Modell: HMS GLORIOUS 1918
Hersteller: Admiralty Model Works
Maßstab: 1:700
Art.Nr.: 700/004
Material: Mutimedia Kit (Resin, Ätzteile, Ketten, gedrehte Geschützrohre)
Preis: ca.100€

 

Das Original

1. Entwurf und Einsatz

Der Entwurf der Glorious geht direkt auf Pläne des damaligen britischen Ersten Seelords "Jackie" Fisher zurück. Dieser plante große Entlastungsangriffe der französischen Front vorzunehmen. Er wollte an den Küsten Pommerns, Flanderns und nahe der ostfriesischen Inseln Invasionsstreitkräfte anlanden. Dazu musste er die gut gesicherte deutsche Küste mit überlegenen Seestreitkräften angreifen, die in der Lage waren, in den sehr flachen deutschen Küstengewässern zu operieren. Ziel war es zunächst die deutschen Verteidiger zur See niederzukämpfen und dann mit großen Kalibern in die Landkämpfe einzugreifen. Aufgrund dieser Vorgaben wurde die Courageous-Klasse auf Kiel gelegt, welche insgesamt drei Schiffe umfasste. Courageous und Glorious unterschieden sich nur leicht. Furious hingegen, war wesentlich stärker bewaffnet. Um schnell vor den Küsten des Gegners operieren zu können und sich vor allem von überlegenen Gegnern lösen zu können, war eine hohe Geschwindigkeit von Nöten. Diese wurde erreicht, indem man dem Schiffskörper der Klasse einen hohen Schlankheitsgrad gab und die Schiffe mit einer Maschinenanlage von 90.000 PS für 31,5 kn ausstattete. Die durchschnittlich Geschwindigkeit der deutschen Linienschiffe betrug gerade einmal etwas über 20 kn.

Um bei diesen Vorgaben noch die Forderung des geringen Tiefganges zu erfüllen, musste Gewicht eingespart werden. Dies ging nur zuungunsten der Standfestigkeit, was sich als schwerwiegender Fehler in der Konstruktion dieser Schiffe herausstellte. Die Glorious war zwar schwer bewaffnet, jedoch maximal mit dem Panzerschutz eines Kreuzers versehen. Es wurde eine sogenannte Binnenpanzerung aus besonders zähem Stahl (High Tensile Steel oder HT-Stahl) entwickelt. Die Panzerung an den Außenseiten der Schiffe sollte einschlagende Geschosse verzögern und zur Explosion bringen; Splitterlängs- und -querschotten sollten die Explosionswirkung eingrenzen. Insgesamt entsprachen die Panzerstärken denen von Kreuzern.

Die Schiffe verfügten über einen Seitenpanzer von 76 mm Stärke, der sich vom vorderen bis zum hinteren Geschützturm und vom Torpedowulst bis zum Oberdeck erstreckte. Am Vorschiff war die Wasserlinie mit 51 mm Stahl gepanzert. Die Panzerung des Oberdecks betrug 25 mm, das Hauptpanzerdeck hatte eine Stärke von 19 mm mit 25 mm starken Böschungen, die in die Oberseite der Torpedowulste übergingen. Zusätzlich gab es über den vorderen Munitionskammern ein oberes Panzerdeck von 25 mm. Achtern schützte ein 38 bis 76 mm starkes unteres Panzerdeck Wellen und Ruderanlage. Im Schiff gab es auf beiden Seiten je ein Splitterlängsschott von 19 mm zwischen Oberdeck und Hauptpanzerdeck und vier Panzerquerschotten von 76 mm (das hinterste 51 mm) Stärke. Gegen Unterwassertreffer von Torpedos und Minen schützten ein Doppelboden sowie beidseits ein Torpedowulst und ein Torpedolängsschott von 25-39 mm Stärke, das vom äußeren Teil des Doppelbodens bis zum Hauptpanzerdeck reichte. Der Barbettpanzer der schweren Artillerie hatte eine Stärke von 178 mm, die Panzerung der Türme war zwischen 108 und 330 mm stark. Die Panzerung des vorderen Kommandoturms lag zwischen 51 mm und 254 mm, die des hinteren zwischen 51 mm und 76 mm. So war sie praktisch leichten Seestreitkräften unterlegen, wenn diese schnell wirkungsvolle Treffer erzielten. Diese Einsicht stellte sich auch bei der Royal Navy schnell ein, worauf die Schiffe kurz nach der Indienststellung nur noch für zweitrangige Aufgaben eingesetzt wurden. Zu einem nennenswerten operativen Einsatz der Glorious ist es nie gekommen. Kurz nach Ende des Ersten Weltkrieges erfolgte konsequent die Verlegung zur Reserve und die zeitweilige Verwendung als Ausbildungsschiff. 1924 wurde dann der Umbau zum Flugzeugträger verfügt, als welcher Glorious eine erfolgreichere Einsatzgeschichte aufwies. 1940 wurde sie schließlich von den deutschen Schlachtkreuzern Scharnhorst und Gneisenau vor Norwegen versenkt.

