Modell: RN Belgica (1884)
Hersteller: Brown Water Navy Miniatures (
Maßstab: 1/700 (auch andere Maßstäbe möglich)
Material: 3D-Druck (als stl-Datei oder gedruckt erhältlich)
Art.Nr.: -
Preis: 6 $ (als stl-Datei, Druckkosten kommen dann noch dazu)
Das Original
Das belgische Polarforschungsschiff Belgica wurde 1884 als Walfänger Patria gebaut. Das Schiff wurde als Forschungsschiff der Belgischen Antarktis-Expedition von Adrien de Gerlache 1897-99 berühmt - die erste Expedition, die in der Antarktis überwinterte. Auf der gleichen Werft waren auch schon einige ähnliche Walfänger, u.a. Balaena, Diana und Antarctic, gebaut worden. Belgica (ex Patria) wurde extra stabil gebaut und der verstärkte Bug sollte ihr das Eisbrechen ermöglichen.
Belgica war 36,0 m lang, 7,6 m breit und verdrängte 263 t. Der Antrieb bestand aus einem Kessel und einer Zweifachexpansionsdampfmaschine mit 35 PS, womit 7 kn erreicht wurde. Außerdem gab es Barktakelage mit 475 m2 Segelfläche (sie war auch unter Segeln langsam). Sie konnte von einer relativ kleinen Mannschaft gefahren wird, bei der Belgischen Antarktis-Expedition waren 19 Mann an Bord.
Belgica wurde 1884 von Christian Brinch Jørgensen in Svelvik als Walfänger Patria gebaut. Sie diente von 1885-96 für Walfangexpeditionen. 1897-99 war sie das Schiff der Belgischen Antarktis-Expedition. Die Schiffsbesatzung bestand aus Belgiern und Norwegern darunter Adrien de Gerlache als Kapitän und der später berühmte Roald Amundsen als Zweiter Offizier. Als Arzt war Frederik Cook dabei (der später u.a. behauptete den Nordpol als erster erreicht zu haben), als Wissenschaftler u.a. der polnische Geologe, Ozeanograph und Meteorologe Henryk Arctowski und der rumänische Zoologe und Botaniker Emil Racoviță (nach denen beide Forschungsstationen in der Antarktis benannt sind). Die Expedition erkundete die pazifische Seite der antarktischen Halbinsel und drangen dann in die Bellinghausensee vor. Dort wurde das Schiff am 6. März 1898 vom Packeis eingeschlossen, so dass die Expedition unfreiwillig die erste Überwinterung in der Antarktis durchführen musste. Die Expeditionsteilnehmer litten unter den damals üblichen Vitaminmangelerkrankungen, weshalb der Verzehr von rohen Pinguin- und Robbenfleisch sie rettete. Erst am 14. März 1899 nach über einem Jahr befreite ein Sturm die Belgica aus dem Packeis und ermöglichte ihr die Rückkehr. Auf der Expedition starb ein Matrose, der im Sturm über Bord ging, sowie ein Wissenschaftler an Herzproblemen.
Nach der Expedition wurde sie wieder in der Arktis eingesetzt, u.a. zur Unterstützung der Baldwin-Ziegler-Expedition auf Grönland 1901 und zwischen 1905 und 1909 für mehreren Expedition von Duc d'Orléans (eine Mischung aus Großwildjagden und wissenschaftlichen Expeditionen) nach Nordostgrönland. Ab 1916 diente sie als Isfjord zur Versorgung der Kohleminen auf Svalbard. 1918 wurde die Takelage entfernt und sie diente wieder unter dem Namen Belgica als Fabrikschiff für Fischfangflotten auf den Lofoten. In den 1930ern wurde ihre Maschine entfernt und sie diente danach als Kohlehulk in Harstad. Nach der britischen Landung in Narvik 1940 diente als Munitionshulk. Bei einem deutschen Bombenangriff am 19. Mai 1940 wurde sie versenkt. Das Wrack wurde 1990 wieder entdeckt. Es gibt (oder gab?) Pläne das Wrack zu heben und in Antwerpen auszustellen, genauso wie es Pläne gibt (oder gab?) ab 2007 in Boom einen Nachbau herzustellen (der Rumpf war zumindest schon relativ fortgeschritten als das Projekt in Probleme geriet).
Der Bausatz
Brown Water Navy Miniatures hat nach vielen Modellen von Flusskampfschiffen aus dem Amerikanischen Bürgerkrieg und vielen Kriegsschiffen aus der Zeit zwischen etwa 1840 und 1940 auch erste in der Antarktis verwendete Polarforschungsschiffe herausgebracht, genauer Belgica und die deutsche Gauss. (es gibt auch die russischen/sowjetischen Eisbrecher Fjodor Litke (ex Earl Grey), Georgi Sedow (ex Beothic) und Tamir). Brown Water Navy Miniatures hat die Modelle ursprünglich auf Shapeways angeboten. Nach der Pleite von Shapeways bietet der Hersteller sowohl stl-Dateien (um selbst zu drucken) als auch gedruckte Rümpfe an (
Das Modell besteht nur aus einem Teil: Rumpf mit angedruckten Aufbauten, einem Teil der Beiboote und einigen anderen Details. Die Form des Rumpf und die Abmessungen sind gut getroffen.
Am Rumpf sind zwei Barkhölzer übereinander dargestellt, ich denke, dass man das obere entfernen sollte. Deren Verlauf wirkt etwas eckig. Am Bug und Heck war noch etwas Verzierung vorhanden. Seitlich des Schorsteins wurde auf jeder Seite noch ein Beiboot an Davits mitgeführt, die man aus anderen Quellen ergänzen muss. Auf dem vorderen Deckshaus stand ein Kompass und ein Steuerrad, vor dem Deckshaus war an Backbord noch eine Winde, die am gedruckten Teil fehlen. Den Schornstein kann man noch aufbohren.
Abhängig davon, wie das Modell gedruckt wurde, muss man noch einige Stützstrukturen entfernen, hier z.B. am Steven, unter dem Rumpf, vor dem vorderen Deckshaus, unter den Beibooten und an der Reling achtern.
Man bekommt hier nur die Datei für den Druck (oder den gedruckten Rumpf). Es ist keine Anleitung vorhanden. Für die Abmessungen der Masten benötigt man also Pläne, die sich z.B. in Het Poolschip Belgica oder Ordeal by Ice enthalten sind.
Die Datei bzw. eine Bestellung eines gedruckten Modells kann man direkt beim Hersteller machen (
Quellen
- Ordeal by Ice. Ships of the Antarctic von Rorke Bryan, Barnsley, 2011 (siehe Buchbesprechung)
- Irrenhaus am Ende der Welt. Die Reise der Belgica in die dunkle antarktische Nacht von Julian Sancton, München, 2021
- Belgica (Schiff, 1884) (Wikipedia)
- Het Poolschip Belgica von Jozef Verlinden in M&L 30, 2011 (pdf-Datei)
- Belgica in the Arctic von Kjell-G. Kjær in Polar Record 41 (219), 2005 (pdf-Datei)
- Belgica. Den første overvintringen i Antarktis 1897-1899, Antwerpen/Stavanger, 1988
Fazit
Es ist sehr zu begrüßen, dass Brown Water Navy Miniatures auch einige Polarforschungsschiffe heraus gebracht hat, hier die Belgica. Man kommt hier einen Rumpf, der mit etwas Detaillierung und Nacharbeit sowie der Ergänzung des zweiten Paars an Beibooten und der Masten und Takelage ein gutes Modell ermöglichen sollte.
empfehlenswert
Lars