National- und Kommandoflaggen der britischen Royal Navy des 17./18. Jhd.
Das 17. Jhd. ist einer der wichtigsten Zeiträume für die Entwicklung von National- und Kommandoflaggen der britischen Royal Navy. Durch die Krönung des schottischen Königs James VI zum englischen König James I im Jahre 1606 wurden die Königreiche England und Schottland vereinigt. Der Union Jack wurde als Nationalflagge eingeführt.
Union Jack
Der Union Jack ist die Kombination des englischen Georgskreuzes (rot auf weißem Grund) und des schottischen Andreaskreuzes (weiß auf blauem Grund). Laut königlicher Proklamation war diese Flagge am Großtop zu führen. Zusätzlich hatten englische Schiffe das Georgskreuz, schottische das Andreaskreuz am Vormast zu setzen. Die Anordnung galt sowohl für die Kriegsmarine als auch für die Handelsflotte.
Die Unionsflagge war in Schottland unbeliebt, da das Georgskreuz über das Andreaskreuz gelegt wurde. Es gab eine inoffizielle schottische Variante mit umgekehrter Reihenfolge.
Die Flaggen waren quadratischer als die moderne Form, das Seitenverhältnis war 4:3.
Mit der Einführung des Sprietmasts wurde der Union Jack auch dort gesetzt. Nach der Sprietmastperiode wanderte der Union Jack zur Gösch am Eselshaupt. Die Flagge wurde dort aber nur bei Ankerliegern gesetzt, nicht in Fahrt.
1634 gab es eine neue Proklamation, nach der der Union Jack ausschließlich der Kriegsmarine vorbehalten bleibt. Handelsschiffe haben Georgs- oder Andreaskreuz zu zeigen. Eine Ausnahme bilden Handelsschiffe im königlichen Dienst. Die Proklamation wurde 1661 und 1666 bestätigt.
Im Jahre 1801 wurde Irland dem Vereinigten Königreich einverleibt und der Union Jack erhielt seine heutige Form.
Zwischen 1649 und 1658 wurde der Union Jack durch den "Commonwealth Jack" ersetzt. Die Flagge ist längs in zwei Hälften geteilt. Links das Georgskreuz, rechts die gelbe irische Harfe auf blauem Grund. Neben der Nationalflagge wurden auch eine Admiralsflagge und eine Standarte geschaffen. Die Admiralsflagge hat einen roten Hintergrund auf dem ein gelbes Rechteck liegt. In diesem Rechteck sitzen zwei Wappenschilde nebeneinander. Das linke zeigt das Georgskreuz, das rechte die gelbe irische Harfe auf blauem Grund. Die zugehörige Commonwealth Standard zeigt ebenfalls die beiden Wappenschilde auf rotem Grund. Das gelbe Rechteck fehlt und die Wappenschilde stehen auf dem Kopf (sehen wie Rundbogenfenster aus). Beide Schilde werden von einer grünen Pflanzenranke umschlossen.
1658 wurde dann der bekannte Union Jack wieder eingeführt, allerdings mit einem blauen Brustschild mit der gelben irischen Harfe.
Zur gleichen Zeit änderte sich der Commonwealth Standard in eine geviertelte Flagge: 1. und 4. Viertel zeigen das Georgskreuz; 2. Viertel zeigt das Andreaskreuz; 3. Viertel die irische Harfe auf blauem Grund. Das erste Viertel liegt links oben, gezählt wird im Uhrzeigersinn. In einem schwarzen Brustschild ist ein weißer aufrechter Löwe zu sehen, Cromwell´s persönliches Wappen.
Mit der Wiedereinführung der Monarchie 1660 wurden auch die alten Flaggen wieder eingeführt, die Commonwealth Flaggen verschwanden.
Jack 1649-1658 | Jack 1658-1660 | Standard 1658-1660 |
Red-, White- und Blue - Ensign
Im ersten viertel des 17. Jahrhunderts waren noch rot/weiß oder rot/weiß/blau gestreifte Flaggen mit dem Georgskreuz in der oberen linken Ecke weit verbreitet. Bei der East India Company wurde die rot/weiß gestreifte Flagge während des ganzen Bestehens der Gesellschaft verwendet.
Allgemein wurden die gestreiften Flaggen durch die roten, weißen und blauen Ensigns verdrängt. Mit einer Proklamation von 1674 wurde die Verwendung von gestreiften Flaggen untersagt, die Ausnahme blieb die East India Compny. Das Red Ensign wurde um 1621 eingeführt, die beiden anderen um 1633.
Zunächst waren die Ensigns noch nicht für die Royal Navy reserviert. Auch Handelsschiffe führten diese Flaggen. Erst 1653 wurde die britische Flotte in taktische Geschwader eingeteilt und die Ensigns als Geschwaderflaggen verwendet.
Das Red Ensign durfte von der Handelsmarine verwendet werden, vorausgesetzt das Georgs- oder Andreaskreuz wurde im Großmast gesetzt. Als 1864 die Ensigns von der Roayl Navy aufgegeben wurden, wurde das Red Ensign zur generellen Flagge der britischen Handelsmarine.
