Das Original
Im Zweiten Weltkrieg erfüllte der Seenotrettungsdienst der britischen Luftstreitkräfte, der Royal Air Force Sea Rescue Service, eine entscheidende Rolle: Unter dem Motto „Die See soll sie nicht haben“ wurden Tausende hoch ausgebildeter Mitglieder von Flugzeugbesatzungen in britischen Küstengewässern wie auch in anderen Kampfgebieten vor dem Seetod bewahrt. In engem Zusammenwirken mit der Royal Navy setzte der ASR (Air Sea Rescue) -Service sowohl Flugzeuge, als auch Rettungsschnellschiffe ein.
Eines der bekanntesten dafür eingesetzten Schiffe war der 19,2 m lange, von der British Power Boat Company hergestellte Type Two. Durch sein gewölbtes Deck an einen Walrücken erinnernd, wurde das Schiff als Whaleback“ (Walrücken) bekannt und war die „Spitfire“ unter den ASR-Rettungsfahrzeugen.
1937 von Hubert Scott-Paine, dem stets vorausblickenden Gründer der BPB Co. In Hythe und früherem Eigentümer der Supermarine Aviation Co. entworfen, wurde der Type Two ab Mitte 1940 von der RAF Marine Crafts Unit in den Dienst gestellt.
Schon von der Form her war die „Whaleback“ einzigartig. Die niedrig ausgeführte Kabine enthielt das Brückendeck, den Navigationsraum und den Krankenraum. Darüber waren zwei an Flugzeugkonstruktionen angelehnte Armstrong-Withworth Kanzeln angeordnet, die beide zur Verteidigung mit 7,62 mm Vickers MGs bestückt waren.
Nach dem katastrophal fehlgeschlagenen Angriff auf Dieppe im August 1942, bei dem eine Reihe der Schiffe durch Beschuss schwer beschädigt wurden, verbesserte man die Bewaffnung. Die 7,62 mm MG wurden nun paarweise und frei beweglich an beiden Seiten des Brückendecks angeordnet. Auf dem nun verstärkten Deck wurde eine 20 mm Oerlikon Flugabwehrkanone montiert. Zu verbessertem Splitterschutz wurde der vordere Kabinenbereich zusätzlich gepanzert.
Die Höchstgeschwindigkeit des mit drei 500 PS Napier Sea Lion Motoren angetriebenen Type Two betrug beachtliche 36 Knoten! Auf der Grundlage des Napier Lion Flugzeugmotors entwickelt, verbrauchte jeder der Benzinmotoren bei voller Leistung 270l/h. Die Reichweite betrug bei 25 Knoten 805 km.
Die Besatzung bestand einschließlich Kapitän und Sanitäter aus neun Personen. Anfänglich waren die Rettungsschiffe der RAF an der Südostküste Englands stationiert. Dieser Bereich war auch als „Hellfire Corner“ bekannt, weil infolge der vielen Luftkämpfe über dem Ärmelkanal und der Nordsee die Zahl der Verletzten und Toten so hoch war.
Ursprünglich waren die Rettungsschiffe mit einer gelb-schwarzen Signalbemalung versehen worden. Nach Angriffen von Flugzeugen der Luftwaffe wurden sie dann durch eine grau-schwarze Farbgebung besser getarnt.
Bis zur Landung der Alliierten in der Normandie 1944 unterhielt die RAF 300 Rettungsschiffe. Diese waren in ASR-Einheiten an der gesamten britischen Küste, im Mittelmeer, und dem Indischen Ozean stationiert. Als Malta ab 1941 immer mehr unter pausenlosen Angriffen litt, wurde im selben Sommer ein ASR-Service aufgebaut. Bis Dezember 1942 konnte damit 125 dringend benötigten Fliegern das Leben gerettet werden.
