Der Bausatz / Die Vorbildauswahl
Für den Modellbaucontest im Modellboard fiel meine Wahl auf die 1968 von Monogram erstmals aufgelegte Boeing F4B-4. Den Bausatz aus dieser ersten Charge habe ich vor ca. 10 Jahren in Hamburg bei Rettkowsky als Restposten erworben. Er wanderte dann wie viele andere ins Lager...
Ein altes Modell ist beim Öffnen wie ein alter Wein: entweder er schmeckt nach Essig, oder er hat ein ganz tolles Aroma. Die F4B-4 ist meiner Meinung nach Letzteres. Das Original ist soviel ich weiss in 1/72 nur von Monogram erschienen (die Army Version P-12 E gab es auch von Matchbox).
Monogram erlaubt, das siebte Flugzeug der Fighter Squadron VF-2 "Fighting Two" von ca. 1933 an Bord der USS Lexington (die Erste: CV-2) darzustellen. Die Flugzeuge der VF-2 sind am gelben Leitwerk zu erkennen.
Da Drittdecals zulässig sind, habe ich eine andere Maschine gewählt: Die Maschine eins des Squadron Leaders der VF-2, erkennbar auch an den roten Streifen an Rumpf, Motor und Tragflächenoberseite. Ich möchte unbedingt eine farbenfrohe Maschine mit hohem Rotanteil in meiner Sammlung haben.
Der Bausatz besteht aus 24 Teilen inkl. Ständer und Pilotenfigur und ist fertig gebaut 12,5 cm breit und 8,5 cm lang. Die Detaillierung der Tragflächenstruktur und der Leitwerke ist auch für heutige Maßstäbe hervorragend und wird ohne Änderungen übernommen. Ebenfalls genial ist der aus einem Teil bestehende Motor.
Der Bau (Teil 1)
Die Rumpfseiten wurden von den erhabenen Gravuren befreit und mit dem Gravierwerkzeug neu graviert. Alle Teile wurden entgratet und vorgeschliffen, sowie alle Verstrebungen massiv dünner geschabt. Die Ruder von Tragflächen und Leitwerk wurden vorsichtig ausgeschnitten, um später teilweise ausgelenkt montiert zu werden. Die Seitenleitwerksflosse wurde vom Rumpf abgeschnitten, um separat lackiert zu werden, dies erleichterte in meinem Fall die späteren Abklebearbeiten. Die separierten Ruder erhielten an dieser Stelle die Anlenkhebel für die Ruderbetätigungsstangen, die ich auch nachbaute. Die Anlenkhebel entstande aus dem Papier der Bauanleitung, dass mit Sekundenkleber gehärtet wurde und dann wie Plastiksheet verarbeitet wurde. Für alle Spanndrähte wurden entsprechende Bohrungen in Rumpf und Tragflächen angebracht.
Das Cockpit ist bei Einbau einer Pilotenfigur fast nicht sichtbar und daher von Monogram nicht dargestellt worden. Ich wollte zwar auch meinen Piloten einsetzen, diesen jedoch auch herausnehmen können, um in das Cockpit schauen zu können. Das Cockpit wurde deshalb als separate Einheit aus dem Bausatzkarton (Boden und Seitenwände, Sitz, Pedale, Funkgerät) und gezogenen Gußästen (Seitenwandspanten, Steuerknüppel, Trimmrad) hergestellt. Das Staurohr an der Steuerbordseite entstand aus den kegeligen Enden der Gußaststücke nach dem Ziehen, von denen zwei so miteinander verklebt werden, dass sich die doppelte Trichterform ergibt. Die Sicherheitsgurte entstanden aus dem Papier der Bauanleitung, der entsprechend schmale Streifen entnommen werden.
