Modell: HMS Nelson 1944
Hersteller: Trumpeter
Maßstab: 1/700
Material: Kunststoff, Fotoätzteile
Art.Nr.: 06717
Preis: 36,40 € (NNT Modell + Buch)
Das Original
Die HMS Nelson war ein Schlachtschiff der gleichnamigen Nelson-Klasse. Dies Klasse bestand aus lediglich zwei Schiffen. Ihr Schwesterschiff war die HMS Rodney. Die Nelson-Klasse stellte eine Abkehr vom „Speed ist the best Protection“-Grundsatz dar, der vor und im Ersten Weltkrieg zum Bau der Schlachtkreuzer führte. Als Lehre aus der Skagarak-Schlacht 1916, in der vor allem die schnellen Schlachtkreuzer schwere Verluste hinnehmen mussten, setzte man nun auf Panzerung und Feuerkraft. Die entsprechenden Planungen der Royal Navy wurden aber durch den Washingtoner Flottenvertrag von 1922 beendet. Eine Modifizierung der Planung wurde erforderlich.
Diese sah im Wesentlichen vor, die schwere Artillerie (drei Türme mit je drei Rohren Kaliber 40,6 mm) auf dem Vordeck anzuordnen, wobei der mittlere Turm überhöht war. Dies bot die Vorteile einer in Fahrtrichtung geballten Feuerkraft und einer Konzentration der Panzerung im vorderen Teil des Schiffes. Die Sekundärbewaffnung bestand aus zwölf in Zwillingstürmen angeordnete 15,2 cm Geschütze (152-mm-L/50 Mk XXII). Die Anordnung der Türme bot z.B. den Nachteil, dass der tieferliegende Turm C nur sehr begrenzt eingesetzt werden konnte. Zudem war die Druckwelle bei Abfeuern der Geschütze so stark, dass das Feuern nach achtern z.T. untersagt werden musste, da in diesem Fall selbst gepanzerte Bullaugen im Brückenbereich zerstört wurden. Das Vordeck war durch die Druckwellen der Artillerie nur sehr eingeschränkt nutzbar. Zusätzlich zu der Rohrartillerie verfügte die Nelson-Klasse über zwei Torpedorohre, die unter dem Turm A angeordnet wurden.
Die Flugabwehr wurde im Laufe des Krieges, entsprechend der zunehmenden Bedrohung aus der Luft, ständig erweitert. Bis zum Ende des Krieges verfügte die HMS Nelson über sechs Einzelstände 120-mm-L/40 Mk VIII, sechs Achtfach-Pom-Poms und 61 Kaliber 20 mm Einzelgeschützen (20-mm-L/70 Oerlikon). Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde auf der HMS Nelson als Flugabwehr UP-Werfer, Raketenwerfer für sogenannte „Unrotated Projectiles“, eingebaut. Mit diesen auf den beiden hinteren Türmen der Hauptartillerie angeordneten Werfern konnten jeweils 20 Luftabwehrraketen ca. 300 m weit verschossen werden. Die Raketen beinhalteten Gefechtsköpfe, die an 120 m Kabeln mit Fallschirmen langsam absanken. Berührte ein Flugzeug diese Kabel, sollte die ca. 200 g schwere Sprengladung explodieren und das feindliche Flugzeug zum Absturz bringen. Letztendlich haben sich diese Werfer aber nicht bewährt, vielmehr stellten die Werfer eine Gefahr für die jeweiligen Schiffe dar. Die UP Werfer waren im Einsatz geladen und stellten im Falle eines Treffers eine erhebliche Brandgefahr dar.
Die HMS Nelson wurde Ende Dezember 1922 auf Kiel gelegt und lief im September 1925 vom Stapel. Die Indienststellung erfolgte August 1927. Von 1927 bis zum Kriegsausbruch diente die HMS Nelson als Flaggschiff der Atlantikflotte. Am 15. und 16. September 1931 beteiligte sich die Besatzung der HMS Nelson u.a. zusammen mit den Besatzungen des Schwesterschiffes HMS Rodney und HMS Hood an der Invergordon-Meuterei.