Die Schiffe der Courageous-Klasse verdrängten maximal 23.056 t bei einer Gesamtlänge von 239,6 m. Bewaffnet waren sie mit vier für britische Großkampfschiffe dieser Zeit üblichen 38,1 cm-Schnellfeuerkanonen in zwei Einzeltürmen vorn und achtern. Die Mittelartillerie bestand aus 18 10,2 cm-Schnellfeuerkanonen in Drillingslafetten zur Torpedobootabwehr und bekämpfung leichterer Seestreitkräfte. Es handelte sich um dieselben Lafetten wie auf der Renown-Klasse. Diese Lafetten waren kein Erfolg, da sie schwerfällig waren und zu wenig Platz für die Geschützbedienungen boten. Einer der beiden Haupteffektoren der Glorious waren die zwölf 53,3 cm-Unterwasser-Torpedorohre welche durch seitliche Überwasserrohre in Zwillingssätzen ergänzt wurden, da die Unterwasserrohre bei Geschwindigkeiten von über 23 kn nicht einsetzbar waren.Als Antrieb dienten 4 Parsons-Getriebeturbinen auf 4 Wellen, die von 18 Yarrow-Schmalrohrkesseln mit Ölfeuerung gespeist wurden. Die Leistung betrug 90.000 PS für 32 kn. Insgesamt gelten die Schiffe der Courageous-Klasse heute als Fehlkonstruktion. Ihre Schiffsverbände waren so schwach, das sie schon beim Feuern mit der schweren Artillerie brachen. Hinzu kam noch, dass die Anzahl der Rohre schweren Kalibers mit nur vier zu gering war, um bei den damaligen Feuerleitverfahren eine ausreichend hohe Trefferwahrscheinlichkeit zu gewährleisten. So blieben diese revolutionären Entwürfe Einzelgänger mit einer nur kurzen Einsatzgeschichte.


2. Technische Daten

In der Ausführung von 1918 führte die HMS GLORIOUS folgende Bewaffnung:

4 x 15"/42 (38.1cm) Mark I in 2 Türmen
18 x 4"/44 (10.2 cm) Marks IX in 6 Dreifachtürmen
2 x 3" Flak-Geschütze
2 x 3 pounder Geschütze
Laut Bauanleitung 18 x 533 mm Torpedorohre, 2 als Unterwasserrohre

Abflugplattformen auf beiden schweren Türmen mit folgenden Flugzeugen:

- Sopwith Camel (1918)
- Sopwith Pup (nicht genau bekannt)
- Sopwith 1 ½ Strutter (1918)

 

Der Bausatz

Admiralty Modelworks ist ein vergleichsweise neuer Hersteller. Die Mastermodelle stammen von Pavel Vacata, der die kleine in den USA beheimatete Modellschmiede gegründet hat. Seine Fähigkeiten im Bereich Mastermodellbau, die er sich in seiner beruflichen Tätigkeit als Goldschmied angeeignet hat, sprechen für sich. Was bekommen wir nun für die ca. 100 €, die für die Glorious über den Langentisch gehen?

