Modell: Royal Netherlands Navy Light Cruiser HNLMS De Ruyter (De Zeven Provincien class)
Hersteller: Doggy Industries
Maßstab: 1/700
Material: Resin, Fotoätzteile, Messingrohre, Abziehbilder
Art.Nr.: MDW056
Preis: etwa 127 - 175 €

Das Original

Der niederländische Leichte Kreuzer Hr. Ms. De Ruyter (C801) war eines der beiden Schiffe der 1939-53 gebauten De Zeven Provinciën-Klasse. Die beiden Kreuzer sollten ursprünglich die Leichten Kreuzer der Java-Klasse ersetzen. Die Klasse war eine Entwicklung aus der De Ruyter von 1935. Als Bewaffnung waren zehn 15-cm-Geschütze und Torpedorohre vorgesehen und es sollte ein Katapult für Bordflugzeuge eingebaut werden. Im Zweiten Weltkrieg sollten die beiden Kreuzer in den besetzten Niederlanden für die Kriegsmarine als KH 1 und KH 2 fertig gebaut werden. Während des Kriegs gab es wegen es wegen anderer Prioritäten und Sabotage kaum Baufortschritte - außer, dass die spätere De Ruyter einen typisch deutschen Atlantikbug erhielt. Nach dem Krieg wurde der Entwurf komplett überarbeitet. Die ursprünglich von Bofors bestellte Bewaffnung war in die schwedischen Kreuzer der Tre Kroner-Klasse eingebaut worden und es sollten die Erkenntnisse des Kriegs berücksichtigt werden. Die Maschinen und Kessel wurden in mehreren Maschinenräumen angeordnet, um zu verhindern, dass ein einziger Treffer die gesamte Maschinenanlage lahm legen konnte. Hierdurch wurde es notwendig die Zahl der Schornsteine von ein auf zwei zu vergrößern. Die Bewaffnung wurde durch neue vollautomatische 15,2-cm-Geschütze von Bofors ersetzt, die auch zur Flugabwehr verwendet werden konnten. Dazu wurde die leichte Flak verstärkt. Auch die Aufbauten und Masten wurden an die neuen Anforderungen angepasst. Das Ergebnis war ein komplett überarbeiteter Entwurf.

Ihr Schwesterschiff De Zeven Provinciën erhielt 1962-64 statt der achteren Geschütztürme einen Terrier-Flugabwehrraketenstarter plus die notwendigen Feuerleit- und Suchradargeräte. Wegen der hohen Kosten wurde De Ruyter nicht modernisiert. Sie wurde 1973 an Peru verkauft, wo sie in BAP Almirante Grau umbenannt wurde und mehrfach modernisiert wurde, u.a. mit Otomat-Anti-Schiffsraketen. 1976 wurde auch Hr. Ms. De Zeven Provinciën an Peru verkauft. Der Terrier-Starter musste entfernt werden und wurde durch einen großen Hubschrauberhangar ersetzt. Sie diente bis 1999 als BAP Aguirre, während BAP Almirante Grau noch bis 2017 in Dienst blieb.

De Ruyter ist 187,3 m lang, 17,1 m breit und verdrängte voll beladen 11.930 t. Der Antrieb bestand aus vier Kesseln und zwei Dampfturbinen mit insgesamt 85.000 PS, womit 32 kn erreicht wurden. Die Besatzung bestand ursprünglich aus 926-973 Mann.

Bewaffnung 1953
8 x 15,2 cm (vier Zwillingstürme)
8 x 5,7 cm (vier Zwillingstürme)
8 x 4 cm (Einzellafetten)
Wasserbomben

De Ruyter wurde 1939 als De Zeven Provinciën bei  Wilton-Fijenoord in Schiedam begonnen. Während der deutschen Besatzung wurde sie langsam als KH 1 weiter gebaut und 1944 von Stapel gelassen, um sie als Blockschiff zu verwenden, wozu es nicht mehr kam. 1950 tauschte sie mit dem Schwesterschiff - welches erst Kijkduin, dann Eendracht und De Ruyter heißen sollte - den Namen und wurde 1953 als De Ruyter in Dienst gestellt. Sie diente bis 1962 bei der niederländischen Marine, oft als Flaggschiff. 1973 erfolgte der Verkauf an Peru, wo sie in Almirante Grau umbenannt wurde. 1985-88 wurde ihre Elektronik- und Sensorausrüstung modernisiert, 1993 erhielt sie Otomat-Anti-Schiffsraketen und 1996 wurden die verbliebenen 4-cm-Einzellafetten durch zwei 4-cm-Zwillingstürme ersetzt. 2017 wurde sie als letzter ursprünglich mit Geschützen als Hauptbewaffnung ausgerüsteter Kreuzer außer Dienst gestellt. Leider scheiterten die Pläne sie als Museumsschiff zu erhalten und sie wurde 2022 zum Abwracken verkauft.