East India Company |
Das Geschwadersystem der Royal Navy
Große Flotten waren in drei Geschwader eingeteilt. Die Geschwader wurden mit den Ensigns gekennzeichnet. Das Ranghöchste Geschwader war das Rote, danach kamen Weiß und Blau (bis 1653 war die Rangfolge rot vor blau vor weiß). Jedes Geschwader war wiederum in drei Gruppen unterteilt, die jeweils von einem Admiral geführt wurde.
Die erste Gruppe war die Vorhut (van) die vom Vizeadmiral (viceadmiral of the van) geführt wurde, in der Mitte war die Hauptmacht mit dem Admiral, die Nachhut (rear) wurde vom Konteradmiral (rear admiral of the rear) befehligt.
Innerhalb der Flotte gab es also neun Admiralsränge. Vice Admiral Of The Red, Admiral Of The Red, Rear Admiral Of The Red, Vice Admiral Of The White etc. Die Position des Admiral Of The Red wurde erst 1805 besetzt, zuvor wurde die Stelle vom Lord High Admiral oder Admiral Of The Fleet als Oberbefehlshaber besetzt.
Das Rote Geschwader war normalerweise in der Mitte der Flotte, das Weiße Geschwader vorn, das Blaue hinten. Das Blaue Geschwader hatte eine Besonderheit, da es immer in umgekehrter Reihefolge segelte. Also erst rear, dann main und am Schluß van. Der Grund war der, daß der Rear Admiral Of The Blue der rangjüngste Admiral innerhalb der Flotte war. Sollte die Flotte um 180° drehen, sollte nicht der unerfahrenste Admiral die Führung übernehmen.
Die Flaggen sollen am Beispiel des Blauen Geschwaders erörtert werden.
Das Blue Ensign wurde am Heck des Schiffes gesetzt. Die Flagge war blau über alles und hatte in der oberen linken Ecke das Georgskreuz (im Falle schottischer Schiffe das Andreaskreuz). Ab 1707 wurden die Kreuze durch den Union Jack ersetzt (in der Handelsmarine war das Red Ensign mit Union Jack schon seit 1687 in Gebrauch, der sog. "Budgee" Jack).
1633-1707 | 1707-1801 | Topflagge |
1621-1707 | 1707-1801 & "Budgee Jack" |
Der Admiral führte eine Flagge blau über alles im Großtop, der Vizeadmiral im Vortop und der Konteradmiral im Besantop. In einigen Bilden wiederholt sich auch das Ensign in den Tops anstelle der uni gefärbten Flagge.
Die einzelnen Schiffe des Blauen Geschwaders führten anstelle der Flaggen Wimpel in der Geschwaderfarbe am entsprechenden Mast ihrer Gruppe. Ob der Wimpel gegabelt war oder ein Kreuz/Union Jack trug ist nicht ganz klar, nach 1653 wurde zumindest das Georgskreuz hinzugefügt.
Das hier gesagte gilt auch für die beiden anderen Geschwader mit Ausnahme des Flaggschiffes des Admiral Of The Fleet/Lord High Admiral. Am Heck wurde das Red Ensign geführt, aber im Großtop war eine andere Flagge gesetzt. Dazu siehe unter Royal Standard.
Das White Ensign veränderte sich stärker als die beiden anderen Ensigns. Ab 1702 wurde dem White Ensign ein großes Georgskreuz zugegeben. Die Stärke der Kreuzbalken betrug 1/3 der Flaggenhöhe. In der oberen linken Ecke blieb das ursprüngliche Georgskreuz erhalten.
Als 1707 das Georgskreuz in der Flaggenecke durch den Union Jack ersetzt wurde, schrumpfte die Stärke der Kreuzbalken des großen Georgskreuzes auf ca. 1/9 der Flaggenhöhe. Zunächst waren beide Varianten des White Ensigns in Gebrauch, um 1744 setzte sich die Variante mit großem Kreuz durch. Das weiß uni Ensign verschwand.
Als das Geschwadersystem aufgegeben wurde, wurde das White Ensign zur generellen Flagge der Kriegsmarine.
1633-1702 | 1702-1707 | 1707-1801 | 1707-ca.1840 |
War eine Flotte nicht groß genug, um in drei Geschwader eingeteilt zu werden, führten alle Schiffe das Red Ensign am Heck. Im Mast wurde der Union Jack anstelle der Geschwaderfarben geführt. Die Unterteilung in Vizeadmiral am Vormast, Admiral am Großmast und Konteradmiral am Besan wurde beibehalten.
Royal Standard und Admiralty Flag
Der Royal Standard wurde vom Lord High Admiral im Großtop seines Flaggschiffes gesetzt. Hatte der Flottenadmiral einen geringeren Rang, wurde der Union Jack im Großtop gesetzt. Ab 1805 gab es einen Admiral Of The Red und die rote Flagge wurde auch im Großtop gefahren.
1702 wurde der Royal Standard durch die Admiralty Flagge ersetzt. Die Admiralty Flagge war aber auf See nur selten zu sehen. Ansonsten führten Royal Yachts die Flagge im Vortop. Bei Stapelläufen von Neubauten war sie ebenfalls an dieser Stelle zu sehen. Yachten der Admiralität führten sie im Großtop.