Gleich bei Betrachten des Baukastens fällt die saubere Verpackung aller Bauteile ins Auge. Wo andere Hersteller mit gut einem viertel des Baukastens auskommen, liefert Admiralty Modelworks seine Modelle in einem geräumigen und sehr stabilen Pappkarton.

 

 

Die Verpackung unterstreicht den hohen Anspruch der Firma. Sicher in Luftpolsterfolie eingewickelt findet man den Rumpf sicher in Styroporflocken verpackt in der geräumigen Schachtel. Bug und Heck sind nochmals mit Luftpolsterfolie umwickelt, so dass eine Beschädigung ausgeschlossen sein dürfte. Das erste Highlight des Bauspaßes beginnt beim Auspacken der Kleinteile, diese sind Resinast für Resinast in einer eigenen eingeschweißten Folie verpackt und liegen auf einem kleinen blauen Pappstück auf. Allein das zeigt schon, welche Mühe sich Admiralty Modelworks macht, nicht nur ein Modell, sondern ein Schmuckstück zu verkaufen. Die Ätzteile und Decals sind ebenso einzeln gesichert. Hier hebt sich Admiralty Modelworks schon deutlich von anderen Herstellern ab, welche allzu oft die wunderschön detaillierten Bauteile achtlos in einer Tüte vermengen.

 

Die Bauanleitung

Wer ohne Frustration ein schönes Modell bauen möchte, der benötigt natürlich auch eine gute Bauanleitung. Auch hier setzt Admiralty Modelworks Maßstäbe. Die 14 Seiten umfassende Anleitung ist farbig gedruckt und zeigt mit CAD-Zeichnungen die genaue Positionierung aller Bauteile in 80 (!) Einzelzeichnungen.

 

 

Wer sonst nur Explosionszeichnungen gewöhnt ist, der wird den Unterschied deutlich merken. Neben den sehr übersichtlichen Zeichnungen, die auf den ersten Blick die Position der einzelnen Bauteile zeigen, ist die Bemalungsanleitung ein Highlight der Bauanleitung. Diese zeigt mit einem Seitenriss und einer Draufsicht des Schiffes ausführlich erklärt den Farbanstrich in White Ensign-Tönen. Besonders überzeugend sind die beiden mit WEM-Originalfarben besprühten Farbtafeln, die auf die Anleitung geklebt sind.

 

 

Der Takelplan zeigt die genaue Positionierung des stehenden und laufenden Gutes. Noch besser wäre hier allerdings ein farbige Darstellung der Leinen gewesen, was die Übersichtlichkeit nochmals erhöht hätte. Besonders die Zusatztipps zur Positionierung einiger Bauteile sind nicht selbstverständlich und erleichtern den Zusammenbau.

 

 

Wer nur die Bauanleitung sehen würde, würde vermuten, dass sich dahinter einer der großen Firmen im Bereich Plastikmodellbau versteckt. Für einen Kleinserienhersteller ist dies eine außergewöhnlich gute Bauanleitung an der sich auch viele der großen Bausatzhersteller ein Beispiel nehmen könnten.

 

 

Die Bauteile

Wie ist nun die Qualität der einzelnen Bauteile zu beurteilen? Der Rumpf ist fein gegossen und benötigt allenfalls ein wenig Nacharbeit im üblichen Rahmen von Resinmodellen. Er beinhaltet bereits die allermeisten Teile der Aufbauten. Auf dem Deck ist die Struktur der auch im Original markanten Blechstöße aufgetragen.

 

 

Dabei ist ein überzeugender Kompromiss gelungen. Besonders schön sind die zahlreichen Poller, Lüfter und Spills auf dem Deck gelungen. Selbst das Namensschild der Glorious ist leserlich am Heck angebracht.