Den ersten Einsatz im Zweiten Weltkrieg sah die HMS Nelson, als sie Ende September 1939, als sie das von einem deutschen Do 18-Flugboot beschädigten britischen U-Bootes HMS Spearfish in die britischen Marinebasis in Rosyth eskortierte. Nur am Rande erwähnt: das deutsche Flugboot wurde in der Folge von einer von der HMS Ark Royal gestarteten Blackburn Skua abgeschossen. Dies war der erste britische Luftsieg im Zweiten Weltkrieg. Am 30. 10. 1939 wurde die HMS Nelson in Höhe der Orkney-Inseln vom deutschen U-Boot U 56 angegriffen. Drei vom U-Boot abgeschossene Torpedos trafen zwar die HMS Nelson, waren aber durchweg Fehlzünder. Bei Einsätzen gegen deutsche Überwassereinheiten erwies sich die relativ geringe Geschwindigkeit der HMS Nelson als echtes Manko. Die deutschen Schiffe konnten dem britischen Schlachtschiff ohne Mühe ausweichen und entkommen.
Am 04.12.1939 lief die HMS Nelson auf eine vom deutschen U-Boot U 31 gelegte Mine. Die Schäden waren so schwer, dass die HMS Nelson bis August 1940 zur Reparatur im Dock bleiben musste. Ihre ersten Einsätze nach dem Werftaufenthalt sah die HMS Nelson zunächst im Ärmelkanal und anschließend vor der afrikanischen Küste (Freetown, Sierra Leone). Ende März 1941 wurde die HMS Nelson nach Gibraltar entsandt, um als Reserve gegen eine möglicherweise in den Atlantik fahrende Bismarck eingesetzt werden zu können. Bis Juni 1941 diente die HMS Nelson dann im Atlantik als Eskorte für Konvois. Danach wurde das Schlachtschiff der Force H in Gibraltar zugeteilt und führte weitere Eskortenaufgaben durch. Bei einem Luftangriff italienischer Flugzeuge am 27. September 1941 erhielt die HMS Nelson einen Torpedotreffer. Die Reparatur der Schäden erfolgte in Großbritannien und dauerte bis Mai 1942. Nachdem die Schäden behoben und die HMS Nelson wieder in Dienst war, diente die HMS Nelson ab August 1942 als Flaggschiff der Force H und sicherte Konvois nach Malta. Nachdem sich das Blatt im Mittelmeerraum zugunsten der Alliierten gewendet hat, wurden Landeunternehmen in Algerien („Operation Torch“, November 1942), Sizilien („Operation Husky“, Juni 1943) und Salerno („Operation Avalanche“, September 1943) durchgeführt. Bei all diesen Unternehmen war die HMS Nelson im Einsatz. Folgerichtig wurde eine erweiterte Fassung der Italiens an Bord der HMS Nelson unterzeichnet.
Nach diesen Missionen folgte am November 1943 eine Überholung in Großbritannien, wobei die Luftabwehrbewaffnung erheblich verstärkt wurde. An der Invasion in der Normandie nahm die HMS Nelson ebenfalls teil. Hier lief die Nelson am 18.06.1944 auf zwei Minen, was wiederum einen Werftaufenthalt in den USA (Philadelphia) nach sich zog. Nachdem der Hauptkriegsschauplatz zur See in den fernen Osten verlagerte, wurde die HMS Nelson im Januar 1945 in den Indischen Ozean entsandt. Im Juli erreichte sie Colombo und wurde anschließend im Malaysischen Archipel eingesetzt. Am 02.09.1945 wurde an Bord der HMS Nelson die formale Kapitulation der japanischen Streitkräfte der japanischen Marinebasis Penang unterzeichnet Damit endete auch für die HMS Nelson der Zweite Weltkrieg. Im November 1945 war sie wieder in heimischen Gewässern und diente als Flaggschiff der Home Fleet. Im Februar 1948 wurde die HMS Nelson außer Dienst gestellt und wurde als Zielschiff für Bombenabwürfe genutzt. Ab Februar 1949 erfolgte die Verschrottung des stolzen britischen Schlachtschiffes HMS Nelson in Inverkeithing (Schottland).
Der Bausatz
Trumpeter bringt seit einiger Zeit einige spannende und z.T. langersehnte Neuheiten heraus. Nach den Schlachtschiffen der US-Navy und drei Trägern aus dem Zweiten Weltkrieg (USS Yorktown, Graf Zeppelin und die HMS Ark Royal) folgt nun die HMS Nelson in 1/700. Das 1/200er-Modell im „handlichen Schrankformat“ ist ja schon länger auf dem Markt.
Jahrzehntelang war das Modell der HMS Nelson von Tamiya „state of the art“ und dieses Modell hatte durchaus seine Berechtigung. Die vielen beeindruckenden Modelle aus diesem Bausatz zeigen die Qualität von Tamiya. Die kürzlich erschienene HMS Rodney von Meng, ein sehr teurer „Anfängersteckbausatz“, war für mich eine echte Enttäuschung. Nun tritt also Trumpeter in den Ring und lässt Großes erwarten.
