zu bauen zu sein, wenn man ein zufriedenstellendes Ergebnis erzielen will. Als ein Kunde wäre ich bereit, für einen Bausatz mit besserer Gussqualität und Maßstabsgetreue mehr zu zahlen.

Wenn man ein 1/700er Modell der Carnot bauen will, ist der Bausatz ein verwendbarer, aber auch teurer (und inzwischen schwer zu findender) Ausgangspunkt.

Jim Baumann

(übersetzt aus dem Englischen von Lars)