Der Leichte Kreuzer Chungking 1948 - 1949
Der leichte Kreuzer Chungking der Republik China (Kuomintang, Taiwan) bzw. der Volksbefreiungsarmee begann seine militärische Laufbahn als HMS Aurora bei der Royal Navy und war dort auch die längste Zeit im Einsatz. Das Schiff wurde am 19. Mai 1948 für die Nationalchinesische Republik in Dienst gestellt und nach der - während des 2. Weltkrieges - Hauptstadt Chungking benannt.
Am 24. Februar 1949 brachen Mitglieder der Mannschaft in die Kammer für Handfeuerwaffen ein, bewaffneten sich und drangen bis zum Kapitän vor. Sie verlangten das Auslaufen des Schiffes zu einem kommunistisch kontrollierten Hafen und drohten andernfalls damit das Schiff zu sabotieren. Nach längerer Diskussion stimmte der Kapitän schließlich zu und der Kreuzer verließ abgedunkelt die Mooring ohne dass die Verantwortlichen an Land informiert worden waren.
Am nächsten Morgen versammelten die Meuterer die Besatzung und gaben ihre Pläne bekannt. Die Crew war völlig konsterniert - nicht wegen etwaiger Loyalität zu den Nationalisten als vielmehr weil die meisten Angehören noch auf nationalchinesisch kontrolliertem Gebiet waren. Eine konterrevolutionäre Gruppe von etwa 10 Offizieren drohte damit das Schiff wieder in ihre Gewalt zu bringen, Blutvergießen wurde aber durch das Überlaufen von Kapitän Deng auf die kommunistische Seite verhindert.
Chungking erreichte am 26. Februar um 6 Uhr Morgens den kommunistisch besetzten Hafen Yantai auf der Halbinsel Shandong und führte dabei eine improviserte Flagge mit rotem Stern um den Seitenwechsel zu zeigen. Nach Verhandlungen beließ man das Schiff letztendlich unter Kontrolle der bestehenden Mannschaft und ihren Offizieren.
Nun war der Kreuzer aber Luftangriffen der nationalchinesischen Luftwaffe ausgesetzt. Die ersten Angriffe blieben aber erfolglos und die Chunking verlegte in den kommunistischen Hafen Huludao in Nordchina um sich der Bedrohung zu entziehen.
Nach mehreren Wochen entdeckten aber nationalchinesische Flugzeuge das Schiff doch noch und setzten ihre Bombenangriffe am 19. März fort. Ein Angriff am 21. März führte zu einem Bombentreffer am Heck der sechs Besatzungsmitglieder tötete, zehn weitere verletzte und beträchtlichen Schaden anrichtete. Die kommunistische Führung war der Ansicht, dass man das Schiff während der anhaltenden Kämpfe nicht vor der Zerstörung bewahren konnte und befahl deshalb die Selbstversenkung um eine spätere Bergung zu ermöglichen. Chungking kenterte über Steuerbord und lag in einem 92 Grad Winkel in 11m tiefem Wasser, die unbeschädigte Backbordseite ragte aus dem Wasser heraus.
1950, nach dem Ende der Kampfhandlungen auf dem chinesischen Festland, begannen die Bemühungen das Schiff zu bergen und zu reparieren. Eine Gruppe russischer technischer Berater wurde entsandt um die rotchinesischen Marineingenieure aus Qingdao zu unterstützen und das Projekt begann im April 1951. Der Zustand des Rumpfes war gut und das Schiff wurde am 13 Juni 1951 gehoben, bei Unterschreitung des vorgesehenen Zeitplans und Budgets. Die Chungking wurd dann in die Schiffswerft nach Dalian geschleppt wo ein Trockendock zur Verfügung stand. Nach einer gründlichen Untersuchung schätzte aber das russische Expertenteam die Instandsetzungkosten auf über 200 Miliionen rubel - eine gewaltige Summe für das kriegszerstörte China. Das Oberkommando der Volksbefreiungsarmee stimmte dem zu und so endete die militärische Karriere der Aurora/Chungking.
Teile des Rumpfes und der Maschinenanlagen wurden entfernt und zur Reparatur anderer Schiffe verwendet, einige Waffen und Ausrüstungsteile gingen an das Militärtechnische Institut und Schule in Dalian. Die Antriebsanlage wurde ausgebaut und in einer lokalen Fabrik verwendet. Einige Ausrüstungsteile wurden zur Untersuchung nach Russland gegeben. Der Rumpf selbst wurde nach Shanghai geschleppt und unter dem Namen Huanghe als Frischwasserlager genutzt. 1964 wurde sie an die zivile Reederei Tianjin Bohai als Wohnquartier für Arbeiter übergeben und in Beijing umbenannt. Später wurde sie ganz aufgegeben, aber die Hulk blieb bis zur Abwrackung in Qingdao 1990 erhalten.
