Modell: Cap Horn (fiktiver Schiffsname!)
Hersteller: Heller
Maßstab: 1/150
Material: Polystyrol (Spritzguss, Vacu), Takelgarn, Ankerketten, Abziehbilder
Art.Nr.: 80890
Preis: um 55 €
Das Original
Das Deckelbild zeigt ein digital bearbeitetes Bild einer Fünfmastbark vor den Felsen von Kap Hoorn. Es gibt oder gab kein vergleichbares Schiff mit diesem Namen. Deshalb wird dieser Absatz relativ kurz ausfallen. Tatsächlich ist die Vorlage für dieses Modell der Fünfmast-Vollschiffs Preussen. Das vorliegende Modell hat den achteren Mast aber schratgetakelt und keine Rahen, ist somit kein Vollschiff sondern eine Bark.
Ein ähnliches, französisches Schiff wäre die Fünfmastbark France I, in der Bauweise jedoch sehr abweichend. Die France I hat ein durchgehendes glattes Deck mit Hüttenaufbauten, das Modell ist als Dreiinselschiff ausgeführt – wie die Preussen eben. France I ist wie ihre Nachfolgerin France II und die Preussen aus etwa der selben Epoche. Alle drei Schiffe wurden zwischen 1890 und 1911 vom Stapel gelassen. France II besitzt als Dreiinselschiff dabei noch mehr Ähnlichkeit mit dem vorliegenden Plastikmodellbausatz. Möchte man bei einem französischen Schiff bleiben verbleibt natürlich die nicht unattraktive Möglichkeit, das Modell mit dem schwarz-weißen Portenband der France I und II zu bemalen. Insgesamt fehlt dem Modellrumpf aber ein wenig die Grazilität der französischen Schiffe.
Der Bausatz
Der Bausatz besteht aus neun Spritzrahmen in drei verschiedenen Farben. Alle Teile sind von guter Qualität, Gußgrate oder Fischhaut waren keine zu finden. Insbesondere die Spieren sind jedoch zu dünn – maßstäblich richtig aber nicht ausreichend zugfest. Die Holzstrukturen und Plankenstöße auf den Decksplatten sind sehr fein dargestellt, sogar auf den mit Persenning abgedeckten Lukendeckeln ist eine sehr feine Stoffstruktur.
Wie man unschwer erkennen kann ist der Karton für den großen Rumpf viel zu klein. Bereits beim ersten Auspacken war eine Ruderhacke verbogen. Bei der Passprobe zeigte sich, das auch der Vorsteven schon gelitten hat. Wie bei anderen Herstellern auch schon beobachtet, werden manche Bausätze schlampig verpackt. Die Verkaufskartons sollten viel besser unterteilt und ausgepolstert werden.
Die Rumpfhälften sind in weiß gespritzt. Binnenbords wie außen ist der Schiffskörper schön detailliert. Ein Stahlschiff gibt natürlich nicht viel her – vielleicht ist deshalb die Plankenstruktur aussenbords etwas üppig geraten. Das ist aber eher persönliches Empfinden.
Binnenbords sind lediglich die Schanzkleidstützen angeformt.
Eine kurze Passprobe zeigt, dass wohl das schwierigste zusammen zuklebende Teil relativ gut passt.
In schwarz liegt eine Wantknüpfmaschine bei. Im selben Rahmen die Bodenplatte für den Modellständer.
Spritzrahmen in braunem Kunststoff mit Decksteilen, Lukendeckel und Ruder.
Detailaufnahme des mittleren Deckbereiches mit den Befestigungspunkten für Maschinenteile etc.
Ebenfalls in braunem Plastik ein Rahmen mit Relingen, Teilen der Deckshäuser, Schandeckel, Maschinenteilen der Winden, Tanks, Rahen, Salinge mit Eselshaupt und einem Namensschild für die Preussen…
In einem kleineren weißen Rahmen befindet sich dann das Schild mit dem aktuellen Schiffsnamen Cap Horn. Weiterhin sind hier die Gaffeln und Bäume sowie die Galionsfigur, die ein wenig wie eine Ente mit gestutzten Flügeln aussieht.
In einem weiteren weißen Rahmen sind Nagelbänke, Lüfter, Ständerteile, die Steueranlage, Relings für die Gangways zwischen den Inseln, Spieren, Deckshausteile, ein Boot mit Klampen, weitere Maschinenteile, die Anker, der Gangspill, Davits und ein kleiner Kran.
