Modell: Russian WWI Battleship Gangut
Hersteller: Revell
Maßstab: 1/350
Material: Polystyrol
Art.Nr.: 05137
Preis: ca. 44 €
Das Original
Die vier Schiffe der Gangut-Klasse waren die ersten Dreadnoughts der kaiserlich-russischen Marine. Da die russischen Werften jedoch über keine Erfahrung mit Schiffen dieses Typs und dieser Größe verfügten, ließ man sich Entwürfe verschiedener Konsortien vorlegen, darunter z.B. auch von Blohm und Voss. Von den ursprünglich über 50 Entwürfen kamen zehn in die engere Wahl, die jedoch allesamt nicht bewilligt wurden. Schlussendlich entschied man sich für einen russischen Entwurf, welcher jedoch unverkennbar italienische Anleihen hatte. Allerdings machte man es zur Bedingung, dass die Einheiten auf russischen Werften gebaut werden sollten. So wurden die Schiffe 1908 bewilligt und 1909 bestellt. Die Ausarbeitung der Konstruktion überließ man dann allerdings einer britischen Werft.
Bei der Konstruktion legte man die russischen Erfahrungen aus dem Russisch-Japanischen Krieg zugrunde. So wurden größere Bereiche des Rumpfs gepanzert, jedoch zwangen die notwendigen Gewichtseinsparungen dazu, die Panzerung dünner auszulegen als bei vergleichbaren Einheiten anderer Marinen. Auch hielt man die Aufbauten möglichst gering, um die Zielfläche kleinzuhalten. Dies alles führte auch dazu, dass die Schiffe mit 23 kn eine höhere Geschwindigkeit als ihre Pendants erreichen konnten. Die Hauptbatterie bestand aus zwölf 30,5 cm-Geschützen, die in vier Drillingstürmen nach dem sogenannten Cuniberti-Schema aufgestellt wurden, was mit sich brachte, dass nur der vorderste und achterste Turm direkt voraus bzw. achteraus feuern konnten. Ergänzt wurde die Bewaffnung noch um die Mittelartillerie aus 16 12,0 cm-Geschützen sowie vier Unterwassertorpedorohre von 45,7 cm.
Drei der Schiffe waren Ersatzbauten für Verluste aus dem Russisch-Japanischen Krieg von 1904. Somit war lediglich das vierte eine Aufstockung der Flottengröße. Allerdings schritt der Bau der Schiffe durch die zahlreichen Probleme auf den russischen Werften nur langsam voran. Auch erwiesen sie sich am Ende als deutlicher teurer als geplant.
Da alle vier Schiffe für die Baltische Flotte vorgesehen waren, wurden sie entsprechend angepasst. So war z.B. der Bug als Eisbrecher-Bug ausgelegt. Allerdings erwiesen sich die Schiffe auch als schwer lüftbar und schwierig sauber zu halten. Sie nahmen bei hohen Fahrtstufen viel Wasser über, und die niedrigen Schornsteine behinderten die Sicht des Brückenturms.
Die Gangut wurde im Juni 1909 in Sankt Petersburg auf Kiel gelegt und lief im September 1911 als erstes Schiff der Klasse vom Stapel. Zu diesem Zeitpunkt erwies sie sich schon als veraltet, denn in Bewaffnung und Panzerung war sie den zeitgleich gebauten deutschen und britischen Schiffen unterlegen.
Während des Ersten Weltkriegs nahm die Gangut an keinen größeren Operationen teil. Nach dem Kriegsende wurde sie in die neue sowjetische Marine übernommen und erhielt 1925 während ihrer umfassenden Modernisierung ihren neuen Namen Oktjabrskaja Revoljuzija. Während des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion wurde sie zunächst von Tallinn nach Kronstadt und dann schlussendlich nach Leningrad verlegt. Hier unterstützte sie mit ihrer schweren Artillerie die Verteidigung der Stadt.
Von 1954 bis 1956 diente die Oktjabrskaja Revoljuzija als Schulschiff bevor sie außer Dienst gestellt und 1959 schließlich abgewrackt wurde.
Der Bausatz
Bei dem vorliegenden Bausatz handelt es sich um die Wiederauflage der Sewastopol von Zvezda, wenn auch mit entsprechend anderen Abziehbildern.
Die insgesamt 423 Teile verteilen sich auf insgesamt neun Spritzlinge, wobei einer davon die Klarsichteile enthält. Der praktische Stülpkarton ist allerdings teilweise ein wenig zu groß geraten, was wohl leider etwas Bruch nach sich zog (vgl. unten), als auch zu klein, sodass die Rumpfhälften nur schräg hineinpassen. Leider hat Revell es verabsäumt, die Bezeichnung der Spritzlinge auch an ebendiesen zu lassen, sodass man sich hier gegebenenfalls selbst etwas wird behelfen müssen, um nicht die Übersicht zu verlieren.
Die Details der einzelnen Gussäste sind gut und klar ausgeführt sowie auch entsprechend fein detailliert. Zwar mögen hier einige Hersteller mehr hinbekommen, allerdings kostet ein solcher Bausatz dann auch gerne das Dreifache. Der Bausatz ist dennoch auf einem sehr guten, angemessenen Niveau.
Spritzling A umfasst die beiden Rumpfhälften.
