Modell: Russian Barque Kruzenshtern
Hersteller: Revell
Maßstab: 1/200
Material: Plastik (Polystyrol), 474 Teile, Abziehbilder
Art.Nr.: 05159
Preis: 79,99 €
Das Original
Die Kiellegung des Schiffes fand am 24. Juni 1925 in Wesermünde auf der Tecklenborg Werft statt. 1926 lief das 114 m lange Schiff als „P-Liner“ Padua für die Reederei Laeisz vom Stapel. Wie die anderen berühmten Viermastbarken Pamir und Passat wurde sie lange in der Salpeter- und Getreidefahrt eingesetzt, später in der Wollfahrt von Australien nach Europa. Das barkgetakelte Schiff trug an vier Masten etwa 3400 qm Segel und verdrängte 5800 Tonnen. Auf ihren Reisen erwies sie sich als ein sehr schnelles Schiff, eine Rekordreise absolvierte sie in 1934 auf der Strecke Hamburg nach Australien in 67 Tagen. Selbst in ihrer späteren Fahrenszeit unter russischer Flagge fuhr sie eine Rekordgeschwindigkeit von 17,4 Knoten und errang den Sieg bei der Regatta „Operation Columbus“ von Boston nach Liverpool in 1992.
Bereits in den dreißiger Jahren diente die Padua als Filmkulisse in den Filmen „Meuterei auf der Elsinore“, „Ein Herz geht vor Anker“ und später noch einmal in „Große Freiheit Nr. 7“ mit Hans Albers. Auch unter russischer Flagge wurde da Schiff mehrfach als Kulisse für Filmproduktionen genutzt. 1943 wurde sogar eine Kanone an Bord montiert, das nun bewaffnete Segelschiff war aber wohl eher eine Belastung für die Kriegsmarine, soll sie doch ein deutsches Flugzeug abgeschossen und ein ebenfalls deutsches U-Boot gerammt haben.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Padua als Reparationszahlung an die Sowjetunion abgegeben und nach dem deutsch-baltischen Seefahrer und Weltumsegler Adam Johann Baron von Krusenstern (Крузенште́рн/Kruzenshtern) umbenannt. Auch erhielt sie erst jetzt ihr auffälliges, schwarz-weißes Würfelmuster auf den Bordwänden. Während ihrer langen Liegezeit in Kronstadt erhält sie zwei Achtzylinder-Flautenschieber mit insgesamt 2000 PS. Im Auftrag des russischen Hydrographischen Institutes bereiste sie dann zunächst den Atlantik, die Karibik und das Mittelmeer. Seit 1974 nimmt das Schiff mit einer Stammbesatzung von etwa 70 Mann und bis zu 160 Trainees regelmäßig an Großseglerregatten teil. Der heutige Eigner des Schiffes ist das Ministerium der Fischwirtschaft in Moskau, sein Heimathafen ist Kaliningrad. Heute können interessierte Privatleute auf dem schönen Schiff Tagestörns oder auch längere Fahrten unternehmen.
Der Bausatz
Der Bausatz der Krusenstern is einer der wenigen neuen Bausätze von Segelschiffen am Markt. Bereits 2016 erscheint der schöne Bausatz bei Zvedzda (siehe Bausatzbesprechung), kurze Zeit später dann auch bei Revell. Im Vergleich zu anderen Seglerbausätzen in einem Stülpdeckelkarton relativ ordentlich verpackt – Trenner im Karton, um das Rutschen zu verhindern gibt, es immer noch nicht. Die 474 Teile kamen trotzdem alle heil an. Der Deckel zeigt ein gemaltes Bild der Krusenstern von backbord im Gegenlicht bei tief stehender Sonne, Seeromantik pur. Neben Fotographien des fertigen Modell sind die benötigte Farbpalette, ein kurzer, mehrsprachiger Abriss der Schiffsgeschichte sowie die Angabe des Schwierigkeitsgrades 5 aufgedruckt.
Gerne messe ich das Verkleinerungsverhältnis nach, denn häufig gibt es bei Segelschiffen bisweilen kuriose Angaben. In diesem Fall ist die Angabe 1/200 ziemlich korrekt nimmt man als Original-Länge über alles die Länge zwischen Klüver- und Gaffelnock an.
Alle Teile sind sauber und gratfrei gespritzt. Die zum Teil recht filigranen Bauteile müssen mit großer Vorsicht von den Rahmen getrennt werden. Neben den ebenfalls aus Plastik gespritzten Segeln – also nicht tief gezogen – liegen dem Bausatz noch ein schöner Abziehbilderbogen und zwei Rollen Takelgarn bei.
