Flying Cloud Deckelbild

Modell: Flying Cloud
Hersteller: Heller
Maßstab: 1/200 (Herstellerangabe, richtiger ist 1/250)
Material: Polystyrol (Spritzguss)
Art.Nr.: 80830
Preis: 28-32 €

Das Original

Gebaut im Jahr 1851 als Auftrag der Train Co. sollte die Flying Cloud deutlich größer werden als bis dahin bekannte Schiffe. Der junge, aufstrebende Schiffbauer Donald McKay erhielt den Auftrag. Bereits während ihres Baues war die Flying Cloud das Gesprächsthema in der Fachwelt. Noch auf der Helling wechselte der Klipper seinen Besitzer: Die Enoch Train Company befand sich in einem finanziellen Engpass, die Grinnell, Minton Co. Bot 90.000 $ und Train akzeptierte. So ging der Deal über den Tisch. Der ursprüngliche Auftraggeber sollte sich später sehr darüber ärgern, denn der Klipper erbrachte hervorragende Leistungen.

Train bereits setzte Josiah Perkins Creesy als Schiffsführer für den noch im Bau befindlichen Klipper ein. Die neuen Besitzer beließen Creesy, einen äußerst erfahrenen und für schnelle Reisen bekannten Skipper in seinem Kommando. 1814 in Marblehead geboren hatte er Salzwasser statt Blut in den Adern. Bereits als Junge fuhr er auf Ostindienfahrern und hatte mit 23 Jahren sein erstes Kommando. Am 15. April lief die knapp 1800 tons große Flying Cloud vom Stapel. Ihre Galionsfigur war ein trompetenblasender Engel.

Sieben Wochen später lief sie aus New York zu ihrer Jungfernreise nach San Francisco aus. Kapitän Creesy mit dem Vorsatz, einen neuen Rekord aufzustellen. Aber das Schiff war von Anfang an vom Pech verfolgt. Es begann mit der Mannschaft. Creesy hatte nur wenig befahrene Matrosen in der Crew, viele waren Landlubber die nur eine billige Überfahrt zu den kalifornischen Goldfeldern suchten. Hinzu kam ein aufsässiger Erster Offizier der sich um Creesys Befehle einen Dreck scherte. Drei Tage nach Sandy Hook blies ein heftiger Sturm Bramstengen von Groß- und Kreuzmast sowie die Großmarsrah über Bord – alles musste auf See repariert werden, hinzu kam noch ein Sprung im Großmast. Kurz nach überqueren des Äquators bohrten zwei Crewmitglieder den Rumpf an – in der Hoffnung, Creesy würde Rio als Nothafen anlaufen. Creesy ließ aber die Löcher stopfen, die Saboteure in Eisen legen und fuhr weiter. Der nächste Sturm ließ nicht lange auf sich warten. Ein weiterer Sprung entstand im Großmast, Creesy ließ Royal- und Bramstengen fieren um so den Mast zu entlasten. Dennoch schaffte die Flying Cloud am 31. Juli 1851 ein Etmal von 374 Seemeilen, eine Durchschnittsgeschwindigkeit von mehr als 15 Knoten. Kurz vor Ende der Reise verlor sie noch die Bramstenge des Fockmastes. Trotz dieser Rückschläge und einer meuterischen Besatzung stellte die Flying Cloud mit 89 Tagen und 21 Stunden einen neuen Rekord auf dieser Strecke auf. Ihr größter Konkurrent, Bully Watermans Challenge benötigte für die gleiche Strecke 108 Tage.

Die Flying Cloud machte noch viele Reisen, unterbot dabei auch ihren eigenen Rekord um 13 Stunden. 1863 wurde sie nach England verkauft und segelt die Strecke Liverpool – Brisbane. Nach einem weiteren Verkauf Anfang 1870 strandete sie 1874 bei St. John an der kanadischen Küste. Zwar konnte sie noch in eine Werft geschleppt werden, geriet dort aber in Brand. Danach waren die Schäden so groß, das sich eine Reparatur nicht mehr lohnte.