Ich folge bei dieser Besprechung der sehr klaren und unmissverständlichen Bauanleitung. Diese führt in nicht weniger als 33 Schritten zum Ziel. Eines sei vorneweg geschickt: Die Qualität der Teile ist über jeden Zweifel erhaben. Es sind kein Versatz oder eine Fischhaut zwischen den Teilen zu entdecken. Die Teile sind sehr scharf detailliert und die Dicke der Angüsse ist vollkommen in Ordnung. Dies sollte den Modellbauer nicht vor zu kniffelige Aufgaben stellen.
Schritt 1
Hier ist der Bohrer gefragt. In das sehr schön geprägte Deck sind diverse Löcher für Anbauteile zu bohren. Ein Indiz dafür, dass noch andere Versionen folgen? Anschließend ist das Deck auf das einteilige Rumpfstück zu setzen. Hier fällt wie schön bei der HMS Ark Royal das fehlende Unterwasserschiff auf. Eine dynamische Darstellung in einem Diorama oder eine dekorative Präsentation als „Werftmodell“ sind nicht oder nur mit einem erheblichen Aufwand möglich. Andererseits entfällt das Versäubern des Übergangs zwischen Unter- und Überwasserschiff. Was weiterhin auffällt ist die für meinen Geschmack zu ausgeprägte Struktur der Planken und Nieten (?). Auf Originalfotos wirkt das wesentlich feiner.
Schritt 2
Hier sind im Bugbereich diverse Kleinteile auf das Deck zu kleben. Positiv hervorzuheben ist, dass die Bauleitung im Detail auf die Ausrichtung einiger Teile (hier die Winden?) eingeht. Die Qualität der 20 mm Einzelflak, von denen es diverse gibt, ist OK. Es bietet sich aber an, auf feinere Alternativen (3D-Druck, Flyhawk etc.) zurückzugreifen.
Schritt 3-11
Die auf einer Seite zusammengefassten Schritte 3-11 befassen sich mit dem Zusammenbau des Brückenturms und des Schornsteins. Hier sind z.B. für die Entfernungsmesser, die seitlichen Ausleger am Turm und das Schornsteingitter erstmals Ätzteile zu verwenden. Eine Alternative besteht nicht, sodass ein Anfänger hier ins Schwitzen kommen könnte.
Beim Schornstein bin ich mir nicht sicher, ob hier nicht Dampfrohre fehlen. Ich habe leider nur ein Foto der HMS Rodney gefunden, auf dem diese Rohre zu erkennen sind. Das Bausatzteil weist diese Rohre nicht auf. Es ist aber ohne weiteres möglich, diese Rohre mit Draht nachzubilden.
Schritt 12 und 13
Im Schritt 12 werden der Brückenturm und der Schornstein zusammen mit der zweiten Ebene der Aufbauten auf das Grundteil der Aufbauten gesetzt. Der Schritt 13 befasst sich mit dem sehr filigranen Hauptmast. Es ist zu überlegen, die Teile außer der Plattform, aus Draht nachzubauen. Dies verhindert ein Verbiegen oder Brechen beim Takeln, ist aber sehr aufwändig. Für die obere Plattform (Starfish) wird es in Zukunft sicherlich ein filigraneres Teil geben. Ich habe bei anderen Schiffen der Royal Navy schon einige Ätzteilalternativen von White Ensign verbaut und war sehr überzeugt. Auch wenn der Zusammenbau eine echte Frickelarbeit ist. Aber das nur am Rande.
Schritte 14-20
Hier gilt es zunächst die Boote, die mehrläufigen Flugabwehrgeschütze und die Türme der mittleren Artillerie zusammenzubauen. Im nachfolgenden Schritt werden die Aufbauten dann um diverse Kleinteile (z.B. Boote, verschiedene Plattformen etc.) ergänzt.