Das von mir dargestellte Schiff ist die von Flt. Lt. D. Jones, D.S.C.befehligte HSL 127, die in der ASR-Einheit 27 in Ramsgate stationiert war. Einzigartig ist bei diesem Schiff, dass es noch bis vor kurzem als Luxusmotorschiff verwendet wurde. Die HSL 127 war zur Zeit des Angriffs auf Dieppe im August 1942 im Ärmelkanal stationiert. In ihrer gesamten Dienstzeit rettete die Besatzung 98 Mann, einschließlich 20 von einem notgewassertem Gleitflugzeug aus Dover im September 1944.
Zwischen 1940 und 1942 wurden für die RAF mindestens 69 Whalebacks gebaut, welche weltweit zum Einsatz kamen.
Das Modell
Der von mir verwendete Bausatz wurde bereits 1979 von Airfix herausgebracht und immer wieder neu aufgelegt.
Für sein Alter hat der Bausatz eine schöne Detaillierung. Dazu kommen vernünftige Klarsichtteile, ein sauber gedruckter Abziehbilderbogen, bei dem auch Weiß oder Gelb nicht zu schwach gedruckt sind, um durchzuscheinen und, was ich bei Airfix'schen Bausätzen mag – die Figuren!
Somit ließe sich, ohne nötigen Zukauf von Figuren, eine schöne Szenerie einer Bergung unter Feindeinwirkung darstellen.
Und genauso keimt in mir die Idee einer Bergungsszene eines abgeschossenen Hurricane-Piloten im Ärmelkanal. Soweit so gut. Das Boot ist fertig, die Figuren haben ihre Posten „bezogen“ - nur das Diorama wird noch etwas auf sich warten lassen müssen!
Prinzipiell lief der Bau des Modells locker von der Hand. Dafür sollte man aber immer folgende zwei Fakten als Zwischenschritt berücksichtigen:
- Der nun doch ziemlich betagte Bausatz muss an etlichen Stellen verspachtelt werden. An vielen Stellen klafften Spalten oder Kerben, die es fein säuberlich auszufüllen und zu verschleifen gilt.
- Weiterhin gab es sehr viel Grat zu entfernen. Somit wurde der Bau oftmals zu einer ungeahnten Schnitzarbeit, welche aber auch irgendwie Freude bereitete. An so einem Bausatz kann man sich schließlich noch so richtig austoben!
Verklebt wurden die Teile ausschließlich mit Sekundekleber, welchen ich auch gern mal zum Verschließen kleinerer Spalten verwendete. Die Klarsichtteile wurden, nachdem die Rahmen schwarz gestrichen wurden, mit Revell Contacta Clear fixiert.
Um passende Farben zu finden, hielt ich mich an Bildmaterial aus dem Internet und suchte mir ähnlich ausschauende Töne aus meinem Farbsortiment von Revell und Vallejo heraus.
Letztendlich lackierte ich den Rumpf mit Revells Schwarz 08 und Purpurrot 331, das Deck und die Aufbauten mit Staubgrau 77 und die Brücke mit Lufthansa-Gelb 310. Details, wie Poller oder Relings, ebenso wie das Schlauchboot, sollten etwas dunkler wirken. Sie lackierte ich mit Revell Panzergrau 78.
Meine Modelle werden nie mit Airbrush lackiert, da es sich für mich kaum lohnt. Das gesamte Boot wurde mit Pinsel lackiert.
Die Brücke in Lufthansa-Gelb zu streichen hatte den Vorteil, dass der Gelbton den Rumpfbeschriftungen farblich am nächsten kam.
Sämtliche MG sowie die Oerlikon wurden mit „Oily Steel“ von Vallejo lackiert. Mit einem ausgiebigen Washing wurde die Farbe noch einmal abgedunkelt.
Mein Sorgenkind bei diesem Bausatz blieb der Mast – er war trotz intensivster Bearbeitung mit Hitze und Fingern nicht 100%ig gerade zu bekommen! Mittlerweile haben er und ich uns auf ein etwas windschiefes Dasein in Mausgrau geeinigt.
