Deckelbild

Modell: Turkish Cruiser Mecidiye, 1903
Hersteller: Kombrig
Maßstab: 1/700
Material: Resin, Fotoätzteile
Art.Nr.: 70453
Preis: 39,30 € (bei NNT)

Deckelbild

Modell: Russian Cruiser Prut, 1915
Hersteller: Kombrig
Maßstab: 1/700
Material: Resin, Fotoätzteile
Art.Nr.: 70454
Preis: 39,30 € (bei NNT)

Kombrig hat von dem ursprünglich für die Marine des Osmanischen Reichs gebauten Geschütztem Kreuzer Mecidiye zwei Bausätze herausgebracht: im Bauzustand bei Indienststellung als Mecidiye sowie als Prut nach Erbeutung und Wiederherstellung durch die russische Marine.

Das Original

In den 1880er und 1890er Jahren dominierte die britische Werft Armstrong den Exportmarkt für Kreuzer. Die meisten davon waren Geschützte Kreuzer, die nach der Werft auch Elswick-Kreuzer genannt wurden. Die osmanische Marine bestellte einen der letzten dieser Kreuzer, die Hamidiye. Im Gegensatz zu früheren ähnlich bewaffneten Geschützten Kreuzern dieser Werft, war die Hamidiye als Glattdecker ausgelegt und war mittschiffs so durch den höheren Freibord trockener. Zwei sehr ähnliche Geschützte Kreuzer wurden bei Ansaldo in Italien und bei Cramp in den USA bestellt. Von Cramp wurde die Mecidiye gebaut, das bei Ansaldo gebaute Schiff wurde nach Ausbruch des Italienisch-Türkischen Kriegs 1911 von der italienischen Marine beschlagnahmt und als Libia in Dienst gestellt.

Während Hamidiye als ein sehr gelungenes Schiff galt, soll Mecidiye eine zweifelhafte Stabilität gehabt haben und wurde entsprechend öfters modifiziert und weniger eingesetzt. Auch von der russischen Marine wurde sie, in Prut umbenannt, kaum eingesetzt. Sie hatte nach der Bergung zehn 13 cm-Geschütze erhalten, 1917 wurde die Bewaffnung auf sechs 13 cm-Geschütze reduziert und die Prut außer Dienst gestellt, um neue Kessel einbauen zu können. In diesem nicht-fahrbereiten Zustand wurde das Schiff von den Deutschen und Osmanen wieder erbeutet und zurück in die Türkei geschleppt. Mit neuen Kesseln, aber immer noch reduzierter Bewaffnung, wurde das Schiff, wieder in Mecidiye umbenannt, von der nunmehr türkischen Marine bis in den Zweiten Weltkrieg als Schulschiff verwendet.

Mecidiye war 102,4 m lang, 12,8 m breit und verdrängte 3967 t. Der Antrieb bestand aus 16 Kesseln und zwei 4-Zylinder-Dreifachexpansionsdampfmaschinen und leistete 12 500 PS. Bei Probefahrten wurden 22 kn erreicht. 1916 erreichte sie mit nur noch 6696 PS nur noch 17,9 kn. Mit neuen Kesseln waren es 1936 wieder 20 kn. Die Besatzung bestand ursprünglich aus 302 Mann. 1915 waren es 355 Mann, in russischen Diensten 300 Mann und 1936 in türkischen Diensten 310 Mann.

Bewaffnung 1903
2 x 15,2 cm L/45
8 x 12 cm L/45
6 x 4,7 cm
6 x 3,7 cm
2 x 45,7 cm Torpedorohre

Bewaffnung 1916
10 x 13 cm L/55
4 x 7,62 mm MG
2 x 45,7 cm Torpedorohre

Bewaffnung 1927
4 x 13 cm L/56
4 x 7,62 cm L/50
2 x 45,7 cm Torpedorohre

Mecidiye wurde 1901-03 bei Cramp in Philadelphia gebaut. Im Ersten Balkankrieg war Mecidiye an zahlreichen Gefechten mit griechischen Zerstörern sowie an den beiden großen Seeschlachten in diesem Krieg zwischen der osmanischen und griechischen Marine beteiligt: der Schlacht von Elli am 16. Dezember 1912 und der Schlacht von Lemnos am 18. Januar 1913. Beide Schlachten überstand sie unbeschadet. Dazu wurde auf Mecidiye am 22. Dezember 1913, zum ersten Mal in der Geschichte, ein selbst getriebener Torpedo von einem U-Boot  abgefeuert: der Torpedo des griechischen U-Boots Delfin verfehlte sie allerdings.

