Polar-Spezial
Das Original
Dieser kleine Dampfsegler wurde 1908 zu Forschungszwecken für den französischen Polarforscher Jean-Baptiste Charcot gebaut. In den folgenden Jahren absolvierte sie erfolgreich zahlreiche Expeditionen zu den Polarregionen der Erde. Es wurden bekannte Landstriche vermessen und auch neue Inseln in der Antarktis entdeckt.
In ihrer weiteren Karriere diente die Pourquoi-Pas? als Schulschiff der französischen Marine sowie als Aufklärungs- und Bergungsschiff, bevor sie ab 1934 wieder für Polarexpeditionen eingesetzt wurde. Charcot hatte 1925 aus Altersgründen das Kommando über das Schiff abgegeben, war aber weiterhin als wissenschaftlicher Leiter an Bord.
Am 16. September 1936 geriet die Pourquoi-pas? auf dem Rückweg von Grönland nach Saint Malo vor Island in einen Sturm und sank am Riff von Àlftanes (64°06′N 22°3′W). Nur ein Besatzungsmitlglied überlebte, Charcot und 39 weitere Personen kamen ums Leben.
Das Modell
Über diesen Bausatz aus zweiter Hand bin ich zufällig in einem nahen Modellbaugeschäft gestoßen und bereits die ansprechend gestaltete Verpackung begann, mich zu inspirieren. Leider konnte ich nicht feststellen, aus welchem Jahr dieses Modell stammt.
Ein Blick ins Innere brachte 39 Teile zum Vorschein, die allesamt von sehr unterschiedlicher Qualität waren. Während Rumpf und Decks außergewöhnlich feine Gravuren aufwiesen, die auch einem heutigen Bausatz noch Ehre gemacht hätten, waren praktisch keine Kleinteile vorhanden, um Details darzustellen.
Zum Bau beschloss ich also, meinen Ätzteile-Vorat zu plündern und nicht vorhandene Details im Eigenbau hinzu zu fügen. Die Aufbauten aus dem Bausatz ließ ich weg und ersetzte sie gegen gescratchte aus Styrene-Platten. Relings entstanden aus Ätzteilen von Saemann, ebenso die Wanten. Leider war dies keine perfekte Lösung aber hier muss man wohl Kompromisse eingehen. Die Rahen habe ich aus Messing-Rundstäben gefertigt, ebenso den Anker.
Für die Segel habe ich ein Kosmetiktuch in seine einzelnen Lagen aufgespaltet, um ein entsprechend dünnes Material zu erhalten. Das zuvor gefärbte Segeltuch wurde dann in Form geschnitten, in Wasser eingeweicht und dann wie bei einem echten Segelschiff gerefft. Zur Fixierung kamen dann einzelne Drahtlitzen und Sekundenkleber zum Einsatz. Das Rigging besteht aus gezogenen.
Gefärbt habe ich das Modell mit Acryl- und Wasserfarben; die feinen Gravuren des Rumpfes und des Decks bieten einen optimalen Untergrund, um mit Farben und deren Wirkung zu experimentieren und Alterungstechniken auszuprobieren
Das Diorama
Ich habe mich entschlossen, das Schiff in einer polaren Umgebung zu zeigen. Das unbekannte Land wird bei langsamer Fahrt erkundet, die Segel werden gerefft, die französische Flagge stolz gehisst und die Dampfmaschine ist im Einsatz.
Das Schiff befährt ein Meer aus Acrylgel, in dem kleine Eisberge aus Styrodur schwimmen. Der springende Schwertwal besteht übrigens auch aus Styrodur mit Flossen aus Papier. Ich habe das Schiff als Vollrumpfmodell belassen und im Sockel eine entsprechende Ausnehmung eingearbeitet. Das Modell ist also abnehmbar und kann künftig auch in einer anderen Szenerie gezeigt werden.
Alles in allem war es ein äußerst bereichernder Bau, der weit mehr Zeit in Anspruch genommen hat, als ursprünglich gedacht. Doch ich habe viel dabei gelernt und vermutlich werde ich dem Schiff noch eine kleine Besatzung spenden, damit es etwas lebhafter wird, sowie ein Namensschild für den Sockel.
Derzeit halte ich die Augen offen nach weiteren Bausätzen aus dieser Serie, denn sie bieten grundsätzlich eine Menge an gestalterischen Möglichkeiten, und mit etwas Fantasie und Geduld lassen sich daraus wirklich nette Modelle zaubern.
Für Feedback und Tipps jeder Art bin ich sehr dankbar!
mit lieben Grüßen aus Wien,
Florian Österreicher
flo.oest AT gmx.at