Modell: Antarctic Observation Ship SOYA Antarctic Observation 3rd Corps
Hersteller: Hasegawa
Maßstab: 1/350
Art. Nr.: Z23
Material: Weißer und klarer Spritzguß, 323 Einzelteile, Metallankerkette und Draht, Decalbogen. Limitierte Auflage mit drei Weißmetallfiguren in 1:32
Preis: ca. 60 €

Das Vorbild


Das erste japanische Antarktis-Forschungsschiff Soya liegt heute im Schiffahrtsmuseum von Tokio als Museumsschiff. Leider ist die Website des Museums bislang nur auf japanisch verfügbar, und es ist auch andernorts im Internet wenig an Informationen über dieses in Japan recht bekannte Schiff zu finden. Ursprünglich 1936 von der Sowjetunion in Japan unter dem Namen Borochavets als einer von drei Fracht-Eisbrechern bestellt und 1938 vom Stapel gelaufen, wurde das Geschäft jedoch annulliert und das Schiff als Chiryo Maru in Japan in Dienst gestellt. 1940 wurde die Chiryo Maru in Soya umbenannt (nach einer Präfektur auf der japanischen Nordinsel Hokkaido bzw. nach der Wasserstraße zwischen Hokkaido und dem heute russischen Sachalin) und von der japanischen Marine (vermutlich als Munitionstransporter) übernommen. Irgendwie überstand die Soya den Krieg und wurde 1956 umfassend umgebaut, um in der Arktis eingesetzt zu werden. Zwischen 1956 und 1962 unternahm sie sechs Reisen in die Antarktis. Im norwegischen Sektor (wo auch die deutsche Station liegt), auf Königin-Maud-Land an der Lützow-Holm-Bucht, errichtete Japan die Forschungsstation Showa.
Bei der Expedition von 1957/58 geriet die Soya in Seenot, wegen technischer Probleme musste die Überwinterung abgebrochen werden. Der amerikanische Eisbrecher USS Burton Island kam ihr zur Hilfe. Aufgrund bis heute nicht geklärter Umstände ließ man bei diesem überstürzten Abzug die insgesamt 12 Schlittenhunde der Expedition zurück.
Erstaunlicherweise fand man bei der Ankunft der nächsten Expedition im Folgejahr zwei der Hunde, Taro und Jiro, am Leben vor, wodurch die Tiere in Japan ungeheuer populär wurden. Während Jiro 1960 in der Antarktis verstarb, wurde Taro mit zurück nach Japan genommen und erhielt in der Universität von Hokkaido in Sapporo sein Gnadenbrot bis zu seinem Tod 1970. Beide Hunde wurden präpariert und sind in Sapporo bzw. in Tokio ausgestellt. Es gibt in Tokio ein Denkmal für das verlassene Rudel, das bereits 1959 vom Tierschutzverein errichtet wurde, sowie Denkmäler für Taro und Jiro in Nagoya bzw. Wakkanai.
Übrigens gehörten die Tiere der heute seltenen Rasse der Sachalin-Huskies an. Bis heute, und besonders zum diesjährigen 50. Jahrestag, erinnert man sich in Japan an die Expedition, das Schiff und die beiden Hunde. Es gibt auch zwei Filme über die Hunde, einen japanischen von 1983 und einen Disney-Film von 2006, der allerdings völlig ohne Japaner auskommt.
Die Soya wurde ab 1962 durch ein anderes Schiff ersetzt und bis 1978 in Hokkaido als Eisbrecher eingesetzt. Seitdem ist sie als Museumsschiff ausgestellt.

Der Bausatz


Als ich letztes Jahr mitbekam, dass Hasegawa ein so interessantes Schiff als Modellbausatz herausbrachte, wollte ich sofort eins haben. Leider ging die erste, limitierte Ausgabe an mir vorbei, und ich dachte schon nicht mehr daran, bis ich dann doch ein Exemplar der nächsten Ausgabe zur Besprechung erhielt. Beim Öffnen der Verpackung fand ich zuerst einen flachen Karton vor, der drei Plastikbeutel mit Teilen für Weißmetallfiguren von zwei Schlittenhunden und einem Antarktisforscher enthielt. Zuerst wusste ich nicht recht, was davon zu halten war, nach einigem Herumsuchen verstehe ich nun die Auswahl der Figuren (siehe oben). Der ursprüngliche Bausatz enthielt übrigens zwei Schneemobile aus Weißmetall als Beigaben. Der dazugehörige Ätzteilsatz von Hasegawa und die speziellen Farbtöne von Gunze befinden sich auf dem Weg von Japan zu mir.
Unter dem Karton mit den Weißmetallteilen fanden sich drei Plastikbeutel mit insgesamt vier Gußrahmen aus klarem, sechzehn aus weißem und einem aus bronziertem Kunststoff. Ein Decalbogen etwa im Format DIN A 5 sowie ein Stück Kette und ein Stück Draht komplettieren den Bausatz. Generell sind die Teile sehr fein detailliert, sehr sauber modelliert und gespritzt, und es fallen keine Gussfehler oder unerfreuliche Auswerfermarken auf.
Die Fülle der oft sehr kleinen und filigranen Teile ist überwältigend, insgesamt sind es 323 Einzelteile.