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde Mecidiye zum Geleit von Transportern eingesetzt. Am 3. April 1915 lief sie, als sie zusammen mit ihrer Halbschwester Hamidiye und vier Zerstörern Odessa angreifen sollte, auf eine Mine und sank im flachen Wasser. 26 Mann der Besatzung starben, der Rest wurde von der Hamidiye gerettet. Der Zerstörer Yadigar-i-Millet versuchte das Wrack mit einem Torpedo zu zerstören. Die Schäden hinderten aber die Russen nicht daran, das Schiff am 8. Juni zu bergen. Sie wurde in Odessa repariert und mit neuen 13 cm-Geschützen bewaffnet. Am 15. Februar 1916 wurde sie als Prut für die russische Marine in Dienst gestellt. Bereits 1917 wurde sie außer Dienst gestellt, um die defekten Kessel gegen neue auszutauschen. Dies erfolgte aber nicht, sie wurde am 1. (oder 12.?) Mai 1918 in Sewastopol in nicht fahrbereitem Zustand von den Deutschen erbeutet. Im Juli wurde sie von der Hamidiye nach Istanbul geschleppt, wo sie aufgelegt wurde. Ab 1925 wurde sie in Gölcük repariert und 1927 als Schulschiff wieder unter dem Namen Mecidiye in Dienst gestellt. 1940 wurde sie in Gölcük stationäres Schulschiff, 1947 wurde sie komplett außer Dienst gestellt. 1952 wurde sie nach Istanbul zum Abwracken verkauft, was 1956 abgeschlossen war.

Der Bausatz

Kombrig bietet Bausätze dieses Geschützten Kreuzers im Zustand als Mecidiye bei Fertigstellung und als Prut nach den Reparaturen und Umrüstungen für die russische Marine. Die enthaltenen Teile in beiden Bausätzen sind weitgehend identisch. Der wesentliche Unterschied ist die enthaltene Bewaffnung. Die Teile, die beiden Bausätzen beiliegen, sind hier aus dem Bausatz der Mecidiye entnommen.

Der Rumpf liegt nur in der Wasserlinienvariante bei. Von der Länge und den Abmessungen entspricht er den Zeichnungen in Hamidiye, Mecidiye & Kruvazörler (das Buch ist inzwischen auch in der englischen Übersetzung als Ottoman Navy's Cruisers erschienen). Zu diesen Zeichnungen gibt es nur wenige kleine Abweichungen bei Details. So fehlt das letzte Bullauge achtern, die Poller müssten etwas mehr nach Innen versetzt sein und der jeweils vorderste und hinterste Kasten am Schanzkleid mittschiffs ist vorne bzw. hinten abgerundet (und nicht eckig; die Schräge neben den vier mittleren 12 cm-Geschützen ist korrekt). An der Wasserlinie findet man etwas Grat, den man entfernen muss, ansonsten ist der Guss der Resinteile makellos.

Die Aufbauten sind gut detailliert. Lediglich das geschlossene Schanzkleid auf dem Brückendeck und dem achteren Kommandostand sollte man durch eine offene Reling ersetzen. Auf einigen Fotos sind diese Relings mit Persenning bespannt. Die Schornsteine sind oben bereits aufgebohrt. Die Form der Lüfter entspricht zwar nicht den Zeichnungen in Hamidiye, Mecidiye & Kruvazörler, aber wirkt im Vergleich zu den darin enthaltenen Fotos korrekt. Die beiden kleinen Lüfter unterhalb der Brücke müssten bis zum Oberdeck reichen (falls man dieses Detail überhaupt später noch sehen kann, was wir bezweifeln).