Das Modell
Bausätze von CC Lee (aus China) sind hier kaum verfügbar und nur über spezielle Importeure oder über Auktionsplattformen zu bekommen. Ich ergatterte mein Exemplar durch einen Tausch mit Steve Allen aus Canberra, Australien. In erster Linie für Motorantrieb gedacht, enthält der Baukasten neben dem Motor auch vorinstallierte Wellen im Rumpf. Bis auf wenige Ausnahmen sind die grundsätzlichen Abmessungen und Proportionen korrekt: Ich versetzte die Geschütztürme bündig mit der Vorderkante der Barbetten, das Holzdeck wurde vor dem Wellenbrecher fortgeführt und die Abstrebungen von der Rückseite auf die Frontseite des Wellenbrechers gesetzt. Zuletzt wurde an den Aufbauten das Beobachtungsdeck und angrenzenden Signallampen verändert.
Der Bausatz ist aber in keinster Weise ein qualitativ hochwertiges Produkt, die Teileoberfläche weist praktisch keinerlei Detaillierung auf. Selbst die Türen sind durch simple, rechteckige Formen dargestellt. Praktisch alles an meinem Modell wurde in irgendeiner Art und Weise verändert um die Chungking besser darzustellen. Das Problem war, dass praktisch alle Schiffe dieser Klasse während des Krieges viele Umbauten erfuhren und ich nur wenige Nahaufnahmen vom letzten Ausrüstungszustand 1948 fand. Einige Details wurden deshalb nach Vorbildern anderer Schiffe der Klasse extrapoliert, Hinweise gab mir auch mein Besuch der HMS Belfast letzten Sommer. Modellbauer die den Bausatz ebenfalls bauen wollen, sollten bedenken dass er das Schiff im Zustnad von 1948 darstellt. Falls man ihn in einen britischen Arethusa-Klasse Kreuzer rückdatieren will, sind Änderungen an der Position der Flak, den Suchscheinwerfen, Masten, Radar und anderen Teilen notwendig.
Das WEM WW2 Royal Navy Fotoätzteilset in 1/350 war sehr nützlich, da es nicht nur die wasserdichten Türen und quadratischen Fenster enthält, sondern auch Relings die im Vergleich zu anderen Herstellern etwas zu groß ausfällt - und somit in 1/300 nur wenig zu klein ist. Tom's Modelworks Treppen in 1/350 kamen zusammen mit unterschiedlichsten Plastikkarten und LionRoar Stäben zum Einsatz. Auch die Restekiste wurde stark genutzt, Heller Reling diente als Ersatz für die Böden der Rettungsflöße. Die Schürzen um die Schornsteine wurden aus Plastikstreifen scratch gebaut.
Die schwierigste Arbeit war das Aufdoppeln des erhaben und unregelmäßig gravierten Decks - eine denkbar schlechte Holzdarstellung. Dazu mußte 1mm starke, geriffelte Plastikkarte hauchdünn heruntergeschliffen werden bis sie fast papierdünn war und auf das Deck aufgeklebt werden. Mit gewinkelten Plastikstreifen wurde dann die Höhendifferenz kaschiert.
Die Rumpffarbe ist ModelMasters hellgrau direkt aus der Dose, der rote Schutzanstrich wurde selbst gemischt. Die Decks wurden mit sechs Schattierungen von Tamiya deck tan, jede mit einem anderen Grauanteil, bemalt um einen streifigen, abgenutzten Eindruck zu erzielen. Dann experimentierte ich mit einem Washing aus verdünnter Ölfarbe das sofort mit Q-Tipps wieder abgenommen wurde. Dies läßt die Farbe nur in Vertiefungen zurück hebt die Details besser hervor.
Mein Dank geht Stephen Allen für den Bausatz sowie Ratschläge und Kommentare, Kevin Dunn (Melbourne) und Roger Torgeson (Bremerton) für Referenzfotos, Giuseppe Giuffre (Italien) und Hanchang Kuo (Kalifornien) für Links auf russische und chinesische Webseiten.
Wer sich für eine bebilderte Geschichte der Chungking, unter nationalchinesischer wie kommunistischer Flagge, interessiert, kann sich auf dieser Webseite informieren.
Doug Hallet
(Übersetzung von Stefan)