 

 

Die Geschütztürme der schweren Artillerie überzeugen ebenfalls und werden mit Drehkranz und gedrehten Messingrohren geliefert. Die Plattformen sind sogar mit Unterzügen versehnen. Sie weisen allesamt eine beidseitige Detaillierung in einer außergewöhnlich guten Qualität auf. Ein Hingucker des Bausatzes ist der Schornstein. Die seitlichen Dampfrohre überzeugen außergewöhnlich gut.

 

 

Des weiteren sind noch einige Plattformen und Scheinwerfer vorhanden. Auch an die 3" Flak wurde gedacht. Die 6 Geschütztürme für die 4"/45 (10.2 cm) BL Marks IX and X in den Drillingstürmen sind wieder sehr fein detailliert gegossen und bedürfen kaum Nacharbeit. Auch die Beiboote fügen sich nahtlos in den sehr guten Gesamteindruck des Bausatzes ein.

 

 

Zwei Messingdrähte in unterschiedlicher Stärke und Länge zusammen mit zwei Plastikstückchen sollen bei der Erstellung der Masten verwendet werden. Die Plastikrundstäbe sollten allerdings durch entsprechenden Messingdraht ersetzt werden, da sie leicht krumm sind. Die beigelegte Kette ist ein schönes Detail auf dem Modell, auch wenn sie leicht zu groß ausgefallen ist. Auch wenn sie nicht verwendet werden sollte, ist sie für ein 1/350 Modell hervorragend geeignet. Nun fehlen nur noch ein paar ergänzende Ätzteile. Damit gibt sich Admiralty Modelworks jedoch nicht zufrieden. Man erhält zu dem Modell alles in Messing, was noch zu einer sehr guten Detaillierung fehlt. Die Ausführung der Teile ist sehr sauber.

 

 

Besonders toll sind die Flugzeuge. Super ist schon mal, dass Admiralty Modelworks gleich drei unterschiedliche Typen liefert. Die Hauchdünn gearbeiteten Teile werden in Verbindung mit zahlreichen dafür vorgesehenen Ätzteilen mit feiner Struktur das Modell richtig aufwerten. Das Otter-Gerät ist das feinste, welches ich überhaupt in 1/700 je gesehen habe.

 

 

Die Qualität der Decals ist ebenfalls sehr gut. Hier erhält man auch Kennungen für die Bordflugzeuge. Der feine Druck von Cartograph überzeugt zusammen mit einem sehr dünnen Trägerfilm. Bei allen Teilen ist kaum Grat oder Fischhaut zu finden und auch der mir vorliegende Rumpf ist absolut gerade. Als abschließendes Highlight legt Admiralty Modelworks ein weiteres Kunststück aus Resin bei. Das Schiffswappen ist in einer Größe von ca. 5 cm dargestellt und besonders fein gefräst. Dies ist eine tolle Ergänzung zum Modell und wird sich in der Vitrine sicher sehr gut machen.

 

 

Fazit

Pavel Vacata und Admiralty Modelworks haben sich ein hochgestecktes Ziel gesetzt. Secundus ad Nullum: niemandem nachstehend lautet der Leitspruch der Manufaktur. Ein hoher Anspruch, dem dieses Modell leicht nachkommt. Der Eindruck beginnt beim Baukasten und endet bei den kleinsten Details. Admiralty Modelworks versteht es, auf die Wünsche der immer anspruchsvolleren Kundschaft einzugehen und liefert vorliegend ein Modell, welches auf dem Markt derzeit nicht übertroffen ist. Der Preis des Modells ist sicher im oberen Segment des Marktes einzuordnen. Man erhält jedoch ein wahres Schmuckstück, das sein Geld wert ist. Aufgrund der Filigranität nicht für Anfänger geeignet. Wer etwas Erfahrung mitbringt, wird durch das fertige Modell mehr als entlohnt. Es ist nur zu wünschen, dass diesem Modell viele weitere Interessante Bausätze folgen werden. -Bravo Zulu-

 

uneingeschränkt empfehlenswert

 

Torben