Dieser Rahmen ist viermal in dem Bausatz. In braun gespritzt beinhaltet er neben den Masten und Rahen die Augbolzen, weitere Teile der Gangspille und anderer Maschinen. Auch befinden sich hier Salinge, Nagelbänke, weitere Boote mit Duchten und Riemen sowie die Rettungsringe.
Die Segel
Wie üblich bei Plastikseglern sind die Segel des Schiffes aus tiefgezogenen Plastik. Auf acht Bögen sind die Segel verteilt, nur ein Bogen – der mit den Gaffelsegeln – ist mit „Cap Horn“ geprägt, alle anderen haben die Aufschrift „Preussen“. Der Bogen 4 ist viermal vorhanden.
Weiteres Zubehör
Dem Bausatz liegt Takelgarn aus weißer Baumwolle in drei verschiedenen Stärken bei. Auch dabei sind zwei 14,5 cm lange kupferne Ankerketten, ein Bogen Naßschiebebilder und eine Nationalflagge aus Papier.
Die Anleitung
Der Bauplan umfasst 16 Seiten in der Heller-üblichen Manier. Beginnend mit einem kurzen Abriss der Geschichte dieser Schiffe und einer Beschreibung ihres Einsatzbereiches beginnt die Montageanleitung mit dem Zusammenbau des Rumpfes.
Der Bauplan ist weitestgehend mit dem des Modells der Preussen identisch.
In vielen kleinen Baustufen werden Details wie Anker, Winden, Ruderanlage und Boote zusammengefügt die auf der nächsten Seite auf dem Deck montiert werden:
Jede Seite ist ähnlich einem Explosionsbauplan gestaltet. Bisweilen scheint der Plan etwas unübersichtlich. Bis Seite 8 des Bauplanes ist der Zusammenbau des Rumpfes abgeschlossen.
Auf dem nächsten Blatt beginnt die Montage der Masten. Zunächst werden die rahgetakelten Masten gebaut, Untermasten und Marsstengen bestehen aus jeweils zwei Teilen, die Bramstenge aus einem Stück. Diese dünnen Teile ohne Verzug zu takeln wird dem Modellbauer viel Geduld abverlangen.
Auf Seite 10 dann der einzige Unterschied zum Vollschiff Preussen: Der Besanmast mit Gaffel und Gaffeltoppsegel. Interessant ist das Zahlensystem mit dem Heller seinen Takelplan aufbaut. Statt Wortungetümer wie Großobermarsgeitau bekommt der Tampen den Code C 9. Es ist sicherlich sinnvoll, sich kleine Klebefilmstreifen mit dem Code an die gesetzten Taue zu kleben – sonst verliert man schnell den Überblick. Die gleiche Bezeichnung findet sich dann an der entsprechenden Stelle im darunter angeordneten Belegplan. Der fehlt leider bei den meisten Segelschiffbausätzen. Ganz vollständig sind dabei die Heller-Takelpläne auch nicht.
Im Gegensatz zur sonst üblichen Takelungsweise wird das stehende Rigg hier zuletzt aufgezogen. Auch das ist sicher sinnvoll da das Stützrigg beim Belegen der laufenden Takelage im Wege wäre.
Auch sehr interessant ist die Takelungstabelle auf Seite 15. Hier ist auf geführt, in welcher Länge, Stärke und Anzahl die Taue zu zuschneiden sind.
Auf der letzten Seite des Planes schließlich der Zusammenbau und Nutzung der Wantenknüpfmaschine. Ob dieses Gerät hilfreich ist kann ich nicht beurteilen. Bisher habe ich nie eine benutzt.
Fazit
Wenn man nicht darauf besteht, unbedingt ein Modell mit originalem Vorbild zu bauen, sondern die Cap Horn als eine Art Typschiff für die Größten der Windjammer betrachtet, ist man mit dem Bausatz gut bedient. Erstens hat man mit den qualitätvoll gespritzten Teilen eine Menge Bastelspaß (der Sinn unseres Tuns) und dann hat man nach Fertigstellung einen imposanten Zimmerschmuck.
Was leider vollständig fehlt sind die Rollenblöcke für die Takelage. Davon fuhr die France oder Cap Horn sicher hunderte. Aber einerseits kann man diese Blöcke relativ einfach selbst machen, oder man versucht, sie über den Hersteller zu bekommen. Ich hörte, für einen Unkostenbeitrag sendet Heller Blöcke aus anderen Bausätzen zu. Allerdings ist der Bausatz nur Profis zu empfehlen. Ein Anfänger wäre sicher schnell überfordert.
empfehlenswert
Frank Brüninghaus
Modellbauclub Koblenz
Wir danken Heller für das Bausatzmuster