Der Rumpf ist mittschiffs senkrecht entlang der gesamten Länge geteilt und stellt in dieser Form lediglich eine Vollrumpfoption zur Verfügung. Um die von Revell angegebene Wasserlinienoption nutzen zu können, wird der geneigte Modellbauer nicht umhinkommen, das Unterwasserschiff abzutrennen. Hierfür gibt es auf der Innenseite eine passende Vertiefung entlang derer man den notwendigen Schnitt machen kann. Der Rumpf soll zusätzlich noch mit weiteren Streben versteift werden, sodass auch nach dem oben erwähnten Abtrennen des Unterwasserschiffs die Stabilität gewährleistet bleiben dürfte.
Spritzling B umfasst die Teile des Oberdecks, Ruder, Schornsteine sowie Teile der Aufbauten und der Rumpfseitenwände.
Die Teile sind sauber gespritzt und weisen keine unschönen Auswerfermarken oder Sinkstellen an den sichtbaren Stellen auf. Lediglich an einigen Teilen lassen sich die Formentrennnähte erkennen. Diese sind aber so fein, dass die Entfernung mit einem geeigneten Werkzeug kein Problem darstellen dürfte. Unangenehm fällt allerdings auf, dass die beiden großen Teile für das Oberdeck, welche sich links und rechts am Spritzling befinden, teils so dünn angegossen sind, dass sie abgebrochen sind. Auch ist der Gussrahmen gebrochen. Dies bringt an einigen Stellen dann leider Spachtelarbeiten mit sich. Ob dies typisch ist oder nur für das vorliegende Exemplar gilt, lässt sich leider nicht sagen. Die Naht der Decksteile verläuft aber so, dass sie sich nicht störend auswirkt.
Spritzling C ist zweimal vorhanden und enthält die Boote, Teile der schweren und mittleren Artillerie sowie der Aufbauten. Auch finden sich hier die separat ausgeführten Poller, Klampen und Klüsen. Dies ist in meinen Augen ein deutliches Plus dieses Bausatzes, denn so ist deren entsprechende Lackierung, unabhängig vom Rest des Modells, wesentlich einfacher.
Die Teile für die Rückwände der Kasematten weisen zwar Sinkstellen auf, aber da sie später nicht sichtbar sind, fällt dies nicht ins Gewicht. Positiv hervorzuheben sind meiner Meinung nach auch die Teile, welche für die Darstellung der mit Persenning überzogenen Reling vorgesehen sind. Sie weisen eine entsprechende Struktur auf, um ebenjene Reling darstellen zu können. Dadurch weichen sie angenehm von den sonst üblichen, platten Bauteilen ab.
Spritzling D umfasst die restlichen Teile der Aufbauten, Masten, Wellen und Schornsteine sowie die Ketten. Auch diese Teile sind gut detailliert ausgeführt. Sie weisen keinerlei Fischhaut oder Formenversatz auf. Die Ankerkette ist hier separat ausgeführt und weist zwar ein wenig Gussgrat auf, ist aber definitiv eine angenehme Lösung im Vergleich zu den sonst stets angespritzten Ankerketten. Auch die Unterseite der Decksteile ist mit einer entsprechenden Struktur versehen.
Spritzling E enthält die Klarsichteile für die Aufbauten, die in einer separaten Tüte verpackt sind, um Kratzer zu vermeiden. Leider weisen sie einige Einschlüsse genau im späteren Sichtbereich auf.
Spritzling F ist ebenfalls zweimal vorhanden. Hier sind weitere Teile für die Türme der schweren Artillerie sowie die zahlreichen Oberlichter. Auch finden sich hier die an Oberdeck aufzustellenden Geschütze, welche allerdings für den gemäß Anleitung darzustellenden Rüstzustand nicht benötigt werden. Auf Spritzling F befinden sich auch sämtliche Teile der Torpedonetzeinrichtung.
Als letztes Teil bleibt noch der Ständer, der eine Felsoptik zu vermitteln versucht.
Abziehbilder
Dem Bausatz liegt ein kleiner, sauber und versatzfrei gedruckter Abziehbilderbogen bei. Dargestellt sind die Bugwappen, Namenszüge sowie die Ahminge (Tiefgangsmarken). Auch finden sich hier die Markierungen für die Schornsteine und die Flaggen.
Die Anleitung
Die 16-seitige Anleitung ist Revell-typisch aufgebaut. Sie führt den Modellbauer leichtverständlich in 79 Schritten zum Ziel. Die Farbangaben beziehen sich, wie üblich, auf das Revell-Sortiment, wobei man zumindest laut Anleitung um das Abmischen von speziellen Tönen herumkommt.
Leider fehlt ein Takelplan, sodass man hierfür auf entsprechende Recherche angewiesen ist.
Quellen
- Siegfried Breyer: "Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer 1905–1970"
Fazit
Alles in allem ist der Bausatz der Gangut durchaus gelungen. Die Details sind stimmig und die Trockenpassung offenbarte keinerlei potentielle Unannehmlichkeiten. Dem ambitionierten Modellbauer bietet sich hier eine sehr gute Ausgangsbasis, und auch direkt aus der Schachtel dürfte sich ein anschauliches Modell bauen lassen. Der Bausatz stellt eine angenehme Bereicherung des Spektrums von Großkampfschiffen des Ersten Weltkriegs in diesem Maßstab dar. Zwar gibt es hier und da Unsauberkeiten, bzw. Bruch, aber insgesamt halte ich den Bausatz für
empfehlenswert
Mathias Carl
Wir danken Revell für das Bausatzmuster