Deckelbild Cutty Sark

Modell: Cutty Sark 150th Anniversary
Hersteller: Revell
Maßstab: 1/220
Material: Polystyrol (164 Spritzgussteile), Abziehbilder, Farben, Pinsel, Klebstoff und Poster
Art.Nr.: 05430
Preis: 29,99 €

Das Original

Aufgrund ihrer bloßen Existenz gehört die 1869 vom Stapel gelaufene Cutty Sark zu den berühmtesten Schiffen der Welt. Ihre Leistungen waren nicht besonders groß, es gab Klipper die schnellere Reisen gemacht haben und die regelrechte Abenteuer auf ihren Reisen erlebten. Doch ist die „Pequena Camisola“, wie ihre portugiesischen Matrosen sie nannten, durch das Hobby eines ihrer Kapitäne, der Fotografie, gut dokumentiert. Sicher hat auch sie eine wechselvolle Geschichte die vielfach andernorts gut nachzulesen ist.

Das Interessanteste ist dabei vielleicht noch, das die Cutty Sark länger als jeder andere Klipper in der Handelsschiffahrt Dienst tat. Insgesamt 53 Jahre war sie mit Tee aus China und Wolle aus Australien auf den Weltmeeren unterwegs. Auch ist ihre Bauweise für die damalige Zeit noch relativ ungewöhnlich. Zwar wurde Eisen wurde schon vielfach in Rumpfkonstruktionen verwendet, die Wurzeln dieser eisernen Komponenten gehen auf Robert Seppings zurück, der mit seiner „Diagonalversteifung“ bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts erheblichen Einfluß auf den Schiffbau hatte. Nach 60 Jahren Erfahrung mit konstruktiven, eisernen Elementen bestand die Cutty Sark aber bereits zu einem großen Teil aus Eisenteilen – fast die gesamte tragende Konstruktion ist aus Eisen. Der anderthalb Fuß hohe Kiel wurde allerdings aus einer Ulme geschlagen, Außenhaut und Deck bestehen damals wie heute aus Teakholz.

Der Name des Schiffes entstammt dem von Robert Burns verfassten Gedicht vom Bauern Tam O'Shanter, der auf seiner alten Mähre reitend nachts auf dem Weg von der Kneipe nach Hause auf dem Friedhof den Teufel und ein paar Hexen in wildem Reigen tanzen sah. Fasziniert von der wildesten Hexe, die noch dazu dürftig bekleidet war – nämlich mit einem „cutty sark“, einem kurzem Hemdchen - blieb Tam stehen, klatschte in die Hände und rief „Bravo Cutty Sark!“. Weder die Hexen noch der Teufel wollen Zeugen bei ihren heimlichen Treffen, so nahmen die Hexen die Verfolgung auf. Tam gab seinem Pferd die Sporen und schaffte es mit Mühe noch über die Brücke, die über den Bach führte. Wie wir alle wissen, können weder der Teufel noch Hexen über fließendes Wasser fliegen. So hatte Tam zum Schluß mehr Glück als Verstand und „Cutty Sark“ packte Tams Mähre gerade noch am Schwanz und riss ihr ein paar Schweifhaare aus. Dieses Bild ist in der Galionsfigur wiedergegeben. Die Matrosen der Cutty Sark steckten der „Nanny“ immer ein aufgedröseltes Taustück in die ausgestreckte Hand um den Pferdeschweif zu imitieren. Auch heute noch hat die Nanny auf dem Museumsschiff das Taustück in der Hand.

