Trafalgar Day 2024

 


Am 21. Oktober jährt sich die Seeschlacht von Trafalgar, in der Nelson mit seiner britischen Flotte die vereinigte Flotte von Franzosen und Spaniern vernichtend schlug und damit Napoleons Invasionspläne für England zunichte machte. Im Mittelpunkt der Schlacht stand die HMS Victory, zu diesem Zeitpunkt schon ein betagter Schlachtenveteran, die durch den Tod von Nelsons auf ihrem Achterdeck für immer in die englische Geschichte einging.

Deshalb dürfen wir uns auch heute noch an ihr erfreuen, denn als ikonisches Artefakt dieses Ereignisses wird selbst 259 Jahren nach ihrem Stapellauf noch dafür gesorgt, dass sie erhalten bleibt.

Was aber auch zu Missverständnissen führt. So bauen 99% der Modellbauer den „Trafalgar State“, also den 1920 angenommen Zustand vor der Schlacht. Die Zeit vor dem großen Umbau, der 1803 abgeschlossen war, ist gut dokumentiert, die Zeit nach 1807, als sie wieder in Dienst genommen wurde, auch. Aber diese drei Jahre zwischen 1803 und 1805 sind nur indirekt und lückenhaft dokumentiert, aber das ist eine andere Geschichte, die gerade unter viel Detektivarbeit aufbereitet wird.


Das hatte mich veranlasst, an einem kleinen Stück der Bordwand der Steuerbordrüsten die verschiedenen Epochen darzustellen. Selbst innerhalb dieser Epochen gab es immer wieder Änderungen und Modifikationen, die sich aber in vier Zustände einteilen lassen:

  • 1765 – 1797 Wie gebaut bis zum Great Repair
  • 1803 –  1806 Trafalgar Campaign
  • 1816 – 1920 Viktorianische Zeit
  • 1921 – heute Touristenattraktion

Zustand HMS Victory ca. 1780

Nach dem Stapellauf war die Victory erst ein Mal für 13 Jahre in Reserve gelegen. Sie war damals im Stil der Zeit ein prachtvolles Schiff: große Galionsfigur, gemalte Seitenfriese und reich dekoriertes Heck mit offenen Galerien.

Die Seiten waren nur mit Resin, destilliertem Harz geschützt. Die Rüsten lagen noch tief und hatten dreigliedrige Eisen. Die Geschütze waren aus Bronze.


Unser Marine trägt die zeitgenössischen langen Frackschöße und den Dreispitz, die Matrosen hatten noch keine besondere Kleidung.

Zustand HMS Victory 1803-1805

Beim großen Umbau bis 1803 wurde das Schiff auseinandergenommen, defekte Hölzer ersetzt und die Gelegenheit genutzt, viele Neuerungen der letzten Jahre Kampferfahrung zu übernehmen.

Die offenen Heckgalerien wurden geschlossen, die Galion bekam eine kleinere Galionsfigur und die Seiten wurden im zeittypischen Gelb-Schwarz gestrichen. Die Rüsten hochgesetzt, die Juffern bekamen nur noch zweigliedrige Eisen, die Back und Hüttendeck bekamen eine gebaute Schanz, die Geschütze waren aus Eisen.


Der Marine ist schon in der neuen Uniform mit kurzen Rockstößen und dem runden Hut.

Man beachte die beiden Seemänner sind dabei, das Schiff nach der Jagt auf Villeneufs Flotte wieder etwas auszubessern, über das klassische Ocker streichen sie gerade die neue rötlichere Farbe, die von der heutigen Forschung bevorzugt wird. Man beachte auch die bedeutend dünneren schwarzen Streifen und die fehlenden schwarzen Deckel. Diese kamen – wenn überhaupt vor Trafalgar – erst später hinzu.

Zustand HMS Victory 1913

Ab 1816, hier Zustand 1913, war ein weiterer Wendepunkt im Aussehen der Victory. Sie bekam einen neuerlichen großen Umbau, es wurde ihr ein runder Bug verpasst, die Back bekam einen Aufsatz und das ganze Schiff rundum eine gebaute Reling. Und der Anstrich wurde Schwarz-Weiß, so wie damals üblich.

Zuerst noch ein Kriegsschiff wurde sie schrittweise ihrer Geschütze erleichtert, die Pforten mit Fenstern versehen und es kamen mehr und mehr Kaminrohre hinzu – alles mit dem aparten Streifen versehen.


Die Matrosen haben mittlerweile Uniformen erhalten, auch der Offizier mit seiner Box-Kamera hat weniger uniformtechnische Freiheiten als früher.  Man sieht ihn, wie er einen Matrosen auf dem U-Boot C64 im Bild festhält. Diese U-Boote lagen vor dem Ersten Weltkrieg häufig an der Seite der Victory, um diese mit Strom zu versorgen.


Dieses Kleid trug sie im Prinzip die nächsten 104 Jahre, bis zum nächsten Jahr die längste Zeitspanne für ein Erscheinungsbild.

Zustand HMS Victory 2020

Ab 1921 wurde die Victory im Trockendock einem umfassenden Rückbau unterzogen, um den vermeintliche Trafalgarzustand wieder herzustellen. Der Bug wurde zurückgebaut, die Aufbauten auf den Deck wurden entfernt und das Innere zeitgenössisch restauriert. Aufgrund der mangelnden Quellenlage der Zeit wurden diverse Anachronismen eingebaut. Aber alles in allem wurde hier dennoch ein wunderschönes Stück Zeitgeschichte erschaffen, dass immer einen Besuch wert ist. Im nächsten Jahr wird dieser Zustand der am längsten währende in der langen Karriere des Schiffes sein, ein Zeitzeugnis in sich selber.


Und anstelle der Seeleute habe ich an Deck diesmal meine Frau in Erfüllung unserer touristischen Pflichten dargestellt, mich persönlich natürlich in Arbeitshaltung mit Kamera ;-)

dafi, aka Daniel Fischer