Der Rumpf besteht aus fünf Einzelteilen, zuzüglich mehrere innere Versteifungen. Alles ist sehr fein graviert und detailliert, die zahlreichen Klampen an der Schanzkleidkante könnten bei anderen Herstellern als Formfehler durchgehen, sind hier jedoch beabsichtigt. Die Bullaugen sind sauber eingetieft und haben feine Regenabweiser. Die Teilung des Rumpfes erfolgt nicht an der Wasserlinie, sondern entlang Nähten der sehr fein wiedergegebenen Rumpfplatten. Das bedeutet erhöhten Aufwand beim Zusammenbau und ein großes Risiko, die fein gravierten Details zu zerstören. Auf den Bau als Wasserlinienmodell ist Hasegawa nicht besonders eingegangen, was mir angesichts der geringen Abmessungen auch nicht als besonders kritisch erscheint. Die meisten von uns verwendeten Basen bieten dem flachen Unterwasserrumpf genug Platz. Nur diejenigen unter uns, die ihre Wasserlinienmodelle auf Glasplatten präsentieren, werden hier leider ihr Tun haben.




Die Aufbauten sind, wie letzthin öfters, teils aus klarem Kunststoff ausgeführt, um die Bullaugen und Brückenfenster besser darstellen zu können. Das geht natürlich nur mit sehr feiner Maskiertechnik.
Die Decksstrukturen sind fein wiedergegeben, mit zahlreichen angegossenen Teilen. Die Plankenstruktur der Holzdecks ist etwas stark betont, dürfte aber trotzdem stimmig wirken. Die Flugdecksmarkierungen sind erhaben graviert, wie gut oder schlecht das ist, ist mir noch nicht ganz klar. Eigentlich sollten die Decals ausreichen.





Ich zeige noch einige der Einzelteile, an denen das durchgängig hohe Niveau erkennbar ist. Besonders schön sind die beiliegenden Fluggeräte: Es liegen zwei Bell 47, zwei S-58 sowie eine DHC-2 Beaver als Bordflugzeuge bzw. Hubschrauber bei. Diese bestehen aus zahlreichen hoch detaillierten Einzelteilen mit versenkten Gravuren. Die Bell 47 bestehen aus klarem Kunststoff, die Gitterstruktur des Heckauslegers soll durch Decals wiedergegeben werden. Jede S-58 besteht aus einem guten Dutzend Einzelteilen!



Der Decalbogen macht einen sehr guten Eindruck. Sehr fein und sauber gedruckt, enthält er eine Vielzahl von Markierungen für Schiff und Fluggeräte, teilweise in mehrfacher Ausführung, was ich extrem hilfreich und beruhigend finde. So sind die erwähnten Decals für die Bell 47 sowie diejenigen für das Flugdeck doppelt vorhanden. Wie sich die Decals verarbeiten lassen und wie die allgemeine Passung der Teile ist, wird sich natürlich erst beim Bau zeigen.


Die Anleitung


Eine der Stärken des Bausatzes liegt in der Anleitung, allerdings nicht in den Angaben zum Schiff, mit denen das 16-seitige Heft beginnt. Denn diese sind bis auf fünf Zeilen auf der dritten Seite komplett auf japanisch. So gehen die sicherlich ausführlichen Angaben zu technischen Daten und Geschichte des Schiffes am Durchschnitts-Mitteleuropäer vorbei.




Der Rest ist dafür auf höchstem Niveau. Die insgesamt 22 Arbeitsschritte sind ausgesprochen klar und deutlich gezeichnet, sie folgen einer logischen und realistischen Abfolge (das tut nicht jeder Hersteller), es wird auf Problemstellen hingewiesen, die Farbhinweise auf Gunze-Farben enthalten auch "Klarnamen" der Farben - auch das ist nicht überall Standard. Es wird im Verlauf stets darauf hingewiesen, welche Teile durch Ätzteile aus dem dazugehörigen Satz zu ersetzen sind – warum übrigens die Niedergänge nicht dazu gehören, ist mir allerdings schleierhaft. Aber hier gibt es ja reichlich Ersatz von den "üblichen Verdächtigen".
Auch die Bemalungs- und Decalpläne sind ausgesprochen klar und übersichtlich. Als Highlight zum Schluß enthält das Heft insgesamt sieben (!) Takelpläne, aus denen zweifelsfrei hervorgeht, welche Leine wohin gehört – das ist ausgesprochen gut gemacht und man würde es sich auch bei anderen Herstellern wünschen.
Das kleine Anleitungsblatt für die Figuren enthält Hinweise für den Umgang mit dem Material sowie klare Bemalungsangaben ebenfalls in Gunze-Tönen. Ich habe mir schon einmal Mr. Metal Primer als Grundierung angeschafft und bin neugierig, wie ich als bekennender Nicht-Figurenbauer mich aus der Affäre ziehen werde.

Quellen


Fazit


Dieser Bausatz ist recht teuer – zusammen mit den Ätzteilen und den Farben sind leicht 100 € weg. Und das für ein recht kleines Modell von knapp 40 cm Länge. Er dürfte sich auch nicht ganz einfach bauen lassen, aufgrund der Vielfalt an Teilen, der womöglichen Passungsprobleme am Rumpf und der Filigranität vieler Teile. Trotzdem - wenn man einmal ein etwas anderes Schiff bauen möchte, ist er absolut auf der technischen Höhe der Zeit und dürfte sein Geld wert sein. Der andere Eisbrecher, den ich kenne, ist die Arktika von Alanger – wer mag, kann gerne meine Bausatzvorstellung mit dieser vergleichen.
Stärken:

  • Hochdetaillierte, saubere Formen auf der Höhe der Zeit
  • Sehr gute Decals
  • Sehr klare Anleitung

Schwächen:

  • Relativ hoher Preis
  • Keine Wasserlinienoption
  • Angaben zum Schiff fast nur auf japanisch

Gesamturteil:
SEHR EMPFEHLENSWERT

Frank Spahr