Aber kommen wir nochmal zu den Flugabwehrgeschützen zurück. Was mich stutzig machte war die Tatsache, dass u.a. US-amerikanische 40 mm Mk II-Vierfachstände zusammenzusetzen waren. US Flugabwehr auf einem britischen Schiff. Nach einem Blick in das, übrigens sehr empfehlenswerte, Shipcraft-Heft Nr. 23 „Rodney and Nelson“, fand ich des Rätsels Lösung. Trumpeter verkauft laut Schachtelaufdruck zwar die 1944er-Version („Normandie“), das Modell zeigt aber die 1945er-Version NACH dem Umbau in Philadelphia (5.7.1944 bis 13.4.1945). Neben dem Einbau der erwähnten 40 mm Mk II Vierfachstände und den zugehörigen Detektoren wurden zahlreiche 20 mm Einzelstände zusätzlich eingebaut. Da, zumindest nach meinem Eindruck, nicht nur vorhandene Stände mit anderen Waffen bestückt wurden (z.B. PomPom gegen 40 mm Mk II) ist ein Rückbau auf den D-Day-Zustand nur mit einem gewissen Rechercheaufwand möglich. Ich muss gestehen, dass mich das extrem ärgert. Es wurde ein gut dokumentierter aber letztendlich unspektakulärer Stand (1945 - Pazifik) sehr schön umgesetzt und mit einem anderen, falschen aber wesentlich spektakuläreren Bauzustand (1944) bezeichnet.
Schritte 21-24
In den folgenden Schritten wird die Detail-Bestückung fortgesetzt.
Schritt 25
In diesem Schritt werden die Steuerbordseite der Back mit diversen Kleinteilen bestückt und die Aufbauten auf den Rumpf geklebt.
Schritt 26-27
In den Schritten 26-27 werden Boote, Munitionsschränke und weitere Kleinteile im Heckbereich verbaut.
Schritt 28-31
Nun werden die drei Türme der schweren Artillerie zusammengesetzt und mit Schlauchbooten und Flak-Ständen bestückt. Die Einzelteile sind durchweg sehr fein und wenn mich mein Auge nicht täuscht sind die Rohre vorne sogar offen. Ein Austausch gegen Metallrohre ist hier nicht zwingend erforderlich.
Schritt 32
Nun wird der unglaublich filigrane Bootskran zusammengesetzt. Trumpeter hat hier sogar an den Kranhaken gedacht. Dieser besteht wie die Gitterstruktur aus Ätzteilen. Auch hier besteht keine Alternative, die Kräne aus Kunststoffteilen zu bauen.
Schritt 33
Mit dem Einsetzen der Türme der schweren und mittleren Artillerie, des Krans aus Schritt 32 und verschiedener Kleinteile endet der Bau.
Last but not least darf das Namensschild „1944 Normandy - HMS Nelson” vor das Modell gestellt werden. Aber, und hier kocht der Ärger wieder hoch, damit würde man einen Fehler machen.
Farbschema
Auf einem separaten Blatt findet sich, wie bei Trumpeter üblich, der Bemalungsplan. Bei den Farben wird auf die Sortimente der Firmen Mr. Hobby, Vallejo, Model Master, Tamiya und Humbrol eingegangen. Am vollständigsten sind dabei die Farben von Mr. Hobby vertreten. Die HMS Nelson wird für den Zustand 1945 korrekt in Blassgrau (Nr. 507c) mit einem nicht durchgängigen, blassblauen Streifen und einem schwarzen Dreibeinmast dargestellt.
Die Abziehbilder
Die Abziehbilder beinhalten einen Flaggensatz und den Schriftzug „NELSON“, der an Backbord und Steuerbord am Heck anzubringen ist.
Fazit
Dieser Bausatz hinterlässt einen absolut zwiespältigen Eindruck. Dass der alten Tamiya-Bausatz auf´s Altenteil geschickt und die HMS Rodney von Meng ignoriert werden kann ist für mich klar. Der Bausatz selbst ist über jeden Zweifel erhaben und verspricht, mit etwas Geduld und Talent, ein sehr schönes Ergebnis. Das fehlende Unterwasserschiff ist für meinen Geschmack ärgerlich, wäre aber zu verschmerzen.
Was mich richtig ärgert ist die Augenwischerei beim dargestellten Bauzustand. Ein gut recherchiertes und wirklich sehr schönes 1945er Modell als Bauzustand zum Zeitpunkt der Invasion in der Normandie zu verkaufen ist ärgerlich, wenn nicht sogar dreist. Ich mag mir einfach nicht vorstellen, dass den in der Regel gewissenhaften Entwicklern bei Trumpeter da etwas „durchgerutscht“ ist. Es macht eher den Eindruck, dass hier aus Marketinggründen ein griffiger Name („D-Day“) verwendet wurde und der tatsächliche Bauzustand ignoriert wurde („Das merkt eh niemand“). Ohne diesen Fehler hätte es glatte fünf Sterne für ein sehr schönes Schiffsmodell gegeben. Ich gebe diesem Bausatz unter Berücksichtigung des Vorgenannten
empfehlenswert
Jens Bartels
Wir danken Glow2B für das Bausatzmuster