Der einzige Unterschied zwischen den Bausätzen der Mecidiye und Prut besteht in der Bewaffnung. Die dem Bausatz der Mecidiye beiliegenden Geschütze (linkes Bild) sind aus einem Teil gemacht. Die Öffnung der Schutzschilde und die Details des Geschützes sind aber angedeutet, so dass diese Teil trotzdem gut wirken dürften. Bei den Geschützen in dem Bausatz der Prut (rechtes Foto) sind dagegen die Schutzschilde separat ausgeführt. Da die mittleren acht Geschütze der Prut eventuell nicht mit Schutzschilden ausgestattet waren, besteht hier so die Möglichkeit diese wahlweise wegzulassen.

Die Beiboote sind gut gemacht. Aufgrund fehlender Zeichnungen können wir nicht beurteilen, ob sie korrekt sind. Auf den oben schon erwähnten Plänen hängt Steuerbord vor der Brücke noch ein weiteres kleines Beiboots an Davits. Diese Davits (aber nicht das Boot) konnten wir nur auf einem Foto finden.

Die Fotoätzteile

Die Platine enthält u.a. Teile für die Schornsteingrille, Bug- und Heckzier (nur für Mecidiye?), Bootslagerungen, Ankerketten und Abstützungen der Brücke. Teile für die Reling sind nicht enthalten.

Die Platine ist in beiden Bausätzen identisch. Da bei der Platine in unserem Exemplar des Mecidiye-Bausatzes nicht mehr alle Teile vorhanden sind, wurden zwei Platinen beigelegt, so dass trotzdem alle Teile vorfügbar sind - und viele doppelt enthalten sind.

Die Anleitung

Die Anleitung des Bausatzes der Mecidye besteht aus historischen Angaben (in Russisch), technischen Daten (in Englisch), einer Seitenansicht und Aufsicht, einer Übersicht über die enthaltenen Teile und der eigentlichen Bauanleitung. Diese erklärt den Zusammenbau in zwei Schritten plus drei Zeichnungen für Unterbaugruppen. Für die Masten und Rahe liegen keine Teile bei, in der Anleitung sind aber die Abmessungen angegeben, so dass man sich diese aus Metallprofilen selbst anfertigen kann.

Die Anleitung des Bausatzes der Prut ist weitgehend identisch:

Die Prut ist fotografisch schlecht dokumentiert. Die beiden besten Fotos dürften dieses und dieses sein. Auf ersterem, auch auf dem Deckelbild zu sehen, scheinen die 13 cm-Geschütze noch zu fehlen. Sicher ist, dass alle leichten Geschütze entfernt wurden, ebenso die achtere Brücke. Dafür stand achtern auf der Hütte ein Entfernungsmesser, eventuell auch zwei Scheinwerfer. Wahrscheinlich hatten nur das vorderste und hinterste 13 cm-Geschütz ein Schutzschild. Die mittleren acht Geschütze ohne Schutzschild darzustellen, wäre natürlich einfach, da diese als extra Teile beiliegen. Wahrscheinlich ist auch, dass das geschlossene Steuerhaus auf der Brücke vorne entfernt worden war (schon vor dem Untergang 1915?) und die Brücke offen war. Dies ist gut auf dem Deckelbild zu sehen. Wahrscheinlich stand auch dort ein Entfernungsmesser. Die Zeichnungen in Kombrigs Anleitung weichen diesbezüglich teilweise ab, wie auch Zeichnungen in manchen Büchern...

Quellen

Fazit

Die beiden Bausatzvarianten der Mecidye/Prut zeichnen sich durch feine Details und sehr guten Guss aus. Im Vergleich zu den Zeichnungen und Fotos ist der Bausatz der Mecidiye sehr originalgetreu, es gibt nur minimale Abweichungen, die kaum auffallen und wahrscheinlich auch ziemlich leicht korrigierbar sind. Der Bauzustand als russische Prut ist relativ schlecht dokumentiert. Eventuell sind hier einige Änderungen (u.a. Entfernen bzw. Weglassen des Steuerhauses, der hinteren Brücke und der leichten Geschütze bzw. Hinzufügen von Entfernungsmessern) notwendig. Die beiden Bausätze sind bis auf Teile für die Masten und Relings vollständig. Insgesamt sind die Bausätze, insbesondere der der Mecidiye,

alt sehr empfehlenswert

Lars und Carsten

Wir danken Kombrig für die Bausatzmuster