Modell: Kawanishi H8K2 Type 2 Flying Boat Model 12
Hersteller: Hasegawa
Maßstab: 1/72
Material: 317 Plastikteile, Abziehbilder
Art.Nr.: E45
Preis: 115 €
Das Original
Spricht man über japanische Flugboote, fallen einem sicher zuerst die "Mavis" und die "Emily" ein, wobei sich die "Emily" immer etwas mehr im Fokus befindet. Flugboote hatten für die japanische Kriegsführung im pazifischen Raum eine zentrale Bedeutung. Sie konnten unabhängig von Landstützpunkten aus operieren und verfügten über größere Reichweiten als landgestütze Flugzeuge, was sie zu idealen Fernaufklärern machte.
Als die H6K "Mavis" im Januar 1938 an die Truppe ging, war den Planern bereits klar, dass die neue Maschine den gesteigerten Anforderungen nicht genügen würde. Ein Nachfolger musste entwickelt werden, und das Ergebnis dieser Entwicklungsbemühungen gilt als das beste Flugboot des Zweiten Weltkriegs. Drei Jahre nach der Truppeneinführung der "Mavis" flog die neue Maschine zum ersten Mal und bereits 13 Monate später wurden die ersten Maschinen an die Truppe übergeben. Bis 1945 wurden aber nur 167 "Emily", in der Hauptsache Maschinen der Typen H8K1 und H8K2, aber auch 36 reine Truppentransporter des Typs H8K2-L, gefertigt. Letztere konnte bis zu 64 Passagiere mitnehmen.
Der erste Einsatz des neuen Musters fand am 4. März 1942 statt, als zwei H8K1 Maschinen der 0-Serie über Hawaii auftauchten, aber ihre Ziel nicht fanden und mit ihren Bomben keine bzw. keine nennenswerten Schäden anrichteten. Auch die erhofften wertvollen Aufklärungsergebnisse blieben aus. Ein weiterer bewaffneter Aufklärungseinsatz fand am 10. März statt und endete mit dem Abschuss der Maschine durch Brewster Buffalos der Marine Corps Staffel VMF-221 bei Midway. "Emily" kamen im gesamten pazifischen Kampfgebiet zum Einsatz und eine einzige hat tatsächlich "überlebt" und steht heute, in top restauriertem Zustand, auf dem Fliegerhorst Kanoya.
technische Daten (Typ 12): Besatzung: 10 - 12 Länge: 28,13 m Spannweite: 38 m Höhe: 9,15 m Antrieb: 4 Kasei 22 mit je 1850 PS Startleistung
Geschwindigkeit (max): 454 km/h in 5.000 m Höhe Reisegeschwindigkeit: 296 km/h in 4.000 m Reichweite (max): 7.150 m Leergewicht: 18.380 kg Startgewicht (max): 32.500 kg Bewaffnung: 5 x 20 MG / FF Typ 99, 5 x 7,7 mm MG Typ 92 Abwurfwaffen: 2 x 800 kg Lufttorpedo oder 2000 kg Bomben bzw. Wasserbomben
Der Bausatz
Ende der 1960er Jahre brachte Hasegawa den bislang einzigen 1/72er Bausatz der "Emily" heraus. Dieser wurde seither viele Male wiederaufgelegt. Die Qualität des Bausatzes konnte schon lange nicht mehr mit den heutigen Standards mithalten und dennoch wurde der Bausatz immer gut verkauft. Dies mag Hasegawa letzten Endes wohl dazu bewogen haben einen ganz neuen Bausatz zu entwickeln. Und was für ein Bausatz uns da beschert wird!
Der Rumpf ist viergeteilt. Schon auf den ersten Blick ist jede Erinnerung an den alten Bausatz wie weggeblasen. Exzellente Oberflächendetails, innen wie außen, graviert und erhaben, beeindrucken sehr. Leider gibt es innen einige hässliche Ausdrückermarken, von denen die meisten wohl nicht sichtbar sein werden, andere aber eventuell schon. Hier sollte man vor dem Lackieren und dem Zusammenbau der Rumpfteile eine Überprüfung dahingehend vornehmen, welche der Marken später im Sichtbereich liegen werden und diese dann füllen oder mit dünnem Plastikplatten überplanken. Viele werden es wohl nicht sein. Der Rumpfbug ist als separate Baugruppe gedacht, die erst kurz vor der Fertigstellung montiert werden soll. Ich halte das für unglücklich und rate hier dazu, vom Bauplan abzuweichen und den Rumpf erst komplett fertig zu bauen, bevor man zum Beispiel das externe Fahrgestell anbringt. Der große Hohlraum der Hauptkomponente des Rumpfes wird durch Schotts und diverse Decksebenen stabilisiert. Das zentrale Schott bildet auch gleichzeitig einen der beiden Tragflächenholme. Alles in allem ist der fertige Rumpf extrem stabil und die Verbindung mit den Tragflächen nicht nur bombenfest, sondern sie sorgt auch über die miteinander verbundenen Holme für den korrekten Anstellwinkel der Flächen.
