Wer selbst schon Modelle scratch gebaut, bzw. rudimentäre Bausätze ergänzt hat, kennt das Problem: Manche Teile wie z.B. Geschütztürme oder Winden müssen quasi in Serie hergestellt werden. Jedes Teil einzeln von Hand zu fabrizieren ist nicht nur mühsam, die Qualität der Unikate kann auch erheblich streuen.
Da liegt es natürlich nahe, ein Urmodell abzuformen und durch Abgiessen entsprechend zu vervielfältigen. Die Erstinvestition in Silikonkautschuk und Resin geht aber durchaus ins Geld. Wer noch keine Erfahrung damit hat, wird anfänglich viel Ausschuss produzieren. Wer dagegen nur kleinste Mengen verbraucht,
hat anschliessend Material übrig, dass nur begrenzt lagerfähig ist.
Für einfachere Aufgaben - d.h. einfach geformte Urmodelle mit keinen oder nur geringen Hinterschneidungen - bietet aber die Küche bzw. die Lebensmittelindustrie simple, preiswerte und dazu auch noch ungiftige Lösungen an. Ein praktisches Beispiel soll die benötigten Materialien und die Vorgehensweise demonstrieren.
Materialliste
- Urmodell
- Muffin Backform aus Blech oder hitzebeständigem Silikon
- Seidentofu (siehe Wikipedia)
- Olivenöl extra vergine als Trennmittel
- Oblaten
- Pfannkuchenteig
- Lebensmittelfarbe
Abformen
Das Urmodell sollte möglichst keine oder nur geringe Hinterschneidungen aufweisen. In unserem Beispiel wollen wir ein Oberlicht abformen und abgiessen - ein idealer Kandidat für unser Vorhaben, da man mit einer einteiligen Form auskommt. Damit das Urmodell später nicht im Tofu versinkt, wird es mit einer geeigneten Halterung fixiert.
Zum Abformen wird zunächst die möglichst homogene Tofumasse (unbedingt Seidentofu verwenden!) in die Muffinform gefüllt. Unser Urmodell wird gleichmässig mit einer dünnen Schicht Olivenöl bestrichen und nun sanft und unter leichtem Wackeln in den Tofu gedrückt, bis die Platte überall gut aufliegt und der Tofu ringsum leicht überquillt. Das ganze Konstrukt kommt nun für ca. 30 Minuten bei 50°C in den Backofen - es handelt sich mehr um einen Trockenvorgang als um echtes Backen, höhere Temperaturen hält auch unser Urmodell aus Polystyrol nicht unbeschadet aus.
Es ist nun extrem wichtig, die Form langsam abkühlen zu lassen. Hier ist wirklich Geduld gefragt, denn hat die Muffinform aussen Raumtemperatur erreicht, kann die Tofumasse im Inneren immer noch sehr warm sein. Ganz Vorsichtige können die Form auch einfach über Nacht in den Kühlschrank legen.
Mit viel Gefühl und unter sanftem Drücken der Muffinform, wird nun das Urmodell entformt. Natürlich geht das gerade bei den ersten Versuchen gerne mal schief. Das ist aber kein Beinbruch, denn der Tofu kommt dann einfach kleingeschnitten in den Salat.
Abgiessen
Hier hat unser erster Versuch aber bereits geklappt, und wir können jetzt den Abguss vorbereiten, in dem wir die Tofuform innen dünn mit Olivenöl bestreichen. Wir verwenden anschliessend einen speziellen, dünnflüssigen Pfannkuchenteig zum abgiessen. Speziell deshalb, da im Gegensatz zum traditionellen Backrezept kein Treibmittel (Backpulver, Hirschhornsalz etc.) verwendet wird! Unser Abguss soll ja seine Form behalten und auch Poren wollen wir nicht in der Oberfläche haben!
Mit Hilfe von Ostereierfarben können wir den Teig bereits farblich für das spätere Modell abstimmen.
Der Teig wird nun langsam und gleichmässig in die Form gegossen. Anschliessend stossen wir die Form vorsichtig auf die Tischplatte auf - durch die Erschütterung soll der Teig auch in die feineren Strukturen eindringen.
Jetzt kommt wieder der Backofen zum Einsatz. Bei 160°C backen wir unseren Abguss in ca. 25 Minuten fertig. Wir verzichten bewusst darauf, mit einem hölzernen Schaschlikspiess o.ä. in den Teig zu stechen um zu sehen ob er durch ist...
Nun ist wiederum Geduld gefragt, unser Abguss muss sehr gut abkühlen. Danach steht einer erfolgreichen Entformung nichts mehr im Wege. Der versäuberte Abguss bekommt eine Schicht Klarlack als Versiegelung. Au?erdem wird so der biologische Zerfall verhindert.
Eine Tofuform hält etwa 7 bis 10 Abgüsse aus, danach wandert sie kleingeschnitten in den Salat. Unbrauchbare Abgüsse können z.B. mit einer Schokoladenglasur überzogen oder mit Puderzucker bestäubt als Nachtisch serviert werden.
Fazit
Wer den spöttisch-kritischen Blick seiner Ehefrau aushält, hat in der Küche die Möglichkeit mit einfachsten und sehr preiswerten (Lebens-)Mitteln Abgüsse für den Modellbau herzustellen. Fehlversuche können (abgesehen vom Urmodell aus Polystyrol) zubereitet und gegessen werden - was dann auch die Ehefrau wieder versöhnt.
Aktuell versuche ich mit Hilfe eines Waffeleisens und einer Mischung aus Eischnee und Zuckerschmelze Cockpkitkanzeln tiefzuziehen. Die ersten Ergebnisse sehen bereits recht vielversprechend aus.
Gaby und Lutz (Fotos)
Stefan (Text)