Dann erfolgt die Montage der ersten Bausatzteile: Seitenwände und untere Tragfläche wurden verklebt. In die so entstandenen Wanne wird von oben das fertig bemalte Cockpit geschoben, dann wird die obere Rumpfabdeckung verklebt. Die Fahrwerks- und Tragflächenaußenverstrebungen sowie die Höhenleitwerksstreben wurden ergänzt. Der Motor erhielt zwei Auspuffrohre (Bausatzteile). Die zuvor getrennten Leitwerksteile werden in der gewünschten ausgelenkten Position verklebt. Der Townendring wird am Motorbauteil montiert und verschliffen - und fertig sind die Hauptkomponenten für die Farbbehandlung.
Die Lackierung (Teil 1)
Alle Lackierarbeiten erfolgten mit der Airbrush. Basis für alle Bauteile war die Alclad II Grundierung in Hellgrau. Für alle farbigen Bauteile erfolgte ein Preshading der Blechstöße mit dunkelgrau. Die erste „Farbe“ war Gunze Kalkweiß für das „F“. Dieses Kennzeichen an den Rumpfseiten ist Weiß und nicht in meinem Decalfundus vorhanden. Es wurde daher kurzerhand lackiert. Das „F“ wurde mit 0,7 mm breiten Streifen aus Tamiyatape abgedeckt. Dann wurde der Rumpf in Gunze Hellgrau, aus Kalkweiß und Zementgrau selbst gemischt, lackiert. Aufgrund des Maßstabeffektes wurde die Farbe recht hell angemischt. Das Preshading schien nach dem Lackieren nur noch ein ganz bisschen durch, da die Navy Maschinen dieser Zeit sehr gepflegt waren. Ich alterte hier nicht um des Alterns Willens, sondern um der Lackierung etwas mehr Tiefe zu geben.
Die Tragflächenoberseite erhielt Gelb aus Humbrol 12 (mit etwas Rot Humbrol 19 beigemischt). Auch hier wurde zuvor ein Preshading angebracht, und zwar in den Vertiefungen zwischen den Rippen. Am Ende sind die Vertiefungen leicht dunkler und erscheinen dadurch plastischer. Bei den Rudern ließ ich das Preshading etwas stärker durchscheinen, um hier den Effekt einer leichten Alterung zu simulieren.
Nun folgte Alclad II Aluminium für die Tragflächenunterseiten und die Oberseite der unteren Tragfläche, den Motor, den Propeller und den Ständer. Die roten Streifen wurden maskiert und lackiert.
Jetzt war etwas Pinselarbeit angesagt: Die Endmarkierungen der Propeller in Dunkelblau, gelb und Rot (alle Humbrol). Die Cockpiteinfassung und Kopfstütze (Gunze Dunkelbraun). Reifen, Zielfernrohr, Griffmulden, Walkways (Revell Anthrazit). Maschinengewehre (Humbrol Gunmetal).
Es folgte ein Zwischenfinish mit Future und ein leichtes Washing mit einer Enamelbrühe und der zweite Teil der Montage konnte beginnen.
Der Bau (Teil 2)
Die Räder des Fahrwerks wurden mit dem Fahrwerksträger verklebt. Anschließend wurde das Seitenleitwerk montiert und in die vorgebohrten Löcher wurden zwei Spanndrähte aus gezogenem Gießast verklebt.
Zur Erstellung der Spanndrähte: Gießäste werden über der Flamme erhitzt und sobald sie plastisch sind, schnell aber gleichmäßig auseinander gezogen. Je schneller man zieht, desto feiner werden die Drähte. Normalerweise nutze ich Nylongarn („unsichtbares Nähgarn“), da dieses noch feiner ist, als gezogenes Material. In diesem Fall hat mein Vorbild Spandrähte in aerodynamisch günstiger tropfenförmiger Form. Diese Drähte erscheinen dadurch breiter, was meinem Modell entgegen kommt.
Jetzt wurde das Höhenleitwerk montiert und ausgerichtet. Damit waren alle Hauptbaugruppen für den nächsten Schritt vorbereitet.
