USS „Sterope“ und USS „Arkab“, Transportschiffe der „Crater“-Klasse – Basis Liberty-Schiff, Trumpeter 1:350


Der Krieg im Atlantik zwischen 1939 und 1945 war im Wesentlichen ein Krieg der Logistik. Es ging um eine entscheidende Frage: Sind die Alliierten in der Lage, Großbritannien auf dem Seeweg ausreichend zu versorgen? Der Bau von Frachtschiffen, sonst ein eher unspektakulärer Aspekt der Seekriegsführung, geriet dadurch in eine Schlüsselrolle. Es ging um nicht weniger, als mehr Tonnage zu bauen und über den Atlantik zu schicken, als die deutschen U-Boot-Rudel versenken konnten. Großbritanniens Werften allein schafften das nicht, die US-Industrie auf der anderen Seite des Teichs sollte aushelfen. Doch dort sah es zunächst auch nicht besser aus. Nachdem Deutschland den USA im Dezember 1941 den Krieg erklärt hatte, wüteten die deutschen U-Boote monatelang an der amerikanischen Ostküste und versenkten Frachtschiffe Dutzendweise. Hinzu kam, dass die US-Werften auf Friedensproduktion eingestellt waren und zwischen 1039 und 1941 ganze 102 Frachter vom Stapel liefen.
Die Wende kam mit einem unspektakulären und hässlichen Schiff, dessen Name allerdings zugleich Programm war: das „Liberty“-Schiff. Der Entwurf ging bereits im September 1941 in die Werften, denn zu diesem Zeitpunkt lief bereits die Hilfe für Großbritannien auf Hochtouren und es war nur eine Frage der Zeit, bis aus den Beobachtungspatrouillen der US-Navy im Atlantik aktiver Konvoischutz und damit Krieg gegen Deutschland werden würde. Zu einzelnen Gefechten war es bereits gekommen.
Der Liberty-Entwurf basierte auf einem Standard-Rumpf: EC2-S-C1. Rund 133 Meter lang und 16 Meter breit lief er mit seinem 2000 PS Motor und einer Schraube höchstens 12 Knoten Fahrt. Das aber über weite Strecken. Die Reichweite lag bei satten 17 000 Seemeilen. Die Tragfähigkeit betrug sagenhafte 10 800 Tonnen. Der Entwurf war so ausgelegt, dass er gleichzeitig auf mehreren Werften standardisiert gebaut werden konnte. Ein Schiff kostete rund zwei Millionen Dollar. Der amerikanische Werftenkönig Henry Kaiser hatte darüber hinaus in Anlehnung an die Autoindustrie eine Methode entwickelt, die Schiffe in Modulbausweise herzustellen. Einzelne Sektionen kamen fertig montiert auf die Werft, wo die Liberty-Schiffe dann wie ein Lego-Schiff (oder ein Trumpeter-Bausatz) nur noch zusammengesetzt wurden. Bauzeit im Schnitt: 80 Stunden und 30 Minuten von der Kiellegung bis zur Fertigstellung. Auf diese Weise konnten die Werften ab 1943 140 Frachtschiffe dieses Typs pro Monat bauen. Allein 1942 gingen 597 Liberty-Schiffe in Dienst.
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Die US-Navy war auf diesen Typ natürlich frühzeitig aufmerksam geworden und nutzte die große Reichweite und Ladekapazität für ihre Zwecke auch im Pazifik. Liberty-Schiffe, die bei der Flotte mit militärischer Besatzung fuhren, gehörten zur so genannten Crater-Klasse, insgesamt waren es 60. Sie tauchten zwischen den Inseln des Pazifik auf, wenn die schnellen Trägerverbände und Invasionsstreitkräfte längst wieder weg waren.