Der Bausatz

Geschichte des Bausatzes: Erstauflage von Revell ab 1965(?), Wiederauflagen zuletzt mit diesem Bausatz von Heller.

Der Klipper kommt in einer meiner Meinung nach recht praktischen Klappdeckelbox mit seitlichen Schließzungen daher. Der Karton ist hier ausreichend oder fast zu groß, er sollte besser unterteilt werden denn der Packungsinhalt rutscht in der Box umher. Das Deckelbild zeigt das fertig gebaute Modell wie es der Baukasten hergibt. Eine Karte zeigt die Reiseroute von New York über Kap Hoorn nach San Francisco. Ein kleiner Einklinker zeigt eine Detailansicht vom Backdeck des fertigen Modells, hinzu kommt ein kurzer Abriss auf französisch zu Größe und Leistungen des Schiffes.

Die Wanten sind die einzigen Teile in schwarzem Plastik.

Alle anderen Teile sind in weißem Kunststoff gespritzt.

Dieser Gießast trägt das schön detaillierte Deck mit Taubunschen und an backbord festgelaschten Ersatzspieren (das Schiff also noch vor Sandy Hook), die Plankennähte sind etwas erhaben dargestellt, in diesem Maßstab natürlich völliger Quatsch. Mit der richtigen Maltechnik ist so allerdings die Kalfaterung darstellbar. Weiterhin sind Namensschild, Mastbetinge, Untermasten und Marsstengen an diesem Ast.

Am nächsten Ast hängen die Wantjungfern mit Rüsten, Poller und eine Rumpfhälfte. Die zweite Hälfte lag einzeln in der Tüte.

Am dritten Gießast hängen die Rahen, Bram- und Royalstengen sowie der klassische Revell-Segelschiffständer.

Die Strukturen auf dem Rumpf sind recht fein wiedergegeben, ob man sie bei diesem Maßstab wirklich noch so wahrnehmen kann sei dahingestellt. Eine grobe Passprobe zeigte recht gute Passgenauigkeit zumindest der Rumpfhälften.

Der letzte Gießast – nach Abfolge des Bauplans eigentlich der erste – beinhaltet die Teile der Decksausrüstung: Deckshäuser, Boote, Reling, Anker, Bugspriet, Salinge und Bratspill. Auch der Engel hängt an diesem Ast. Einige wenige Teile hatten sich von den Rahmen gelöst und flogen einzeln in der Tüte herum. Bei der übersichtlichen Zahl an Bauteilen aber kein Problem.

Auf zwei Bögen liegen die tiefgezogenen Segel bei.

Die Teile sind meist sauber gespritzt, dennoch sieht man dem Bausatz sein recht hohes Alter von über 50 Jahren an denn Fischhaut und Gußgrate kommen hier und da mal vor. An Rumpf und Deck fallen einzelne Sinkstellen auf – diese lassen sich aber leicht verspachteln oder mit Taurollen verdecken. Auf dem Dach eines Deckshauses sind gut ausschleifbare Auswerfermarken, an einigen Stellen befinden sich außen sichtbare Verdickungen für Steckzapfen. Alles in allem aber durchaus vernachlässigbar, es verursacht nur etwas mehr Arbeit beim Versäubern.

In der Annahme, das Längenangaben von Schiffen in der Regel auf den Kiel oder auf die Distanz zwischen den Perpendikeln bezogen sind stimmt der angegebene Maßstab für die Flying Cloud nicht. Die Originallänge wird mit 225´ oder 69 m angegeben. Demnach müsste der Kiel, oder die Länge zwischen den Lotten, etwa 34 cm lang sein. Die Modelllängen kommen aber nur auf 27 respektive 28 cm. Dies ergäbe ein Verkleinerungsverhältnis von 1/250 - 1/260. Selbst die Länge über alles beim Modell wäre noch zu kurz für die Angabe 1/200. In einer alten Bausatzauflage gibt Revell den Maßstab mit 1/232 an, das kommt dem Bausatz schon näher.