Die Decals
Meine „1“ der VF-2 ist ein bunter Vogel. Die Decals wurden mehreren Bögen meiner Restekiste entnommen. Zum Teil kommen auch 40 Jahre alte Bausatzdecals zum Einsatz, diese allerdings aus gewissem Respekt vor dem Alter alle unten! Meine Angst die alten Decals zu verarbeiten, erwies sich als unbegründet. Alles ließ sich hervorragend verarbeiten. Allerdings ist der Trägerfilm sehr dick, weshalb ich froh war, dass ich die Decals nur an fast geraden Flächen einsetzte.
Die spezifischen Markierungen meiner Maschine kammen aus einem Special Hobby Bausatz der Brewster Buffalo, die um 1940 mit identischen (!) Markierungen unterwegs war. Auch diese ließen sich sehr gut verarbeiten.
Alle Baugruppen, die Decals erhalten haben, wurden abermals mit Future überzogen.
Der Bau (Abschluß)
Jetzt wurden am unteren Tragflügel die Spanndrähte verklebt und durch den Rumpf nach vorn geführt. Da das Verkleben der oberen Tragfläche unter leichter Spannung geschah, wurden alle Spanndrähte erst nach Montage der Tragflächen gespannt. Hierzu wurden die vorderen Enden gezogen und am Rumpfabschluß verklebt (sollte später mal ein Spanndraht reißen, könnten auf diese Weise ziemlich einfach neue Drähte gespannt werden, da die Bohrungen nicht durch Kleber unbrauchbar sind. Damit man nicht zwischen den Flächen fummeln muss, habe ich mir diese Vorgehensweise von den Buddelschiffbauern abgeguckt und verwende sie wann immer der Aufbau der Verspannung des Modells dies zulässt.
Dann wurden die Baugruppen passend verklebt.
Die Lackierung (Abschluß)
Die Spanndrähte wurden mit Alu (Revell 99) per Pinsel bemalt. Alle Originalmaschinen zeigen metallene Spanndrähte, die sehr nach rostfreiem Material aussahen. Daher ist ein Metallic-Look an dieser Stelle absolut authentisch. Die Antennenverspannung wurde mit Anthrazit (Revell) bemalt
Farbabplatzer, Abgasspuren, Oelfahnen etc. wurden nicht dargestellt, da alle Vorbildfotos ausnahmslos geflegte, fast saubere Maschinen zeigten. Es erfolgte für die fertige Maschine ein seidenmattes Finish. Obwohl die Originale ziemlich glänzend aussahen (nicht so stark, wie die dunkelblauen Navy-Flieger aus den 1940ern), hielt ich Glanz in 1/72 immer für etwas plastikartig. Daher das seidenmatte Finish, um diesen Effekt zu mildern.
Der Ständer (man beachte die modische Form, die ganz an die Zeit, in der der Bausatz entstanden ist, erinnert) bleibt hingegen hochglänzend, um einen Kontrast zum Flieger zu erzielen.
Fazit
Ich möchte mich bei den Veranstaltern sehr für die Idee zum Contest bedanken. Ich habe dadurch einige sehr schöne Stunden an einem Modell verbracht, dass ich möglicherweise sonst nie gebaut hätte. Das Monogrammodell hat mir gezeigt, dass einige alte Modelle wahre Schätze sind, deren Bau sich durchaus lohnt!
Eines werde ich jedoch sofort nach meinen Modellfotos für den Contest ändern: Das Modell erhält eine neue Cockpitverglasung aus einer Blisterverpackung. Wäre der Bausatz von Matchbox gewesen, hätte ich vielleicht sogar das damals verwendete Rückseitenfenster der Kartons benutzt. Mein Bausatz ist allerdings von Monogram und wäre nach dieser Änderung also nicht mehr Contestkonform. Allerdings hat ja niemand in den Regeln festgelegt, was man mit seinem Modell nach den Fotos machen soll.
Den Ständer wollte ich zunächst nur für die Modellfotos verwenden, inzwischen habe ich mich verliebt und er wird beim Modell verbleiben. Das hat dann auch zur Folge, dass ich das Verbindungsloch am Tank nicht schliessen werde. Aber schließlich sind Modell und Ständer eine 41 Jahre alte historische Einheit...
Kai