Dirk Mennigke und ich stellten im Janur bei einem Treffen fest, daß jeder ein Liberty-Schiff bauen wollte. Wir waren uns schnell einig, Schiffe zu portraitieren, die bei der Navy im Einsatz fuhren: In meinem Fall USS „Sterope“, AK 96, Dirk entschied sich für USS „Arkab“. Beide Schiffe waren typische Vertreter dieser fahrenden Händler des Pazifikkriegs. „Sterope“ fuhr unter dem Kommando und mit Besatzung der US Coast Guard, eine weitere kleine Besonderheit des Schiffs. Am 9. Dezember 1941 bei der Oregon Shipbuilding in Portland auf Kiel gelegt, lief sie am 22. Februar 1942 vom Stapel, als „James Wilson“, Rumpfnummer 183. Ende März 1943 wurde sie von der Navy übernommen, in „Sterope“ umbenannt und ging unter dem Kommando von Lt. Cdr. Leo P. Toolin, USCG, fünf Wochen später in Dienst. Im Juni ging sie zur ersten Reise unter neuer Flagge in den Südpazifik, um dann 1944 und 1945 im Zentralpazifik unter anderem Truppen auf Guam und Okinawa zu versorgen. Auch nach Kriegsende wurde das Schiff noch mehr als ein halbes Jahr lang eingesetzt, um verschiedene Ladungen zwischen den Inseln des Zentralpazifik zu bewegen. Am 18. April 1946 schließlich kehrte „Sterope“ nach Pearl Harbor zurück und stellte dort auch außer Dienst. Im August 1947 wurde sie nach San Francisco geschleppt und wieder „zivilisiert“. Im November 1947 wurde der Name „Sterope“ aus der Schiffsliste der US-Navy gestrichen. Der Dampfer erhielt zwei Battle Stars für seinen Einsatz im Pazifik.
Für Ak 130 „Arkab“ wurde der Kiel am 04.12.1943 gelegt. Der Stapellauf erfolgte bereits am 22 Januar 1944. Danach verlegte das Schiff nach Alameda um für den zukünftigen Einsatz in der Navy umgerüstet zu werden.
Die sichtbarste Veränderung in der Silhouette des Schiffes war das an Bord kommen eines zusätzlichen Mastes auf der Brücke, um die zusätzlichen Navigations- sowie Kommunikationsgeräte aufzunehmen. Die Indienststellung erfolgte am 15.05.1944 unter Comdr. Finnan F. Knachel in Mobile. Den zweiten Weltkrieg verbrachte das Schiff im Pazifik mit Versorgungsaufgaben. Die Ausserdienststellung erfolgte am 2 Januar 1946 mit der Überführung in die Reserveflotte. Erst 1971 wurde das Schiff zur Verschrottung in Niederlande verkauft.
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Das Modell


Die chinesische Firma Trumpeter ist bekannt dafür, mit ihren Modellen gern Neuland zu betreten. Als vor rund einem Jahr ausgerechnet ein Liberty-Schiff im Programm auftauchte, sorgte das für große Überraschung. Die Fachwelt reagierte schließlich mit einem allgemeinen „Warum nicht?“ Martin Kohring hat den Bausatz ja bereits auf Modellversium vorgestellt. Doch wie das so ist: Zwischen Blick in die Schachtel und Bau des Modells ist doch meistens ein Unterschied. Gerade bei Trumpeter-Modellen. Was im Karton nett aussieht, muss deshalb nicht auch einfach zu bauen sein.
Ein paar grundsätzliche Bemerkungen: Der Bausatz hat eine Wahlmöglichkeit zwischen Vollrumpf und Wasserlinienmodell. Wer sich für die Wasserlinie entscheidet, läuft Gefahr, dass sein Modell anschließend nicht plan liegt. Bug und Heck neigen dazu, abzusacken. Das ist offensichtlich ein Konstruktionsfehler, denn Modellbaufreund Dirk Mennigke hat mit seinem Exemplar dieselbe Erfahrung gemacht. Wer Vollrumpf baut, hat die Probleme nicht.
Bug- und Hecksegment werden gesondert aufgesetzt, einschließlich Deck. Das ist für ein Schiff mit einem durchgehenden Deck eine ziemlich blöde Konstruktion, denn sie bringt Einiges an Schleiferei an zwei gut sichtbaren Decksnähten mit sich. Hinzu kommt, dass die Passform schlecht ist und deshalb zusätzliche Schleifarbeiten an der Verbindungsnaht zwischen Schanzkleid und Rumpf anfallen. Und das bei einem Schiff, an dem Rumpf und Schanzkleid homogen ineinander übergehen.
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Die Abdeckungen der Frachtluken sind zu prominent. Im Original waren es Metallbänder, die eine darunter liegende Persenning hielten. Wer die Deckel sichtbar lässt, sollte die Bänder dünn schleifen. Bei meinem Schiff fällt das nicht ins Gewicht, da die Lukendeckel unter Ladung verschwinden.
Der Schornstein ist komplett falsch. Ich habe das erst gemerkt, als der Bau schon ziemlich weit fortgeschritten war und habe den runden Abgaszug nicht mehr korrigiert. Im Original ist der Schornstein oval. Zur Korrektur müsste dann auch die Schornsteinbasis auf dem Deckshaus abgeschliffen werden.
