Das Original
Der japanische Aviso (Depeschenschiff) Koshu (膠州) ist berüchtigt für die Entführung von Amelia Earhart am 2. Juli 1937 im Mili Atoll. Earhart unternahm 1937 einen Versuch, die Welt mit einer Lockheed Electra 10E zu umrunden. Die japanische Marine setzte für die Entführung eines ihrer modernsten Schiffe ein, dass hierfür zusätzlich mit in Deutschland gekauften Sensoren (Echolot etc.) ausgerüstet wurde. Koshu hatte zusätzlich den Vorteil, dass sie dem US-amerikanischen Küstenwachkutter USCGC Itasca ähnelte, der dafür genutzt wurde, die Electra per Funkpeilung zu leiten.
Koshu war 76,5 m lang, 11,0 m breit und verdrängte 2270 t. Der Antrieb erfolgte über zwei Kessel und eine Dreifachexpansionsdampfmaschine mit 966 PS, womit 10,3 kn erreicht wurden. Die Besatzung bestand aus 101 Mann und die Bewaffnung aus zwei 8-cm-Kanonen.
Koshu wurde von den Hohwaldtswerken in Kiel als Michael Jebsen für die Reederei M. Jebsen gebaut und lief 1904 vom Stapel. Ihr Heimathafen war Apenrade (heute Aabenraa), sie wurde aber in China eingesetzt, auch auf der Strecke zwischen China und Sumatra. Während der Belagerung Tsingtaos durch die Japaner wurde sie dort am 28. Oktober 1914 als Blockschiff versenkt. Die japanische Marine hob das Schiff 1915 und stellte es als Transportschiff Koshu in Dienst. 1922 wurde es zum Aviso umklassifiziert. Koshu wurde primär zur Kontrolle und Überwachung der Südsee verwendet, insbesondere der Inseln, die Japan im Ersten Weltkrieg von Deutschland erobert hatte, sowie für die Spionage in den benachbarten Inseln. 1937 wurde sie eingesetzt, um erfolgreich die Electra von Amelia Earhart zu erbeuten. Hiermit konnte die japanische Flugzeugindustrie ihre Erkenntnisse über US-Baumethoden erweitern, die sie auch schon durch den Lizenzbau der Lockheed Super Electra und Douglas DC-3 erworben hatten. 1940 wurde Koshu außer Dienst gestellt und abgewrackt.
Earharts Schicksal blieb lange mysteriös. Erst 2017 konnten US-Experten die entscheidenden Hinweise in dem 1935 veröffentlichen japanischen Reiseführer Umi no seimeisen: Waga nannyou no sugata entdecken: ein Foto, das Earhart und ihren Navigator in Jaluit Harbor mit der Koshu im Hintergrund zeigt. Diese Erkenntnisse veröffentlichten sie am 9. Juli 2017 im Dokumentationsfilm Amelia Earhart: The Lost Evidence. Die japanische Regierung entschuldigte sich darauf und gab die versteckt eingelagerte Lockheed Electra zurück, die seither im New England Air Museum ausgestellt wird.
Das Modell
Das Modell des japanischen Avisos Koshu habe ich aus dem Bausatz des japanischen Kleinserienherstellers 104 Kosakoubo/104 Kousakubu/104 Kosakubu (104工作部) gebaut. Als Quelle benutzte ich das berühmte Foto der Koshu im Jaluit Harbor aus dem Reiseführer von 1935 und eine Briefmarkenserien der Marshall Inseln, die auf Augenzeugenberichten beruht.
Der Bausatz ist sehr einfach, er besteht nur aus wenigen Teilen und einer handgeschriebenen Anleitung. Bei meinem Exemplar waren einige Teile, darunter der Rumpf, stark verzogen, konnten aber in kochendem Wasser wieder gerade gebogen werden - allerdings beginnen sie sich wieder zu verziehen... Am Heck war der Guss auch relativ unsauber, hier musste ich einiges an Spachtelmasse einsetzen.
Die Bullaugen habe ich aufgebohrt. Die Lüfter und Rettungsboote ergänzte ich durch Teile von BMK. Davits, Anker und Ankerketten stammen von BJ Modellbau. Die Geschütze sind aus der Restekiste, der Kompass aus einem Satz von S-Model und die Winden von Battlefleet Models. Für die Entführungsmission erhielt Koshu zusätzliche Motorboote, die auf den Ladeluken gelagert wurden. Die Masten sind aus Metallstäben gebaut, die Takelung erfolgte mit schwarzem 20-Denier-Faden von UNI Caenis.
Ich war mir wegen der Farben der Koshu nicht sicher. Es hätte Sinn gemacht, dass sie weiß bemalt war, um die Ähnlichkeit zur USCGC Itasca zu betonen (siehe Briefmarken oben). Auf dem Foto wirkt die Koshu aber grau. Entweder kam die ursprüngliche Farbe durch die hastig aufgebrachte, schnell verwitterte weiße Farbe wieder durch oder sie wurde doch nicht umgestrichen. Ich entschied mich dann doch für die graue Farbe. Für die Bemalung nutzte ich Acrylfarben von Vallejo Model Color: 161 (836) Londongrau für die vertikalen Flächen, 110 (986) Achatgrau für die Decks und 120 (976) Beige für die Persenning auf den Ladeluken und den Beibooten.
Für die Lockheed Electra benutzte ich ein Modell von wwwitalik auf Shapeways. Ich orientierte mich an Fotos, die ich im Mai 2017 im New England Air Museum von der Maschine Earharts gemacht habe. Diese war damals glücklicherweise schon von Japan zurückgegeben worden und zu meiner Überraschung auch schon erstklassig restauriert zu besichtigen:
Hier die Lockheed Electra auf der Koshu:
Ein Vergleich der Koshu mit dem japanischen Spionageschiff Fuji (1965), das als Polarforschungsschiff getarnt war und jedes Jahr den südlichen Pazifik auskundschaftete:
Quellen
- Kōshū (survey ship) (englisches Wikipedia)
- 膠州 (測量艦) (japanisches Wikipedia)
- 膠州の艦歴
- Lloyd's Register of Steam Shipping 1908
- Hansa, 1904
- Sejlads på Kinakysten i det 20. århundrede. M. Jebsen A/S – et sønderjysk rederi von Ole Stig Johannesen, in Marstal Søfartsmuseum 2011
- Amelia Earhart: The Lost Evidence (Wikipedia)
Lars