Die Takelage war ein absolutes Novum für mich! Zum ersten Mal kam bei mir EZ Line zum Einsatz. Dieser extrem elastische Faden hat den Vorteil, auch nach langer Zeit oder nach Bearbeitung mit Farbe, nicht durchzuhängen, sondern seine Spannkraft zu behalten.
Begeistert stellte ich fest, dass sich das Material problemlos mit Sekundenkleber stumpf auf Flächen fixieren lässt. Perfekt!
Um auf dem Vorderdeck das rot/weiße Abziehbild auftragen zu können, mussten vorerst zwei Teile weichen. Diese wurden vorher mit dem Skalpell vom Deck getrennt und konnten im Anschluss problemlos auf dem Abziehbild mit Revell Contacta Clear verklebt werden, ohne dass nachher Spuren auf dem Abziehbild zu erkennen waren.
Nachdem das komplette Rettungsschiff sein Farbkleid trug, kam mein zweites Novum: Die Verwendung von Pigmenten zum Altern.
Hierfür wollte ich testen, was das neu in Revells Sortiment erhältliche Pigmentset taugt.
Zum Abheben von Vertiefungen im Splitterschutz wurden schwarze Pigmente dickflüssig mit einem Borstenpinsel aufgetragen und auf den Oberflächen mittels Q-Tip abgewischt. Diese Technik funktionierte sehr gut und das Endergebnis kann sich absolut sehen lassen!
An allen Kanten und Ecken verwendete ich Rost, welches ebenfalls dickflüssig mittels Borstenpinsel von der Kante weg abgerieben wurde.
Oberflächen, wie das Deck und die Oberseite des „Whaleback“, wurden mit einem leicht abgetrocknetem Borstenpinsel und trockenen Pigmenten leicht aufgetupft und in Spiralform verrieben, sodass eine dezente Alterung mit markanteren Rostspuren an häufig genutzten Stellen (Unterhalb von Griffen, oder an typischen Laufwegen) entstand.
Anfangs habe ich auch den Rumpf mit Rost versehen. Nachdem ich darauf hingewiesen wurde, dass die HSLs Rümpfe aus Mahagoni besaßen, wurde der Rost weitestgehend entfernt. Mit Pastellkreiden und Pigmenten wurde ein hell/dunkel-Kontrast aufgetragen, um exponierte Stellen hervorzuheben.
Für meine ersten Gehversuche mit Pigmenten bin ich auf jeden Fall zufrieden.
Die Figuren
Alle Figuren wurden anfangs vom Grat befreit und in eine realistische Form „geschnitzt“. Nachdem die Figuren schon einmal auf dem Boot Probe stehen durften, musste dem Backbord-Schützen das rechte Bein abgetrennt und in etwas angewinkelter Position angebracht werden, sodass er auch wirklich gerade hinter seinem MG stehen konnte.
Apropos MG: an beiden MG-Ständen musste das Standbein um 5 mm gekürzt werden, da die Schützen den Abzug sonst mit den Augenbrauen hätten betätigen müssen...
Anschließend wurden alle Figuren in Blau bemalt. Die Helme hielt ich anfangs in Weiß – wurde dann aber darauf hingewiesen, dass diese im Original Dunkelgrau waren. Also Kommando zurück und das Panzergrau noch einmal rausgeholt! Mit einer schwarzen Pigmentbrühe wurden die vier Herrschaften letztendlich schattiert.
Fazit
Alles in allem war der Bau dieses Schmuckstücks zwar sehr mühselig, hatte mir aber dennoch viel Freude bereitet. Die Verwendung von EZ Line und Pigmenten war sehr lehrreich und interessant – beides wird definitiv sehr bald wieder Verwendung finden!
Sebastian Nemitz
Quellen: Fronttext der Bauanleitung