Modell: Le Gladiateur
Hersteller: Heller
Maßstab: 1/200
Material: Kunststoff
Art.Nr.: 80826
Preis: ca. 64 €
Das Original
Ein historisches Originalschiff zu Hellers Le Gladiateur ist schwer greifbar. Folgt man dem kleinen geschichtlichen Abriss in der Bauanleitung, dann hatte sie nur eine sehr kurze Dienstzeit. Ihre erste Fahrt führte sie 1777 über den Atlantik, um die Unabhängigkeitsbewegung der Amerikaner zu unterstützen. Auch zwei weitere Fahrten gingen in die ehemaligen britischen Kolonien. Bereits 1782 soll sie in Philadelphia abgetakelt worden sein. Über ihren weiteren Verbleib schweigt der Dreizeiler. Versierte Modellbauer mit gut bestückter Bibliothek finden vielleicht noch weitere Informationen zur Le Gladiateur.
Allerdings lässt sie sich im Internet weder auf dieser Namensliste der französischen Marine finden, noch entspricht sie der Bauart zeitgleicher französischer Linienschiffe.
Besonders bei der hohen Heckgalerie fällt eher eine Ähnlichkeit zu Kupferstichen von Wenzel Hollars Werk „Navium variae figurae et formae“ auf, das auf zwölf Seiten hauptsächlich holländische Handelsschiffe (Ostindienfahrer) zeigt, aber bereits in das Jahr 1647 datiert. Andere Merkmale des Modells wollen wiederum so gar nicht zu den Stichen passen. Siehe hier und hier.
Der Bausatz
Hellers Le Gladiateur ist eine Entwicklung aus den 1970'ern. Auch wenn sie mittlerweile ein wenig in die Jahre gekommen ist und – ganz abgesehen von ihrer mysteriösen Vorbildstreue - auch ihre Schwächen hat, kann sie noch immer mit so manchem, neuerem Segelschiffsmodell mithalten. Typisch für Hellers Segler dieser Zeit war, dass mindestens zwei Schiffe aus den (annähernd) selben Formen konstruiert wurden; so hat auch die Le Gladiateur mit der Le Indomptable eine Modell-Zwillingsschwester -und mit der Royal Louis auch noch eine Halbschwester, da hier nur die selben Rumpfteile, aber komplett andere Aufbauten verwendet wurden. 616 Bauteile ergeben ein Modell mit 48 cm Länge.
Rumpf
Zwei weiße Rumpfschalen und eine Heckplatte bilden das Grundgerüst des Schiffskörpers. Alle Stückpforten sind offen. An den Innenseiten der Rumpfhälften sind anstelle der unteren beiden Decks jeweils umlaufende Podeste mit angegossen, die das Aufstellen von Geschützen ermöglichen. Die Holzmaserung ist an den Außenseiten - typisch für das Alter des Bausatzes - verhältnismäßig übertrieben dargestellt, bietet aber ein solide Grundlage zum Altern und Herausarbeiten der Oberflächenstrukturen. Im Gegensatz dazu fehlt an den Innenseiten des Rumpfes sowie am Unterwasserschiff (unterhalb der untersten Barkhölzer) leider jegliche Oberflächenstruktur.
Kleinteile
Die Kleinteile sind in drei verschiedenen Farben gegossen. Der Ständer und der obligatorische Wanten-Knüpfrahmen, sowie die Geschütze sind schwarz. Alleine auf die Geschütze entfallen schon 220 der insgesamt 618 Einzelteile des Bausatzes. Gladiateur-spezifische Teile wie z.B. Heckgalerie, seitliche Anbauten oder auch die Galionsfigur sind in weißem Plastik wiedergegeben; der Rest besteht aus hellgrauem Kunststoff. Die Masten sind sehr filigran, was beim Spannen der Takelage sehr viel Sorgfalt erfordert, um ein Verziehen zu verhindern. Erfahrene Modellbauer können zumindest die oberen Mastsegmente durch gedrehte Messingteile ersetzen.
Feine Holzstrukturen sind auf den Decks, den Beibooten, den Eselshäuptern, Kanonenpforten und anderen Kleinteilen zu finden, wohingegen die Masten wiederum aalglatt sind.
Einige der Bauteile zeigen Auswurfmarken an prominenter Stelle, was Nacharbeit erfordert, sich im Großen und Ganzen aber in Grenzen hält.
Segel
Sieben Segel des Schiffes befinden sich auf einer dünnen, tiefgezogenen Kunststoffplatte. Erfreulicherweise sind Vorder- und Rückseite fein strukturiert, auch wenn nicht maßstabsgetreu. Erfreulich ist auch, dass nicht alle Segel klischeehaft vom Wind aufgebläht dargestellt sind, sondern teilweise gerefft und halb-gerefft. Allerdings fehlen auch einige Segel ganz.
Auch zwei im Wind wehende Fahnen sind mit dabei.
Sonstiges
Eine kleine Fahne aus weißem Papier mit blauem Kreuz ist das einzige nicht Kunststoffteil des Bausatzes.
Die Anleitung
Altbewährt und unverändert zeigt sich die Bauanleitung der Le Gladiateur in 21 Bauabschnitten. Zusätzlich findet sich ein Bemalungshinweis, der sich auf die üblichen Humbrol Farben bezieht. Auch das Knüpfen der Wanten wird ausführlich beschrieben. Alle Textfelder liegen in bis zu acht Sprachen vor, Deutsch ist immer dabei.
Fazit
Vielleicht sollte man die Le Gladiateur Modellbauern empfehlen, die einfach nur Spaß am Hobby, Spaß an wehenden Fahnen und aufgeblähten Segeln haben, sich aber weniger für historische Stimmigkeit interessieren. Oder eben Hobbykollegen, die sich mehr für die Historie interessieren und den Aufwand nicht scheuen, das Modell einem aufwändigen Umbauprogramm zu unterziehen. Ein interessantes Modell, in mehrerer Hinsicht…
brauchbar
Wolfgang
Wir danken Heller für das Bausatzmuster