Modell: German Bismarck Battleship
Hersteller: Trumpeter
Maßstab: 1/350
Material: Polystyrol (Spritzguss), Fotoätzteile, Abziehbilder
Art.Nr.: 05358
Preis: 189,99 €
Einleitung
Auf der diesjährigen Spielwarenmesse in Nürnberg konnte Trumpeter wieder einige Neuheiten für den Schiffsmodellbauer präsentieren. So wurde neben einem gebauten Modell der neuen Scharnhorst in 1/200 auch erstmals der für Februar 2020 angekündigte Bausatz der Bismarck in 1/350 vorgestellt. Auf Modellmarine waren schon einige Schnappschüsse der am Messestand gezeigten Spritzlinge zu sehen (siehe hier). Eben dieses Messemuster hat nun den Weg auf meinen Schreibtisch gefunden und ich möchte euch hier nicht nur ein paar genauere Einblicke in den Bausatz ermöglichen, sondern auch versuchen, die Frage zu beantworten, was für das neue Modell spricht und wie ich es gegenüber der Konkurrenz am Markt, vor allem dem bisherigen Platzhirsch in 1/350, dem Bausatz von Revell, einordnen würde.
Mein erster Eindruck
Da es sich um ein Messemuster handelt, kann ich nur mutmaßen, wie final die Spritzlinge wirklich sind. Aufgrund der gesichteten Teile und der Kosten, die mit Änderungen an fertigen Formen einhergehen, gehe ich aber davon aus, dass ich den finalen Bausatz auf meinem Tisch liegen habe. Das Modell war nicht originalverpackt, im Muster fehlen außerdem die Montageanleitung sowie zugehörige Decals und eine dem Bausatz beiliegende Ankerkette. Schnappschüsse der Verpackung, der Anleitung und der Beilagen sind jedoch bereits auf Trumpeters Website abrufbar, wo ich mich zur Vervollständigung meines Berichts bedienen konnte. Dort weist Trumpeter den Bausatzinhalt - frei übersetzt - wie folgt aus:
- Teile gesamt: 1200+
- Metallteile: Ankerkette
- Fotoätzteile: 5 Platinen, wobei es sich tatsächlich wohl um 3 unterschiedliche Platinen handelt
- Anzahl Spritzlinge: 15 zzgl. Rumpf und Hauptdeck
Weitere Features:
- Der Rumpf besteht aus einem Spritzgusswerkzeug mit mehrdirektionalen Schiebern.
- sehr fein strukturierte Darstellung der Holzdecks
- Modellständer
Als ich das Modell zum ersten Mal aus der improvisierten Verpackung kramte, fühlte ich mich direkt an das erinnert, was Trumpeter vor einigen Jahren in 1/200 auf den Markt gebracht hat. Die schnittige Rumpfform des deutschen „Atlantikbugs“ scheint auf den ersten Blick perfekt getroffen; das zwecks Entformbarkeit notwendige Separieren des unteren Bugs, die feine Gravur vieler Details und die übersichtliche Gestaltung der einzelnen Spritzlinge - all das gleicht dem 1/200-Bausatz.
Die vom Modell auf den Plan übertragenen Maße sind auf den ersten Blick sehr stimmig. Formverlauf und wesentliche Positionen wie z.B. die Lage und Höhe der Barbetten sind korrekt.
Der Rumpf ist nicht wie bei älteren Trumpeter-Bausätzen auf der Höhe der Wasserlinie getrennt. Dem Modellbauer, der das Schiff auf einem Ständer als „Vollrumpf“ präsentieren möchte, bleibt also eine größere Spachtelorgie erspart. Das Oberdeck ist als ein Teil ausgeführt. Es beinhaltet auch die Barbetten der Türme „Berta“ und „Caesar“, welche an das Deck angrenzen. Ich möchte das exemplarisch hervorheben, da das aus meiner Sicht immer eine schöne Lösung ist. Auf diese Weise ist es möglich, in Segmenten zu bauen, und aufgrund der gewählten Trennfuge der Baugruppen können Spachtelorgien ausbleiben. So verschwindet die Klebestelle sogar gänzlich, wenn noch ein Echtholzdeck aus dem Zubehörmarkt verwendet wird…
Der Bausatz im Überblick
Bevor ich weiter ins Detail gehe und meinen roten Faden, den Vergleich zu Revells Bismarck, wieder aufnehme, möchte ich euch zunächst die weiteren Spritzlinge bzw. alle Platinen des Bausatzes einzeln zeigen.
