Schon lange hat es mich gereizt, die Réale von Heller (siehe Bausatzbesprechung) zu bauen, obwohl ich eher bei der grauen Flotte und den fliegenden Drahtverhauen des Ersten Weltkriegs unterwegs bin. Dass es dieser Bausatz in sich hat, war mir schon beim Auspacken klar, aber während des Baus zeigte sich doch die eine oder andere Schwierigkeit, die so nicht auf den ersten Blick erkennbar war. Dennoch hat es sehr viel Spaß gemacht, und die Mühe wurde auch mit einem dritten Platz beim diesjährigen Modellbauwettbewerb des I.P.M.S. Deutschland belohnt.

Das Original

Die Réale de France war eine große Galeere aus der Zeit Ludwig XIV. Bis zu 427 Rudersklaven an 61 Riemen sorgten für das nötige Tempo. Des Weiteren konnte die Réale zwei Lateinersegel an zwei Masten setzen. Durch das vorgestellte “Réale” im Namen gehörte sie direkt dem König - und dessen Stellvertreter, dem Oberbefehlshaber der Galeerenflotte. Dies erklärt auch, wieso das Schiff so überreich verziert war. Ob diese Galeeren auch für den Kriegseinsatz gedacht waren, lässt sich mit einem klaren JEIN beantworten. Einerseits dienten diese Schiffe der Repräsentation, anderseits waren solche Galeeren durchaus im Gefecht, wie die Seeschlacht von Lepanto (1571) zeigt.

Das Modell

Nach Zusammenkleben des Rumpfs ging es mit der Lackierung los. Nachdem Weiß und ein dunkles Seeblau aufgetragen waren, folgte die eigentliche Herausforderung: das Bemalen der Ornamente in Gold. Hierfür habe ich einen Zahnstocher benutzt, da es selbst mit einem 00-Pinsel kaum möglich ist, die feinen Reliefs zu bemalen. Das Holzdeck weist feine Strukturen auf und wurde in Holzbraun bemalt. Danach habe ich die Maserung teilweise mit Künstler-Acrylfarben hervorgehoben. Wie sich allerdings nach Einbau der Ruderbänke und Ausleger herausstellte, sieht man nicht mehr allzu viel davon.

Der Einbau der Ausleger mit den Ruderbänken entwickelte sich zu einer Fleiß- und Geduldsaufgabe. Wollen doch über 450 Teile verbaut werden! Da es sich bei den Ruderern ja um Gefangene handelte, wurden zusätzlich Ketten (+ Befestigung am Mittelgang) auf jeder Bank angebracht. Das Anketten kam übrigens erst im Mittelalter auf und nicht, wie Hollywood es uns vorgaukelt, schon bei Ben Hur. Ausleger und Bänke wurden Karminrot gestrichen. Da es sich bei den Auslegern um 66 einzelne Balken pro Seite handelt, ist sehr präzises Arbeiten nötig, auch dürfen die Balken nicht verwechselt werden, da sonst die gesamte Geometrie hin ist. Ärgerlich ist leider, dass diese Balken nur so von Auswerfermarken übersät sind. Da ging eine Menge Spachtel drauf.

Das wunderschön verzierte Heck artete auch wieder in eine Gold-Orgie aus. Wenn man bedenkt, dass dieser Bausatz aus den Siebzigern des vorigen Jahrhunderts stammt, kann man nur den Hut vor Heller ziehen. Anzuraten ist, beim Zusammenbau einzelner Komponenten diese vorher trocken aneinanderzuhalten, da es so gut wie keine Pass- oder Fixierhilfen gibt. Unter dem vorderen Aufbau (Kampfplattform) wurden die fünf Jagdkanonen und Anker montiert. Entgegen dem vorgeschlagenen Schwarz für die Anker habe ich diese in einem dunklen Gunmetalic gestrichen. Auch wurden diese so montiert, wie es Gerad Delacroix in seiner tollen Animation der Fleur de Lis zeigt. Die Kanonen wurden mit Bronze lackiert und getakelt.

Nächste Aktion war der Bau der Masten und Rahen. Hier ist es unabdingbar, die beiden Hälften innen durch Draht oder anderes nicht flexibles Material zu verstärken, da das von Heller verwendete Material sehr weich ist, was man auch schon beim Schleifen einzelner Teile merkt. Da nimmt man schnell mehr weg als einem lieb ist. Die Masten und Rahen wurden wieder in Holzbraun vorgestrichen und die Maserung mit Acryl-Umbra aufgebracht. Die Masten wurden dann eingeklebt und mit den Rahen komplettiert. Nachdem alles gut durchgetrocknet war, ging es mit dem stehenden und laufenden Gut los. Das stehende Gut wurde mittels Beize Dunkelbraun (fast schon ins Teak gehende) eingefärbt und an den Masten befestigt. Obwohl ich ursprünglich die mitgelieferten Blöcke nicht verwenden wollte, habe ich mich mangels angebotener Alternativen in Holz doch dazu durchgerungen. Beim Spannen des stehenden Guts mit den Blöcken ist Fingerspitzengefühl angesagt, damit keines der Taue durchhängt oder den Mast krumm zieht.

Nach dem stehenden Gut geht es an die Rahen und die dort angeschlagenen Segel. Dem Bausatz liegt zwar ein vakuumgeformter Segelsatz bei, den kann man aber getrost in der gelben Tonne entsorgen. Ich habe mir hierfür Leinen besorgt, die Segel ausgeschnitten und die einzelnen Bahnen solch eines Segels mit der Nähmaschine unterteilt. Das Anschlagen an die Rah erfolgt mittels Nadel und Faden. Auch wurde jede Rah mit sogenannten Klotjes versehen. Dies sind Holzkugeln, die das Bewegen der Rah sowohl in horizontaler als auch vertikaler Richtung ermöglichten. Kleiner Tipp noch zu den Garnen: Diese sollte man vor dem Anbringen über eine alte Kerze ziehen und das dabei aufgetragene Wachs dann vorsichtig über einer Flamme schmelzen, damit es in das Garn einzieht. Dies bewirkt unter anderem, dass das Garn sich nicht so schnell längt oder durchhängt und auch etwas staubfester ist. Als nächster Arbeitsgang folgte jetzt das Anbringen der vielen Fahnen und Wimpel. Diese sind leider nur als bedrucktes Papier vorhanden. Wer aber die Mühen nicht scheut, der sollte sich die benötigten Sachen auf Stoff übertragen (drucken). Des Weiteren wurden die Quasten angebracht. Diese bestehen aus einem dickeren Garn, das aufgefächert und an einem Ende mit Kupferdraht umwickelt wurde.

Was jetzt noch fehlt sind die Ruder, oder wie es eigentlich korrekt heißt, Riemen. Auch hier war Verbesserungspotential von Nöten. Obwohl sich Heller mit vielen Sachen detailtechnisch fast überschlagen hat, wurde hier geschlampt. Es fehlen die Griffleisten für die einzelnen Ruderer. Also habe ich die aus Sheet und Draht nachgebaut. Nun noch die Ruder angebracht, das gesamte Modell (auf mitgelieferten Ständer) auf einer großen Platte platziert und FERTIG!

Jürgen Bellenbaum