Der Royal Standard ist die komplexeste Flagge der Navy. Im Laufe der Zeit war sie einigen Veränderungen unterworfen.
Die Flagge war geviertelt, wobei das 1. und 4. Viertel wiederum geviertelt waren. Die Motive dieser beiden Viertel waren identisch. Betrachtet man nur das erste Viertel waren dort Viertel 1 und 4 mit drei goldenen französischen Lilien auf blauem Grund besetzt, Viertel 2 und 3 zeigten die drei goldenen englischen Leoparden (Löwen auf vier Pfoten, Löwen auf den Hinterbeinen stehend sind Löwen) auf rotem Grund.
Im 2. Viertel der Standarte war der rote, aufrechte schottische Löwe in einer doppelten Umzäunung (double tressure flory counter-flory) auf gelbem Grund zu sehen. Das 3. Viertel zeigte wieder die gelbe irische Harfe auf blauem Grund.
Diese Form der Royal Standard war zwischen 1603 und 1707 in Gebrauch.Zur Zeit William III wurde ein Brustschild mit dem Nassauer Löwen hinzugefügt (aufrechter, gelber Löwe auf blauem Grund von gelben "billets", das sind kleine vertikale Rechtecke, umgeben).
1603-1707 |
Zwischen 1707 und 1714 änderte sich der Royal Standard. Das erste und dritte Viertel waren nun vertikal zweigeteilt und zeigten die englischen Leoparden und den schottischen Löwen, wobei die Umzäunung halbiert ist, der Löwe aber komplett dargestellt wird. Das zweite Viertel nehmen die französischen Lilien ein, die irische Harfe bleibt im 3. Viertel.
Ab 1714 gab es wieder eine Änderung. Sie betrifft nur das 4. Viertel. Das dortige Motiv wurde durch den Wappenschild von Hannover ersetzt. Der Wappenschild ist in drei Teile geteilt. Das erste Drittel (links oben) zeigt zwei gelbe Leoparden auf rotem Grund. Das 2. Drittel (rechts oben) einen aufrechten, schwarzen Löwen, der von roten Herzen umgeben ist auf gelbem Grund. Das 3. Drittel (unten mittig) zeigt ein rennendes weißes Pferd auf rotem Grund. Im Schnittpunkt der Felder ist ein roter Brustschild mit der Krone.
Diese Flagge war bis 1800 im Gebrauch. Danach wurde das hannoversche Wappen als Brustschild im Royal Standard geführt. Die französischen Lilien wurden aus dem Standard entfernt. 1. Und 4. Viertel wurden von den englischen Löwen besetzt. Bis 1816 war das hannoversche Wappen mit dem Kurhut bekrönt, danach mit einer Krone. Die Version mit Kurhut ist auch auf der Galionsfigur der Victory zu sehen. Ab 1837 hat der Royal Standard seine heutige Form.
gezeichnet von H.-J. Blissenbach | ||
1714-1800 | 1801-1816 | 1816-1837 |
Die Admiralty Flagge zeigt einen gelben Anker, der von einem Tau umschlungen wird, auf rotem Grund. Die Flagge ist seit 1633 in Gebrauch.
Wimpel
Neben den bereits erwähnten Geschwaderwimpel war noch der Union-, Common oder Ordinary Pendant in Gebrauch. Der Wimpel ist gegabelt und rot/weiß/blau gestreift. An der Mastseite ist ein Georgskreuz zu sehen. Der Wimpel war von 1661 bis 1864 in Gebrauch und wurde kombiniert mit dem Red Ensign auf Fahrzeugen gesetzt, die keinem Geschwader angehörten (vergl. hierzu auch Master & Commander)
Daneben gab es noch den "Budgee Pendant", die Ergänzung zum "Budgee Jack". Der Wimpel war ebenfalls gegabelt aber rot über alles mit einem Union Jack an der Mastseite. Der Wimpel durfte gesetzt werden, wenn die Flotte den Ärmelkanal verließ.
1734 wurde die Position des Commodore offiziell geschaffen. Doch bereits 1674 war es dem ältesten Seeoffizier in den Downs gestattet einen breiten, kurzen, roten Wimpel mit kleinem Georgskreuz in der oberen linken Ecke zu setzen.
1806 wurden die Regularien erneuert. Es wurden Wimpel in den Geschwaderfarben eingeführt. Der weiße Wimpel zeigte ein Georgskreuz, die anderen waren uni farbig. Falls der Commodore das Schiff selbst befehligt, ist über dem Wimpel ein großer weißer Ball zu setzen. Im Falle des weißen Wimpels ist der Ball blau.Quellen
- Flags of the World
- Alec A. Purves "Flags for ship modellers and maritime artists"; Conway 1983
- Hans-Jürgen Blissenbach, Flaggen für den Schiffsmodellbau
von Holger Baethies
Bezugsquellen für Flaggen
Eine große Auswahl an Flaggen für historische und moderne Schiffsmodelle werden von Hans-Jürgen Blissenbach hergestellt und können über Flaggen für den Schiffsmodellbau bezogen werden.