Deckelbild Northsea Fishing Trawler

Modell: Northsea Fishing Trawler
Hersteller: Revell
Maßstab: 1/142
Material: Polystyrol (Spritzguss), Abziehbilder
Art.Nr.: 05204
Preis: 14,99 €

Das Original

Ein alter Bekannter ist wieder da, und diesmal so ziemlich unter seinem echten Namen. Seit ca. 1970 ist dieser Bausatz immer mal wieder Bestandteil des Revell-Katalogs gewesen, zuerst als russisches Spionageschiff Wolga mit rotem Stern am Schornstein. Das erste Deckelbild zeigt eine F-4 Phantom II der Royal Navy beim tiefen Überflug und einen britischen Träger im Hintergrund. Es war seinerzeit Standard, dass sowjetische "Fischdampfer" NATO-Kriegsschiffe beschatteten und elektronisch aufklärten.

Nach Ende des kalten Krieges wurde der Bausatz dann als britischer Northsea Fishing Trawler Arctic Corsair wieder aufgelegt. Dieses Schiff ist als Museumsschiff im nordenglischen Hull zu besichtigten, ähnelt auch dem Bausatz, unterscheidet sich aber doch merklich von ihm.

Nun, im Jahr 2015, erscheint er mit neuem Deckelbild als MV Ross Jackal aus Grimsby in Lincolnshire, was den Ursprüngen der Form recht nahe kommen könnte.

Grimsby an der Mündung des Humber in die Nordsee hatte von Mitte des 19. Jahrhunderts bis zu den "Kabeljaukriegen" der 1970er eine sehr große Flotte an Fischdampfern. Die Firma Ross Trawlers ließ von 1957 bis 1960 bei der Werft Cochrane & Sons in Selby eine Serie von zwölf Trawlern mit mittlerer Reichweite bauen. Sie sollten in der Nordsee, vor den Färöern und der norwegischen Küste zum Einsatz kommen. Die zwölf Schiffe wurden hauptsächlich nach Katzen benannt, mit Ausnahme der Ross Jackal und der Ross Zebra. Baulich waren sie sich recht ähnlich, obwohl es Unterschiede in der Gestaltung des Brückenaufbaus und teils auch des Hecks gab. Ein Teil der Schiffe hatte ein Spiegelheck. Allesamt waren sie vom damals aktuellen Seitentrawlertyp, bei dem das Netz über die Seite eingeholt wird.

Nach dem Verlust der Fanggründe vor Island und durch die Weiterentwicklung zum Hecktrawlertyp wurden die meisten der Schiffe in den siebziger Jahren außer Dienst gestellt. Einige fanden Weiterbeschäftigung im sich damals entwickelnden Offshoregeschäft, der Rest wurde verschrottet. Von den zwölf Katzen der Firma Ross blieb einzig das Typschiff Ross Tiger als Museumsschiff im Fischereimuseum von Grimsby (vorerst) erhalten. Wie bei praktisch allen Museumsschiffen steht auch hier die Frage nach der weiteren Finanzierung der Erhaltung im Raum, und es ist gut möglich, dass man mit einem Besuch des Museums nicht mehr allzu lange warten sollte.

Siehe:

Fotos vom Originalschiff finden sich hier und hier auf Modellmarine.

Der Bausatz

Der Bausatz von Revell gibt mit den Mitteln der Zeit den Seitentrawler der fünfziger Jahre, wie er unter anderem für die Firma Ross gebaut wurde, gut wieder. Der Maßstab liegt erfreulich nahe am weit verbreiteten 1/144, in dem es zahlreiche Flugzeuge und auch ein paar Wasserfahrzeuge gibt.

Die beiden Rumpfhälften sind sauber gespritzt und haben erhabene Details. Die Speigatten sind offen, die Bullaugen und Klüsen müssen geöffnet werden. Der Rumpf besitzt keine Wasserlinienmarke. Markiert sind die Ansatzpunkte für die zwei kleinen beiliegenden Ständer.

Das einteilige Hauptdeck weist zeittypische Holzgravuren ähnlich den damaligen Heller-Bausätzen auf, die zwar vergröbert sind, aber trotzdem bei entsprechender Bemalung zu einem interessanten und gefälligen Eindruck führen sollten. Die Ladeluken samt ihren Abdeckungen sind hier bereits inbegriffen.

Ebenso sauber gespritzt und mit erhabenen Details versehen wie der Rumpf sind die Teile für die Aufbauten. Die großen viereckigen Brückenfenster könnten es gut vertragen, ausgesägt und verglast zu werden. Aus dem Kasten sollen sie farblich dunkel abgesetzt werden.

Auch wenn der Bausatz relativ wenige Einzelteile hat, finden sich doch noch einige Details. So sind die kompletten Relings enthalten, die nicht übermäßig zu dick sind und sicherlich gut verwendbar sind. Sauber sind auch die Masten und Ladebäume sowie die Bootskräne. Das Beiboot hat bereits eine angegossene Persenning. Gut verwendbar ist ein Teil der Sensoren und der Suchscheinwerfer, nur der Funkpeilrahmen ist ziemlich klobig geraten. Die große Netzwinde hat leider zwei dicke Auswerfermarken abbekommen, die sich aber versäubern lassen sollten. An den beiden Netzgalgen müssen kleine Sinkstellen ausgefüllt werden. Eher komisch sieht der Anker aus. Dem Bausatz liegen zwei Besatzungsfiguren bei, die allerdings ziemlich stilisiert und steif wirken. Der Spur-N-Zubehörbereich hat Schöneres zu bieten.

Abziehbilder

Der Abziehbildersatz ist klein, aber sauber gedruckt und umfassend. Erfreulich ist die Beigabe von Tiefgangsmarkierungen. Die Schornsteinmarkierung mit der Reedereiflagge von Ross Trawlers liegt ebenfalls bei, den mir vorliegenden Bildern zufolge sollte diese jedoch grün statt blau sein.

Dem Bausatz liegt schwarzes Takelgarn bei.

Die Anleitung

Neben dem erfreulicherweise noch vorhandenen Vorbild in Grimsby gab es einen fiktiven britischen Spionagetrawler, der in dem James Bond-Film For your eyes only (deutscher Titel: James Bond 007 – In tödlicher Mission) von 1981 einen kurzen Auftritt hatte, und der dem Bausatzvorbild sehr ähnlich sieht. Die in Malta beheimatete St. Georges fischt zu Beginn des Films eine treibende Mine auf und sinkt durch deren Explosion. Der große britische Modellbauer Derek Meddings realisierte diese Sequenz mit einem liebevoll gealterten Modell von über sieben Metern Länge in einem Becken der Pinewood Studios (siehe hier).

Fazit

Dieser Bausatz - für diesen Preis (!) - liefert für am Thema Interessierte reichlich Bastelspass im besten Sinne. Egal, ob direkt aus dem Kasten, oder je nach Anspruch minder oder mehr detailiert oder umgebaut - hier geht eine ganze Menge. Der heutige Zubehörbereich liefert diverse generische Ätzteile für Handräder, Niedergänge, Relings usw. - damit lassen sich die zeittypisch klobigen Bausatzteile elegant ersetzen.

Auch wenn sich nicht so ohne weiteres ein konkretes Vorbild herausfinden lässt, ist Revell mit der Ross Jackal dem Vorbild so nahe gekommen wie nie in den 45 Jahren, seit die Formen geschnitten wurden.

alt sehr empfehlenswert

Frank Spahr