Die ersten beiden Spritzlinge beinhalten weitere Decks bzw. Segmente der Aufbauten. Angebrachte Details und Schanzkleider sind sehr fein ausgeführt. Die Kanten ist schön scharf und präzise. Es gibt keinerlei sichtbare Sinkstellen oder Auswerfmarkierungen. Die Angüsse sind auch aus Sicht des Modellbauers gut gewählt, sodass sich beim Entfernen selbiger keine Probleme ergeben sollten.
Auch bei den Spritzlingen für Bewaffnung, Barkassen und weitere Aufbauten wurde die Perspektive des Modellbauers berücksichtigt. Angüsse und Bauteilaufteilungen sind, im Rahmen der Machbarkeit hinsichtlich Formenbau, sinnvoll gewählt. Die Baugruppe mit der Hauptbewaffnung ist natürlich mehrmals enthalten. Auch schön zu sehen: Es werden beide Varianten der 10,5-cm-SK-C/33-Kanone wiedergegeben, je Spritzling jeweils einmal auf der C/31- und C/37-Lafette. Das sind Details, die bei anderen Bausätzen der Bismarck nicht berücksichtigt wurden. Auf die Qualität der Detaillierung gehe ich weiter unten ein.
Weitere Spritzlinge enthalten Teile, welche für die Vollrumpfdarstellung des Schiffes notwendig sind. So z.B. die Schiffspropeller und Ruderblätter, den fehlenden Teil des Bugs, den Modellständer sowie eine Namenstafel mit der Aufschrift „1:350 SCALE GERMAN BATTLESHIP BISMARCK“.
Zu guter Letzt schiebt Trumpeter noch drei unterschiedliche Fotoätzplatinen mit wirklich üppigem Umfang als eine Bausatzbeigabe ins Paket. Hier zeigt Trumpeter, wo vermehrt der Weg hingeht, und ermöglicht so schon einen sehr umfangreichen Bastelspaß, ohne dass sich der Modellbauer noch zum Kauf weiterer Zurüstteile genötigt fühlen muss. Interessante Notiz am Rande – die Platinen sind mit einer Herstellerbezeichnung versehen, welche das Design auf 2017 datiert.
Die folgenden Bestandteile fehlen bei dem mir vorliegenden Muster, werden aber natürlich im Bausatz enthalten sein: Ein Bogen Abziehbilder mit Flaggen und Hoheitsmarkierungen in der bekannten Ausführung der Swastika. Das/Die Bordflugzeuge (Arado Ar 196) in Form der bereits bekannten, transparenten Spritzlinge. Auch von der Bauanleitung kann ich nur ein Foto von Trumpeters Website zeigen.
Quelle: Trumpeter hier, hier und hier
Trumpeter vs. Revell
Kommen wir zum interessantesten Teil, nämlich der Gegenüberstellung dieses neuen Modells von Trumpeter mit dem bisher besten Plastikbausatz der Bismarck im selben Maßstab – dem Bausatz der Firma Revell von 2010. Ich habe den Revell-Bausatz inklusive der wesentlichsten Angebote des „Aftermarket-Segments“ ebenfalls hier liegen und stelle mir deshalb – wie vermutlich eine Vielzahl der Leser – die Frage, ob und warum man sich den Bausatz von Trumpeter trotzdem kaufen sollte.
Rumpf
Fangen wir wieder beim Wesentlichen an, dem Rumpf. Wie bereits geschildert, ist die Ausführung des neuen Trumpeter-Bausatzes auf den ersten Blick sehr stimmig und sinnvoll organisiert. Im Vergleich zeigen sich gänzlich unterschiedliche Ansätze: Während der Rumpf von Revell aus zwei an der Kiellinie getrennten Hälften besteht und so mit dem Hauptdeck eine dreiteilige Baugruppe bildet, löst Trumpeter die Problematik der leichten Hinterschneidung, die aufgrund der „Aufdickung“ des unteren Bugs besteht, mit einem kleinen Zusatzteil. Ich finde beide Varianten gut – allerdings scheint die Passgenauigkeit beim Trumpeter-Bausatz etwas besser auszufallen, der Spalt zwischen Rumpf und eingelegtem Hauptdeck ist kleiner.