Und zwischen Allen; klein und krumm,
Sprang eine Hexe wild herum;
Sie war bekannt, vor langen Jahren,
170
An Carricks Küste, bracht’ Gefahren,
Macht Manchem untreu seine Frau,
Besprengt das Korn mit gift’gem Thau,
Behext das Vieh, besprach das Brot,
Und bracht’ der ganzen Gegend Noth.
175
Ihr kurzes Hemd, der Zeit zum Hohn,
Trug sie als kleines Mädchen schon;
Es war nun etwas mürb’ und dünn,
Doch überfroh die Trägerin. –

1916 wurde die Cutty Sark – jetzt schon unter portugiesischer Flagge – in einem Sturm teilweise entmastet. Aufgrund des tobenden Krieges und daraus resultierendem Materialmangel bzw. sehr hoher Kosten für das benötigte Material riggte der jetzt portugiesische Eigner sie als Barkentine auf. Das heißt, der Fockmast behielt die Rahtakelage, Groß- und Besanmast erhielten eine Gaffeltakelung mit Gaffel und Gaffeltoppsegeln. Im Bewusstsein der Herkunft ihres alten Namens nannten die portugiesischen Seeleute ihr Schiff, das jetzt eigentlich Ferreira hieß, „Pequeña Camisola“ - Kleines Hemdchen.

Wiederum nach einem Sturm lag die Cutty Sark 1922, jetzt unter dem Namen Maria do Amparo, in Falmouth auf Reede. Der alte Fahrensmann Wilfred Dowman erkannte unter Dreck und Farbe den einstmals stolzen Klipper und kaufte ihn seinen portugiesischen Eignern ab. Nach umfassendem Refit diente das Schiff als Schulschiff. 1952 gründete man die „Cutty Sark Preservation Society“, die sich zum Ziel gesetzt hatte, das Schiff weitestgehend in den Originalzustand zu versetzen. 1954 war genügend Geld da, um das Schiff nach Greenwich zu schleppen, wo es fortan in einem Trockendock zu liegen kam.

Während Restaurierungsarbeiten brannte das Schiff 2007 fast völlig aus. Zum Glück waren Masten und Rahen bereits abgetakelt, auch für die Restaurierung vorgesehenes Holz wurde nicht von den Flammen verzehrt. Seit 2012 ist das Museumsschiff wieder der Öffentlichkeit zugänglich (siehe Fotogalerie).

Der Bausatz

Die Teile liegen in einem insgesamt zu großen Stülpdeckelkarton mit der alten aber dennoch schönen Boxart – das gleiche Bild liegt dem Bausatz als Poster bei. Tatsächlich würde ein halb so großer Karton für das Modell ausreichen, dann wäre auch gewährleistet, dass keine Bauteile trotz der Eintütung im Karton umherfliegen. Als weitere Beigabe liegen dem Bausatz sechs kleine Farbtöpfchen, eine Flasche Flüssigkleber und ein Pinsel bei. Zur Gestaltung des Modells aus dem Kasten gebaut ist das vollkommen ausreichend.

Der Bausatz ist wie vorliegend bereits Anfang der achtziger Jahre auf den Markt gekommen. Von Kleinigkeiten abgesehen ist er schön detailliert, was die Darstellung der Rumpf- und Decksbeplankung angeht auch nicht übertrieben – im Grunde gibt es aber selbst beim Original keine hervorstehende Maserung… Dafür ist die Kupferbeplattung schön wiedergegeben, ebenso die eisernen Plattengänge ab OK Haupt- oder Oberdeck.

Bisweilen hat man das Gefühl, einen verkleinerten 1/96er Bausatz vor sich liegen zu haben. Trotz seiner fast vierzig Jahre, die er auf dem Buckel hat, gibt es nur relativ wenige Gußgrate, die meisten Teile sind scharf und filigran abgebildet. Sogar die Handräder der Pumpe und das Steuerrad sind sauber ausgeformt. Schade ist der Verzicht des Formenbauers auf die Darstellung der Hüttenwände. Aus Papier oder Plastikprofilen sind diese aber schnell aufgetragen. Die Deckshäuser liegen auch nicht als Bauteile bei, sondern sind am Decksteil angeformt.

Die Bauteile sind auf vier Gussäste verteilt plus einem etwa doppelt A4-großen Bogen mit den tiefgezogenen Segeln.

Der Schwierigkeitsgrad ist hier mit fünf angegeben. Zwar gibt es viele kleine Teile zu verbauen, aber dem höchsten Skill–Level entspricht dieser Bausatz nicht unbedingt. Mit etwas Geduld kann auch ein weniger erfahrener Modellbauer den Bau der kleinen Cutty Sark meistern.

