Modell: H.M.S. Victory
Hersteller: Revell
Maßstab: real 1/288, Herstellerangabe 1/130 und 1/225
Material: Plastik
Art.Nr.: H 5423, sehr seltener Bausatz
Preis: aus zweiter Hand 15 – 20 €
Das Original
Neben der Santa Maria und der Bounty dürfte die Victory zu den berühmtesten Segelschiffen der Welt zählen. 1765 vom Stapel gelaufen, ist sie das älteste Kriegsschiff der Welt, das noch von einer Marine genutzt wird. Seetüchtig aufgeriggt und ausgerüstet wurde sie jedoch erst 1778, nach zwölf Jahren Liegezeit als Reserve. Es folgt die Feuertaufe in der Schlacht vor Ouessant, hier und in den folgenden Gefechten gegen Frankreich begründet sie ihren Ruf als ein sehr schnelles Schiff. Sie fuhr unter verschiedenen Kapitänen und Admiralen, die bekanntesten dabei sind Thomas Masterman Hardy unter Nelson, Keppel, Jervis und natürlich Viscount Horatio Nelson.
Die Victory war oft als Flaggschiff eingesetzt, tat aber auch Dienst als Lazarett- oder Wohnschiff für Seeoffiziere und als Truppentransporter nach Nicaragua und in die Ostsee. Seit der 1928 abgeschlossenen Restaurierung liegt das Schiff im ältesten Trockendock der Welt, dem Dock 2 in der Portsmouth Navy Yard. Ihr heutiger Zustand soll dem zur Zeit der Trafalgarschlacht entsprechen, nach dieser Schlacht war sie so stark beschädigt das sie von einem anderen Schiff nach Gibraltar geschleppt werden musste. Als Museumsschiff (siehe Fotogalerien hier und hier) ist sie für jedermann begehbar, gelegentlich finden auf ihr offizielle Marineempfänge statt.
Quelle: Wikipedia/ DPMV, Battle of Trafalgar Set
Der Bausatz
Der Bausatz von Revell scheint mir recht selten zu sein. Am Karton selbst war keine Nummer aufgedruckt, auf den Bauplanseiten ist die wiederkehrende Nummer 5423 (-0389) angegeben. Auf dem Kartondeckel ist neben dem REVELL-Logo das Zeichen des französischen Spielzeugkonzerns CEJI aufgedruckt. Bei scalemates ist unter dem Deckelbild nur der Hinweis „Missing info“ zu finden. Aktuell ist der Bausatz nur schwer aufzutreiben, eigentlich schade denn man kann einiges daraus machen… Möglicherweise gibt es den Bausatz von einem anderen Hersteller.
Wie so oft sind die Maßstabsangaben, besonders bei Segelschiffbausätzen, ein echtes Kuriosum. In diesem Fall besonders interessant, da auf dem Karton bereits zwei (!) unterschiedliche Angaben stehen. Auf der Oberseite ist das Verkleinerungsverhältnis mit 1/225 angegeben, an der Seite des Kartons steht der Maßstab mit 1/130. Beide sind falsch, ist aber auch nicht weiter schlimm. Ein Vergleich mit den Daten der Original-Victory (Kiellänge 42,8 m) und der Kiellänge des Modells mit rund 15 cm ergibt einen tatsächlichen Maßstab von 1/288. Macht auch mehr Sinn als die schrägen „Box scales“. Als einzeln stehendes Modell ist der Maßstab auch eigentlich egal, bei einem Diorama jedoch insofern wichtig wenn das Modell mit passenden Figuren belebt werden soll.
Aufgrund der falschen Maßstabsangaben wird dieser Bausatz gern mit dem etwas größeren Victory-Bausatz von Revell verwechselt, dessen Maßstab auch als 1/225 angegeben wird. Der Maßstab dieses größeren Modells ist tatsächlich etwa 1/180 – entgegen den Angaben meines eigenen Berichtes sind die Angaben auf dem Karton also nicht mit dem Modell übereinstimmend. Kurios dabei ist, das dieses etwas größere Modell auch mit der Angabe 1/146 angeboten wird. Den Maßstab habe ich jeweils auf der Basis der Kiellänge errechnet. Der Vergleich der beiden Halbrümpfe zeigt deutlich den Unterschied.
Die knapp 60 Teile des vorliegenden Bausatzes sind in drei Farben gespritzt, zwei verschiedene Brauntöne und schwarze Wanten, hinzu kommen die tiefgezogenen Plastiksegel, ein Satz schlecht gedruckte Flaggen, zwei Sterne mit beigem und schwarzem Garn sowie ein etwas dickerer Faden als Ankerkabel.
Rumpf und Deck sind sehr detailliert, fast schon spielerisch mit eigentlich völlig übertriebener Holz- und Plankenstruktur. Geschmackssache sind die Taubunschen an Deck, für diesen Maßstab ganz gut dargestellt.
Kanonen, Boote und Masten mit Stengen sind jeweils einteilig gespritzt, Relinge sind zu dick geraten, die Marsplattformen sind vollkommen unstrukturiert. Mit vier Ankern ist dieser Bausatz im Vergleich zu anderen gut ausgerüstet, das Wappenschild als Galionsfigur ist trotz seiner Kleinheit zwar detailliert, aber leider nur als Flachrelief wiedergegeben, den Spruch des Hosenbandordens -“honi soit qui mal y pense“ - ein Schelm, wer Böses dabei denkt“ - ist freilich nicht lesbar.
Die schwarzen Wanten sind mit fünf Wantpaaren pro Untermast viel zu wenig, die echten Schiffe dieser Größe trugen zehn bis 16 Wantpaare pro Mast. Die Plastiksegel sind mit sehr stark hervortretenden Kleidersäumen etwas übertrieben strukturiert.
Die Gussäste sind ohne einen umlaufenden Rahmen in einer Tüte verpackt, auf insgesamt fünf Ästen sind die kapp 60 Teile dreifarbig gespritzt. Die Qualität des Bausatzes ist sehr unterschiedlich. Einerseits sind viele Details liebevoll abgebildet, andererseits gibt es auch viele Grobheiten. Einige Bauteile sind zu dick geraten, es gibt gut sichtbare Sinkstellen und zum Beispiel an den Marsplattformen wurden einfach darstellbare Details weg gelassen. Am Süll der Decksluken ist Bereitschaftsmunition dargestellt, die Grätings jedoch haben rechteckige Öffnungen...
Die Passgenauigkeit ist gut, beim Zusammenfügen von Decksmontage und Rumpfhälften geriet meine Geduld etwas an ihre Grenzen, dies mag man jedoch nicht unbedingt dem Bausatz anlasten.
Die Anleitung
Der einfach gehaltene Bauplan in schwarz-weiß mit sechs Seiten beschreibt den Bau des Schiffmodells in sieben Baustufen. Der eigentliche Bau von Rumpf und Masten ist mit Explosionszeichnungen dargestellt, für den stark vereinfachten Takelriß reichen drei Seitenansichten des Schiffchens. Insgesamt einfach und übersichtlich – der Teileanzahl angepasst.
Fazit
Als Fazit steht, dieser Bausatz ergibt ein hübsches kleines Modell, das mit diesem Maßstab etwas aus dem Rahmen fällt. Direkt aus dem Kasten gebaut für Anfänger gut geeignet, bieten Rumpf und Untermasten für fortgeschrittenere Modellbauer eine gute Basis, um etwas mehr aus diesem sehr seltenen Bausatz zu machen.
Ein Bericht zum Bau und Umbau des Modells folgt in Kürze.
guter Durchschnitt
Frank Brüninghaus
Modellbauclub Koblenz