Die Originalgetreue und somit auch die Übereinstimmung beider Bausätze bei Rumpf und Hauptdeck ist beeindruckend. Position und Anzahl der Bullaugen stimmen in beiden Fällen (zumindest, wenn ich meinen Plänen trauen darf). Einzig beim Verlauf der Kiellinie – vor allem im Bereich der Ruderanlage und Welle – weisen die zwei Modelle leichte Unterschiede auf. Hier sind beide in Formverlauf und Winkel recht nah dran, es gibt aber kein deutliches Besser und Schlechter. Die Ausführung von Details ist bei Trumpeter etwas feiner. Im Falle der Steigeisen und Wasserabweiser bin ich mir aber noch nicht sicher, wie viel davon noch sichtbar sein wird, wenn Farbe aufgetragen wurde.
Selbes gilt für den Bereich mittschiffs. Hier sind die Details bei Trumpeter feiner, bei Revell stellenweise aber deutlicher sichtbar und „stärker“ ausgeprägt. Die Schwerter am Unterwasserschiff sind bei Revell Bestandteil des Bauteils, bei Trumpeter hingegen als Einzelteile vorhanden.
Aufbauten
Hier setzt sich das Gesamtbild fort – beim Neuling von Trumpeter sind die meisten Schanzkleider nicht ans Hauptbauteil gespritzt, sondern als separate Teile beigelegt. Das erleichtert u.a. das Lackieren des Decks, sowie die mögliche Einpassung eines Echtholzdeckes.
Der größte Unterschied bezüglich Qualität und Detaillierung ist im Bereich der Bordwände sichtbar. Zum einen ist hier die Umsetzung des Trumpeter-Bausatzes schlüssiger, zum anderen sind die Details auf einem anderen Level. Meiner Meinung nach sollte man hier die Finger von der Feile lassen, denn die Details sind fein, präzise und würden durch kein Ätzteil aufgewertet!
Eine kleine Überraschung stellt aus meiner Sicht einzig der Schornstein dar. Im direkten Vergleich fällt wieder auf, dass Trumpeter zwar Bauteile sinnvoller trennt, aber die Details und Gravuren der Revell-Teile gefallen mir besser.
Bewaffnung
Beginnen wir mit der Hauptbewaffnung. Bei den großen Türmen lässt sich kein deutlicher Qualitätsunterschied feststellen. Allerdings hat auch hier Trumpeter einen Schritt weitergedacht. Die Steigeisen bzw. Leitern, welche in Wirklichkeit einen minimalen räumlichen Abstand zur Turmwand hatten, sind erst gar nicht am Plastik vorhanden – hier ist es sinnvoll direkt Ätzteile einzuplanen. Das zeigt deutlich der sonst ebenfalls wunderschöne Turm von Revell, dort ist die Leiter „aufgedickt“ angegossen. Da heißt es für den Enthusiasten erst abschleifen und dann mit Ätzteilen ersetzen.
Kommen wir wieder zu meinem „Lieblingsgeschütz“, dem 10,5 cm SK C/33. Und hier muss ich Trumpeter wirklich loben. Ich habe zum Vergleich die gebauten und aufgewerteten Teile von meiner Dragon Scharnhorst gesichtet, außerdem die Geschütze von Veteran Models (da kosten vier vollständige Geschütze etwas über 20 € und die Qualität ist aus bisheriger Sicht der absolute Benchmark), und ich muss sagen, dass die Bausatzteile von Trumpeter diesen Teilen in nichts nachstehen. Des Weiteren hat Trumpeter beide Varianten des Geschützes korrekt wiedergegeben – d.h. auf C31- sowie C37-Lafette. Aber seht selbst:
Eine kleine Schwachstelle beider Bausätze sind hingegen die Admirals-Barkassen und Beiboote. Während bei Revell die angegossene Reeling nicht wirklich überzeugt, ist bei Trumpeter der Unterstand nicht schön gelöst. Hier können sehr sinnvoll Ätzteile zum Einsatz kommen!
Muss ich mir das ganze Zubehör neu kaufen?
Die erste Frage, welche sich nun aus meiner Sicht als Ätzteil-Messie stellt: Wenn ich bereits die Zurüstsätze für den Revell-Bausatz gekauft habe, mir aber den neuen Trumpeter-Bausatz zulegen möchte, könnte ich einfach diese Zurüstsätze für den Trumpeter-Bausatz verwenden?