Die Takelage ist zwar schon mehr als bei vergleichbaren Bausätzen, verbleibt dennoch eher lückenhaft. Im Bauplan ist nur die Takelung von Pardunen, Stagen, Wanten, Stagsegelschoten und Brassen vorgesehen. Davon abgesehen wäre es ohnehin schwierig, die fehlenden Tauenden an den viel zu kleinen und dünnen Belegnägeln zu befestigen.

Die Abziehbilder

Der Abziehbilderbogen rundet die Sache noch ab. Leider ist der Maßstab zu klein, um die schönen Sinnsprüche und Wortspiele des Bauauftraggebers abzubilden… John „Jock“ Willis, auch genannt „Old White Hat Willis“, ließ am Heck die Sprüche „Where there is a Will is a Way“ und, fast noch schöner, „Heavens Light – Our Guide“ anbringen.

Die Anleitung

Ein kleines Kuriosum diese Anleitung… Ist sie doch neu gestaltet, also in der seit einigen Jahren bewährten Heftform farbig gestaltet, mit Sicherheitshinweisen, Basteltipps, einer erweiterten Farbpalette und einer Teileübersicht, auf dem Frontblatt ein fertiggebautes Modell. Im eigentlichen Bauplan dann sind aber noch die grafisch etwas aufgehübschten Zeichnungen aus den alten Planbeilagen der achtziger Jahre. Durch die farbliche Gestaltung einzelner Bauteile übersichtlicher als früher führt der Bauplan über 28 Seiten zum fertigen Modell. Von Seite 8 bis Seite 18 wird in 46 Baustufen der Bau und die Ausrüstung von Rumpf und Deck inklusive dem Bugspriet erläutert. Ab Seite 18 beginnt der Zusammenbau der Masten und bereits teilweise Takelung mit den gespritzten Wanten. In 37 weiteren Baustufen ist die Bemastung und Takelung abgeschlossen, die letzten Arbeiten sind dann das Setzen der Flaggenkennung (Juliet – Kilo – Sierra – Whiskey), der Reederflagge und der Nationale.

Quellen

  • TIME – LIFE, Die Seefahrer, A.B.C. Whipple: Die Klipper
  • Internet: Cutty Sark Research Guide, Royal Museums Greenwich
  • Internet: Scalemates
  • Internet: Modellversium, eig. Artikel
  • Internet: Wikisource, Auszug der Übersetzung von Robert Burns Gedicht Tam O`Shanter

Fazit

Alles in allem ein hübscher kleiner Bausatz - und neben der etwas älteren Flying Cloud in ähnlich kleinem Maßstab ist dies der einzige Bausatz, der ein solches Schiff in diesem Maßstab darstellt. Aber "NEW!", wie angepriesen, ist das Modell nicht. Die Zusammenstellung mit Farben, Kleber und Poster zur 150sten Jährung des Stapellaufs ja, und da auf diese Weise auch an das existierende Original in London erinnert wird, lasse man diesen Werbetrick einmal durchgehen…

Der Detaillierungsgrad ist recht hoch, die Teile sauber und stimmig. Insgesamt wird es ein schönes Modell, das auch weniger erfahrene Modellbauer schaffen können. Problematisch wird natürlich das Material der Masten und Spieren beim Takeln, diese werden sich schnell verbiegen. Der ambitionierte Modellbauer wird sie gegen Holz- oder Metallteile austauschen. Dies gilt auch für die wenig schönen Vacu-Segel, aus Papier einfach herzustellen sehen sie um ein Vielfaches besser aus.

Der Bausatz lässt zudem viele Möglichkeiten offen, auch die Darstellung unter den portugiesischen Flaggen mit Würfelmuster auf dem Rumpf, als spackes Wrack 1922 im Hafen von Falmouth etc. etc. Richard Woodgets Fotos liefern reichlich Vorlagen…

Ein Besuch des Originals ist absolut zu empfehlen! Wenn man will, kann man sogar der (hübschen) Hexe Nanny begegnen...

alt empfehlenswert


Frank Brüninghaus
Modellbauclub Koblenz

Wir danken Revell für das Bausatzmuster