Modell: SMS Viribus Unitis
Hersteller: Trumpeter
Maßstab: 1/350
Material: Polystyrol (Spritzguss), Fotoätzteile, Abziehbilder
Art.Nr.: 05364
Preis: 69,99 €

Das Original

Österreich? Seemacht? Heutzutage ist die Alpenrepublik wohl eher fürs Skifahren und den ersten europäischen Corona-Hotspot bekannt. Als Binnenland sind die Voraussetzungen für Seemacht auch eher beschränkt. Aber bis zum Ende das Ersten Weltkrieges gehörte zum Habsburger Kaiserreich die östliche Adriaküste von Triest bis nach Dubrovnik, entsprechend der heutigen Landkarte also von Ost-Italien bis Süd-Kroatien. Und auch die österreichisch-ungarische Flotte war nicht zu verachten. Neben älteren Schiffen gehörten bei Kriegsausbruch auch schon einige moderne Schlachtschiffe des Dreadnought-Typs zum Arsenal. Allen voran die vier Schiffe der Tegetthoff-Klasse, zu der auch die Viribus Unitis gehörte. Die drei weiteren Schwesterschiffe waren Szent István, Prinz Eugen und das namensgebende Schiff Tegetthoff.

Die Viribus Unitis wurde ab 1910 in Muggia (bei Triest) gebaut und stellte 1912 in Dienst. Nach dem Attentat in Sarajevo, dem Auslöser des Ersten Weltkrieges, brachte die Viribus Unitis den Leichnam des erschossenen Thronfolgers zurück nach Triest. Im Krieg selbst hatte die österreich-ungarische Flotte nicht viele aktive Einsätze. Bedingt durch die ungünstige geopolitische Lage der österreichischen Häfen an der Ostküste der Adria konnten die Alliierten durch eine Seeblockade zwischen Italien und Albanien, der Sperre von Otranto die Ausfahrt aus der Adria unterbinden. Österreichische Versuche, diese Sperre aufzubrechen wurden unter größeren Verlusten zurückgeschlagen und letztendlich aufgegeben. So blieben gelegentliche Beschießungen der italienischen Adriaküste die einzigen erwähnenswerten Einsätze der gesamten österreichischen Marine.

Auf Anordnung des österreichischen Kaisers wurde die Viribus Unitis am 31.10.1918 an den erst am 30.10.1918 neu gegründeten Staat der Slowenen, Kroaten und Serben übergeben. Die Umbenennung in Jugoslavija konnte allerdings nicht mehr stattfinden, da das unter neuer Flagge fahrende, eigentlich neutrale Schiff, von einem italienischen Kommandounternehmen am  01.11.1918 gesprengt wurde und sank. Dabei fanden mehr als 400 Mann ihrer Besatzung den Tod. Italien wollte die Entstehung einer maritimen (Groß-)Macht in der östlichen Adriaküste verhindern.

Der Bausatz

Weit weg vom gewohnten deutsch-japanisch-britisch-amerikanischen Zweiter Weltkrieg-Mainstream liefert Trumpeter mit der Viribus Unitis einen echten Exoten. Als österreich-ungarisches Schlachtschiff des Ersten Weltkrieges - eine perfekte Auswahl des historischen Vorbildes, um unser Hobby zu bereichern.

In gewohnter Trumpeter-Manier ist der Guss hervorragend und sauber, die Kleinteile fein und detailliert. Auch die Passung ist - soweit es sich aus ersten Trockenbau-Versuchen feststellen lässt - als ausgezeichnet zu beschreiben.

Rumpf

Die linke und die rechte Rumpfhälfte werden durch drei innere Streben verbunden und durch das einteilige Deck zu einer Einheit stabilisiert. Die zwölf Kasematten der Mittelartillerie können dabei drehbar eingesetzt werden. Die Luken im Rumpf sind durch Vertiefungen angedeutet, aber nicht durchgehend. Nicht markiert ist die Wasserlinie, diese ist lediglich bei den beiliegenden farbig gedruckten Bemalhinweisen ersichtlich.

Die Länge des Modells ist mit gut 43,4 cm angegeben.

Kleinteile

Insgesamt soll das Modell laut Hersteller aus mehr als 480 Bauteilen bestehen, was viel Bastelspaß verspricht. Die Kleinteile sind sauber und gratfrei gegossen und zu ihrem Schutz zusätzlich in Schaumstofffolie verpackt.

Die Detaillierung ist dem Maßstab entsprechend sicherlich teilweise vereinfacht, aber auf höchstem Niveau des Machbaren im Spritzguss. Besonders die unzähligen Filigranteile für Masten, Davits, oder Torpedonetzspieren sind hervorzuheben, sowie die Oberflächenstrukturen der großen Geschütztürme. Nicht ganz so überzeugend präsentieren sich aus meiner Sicht die Beiboote und deren innere Strukturen (Ruderbänke, etc...)

Mit in der Schachtel findet sich noch eine Ankerkette aus Metall sowie Flaggen und der Namenszug als Abziehbilder.

Die Fotoätzteile

Sind im Bausatz auf drei kleine Platinen verteilt. Die darauf enthaltenen Teile sind alternativlos - also nicht zusätzlich als Plastikteile vorhanden - und müssen verwendet werden. Das setzt zum Bau der Viribus Unitis Grundkenntnisse im Umgang mit dem dünnen Blech voraus.

Auf den Platinen findet sich vor allem hilfreiches Zubehör für die Aufbauten, wie die Front der Brücke, Reling und Abgänge sowie Stützen und Streben, die Schiffskräne, aber auch Ergänzungen für die Masten und die Auflagen der für Schiffe dieser Zeit typischen Torpedonetze.

Die Anleitung

Fertig ist die Viribus Unitis nach 32 Bauabschnitten. Jeder einzelne davon ist übersichtlich, leicht verständlich und nachvollziehbar aufgebaut. Eine typische Baueinleitung in gewohnter Trumpeter-Manier.

Fazit

Die Viribus Unitis gehört für mich zweifelsohne zu den Modellbau-Highlights aus dem Jahr 2020, das man haben muss. Trotz aller maßstabsgebotenen Vereinfachungen ist sie von Topqualität, nach einem tollen Vorbild und ein Bausatz, der schon „aus dem Kasten gebaut“ überzeugen kann.

Und was tut sich auf dem Zubehörmarkt? Von Master gibt es schon seit einiger Zeit gedrehte Messing-Masten und Geschütze; eigentlich für den Bausatz der Resin-Viribus Unitis von Kombrig (Bausatzbesprechung), aber sicherlich auch für die Kunststoff-Version von Trumpeter zu verwenden. Und auch Eduard, die Ätzteil-Edelschmiede aus Tschechien hat schon vorgelegt. Mehr dazu hier.

sehr empfehlenswert

Wolfgang