Doch die eigentliche Achillesferse des Bausatzes ist ausgerechnet auch der größte Hingucker: Die Lademasten. Das Elend fängt mit der Mastbasis an, die einfach eine katastrophale Passform haben. Die Schleifarbeiten sind so kompliziert und umfassend, dass die angeformten Türen und Ösen die Prozedur kaum überstehen. Die Ladebäume sind weich und biegen sich unter Zug sofort, ein Problem, wenn getakelt wird. Wenn man denn weiß, wie getakelt werden soll. Denn eine Anleitung dafür sucht man auf dem ansonsten sehr übersichtlichen Bauplan vergebens.
Wer sich heute diesen Bausatz zulegt, sollte 45 Euro für den Zurüstsatz der französischen Firma L’Arsenal anwenden. Dieser Satz korrigiert mit neuen Frachtluken, einem neuen Schornstein, Flakständen und Geschützen die Fehler des Trumpeter-Bausatzes und liefert obendrein einen hervorragenden Fotoätzsatz. Bei freundlicher Nachfrage packt Jacques Druel vielleicht auch noch seine aus Messing gedrehten Ladebäume dazu….. Dann steht dem Bau eines schmucken Libertys nichts mehr im Weg. Dirk und ich haben dagegen im Januar mit dem Bau angefangen. Und da war als Zurüstsatz nur der von Toms Modelworks auf dem Markt: Ein Satz Fotoätzteile aus weichem Messing mit einer Bauanleitung, die wenigstens ein wesentliches Problem beseitigt: Sie hat einen Takelplan für die Lademasten. Der Zurüstsatz wertet das Modell deutlich auf und ist mit 20 US-Dollar auch noch bezahlbar.
Wer mehr will, sollte bei Gold Medal Models zuschlagen. Loren Perry von GMM brachte seine Platine im Frühjahr heraus, da war unser Bau schon weit fortgeschritten. Trotzdem haben wir den Satz auch noch bestellt, denn er enthält zusätzliche Feinheiten wie filigrane Blöcke, Spannschrauben für die Wanten, Munitionskräne oder Ruderblätter und Riemen für die Beiboote, sowie Augbolzen. Wer sich für Toms entscheidet, kann auf dem GMM-Satz aber durchaus verzichten.
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Der eigentliche Bau des Schiffs bereitet, von den bereits genannten Schwachpunkten einmal abgesehen, keine weiteren Probleme. Ich baue normalerweise meine Schiffe in einzelnen Abschnitten, die dann am Schluss zusammen gefügt werden. Diese Bauweise bietet sich beim Trumpeter-Liberty ebenfalls an. Und Dirk ging auch so vor. Der Rumpf ist ein Bauabschnitt für sich, der auch als eine Einheit lackiert werden kann. Darauf setzt man dann die Winschen, die Masten und die Deckshäuser an Bug, Heck und Mittschiffs, die ebenfalls vorher gebaut und bemalt werden können. Die Endmontage der fertigen Baugruppen ergibt dann das Endprodukt.
Diesmal allerdings entschied ich mich für einen anderen Weg und baute das gesamte Schiff vor der Bemalung, einschließlich Fotoätzteilen und Takelage. Das ging nur deshalb problemlos, weil der Anstrich das trübe Measure 21, Navy blue über alle Flächen, werden sollte.
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Bei den Aufbauten wurden die Türen aufgebohrt und geöffnet dargestellt. Genauso machte es Dirk mit den Skylights auf seinem Schiff. Hintergrund ist, daß die Liberty-Schiffe keine Klimatisierung hatten und die Besatzung im Pazifik versuchte, auf diese Weise ein wenig Kühlung ins Schiff zu bekommen. Feine Streifen aus Papiertaschentuch wuden um die 20 mm-Stände an den Haupt- und achteren Aufbauten geklebt, sowie auf einige Flächen der Aufbauten selbst. Denn beim Modulbau der Liberty-Schiffe wurden auch aus Beton gegossene Elemente verwendet. Die rauhe Oberfläche läßt sich mit Papiertüchern gut darstellen.
Auf dem Deck meines Schiffs wurden Bohlen ausgelegt, zwischen denen anschließend die Fahrzeuge stehen sollten, die das Schiff geladen hat. Dafür verwendete ich Styrene-Profile, 1mm Vierkant. Wie die Balken an Deck gesetzt wurden, entnahm ich unterschiedlichen historischen Aufnahmen von beladenen Liberty-Schiffen. Weitere Bohlen wurden auf den Ladeluken verlegt, für kleinere Fahrzeuge und Paletten. Zwischen die Bohlen setzte ich probehalber die Fahrzeuge: Lkw, Dukw und Jeeps, alle von der Firma GHQ, die eigentlich Fahrzeuge und Figuren für die Freunde des Wargaming herstellt. Sie sind deshalb auch ungefähr im Maßstab 1:285. Doch der Größenvergleich mit 1:350 Figuren und Nachmessungen ergaben so geringe Abweichungen, dass wir die leichte Übergröße im Millimeterbereich für die hohe Detailgenauigkeit der Fahrzeuge in Kauf nahmen.
