Das Schiff
Die „Enterprise“ ist und bleibt neben dem legendären U-Boot USS „Nautilus“ das bekannteste Schiff mit Nuklearantrieb. Doch der Flugzeugträger war nicht das erste Überwasserschiff , bei dem Atomreaktoren die Energie lieferten. Dieser Titel gebührt USS „Long Beach". Als das Schiff bei Bethlehem Steel in Quincy, Massaschusetts 1957 auf Kiel gelegt wurde, war es nicht nur wegen seines Antriebs revolutionär. „Long Beach“ war auch das erste Schiff, dessen Bewaffnung ausschließlich aus Flugkörpern bestehen sollte: Zwei Anlagen für „Tartar“ Luft-Luft-Raketen auf dem Vorschiff, eine für die schwere „Talos“-Luft-Luft-Rakete. Mittschiffs sollte darüber hinaus die „Regulus“ gestartet werden, eine frühe Form der Cruise Missile. Dieser Plan wurde allerdings vor Indienststellung am 9. Sepember 1961 wieder fallen gelassen. „Long Beach“ tat zunächst für die Atlantikflotte mit Heimathafen Norfolk, Virginia, Dienst, bevor der Kreuzer 1966 zur Pazifikflotte verlegt wurde. Bis zur Außerdienststellung 1994 war San Diego nun Heimathafen.Der Kreuzer fuhr während der 60er und 70er Jahre vor allem im Verband mit der USS „Enterprise“ und der USS „Bainbridge“. Der markante Aufbau der „Long Beach“ hatte seine Ursache in den großen Planar-Radarantennen SPS 32 und SPS 33, die vor 1979 auch auf „Enterprise“ installiert waren. Der Träger bildete mit seinen beiden Begleitschiffen den ersten Kampfverband, der komplett Nuklearantrieb hatte und stellte seine Ausdauer 1964 mit der Operation „Sea Orbit“ unter Beweis. Innerhalb von 65 Tagen umrundeten die drei Schiffe die Welt. Sie legten dabei 30 000 Seemeilen ohne jede Versorgung in See zurück. Bei dieser Reise fuhren sie auf dem 5115 Meilen langen Teilstück von Australien zum Kap der Guten Hoffnung mit einer Durchschnitts- geschwindigkeit von 25 Knoten.SPS 32 und SPS 33 wurden bei einer umfangreichen Werftliegezeit Anfang der 80er Jahre entfernt. An ihrer Stelle kamen die modernen Radaranlagen SPD 48 und SPS 49 an Bord. Und auch die betagte „Talos“-Anlage verschwand: Sie machte „Tomahawk“-Cruise-Missiles Platz. Darüber hinaus kamen zwei „Phalanx“-Anlagen für die Nahverteidigung an Bord. Doch bis zum Schluß blieben die zwei Fünf-Zoll-Einzeltürme, die 1962 mittschiffs installiert wurden – auf ausdrücklichen Wunsch von US-Präsident John F. Kennedy. Der Schnellboot-Veteran wollte das teure Schiff auf diese Weise gegen kleine Überwassereinheiten schützen.
Das Modell
Die „Long Beach“ ist bei der US-Firma Iron Shipwright (ISW) im Programm und erscheint in der Reihe „Commander-Models“. Das kleine Unternehmen hat sich auf Resin-Bausätze im Maßstab 1:350 spezialisiert und bietet eine große Bandbreite an Modellen an. In den zurückliegenden eineinhalb Jahren hat ISW vor allem den Bereich US Navy Kalter Krieg ausgebaut. Dazu gehören etliche Zerstörer wie die FRAM-modernisierten Schiffe der „Gearing“ und „Allem M. Sumner“-Klasse sowie Kreuzer. Im nächsten Jahr wird die Reihe weiter ausgebaut, unter anderem mit der lange erwarteten „Coontz“-Klasse und den Raketenkreuzern „Albany“ und „Boston“.
Die „Long Beach“ kommt in einem soliden Karton als Vollrumpf-Modell. In einem Stück geliefert wird der Rumpf mit den Aufbauten bis zum C-Deck-Niveau. Ein solides Stück Gießharz von satten 65 Zentimetern Länge. Damit kann man glatt Einbrecher verjagen. Dieses Hauptstück des Bausatzes ist weder verzogen noch verformt und hat bereits alle wesentliche Details wie Schotts und Lüftungsgrills an den Aufbauten angeformt. Am Kiel allerdings zeigt sich das wesentliche Defizit der Commander-Modelle: Das Unterwasserschiff ist von Luftblasen und Löchern übersät. Die Bilgekiele sind zwar angeformt, doch derart von Löchern zerfressen, dass sie nicht zu gebrauchen sind.Als zweites wesentliches Teil aus Gießharz kommt der quadratische Inselaufbau. Auch er hat an der Unterseite jede Menge Löcher, die durch das Aufsteigen von Luftblasen beim Aushärten des Harzes zustande kommen. Teile wie die Bootsdecks, die Boote, die Feuerleitanlage für die „Talos“-Raketen, Mastplattformen und die Raketenstarter kommen ebenfalls in Resin. Die Raketen selbst, die „Terrier“-Feuerleitanlage, die Masten und etliche weitere Kleinteile sind als Zinngußteile beigepackt. Abgerundet wird das Modell durch drei Fotoätzplatinen mit Reling, Radaranlagen und diversen Funkantennen sowie einen Abziehbilderbogen mit den notwendigen Warnringen für die Raketenstarter, Helo-Deck-Markierungen und Bugnummer.
Die Bauanleitung kann man leider nur als „sehr einfach“ bezeichnen. Vor allem fehlen wesentliche Hinweise für den Bau der älteren Version des Schiffs. ISW hat sich darauf beschränkt, nur die modernisierte Version ausführlicher zu beschreiben und selbst dies gelingt nur in Ansätzen. Vor dem Bau ist also unbedingt eine intensive Recherche erforderlich, die letztlich zu einer genauen Festlegung der einzelnen Bauabschnitte führt. Man macht sich praktisch seine eigene Bauanleitung.
Ich habe die "Long Beach" in wesentlichen Teilen aus dem Kasten gebaut, allerdings für den von mir gewählten Bauzustand (1978) einige Änderungen vorgenommen und etliche Teile ersetzt, die unbrauchbar waren:
- Die Schrauben sind Fotoätzteile aus dem Sat "modern US Navy" von Gold Medal Models (GMM).
- Der Mast wurde mit neuen Plattformen versehen, die dem Bauzustand von 1978 entsprechen und bekam auch das passende Radar, SPD 12 und SPS 10 von GMM.
- An der Brücke wurden ECM-Ausleger angebracht, GMM (Iowa-Satz).
- Die Fünf-Zoll-Geschütze sind von Corsair-Armada mit fotogeätzten Funkantennen.
- Kleinteile wie Feuerlöschschläuche und Rettungsringe sind von GMM.
- Der Hubschrauber ist von Tamiya (Enterprise-Bausatz).
- Die Figuren sind von l'Arsenal (1:350 Resin).
Gespritzt wurde das Modell mit Colocoat-Farben von White Ensign Models (Haze Grey, Deck Grey, Anti-fouling Red)