Modell: Leichter Kreuzer Nagara, Bauzustand 1942
Hersteller: Aoshima
Maßstab: 1/350
Material: Polystyrol
Art.Nr.: 4419
Preis: ca. 80,- Euro
Für die modellbauenden Freunde der Kaiserlichen Japanischen Marine, die dem Maßstab 1:350 anhängen, hat sich das Blatt nach Jahrzehnten der Eintönigkeit, oder wahlweise der teuren Kleinserienmodelle, zum Guten gewendet.
Bausätze von Zerstören, schweren Kreuzern, Schlachtschiffen, die nicht Yamato oder Musashi heißen, U-Booten, U-Jägern und sogar Flugzeugträgern sind mittlerweile erhältlich. Der an dieser Entwicklung maßgeblich beteiligten Firma Aoshima kommt hierbei auch noch der Verdienst zu, eine für den Pazifikkrieg ebenso wichtige Schiffsklasse hinzugefügt zu haben, nämlich die leichten Kreuzer der Nagara-Klasse.
Die Kreuzer der Nagara-Klasse waren die zweite Gruppe der 5500 t Klasse und wiesen nur geringe Unterschiede zu ihrer Vorgänger-Klasse, der Kuma-Klasse, auf. Es wurden sechs Einheiten gebaut: Nagara, Isuzu, Yura, Natori, Kinu und Abukuma.
Die leichten Kreuzer waren dafür vorgesehen als Flaggschiffe einer Kreuzer-, Zerstörer- oder U-Boot-Flottille zu agieren, was sie in der Regel auch während ihrer Einsatzgeschichte taten.
Technische Daten Länge: 163,06 m Breite: 14,75 m Tiefgang: 4,88 m Verdrängung: 5570 t Antrieb: 4 Satz Gihon Getriebturbinen Kesselanlage: 12 Kampon Kessel (8 Öl, 4 Kohlebefeuert) Leistung: 70.000 WellenPS Geschwindigkeit: 33 kn Hauptbewaffnung: 7 x 14 cm SK L/50 in Einzellafette 8 x 61 cm Torpedorohre in Zwillingsrohrsätzen Besatzung: 438 Mann
Das Original
Nagara wurde am 9. September 1920 bei der Sasebo Marine Werft auf Kiel gelegt und lief nur acht Monate später, am 25. April 1921, vom Stapel. Es dauerte noch ein weiteres Jahr bis Nagara, am 21. April 1922, in Dienst gestellt werden konnte.
Kurz darauf wurde sie der Marinebasis von Port Arthur zugeteilt, von wo aus sie vor der Küste Chinas bis Tsingtao patrouillierte.
Bei Ausbruch des 2. Chinesisch-Japanischen Krieges sicherte sie während der Schlacht von Shanghai Transportschiffe und blieb ansonsten auf Position und patrouillierte weiterhin vor der Küste und der Mündung des Flusses Yangtze.
Vom 30. Januar bis zum 8 April 1941 unterstützte Nagara die Invasion Französisch-Indochinas und sicherte vom 10. Juni bis zum 9. September 1941 Truppen-Landungen im Süden Chinas.
Zu Beginn des Pazifikkrieges gehörte Nagara zu Konteradmiral Kyuji Kubos 4. Überraschungsangriffs-Verband und war in Palau stationiert, als der Angriff auf Pearl Harbor den Anfang vom Ende des alten Kaiserreichs einläutete.
Was nun folgte, war das bewegte "Leben" eines alten Schlachtrosses: Unterstützung und Sicherung von Landungsunternehmen bei Legaspi (Luzon, Philippinen), Celebes, Makassar, Bali, Java, der Weihnachtsinsel usw. Nagara nahm an der Schlacht von Midway, den Salomonen, Santa Cruz und den beiden Seeschlachten von Guadalcanal teil.
Es folgten diverse Sicherungseinsätze für Konvois im südlichen Pazifik, immer wieder unterbrochen durch Umrüstungen der Flakbewaffnung und den Einbau neuer Radar-Anlagen. Im weiteren Verlauf wurden auch ihre vier Zwillingsrohrsätze der Torpedowaffe gegen zwei Vierlingsrohrsätze achtern ausgetauscht. Die unübersehbare Luftüberlegenheit der Alliierten führte dazu, dass die achtere 14 cm, sowie das Flugzeugkatapult gegen schwere Flakwaffen ausgetauscht werden mussten.
Alle Versuche der Alliierten, Nagara mit Torpedos, Bomben oder Granaten zu versenken, blieben zunächst erfolglos. Bis zum Tag ihrer Versenkung wurde sie von insgesamt acht Torpedos verfehlt und Bomben trafen ohne nachhaltige Wirkung oder schlugen nur dicht daneben ein. Nur der USS San Francisco gelang während der ersten Seeschlacht von Guadalcanal, am 13. November 1942, Nagara mit einer 12,7 cm Granate zu treffen und sechs Besatzungsmitglieder zu töten, doch größere Schäden am Schiff entstanden nicht. Die Luftüberlegenheit der Alliierten ließ die Zukunft der Nagara allerdings düster aussehen.