Der Bausatz

Doggy Industries hat den ersten Bausatz der Leichten Kreuzer im Zeven Provinciën-Klasse im Maßstab 1/700 in einem Zustand herausgebracht, in dem sie je in Dienst waren (HP Models hatte mindestens einen Bausatz in dem geplanten deutschen Bauzustand im Angebot). Im Maßstab 1/350 gibt es die De Ruyter von Naval Models (siehe Modellvorstellung). Doggy Industries bietet bisher zwei Versionen an: Hr. Ms. De Ruyter in niederländischen Diensten und als BAP Almirante Grau nach der letzten Modernisierung in peruanischen Diensten. Die Hr. Ms. De Zeven Provinciën ist noch in Planung.

Der Rumpf wirkt von den Formen vorbildgetreu, die Abmessungen sind fast korrekt, der Rumpf ist etwa 1 mm zu lang, was vernachlässigbar ist. Es sind nur wenige Details mit angegossen, z.B. am hinteren Ende der Back. Viele Details sollen als extra Teile später in entsprechende Vertiefungen gesetzt werden. Der Wellenbrecher vorne und die Bootslager mittschiffs sind etwas dick, ansonsten ist die Detaillierung gut. An der Wasserlinie ist teilweise etwas Nacharbeit notwendig. 


Die Teile für die Aufbauten sind gut detailliert, aber z.B. für die Schotten (Türen) und einige andere Details sollen mit Fotoätzteilen ergänzt werden, so dass der Zusammenbau relativ aufwendig sein dürfte. Die geschlossene Relings der verschiedenen Aufbautendecks sind sehr dick.


Am vorderen Schornstein fehlen die seitlichen Verstärkungsstreben, die bei den ersten Probefahrten (ohne die großen Radargeräte) noch fehlten, aber noch 1953 wahrscheinlich wegen Vibrationen ergänzt wurden. Diese müsste man selbst bauen (siehe hier an einem 1/350er Modell der De Ruyter).

Die weiteren Teile wirken so, als wären die Urmodelle mit einem 3D-Drucker erstellt worden und sind von der Qualität deutlich besser als bei früheren Bausätzen von Doggy Industries. Die Gussqualität ist sehr gut, die Detaillierung überwiegend auch - abgesehen von einigen relativ dicken Teilen, wie die geschlossene Reling und der Splitterschutz der 4-cm-Lafetten. Sehr positiv ist, dass die Teile an den Gussrahmen nummeriert sind, so dass sie leichter identifizierbar sind.


Die Beiboote finde ich nicht sehr gelungen, insbesondere die Motorboote "H", deren Kabinen etwas merkwürdig gestaltet sind. Bei den offenen Booten sind die Rumpfseiten wieder sehr dick. Hier ist eine genaueres Studium der Fotos des Originals und ein Griff in die Restekiste bzw. zu Produkten aus dem Zubehörhandel notwendig. Die Rettungsflöße sind in Ordnung.


Für die 15,2-cm-Geschütze sind Messingrohre enthalten.

Etwas schade finde ich, dass nicht auch welche für die 5,7-cm-Geschütze beigefügt wurden.

Die Fotoätzteile

Der Bausatz enthält drei umfangreiche Fotoätzteilplatinen. Diese enthalten zahlreiche Teile zur Detaillierung der Aufbautenwände, u.a. Schotten, Lüftungsgitter etc. Es liegen sowohl bereits abgelängte als auch nicht abgelängte Reling bei, dazu Niedergänge, Fallreeps, Bootskräne, Leitern, Kabeltrommeln, Anker, Ablaufgestelle für Wasserbomben, Schraubenschutz... Die sehr prominenten Gittermasten und Radarantennen fehlen natürlich auch nicht.


Nicht so gut finde ich, dass die Rohre für die 5,7-cm-Geschütze genauso nur als (natürlich flache) Fotoätzteile beiliegen, wie die der 4-cm-Geschütze. Auch die fotogeätzten Rahen und Spieren mögen so einige schöne Details haben, sind aber auch nur flach und dazu sehr empfindlich und nicht gut geeignet, eine Takelung anzubringen.

Die Abziehbilder

Die Abziehbilder umfassen die Kennnummern für beide Schiffe der Klasse in niederländischen und peruanischen Diensten, niederländische und peruanische Flaggen sowie Namenszüge für die beiden Schiffe in niederländischen Diensten.