Erste Passproben zeigen zumindest am Rumpf eine hohe Passgenauigkeit, ungewöhlich ist hier die Aufteilung der Rumpfhälften: An der Steuerbordhälfte ist der Kiel für beide Hälften angeformt, die andere Rumpfhälfte wird quasi in diese Nut eingefügt, auf Bild 24 am Vorsteven gut zu erkennen. Auch sind Wasserlinie sowie das Würfelmuster als deutliche Gravur auf dem Rumpf abgebildet. Zum Abkleben wird dies eine erhebliche Hilfe sein. Auffällig ist die feine Textur der Rumpfoberfläche im Vergleich zur vollkommen glatten Innenseite.
Sehr erfreulich ist die nur sehr dezent angelegte Deckstruktur. Im Vergleich zu älteren Bausätzen mit maßstäblich zentimeter weit hervorstehender Holzmaserung ist der Decksbelag der Krusenstern mehr erahnbar statt wirklich zu sehen.
Die weiteren Bauteile im Besonderen für Rumpf- und Decksausrüstung sind oft sehr klein und dünn, es bedarf Erfahrung, Geduld und scharfe Werkzeuge, um zum Beispiel die Salinge und freistehende Nagelbänke von den Giessästen zu trennen. Die Masten sind in diesem Maßstab sehr dünn, auch bei der vorgesehenen, eher rudimentären Takelung besteht schnell die Gefahr sie zu verbiegen. Auch hier ist viel Erfahrung nötig.
Eine weitere Neuerung sind die gespritzten, ziemlich massiven Segel, die einfach an die gefasten Rahen geklebt werden. Die Form der Segel mag korrekt sein, sie eignen sich also durchaus als Vorlage, sind jedoch, abgesehen von der Darstellung der Buggordings, ebenso glatt wie die Rumpfinnenseiten. Hier wäre ein wenig mehr Struktur schön gewesen. Aus dem Gespräch mit einem befreundeten Modellbauer erfuhr ich, das die schweren Plastiksegel das Modell topplastig machen.
Die Wanten mit Webeleinen liegen als Spritzlinge bei. Sicher sind sie etwas dick geraten, der versierte Modellbauer wird sie gegen dünneres Material austauschen.
Das Namensschild für den Modellständer liegt in zwei Varianten bei. Einmal in kyrillischer Schrift und die Zweite in lateinischer Blockschrift.
Die Abziehbilder
Der Abziehbilderbogen beinhaltet zwei Flaggen, mehrere Nameszüge, die Wasserlinienmarkierung, Hinweisschilder zu Brandgefahren und Löschmitteln sowie Eintauchmarkierungen oder Ahmings.
Die Anleitung
Die Anleitung mit 38 Seiten im Format A4 ist in der mittlerweile bewährten farbigen Form verfasst. Neben den Sicherheitshinweisen sind Bautipps, wiederum eine Farbpalette und eine Teileübersicht auf den ersten sieben Seiten, ab Seite acht beginnt das eigentlich Bauvergnügen mit dem Zusammenbau von Rumpf und Deck mit deren vielteiliger Ausrüstung. Die hohe Zahl der Baustufen, allein für Rumpf und Deck 88, erklärt sich durch die Aufteilung derselben. Bisweilen werden pro Baustufe nur ein oder zwei Teile zusammengefügt… In nahezu jeder Baustufe sind Bemalungshinweise angegeben.
Ab Seite 27 befasst sich die Anleitung mit dem Zusammenbau von Masten, Rahen und Segeln, die letzten drei Seiten zeigen die (wenn man nach der Anleitung baut) eher rudimentäre Takelung von Stagen, Pardunen und Brassen. Auch die Positionen der Abziehbilder werden hier neben letzten Malhinweisen für Rumpf und Deck gezeigt.
Fazit
Der Bausatz der Krusenstern (ex Padua) ist allein aufgrund der Tatsache, dass er eine wirkliche Neuheit ist hoch zu loben. Daran ändert sich auch bei näherer Betrachtung des Baukasteninhaltes nichts. Sicher ist das Material Plastik nur mäßig für Masten und Segel geeignet, auch das eine oder andere Teil wird aufgrund seiner Kleinheit flitzen gehen oder auch schon mal zerbrechen. Nichtsdestotrotz ist dieser Bausatz ein schönes Abbild des letzten noch fahrenden Flying-P-Liners, wegen des Maßstabes auch nicht ganz so groß und trotzdem fein detailliert. Der ambitionierte Modellbauer wird neben der Verwendung stabilerer Materialien einiges finden, um dieses Model noch erheblich zu verfeinern. Der bereits im Angebot befindliche Ätzteilesatz trägt schon dazu bei. Der Bausatz hat fünf Sterne verdient, mit dem Fotoätzteilsatz sogar sechs…
sehr empfehlenswert
Frank Brüninghaus
Modellbauclub Koblenz
Wir danken Revell für das Bausatzmuster