Die Abziehbilder

Dem Bausatz liegt ein kleiner Abziehbilderlbogen mit Flaggen und Namenszügen bei. Ein kurzer Ausflug in die Vexillogie: Die Flagge ist leider nicht ganz korrekt wiedergegeben, den nach dem Beitritt Kaliforniens 1850 hatte die US-Flagge im blauen Feld 31 Sterne statt nur 16.

Die Anleitung

Teilweise scheint man dem Plan seine Herkunft anzusehen. Die Aufteilung ist klassisch Heller, die Zeichnungen könnten aber durchaus noch von den alten Revellplänen stammen.

Mit den ersten acht Baustufen auf Seite 1 wird der Zusammenbau des Decks und seiner Einrichtung beschrieben.

Auf Seite 2 mit den nächsten fünf Baustufen steht die Montage und Bemalung des Rumpfes mit dem Ständer, Bugspriet und den Rüsten.

Die dritte Seite beinhaltet die Montage aller drei Masten sowie die Anbringung der Anker. Weiterhin befindet sich hier auch die „Seiltabelle“, eine sehr sinnvolle Einrichtung zur Vereinfachung der oft sehr komplexen Nomenklatur zur Takelage. Mit einem einfachen Code werden Wortungetüme wie Steuerbordgroßmarsstagsegelschot kurzerhand zu „C4“. Darüber hinaus zeigt die Tabelle Längen und Durchmesser der einzelnen Seile an.

Seite 5 zeigt den Zusammenbau von Masten und Rumpf. Auch die Anbringung der Spritzgußwanten und der restlichen Stütztakelage – dem stehenden Rigg – sowie der Anbau der Vaku-Segel sind hier aufgeführt.

Die letzte Seite widmet sich dem Bugspriet und der laufenden Takelage, also den Bedienelementen der Segel. Durch die Aufteilung in mehrere „Baugruppen“ bleibt der Plan recht übersichtlich und verständlich, auch Anfänger, hier sicherlich die Zielgruppe, können den Bau gut bewältigen.

Dem kleinen Maßstab geschuldet bleibt der Takelplan rudimentär. Kaum ein Tampen wird an Deck belegt – ginge auch gar nicht da keine Befestigungs (Beleg-)punkte vorgesehen sind.

Mit dem Auftakeln der Flaggleine, der Dirk und einem stark reduzierten Piekfall am Besanmast ist der Bau fast abgeschlossen. Jetzt muß nur noch die Flagge zur Gaffelpiek vorgeheißt werden und der stolze Klipper ist fertig.

Fazit

In diesem Maßstab ist dieser Bausatz der einzige, der einen der frühen Klipper darstellt. Allein aufgrund seines hohen Alters und des kleinen Maßstabs muss man bei diesem Bausatz ein paar Abstriche machen. Sicherlich sind alle Spieren viel zu dünn, beim Spannen der Takelage ist große Vorsicht geboten. Wie man zur Detaillierung des Decks mit seinen Taubunschen steht ist Geschmackssache. Bei guter Bemalung können sie recht schick aussehen. Für den jungen Anfänger ist das Schiffchen jedoch ein guter Einstieg, dem versierten Modellbauer bietet es eine Menge Ausbaumöglichkeiten, angefangen beim Einbau von Nagelbänken, dem Austausch von Wanten und Segel bis zur Vervollständigung der komplexen Klippertakelung mit allen Leesegeln. In „Wasser“ gesetzt kann es ein kleiner und feiner Zimmerschmuck werden. Ich freue mich auf den Bau.

alt guter Durchschnitt

Frank Brüninghaus
Modellbauclub Koblenz

Wir danken Heller für das Bausatzmuster