Aufgrund der doch recht hohen Übereinstimmung beider Bausätze und aufgrund dessen, was ich bei den Zubehörsätzen von Pontos und Lion Roar gesehen habe, kann ich mir vorstellen, dass sich sehr viele Teile 1:1 auf das Trumpeter-Modell transferieren lassen. Stand jetzt (März 2020) gibt es noch keinen Zurüstsatz für die neue Bismarck von Trumpeter, aber sicher wird auch hier wieder eine Firma ein umfangreiches Ätzteilset herausbringen (mutmaßlich arbeitet Infini bereits daran).
Schwierig gestaltet sich die Situation mit den Echtholz-Decks, die für die 1/350 Bismarck von Revell auf dem Markt sind. Die Bausätze von Trumpeter und Revell unterscheiden sich einfach zu sehr darin, welche Teile am Deck angegossen und welche separat zu montieren sind. Auch minimale Unterschiede im Verlauf der Bordwände und Schanzkleider kommen hier sofort zum Tragen. Einzelne kleine Plattformen oder Segmente für die Barkassen lassen sich aber sicherlich verwenden. Ich habe das mal exemplarisch anhand des Holzdeckes von MK.1 Design auf dem Achter- bzw. Hauptdeck des Trumpeter-Modells ausprobiert…
Fazit
Wenn es um die Passgenauigkeit und die sinnvolle Einbindung weiterer Detaillierung geht, stellt der neue Bausatz von Trumpeter für mich eine bessere Grundlage für den Bau der Bismarck in 1/350 dar als der Revell-Bausatz. Das historische Vorbild ist aufgrund seiner Bekanntheit und dem vormals erschienenen 1/200-Modell seitens der Firma Trumpeter offensichtlich bestens recherchiert worden – das zeigt sich im Ergebnis. Zusätzlich wurden viele „modellbauerische“ Aspekte berücksichtigt, sodass ich sagen würde, der Bausatz ist auf jeden Fall einer der Besten dieser Firma im Maßstab 1/350. Dennoch kann sich das mittlerweile 10 Jahre alte Revell-Modell ebenfalls noch sehen lassen. Der Vergleich mit dem neuen Bausatz von Trumpeter zeigt, wie gut und stimmig beide Bausätze sind. Gerade wer Einsteiger ist und direkt aus dem Kasten baut, findet mit dem Modell von Revell für unter 60 € einen Bausatz mit exzellentem Preis-Leistungs-Verhältnis. Alle, die schon mit dem Revell-Bausatz begonnen haben, oder noch unentschlossen sind, müssen also nicht zwingend gänzlich umdenken!
Sicher wird sich vor allem der langjährige Schiffsmodellbauer die Frage stellen, warum Trumpeter ein weiteres Modell des bekanntesten deutschen Schlachtschiffs auf den Markt bringen musste. Zum einen ist natürlich nicht zuletzt die Bekanntheit ein Argument für eine große potentielle Käuferschicht, zum anderen fehlt die Baureihe (Bismarck und Tirpitz) aber auch noch in Trumpeters großer Flotte an Schiffen in 1/350. Meine persönliche Empfehlung als Modellbauer wäre jedenfalls, dass Hersteller auch auf bisher nicht als Bausatz vorhandene Vorbilder des jeweiligen Maßstabes blicken sollten, aber das tut hier nichts weiter zur Sache und trübt auch nicht den Eindruck, den ich von Trumpeters neuer Bismarck erhalten habe – und der ist im Großen und Ganzen sehr gut:
+ beiliegende Ankerketten und üppige Ätzteilplatinen
+ Spritzguss in sehr guter Qualität (vor allem die SK-C/33-Bewaffnung beeindruckt)
+ Korrektheit und Detaillierung
+ schlüssige Aufteilung der Baugruppen und Teile
+ Lackiervorlage und ausführliche Farbangaben
+ vorhandene Ätzteile auf dem Zubehörmarkt (für Revell konzipiert) sind weitestgehend verwendbar
- der Preis von über 180 € ist für Trumpeter trotz des umfangreichen Inhaltes relativ hoch
- die exakten Fliegerkennungen der Arados fehlen
uneingeschränkt empfehlenswert
Daniel
Wir danken Trumpeter für das Bausatzmuster