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Jetzt ging es an die Bemalung. Mein Schiff in Measure 21: Navy Blue über alle senkrechten Flächen und Deck Blue auf dem Hauptdeck. In der Realität verschmolzen allerdings die beiden Grau-Blauen Töne durch Einfluß von See und Wetter miteinander, hellten sich auf und glichen sich einander an. Ich entschied mich also, zunächst eine Schicht Navy-Blue (WEM Colocoat) über alle Flächen zu spritzen. Gesagte, getan – nun war mein schönes hellgraues Schiffchen mit diesen wunderbaren Messingteilen mit einem Schlag dunkel Graublau und hässlich.
Ich machte es noch hässlicher.
Zunächst wurde der Grundton mit Light Ghost Grey aufgehellt und unregelmäßig über Rumpf und Aufbauten gespritzt. Dadurch ergab sich ein erster Verwitterungseffekt – ausgebleichte Farbe.
Anschließend kamen die von mir so geliebten Pastellkreiden ausführlich zum Einsatz. Schwarz, Rostbraun, Hellblau und Hellgrau sind die vier Farben, die mit dem Pinsel trocken in unterschiedlicher Dichte und Intensität aufgetragen wurden. Schwarz und Rostbraun überall dort, wo sich Dreck und Rost auf einem Schiff sammeln: Innen am Schanzkleid, an der Bordwand unter den Speigatten, entlang der Wasserlinie und an den Winschen. Die hellen Farben dienen dazu, Kanten hervorzuheben, erhabene Flächen aufzuhellen und auf diese Weise den dreidimensionalen Effekt zu verstärken. Hellbraune Pastellkreide und Holzfarbe wurden im Trockenmalverfahren über die Balken an Deck gezogen, damit es aussieht, als ob das Holz unter abgeschabter Farbe hindurchschimmert. Zum Schluß erhielt der ganze Dampfer eine Schicht Mattlack (WEM matte varnish), die die Pastellkreide versiegelt und für einen schönen Verwaschungseffekt sorgt.
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Dirk ging anders vor: Größte Herausforderung ist, überhaupt Unterlagen für die Lackierung eines US Navy Dazzles auf einem Handelschiff zu finden. Für die Kampfeinheiten stehen ausreichend Referenzen zur Verfügung, für einen lahmen Frachter dagegen - nun ja. Um das richtige Tarnschema zu finden, wuselte er sich mit mäßigem Erfolg durch die komplette Navsoure Galerie. Neben einer guten Backbord Ansicht konnte er nur einige Teilausschnitte für die Steuerbord Seite finden. Vergleiche mit Zerstörer, Kreuzer oder Träger Tarnschemen brachten auch kein Licht in die Dunkelheit. So ließ er das Thema auf sich bewenden und stützte sich hauptsächlich auf seine vorhandenen Unterlagen. Zur Schablonenherstellung des Dazzles druckte er als erstes zwei Seitenrisse in Modellgröße von 1:1 aus. Darauf zeichnete er das exakte Tarnschema nach. Im nächsten Schritt klebte Dirk Revell Maskierfilm auf die Zeichnung und schnitt die einzelnen Schablonen zu. Die Lackierung erfolgte in Testors Enamel Farben, die mit einer Airbrush Pistole aufgebracht wurden. Dann wurde kräftig gealtert. Stark verdünnte Künstlerölfarben in Braun und Rottönen lassen das Schiff in einem trostlosen Zustand erscheinen. Weitere Gammelspuren brachte Dirk im Trockenmalverfahren auf. Zu diesem Zweck hellte er die Basisfarben mit weiß auf. Diese Prozedur zog sich mehrere Tage in die Länge, bis er mit dem Ergebnis zufrieden war.li9Den Abschluß bilden jeweils rund 50 bis 70 kleine Preiser- und Arsenal-Figuren, die entsprechend bemalt und auf den Decks verteilt wurden. Fertig!
Mit einigen Unterbrechungen hat der Bau rund ein halbes Jahr in Anspruch genommen. Es ist eine aufwändige Fummelei, doch am Ende wird man mit einem Modell belohnt, das abseits der üblichen Kreuzer, Schlachtschiffe und Flugzeugträger liegt und deshalb so reizvoll ist.
Frank Ilse und Dirk Mennigke
Fotos von Frank, Dirk und Christian
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