Auf den Fotos kann ich aber keine entsprechende Namensschilder finden. Beim Original gab es unterhalb des achteren 5,7-cm-Turms Namensschilder, wahrscheinlich hölzerne mit einer Schrift in Messing (wirkt hell auf dunklen Hintergrund, also umgedreht wie die Abziehbilder), plus teilweise Wappen auf beiden Seiten vor den Brückenflügeln. Hier muss man nach Alternativen suchen.

Bei den Abziehbildern für De Zeven Provinciën und die beiden peruanischen Schiffe muss man beachten, dass ohne Umbauten nur die für Almirante Grau im frühen Zustand nach dem Verkauf an Peru nutzbar sind. De Zeven Provinciën im ursprünglichen Zustand hatte einen anderen, kürzeren Bug (keinen Atlantikbug). Als peruanische Aguirre sah sie wegen des großen Hubschrauberhangars komplett anders aus. Eventuell sind diese Abziehbilder eher schon eine "Ankündigung" auf zusätzliche Varianten.

Die Anleitung

Die Anleitung umfasst sechs Seiten. Auf den ersten vier Seiten finden sich kurze Angaben über das Original und die eigentliche Bauanleitung. Diese ist nicht einzelne Schritte aufgeteilt, sondern zeigt anhand von Fotos eines gebauten Modells, perspektivischen Zeichnungen und Originalfotos, wo welche Teile hin sollen. Hier empfiehlt es sich zumindest Zeichnungen des Originals und am besten noch Pläne zu Rate zu ziehen, um die Positionierung der einzelnen Teile besser bestimmen zu können (falls es keine Passstifte oder Vertiefungen gibt, die es glücklicherweise im größeren Umfang gibt). Zwei weitere Seiten enthalten eine Reihe von Originalfotos, was eine gute Idee des Herstellers ist und aus den genannten Gründen sicher den Zusammenbau erleichtern.


Unklar bleibt nach dem Studium der Anleitung die Anordnung der Beiboote. Die Anordnung auf den Fotos des gebauten Modells entspricht nicht der Anordnung auf den Fotos, z.B. lagert ein Motorboot links hinter dem vorderen Schornstein auf dem Aufbau und auf der Steuerbordseite daneben waren zwei Beiboote übereinander gelagert. Von den Motorbooten auf der Steuerbordseite ist das hintere das größere, während es im Bausatz umgedreht ist (dazu kommen noch die Unterschiede bei den Kabinen der Motorboote). Bei den Dampfrohren am vorderen Schornstein (Teile 75/76) wirkt es so, als wären diese in der Anleitung um 90° gedreht angeklebt. Diese Rohre sind als Fotoätzteile natürlich nur flach wieder gegeben. De Ruyter hatte achtern einen Leuchtraketenstarter zwischen den Wasserbomben, der im Bausatz nicht enthalten ist. Dieser wurde wahrscheinlich schon 1953 eingebaut.

Für die Bemalung gibt es keine Hinweise. Die niederländische Marine verwendete auch damals schon ein relativ helles Grau und ein relativ dunkles Grau für die Decks. Es fehlen auch Hinweise für die Positionen der Abziehbilder. Wie oben erwähnt, kann man ohne Änderungen die De Zeven Provinciën nicht bauen, da diese einen anderen Bug hatte.

Quellen

Vielen Dank an Maarten Schönfeld für die Hinweise!

Fazit

Doggy Industries hat endlich einen Bausatz eines der niederländischen Leichten Kreuzer der De Zeven Provinciën-Klasse aus dem Kalten Krieg im Maßstab 1/700 herausgebracht. Der Bausatz zeichnet sich durch guten Resinguss sowie schon enthaltene Messingrohre für die 15,2-cm-Geschütze, Abziehbildern und vielen Fotoätzteile aus und sollte eine gute Grundlage für ein detailliertes Modell bieten. Es gibt aber auch Nachteile, wie die sehr dicke geschlossene Reling einiger Aufbautendecks, die nicht sehr gelungenen Beiboote und die 5,7-cm- und 4-cm-Rohre, die nur als Fotoätzteile beiliegen. Auch fehlen die Verstärkungsstreben am Schornstein und der Leuchtraketenstarter auf dem Achterdeck. Der Preis ist ist leider auch sehr hoch und kann sich durch Importkosten weiter erhöhen. Insgesamt ist der Bausatz des Leichten Kreuzers Hr. Ms. De Ruyter

empfehlenswert


Lars