Die Innendetailierung ist schon direkt aus dem Kasten wirklich gut, vor allem wenn man bedenkt, wie wenig davon durch die kleinen Fensteröffnungen sichtbar bleibt. Cockpit, Funkraum und natürlich die vielen Waffenstände mit ihren schweren MG und MK...alles prima und die vollständige Besatzung erst! Hasegawa hat extra für diesen Bausatz eine elfköpfige Crew entwickelt, die aus acht sitzenden und drei stehenden Figuren besteht. Alle Figuren verfügen über separate Köpfe, in unterschiedlichen Ausführungen, und separate Arme, so dass in geringem Umfang auch leichte Veränderungen in den Positionen möglich sind. Toll!
Bevor man die Tragflächen verklebt, muss an sich überlegen, ob man sein Modell mit Bomben oder Torpedos beladen möchte, denn dafür müssen entsprechende Löcher gebohrt werden. Hasegawa hat auch an die Fenster in den Unterseiten der Flächen, direkt am Rumpfanschluss, gedacht. Darüber hinaus gönnt uns der Hersteller zusätzlich nicht nur Scheiben über den Landescheinwerfern, sondern sogar die Scheinwerfer selbst. Das sieht man in diesem Maßstab eher nicht. Sehr löblich!
Besonders gelungen finde ich den stoffbespannten Bereich der Tragflächen und natürlich auch der Leitwerke. Sicher ist die Darstellung für den Maßstab ein klein wenig übertrieben, aber wie sollte man sonst noch etwas davon wahrnehmen? Farblich abgehoben und entsprechend schattiert, werden diese Bereiche jedenfalls sehr überzeugend aussehen.
Die Motoren bestehen aus zwei vollständigen Sternen mit anmodellierten Stösselstangen sowie dem Gehäuse des Propellergetriebes. In dieses muss vor dem Zusammenbau eine Vinylhülse für den Propellerschaft eingesetzt werden, wie man es von Bausätzen in den Maßstäben 1/48 und 1/32 her kennt. Ebenfalls wie bei Bausätzen in den größeren Maßstäben, sind die Auspuffkränze separat gefertigt, was nicht nur das Lackieren erleichtert, sondern natürlich auch realistischer aussieht.
Die drei Leitwerksbereiche sind die wohl einfachste Baugruppe dieses Bausatzes. Je zwei Hälften, zusammenfügen, anbringen am Rumpf, fertig.
Um das Modell realistisch auf dem Trockenen darstellen zu können, beinhaltet der Bausatz sehr gut dargestellte Fahrwerke mit ihren Schwimmkörperkästen. So klein diese Baugruppen auch sind, lohnt sich hier dennoch etwas mehr Aufwand bei Lackierung und Alterung, da sie automatisch das Auge auf sich ziehen. Wer sein Modell jedoch im Wasser darstellen möchte, hat ein Problem, denn das ist von Hasegawa so nicht vorgesehen. Hierfür muss man zumindest seitlich an den Rumpfanschlüssen selber noch tätig werden und die anmodellierten Halterungen entfernen.
Die Außenlasten, zwei Lufttorpedos und acht Bomben, entsprechen heutigem Standard und sind demnach im Bereich der Leitbleche dicker als es dem Maßstab gut tut. Hier kann man selbst Abhilfe schaffen, indem man mit Plastikplatten neue Leitbleche erstellt, oder aber man besorgt sich das Hasegawa-eigene Ätzteile-Set QG68, das Leitbleche für Bomben und Torpedos beinhaltet.
Für die umfangreiche Verglasung liefert Hasegawa gleich dankenswerterweise selbst passende Masken aus Kabuki-Tape, die das Lackieren sehr erleichtern werden und die man ansonsten erst noch dazu kaufen müsste. Prima!
Im letzten Bauabschnitt werden noch Antennenmasten sowie die Radarantennen am Bug montiert. Letztere sollte man aber wirklich durch Ätzteile oder selbstgezogene Antennen ersetzen. Die gibt es von Hasegawa selbst und auch von Eduard.
Die Abziehbilder
Der Abziehbilderbogen liefert Markierungen für drei Maschinen. Eine davon ist die 'T-31', die einzig erhaltene "Emily", die heute skandalöserweise unter freiem Himmel aufgestellt ist! Wie lange sie das wohl aushält?
Die Anleitung
Fazit
Hasegawas "Emily" gehört nicht nur zu den größten und umfangreichsten Flugzeugbausätzen im Maßstab 1/72, sondern ist auch qualitativ ganz weit vorne. Ein Wochenendprojekt ist sie freilich nicht, aber bei dem Preis muss der Bastelspaß ja auch etwas andauern, oder? Geübten Modellbauern sei dieser Bausatz uneingeschränkt empfohlen.
uneingeschränkt empfehlenswert
Olaf Krabbenhöft
Wir danken Gebr. Faller GmbH für das Bausatzmuster