Das Ende ereilte Nagara aber nicht aus der Luft, sondern von einem getauchten "Gato", nämlich der brandneuen USS Croaker (SS-246). "Croaker" befand sich auf seiner ersten Feindfahrt, als LtCdr John E. Lee Nagara, am 7. August 1944, auf einer Fahrt von Kagoshima nach Sasebo, im Seerohr erfasste. Um 12.22 Uhr traf ein Torpedo eines vierer-Fächers steuerbord-achtern und nur 18 Minuten später sank Nagara 35 Seemeilen südlich von Nagasaki. Von den 584 Mann an Bord konnten 235 gerettet werden. 349 Mann gingen mit ihr unter, darunter auch der Kommandant, Kapitän z.S. Nakahara, der posthum zum Vizeadmiral befördert wurde.
Am 10. Oktober wurde Nagara offiziell aus den Marinelisten gestrichen.
Der Bausatz
Aoshima hat mit diesem Bausatz konsequent die eigene Produktqualität verbessert. Dies zeigt mir ganz deutlich ein direkter Vergleich mit einem Kreuzer-Bausatz der Takao-Klasse, der auch noch immer darauf wartet, von mir gebaut zu werden.
Nicht dass allzu viel zu verbessern gewesen wäre, aber gerade deshalb ist es ja so bemerkenswert, dass sich ein Hersteller dieser wenigen, verbesserungswürdigen Punkte annimmt.
Schon beim Auspacken der Bauteile fiel mir auf, dass dem Bausatz eine feine Kette beiliegt. Natürlich soll sie der Darstellung der Ankerketten dienen, die noch beim Bausatz der Takao-Klasse aufgeprägt und unterdimensioniert waren. Dies ist eine sehr begrüssenswerte Verbesserung, die auch für andere Hersteller richtungsweisend ist.
Ein Blick auf den Spritzling mit den Beibooten, Kuttern und Barkassen zeigt ebenfalls, dass es auch hier noch besser ging. Die Decks der Barkassen haben im Unterschied zu den älteren Bausätzen nunmehr eine Plankenstruktur und auch die Aufbauten sind nun deutlich feiner detailliert. Die Persenninge, mit denen die Kuttern abgeplant sind, hängen hier und da durch, was ebenfalls deutlich realistischer aussieht, als die brettsteifen Planen bei den älteren Bausätzen.
Die Messingbänder auf den Linoleumdecks sind ebenfalls besser dargestellt als früher, ebenso wie mir alle Aufbauten "knackiger" in der Kontur vorkommen.
Ansonsten unterscheidet sich der Bausatz in der Baugruppenaufteilung nicht von anderen Modellen des Herstellers und ist auch für Einsteiger in den "großen"Maßstab geeignet, da alle Baugruppen wirklich gut passen. Nun möchte ich noch einen Bereich vorstellen, der ebenfalls stark verbessert wurde, nämlich den der Bordflugzeuge.
Bordflugzeuge stehen gleich mehrere zur Auswahl, obwohl der Bauplan nur eine Maschine beschreibt, nämlich den von Kawanishi gebauten, bordgestützten Seeaufklärer E7K2 "Alf". Hierbei handelt es sich um ein dreisitziges Schwimmerflugzeug, mit Sternmotor, das zu Begin des Pazifikkrieges als Bordflugzeug weit verbreitet war, aber auch von Inselstützpunkten aus zum Einsatz kam. Zehn Bauteile sind für dieses Modell vorgesehen und die ergeben ein durchaus ansprechendes Modell.
Der Flugzeug-Spritzling ist kein Standardspritzling, den man vielleicht schon kennt, wenn man einen der schweren Kreuzer-Bausätze besitzt. Er ist eine Neuentwicklung, die Aoshimas Willen dokumentiert, sich weiter zu entwickeln und die Qualität der Produkte konsequent zu verbessern. Dies wird auch an der "Alf" deutlich. Während der Rumpf in dem "alten" Bausatz in einem Stück mit unterer Tragfläche und Höhenleitwerksflossen ausgeführt ist, wurde er beim neuen Spritzling in zwei Hälften ausgeführt, um eine detailreichere Oberfläche erzielen zu können, was auch sehr gut gelungen ist. Mehr Details auf den Oberflächen hat man auch den Tragflächen gegönnt. Waren sie beim alten Spritzling noch glatt, mit gerade mal gravierten Querrudern, weist der neue Bausatz hier eine feine Rippenstruktur auf, die in diesem Maßstab nicht mal nötig wäre, aber dennoch gut aussieht.
Weitere vorhandene Flugzeugtypen sind, wie schon beim "alten" Spritzling, die E13A1a "Jake", E8N2 "Dave" und F1M2 "Pete". Auch diese wurden überarbeitet und stellen eine deutliche Verbesserung zum "alten" Spritzling dar.
Interessant ist aber die Beigabe eines besonderen Flugzeugtyps, der schon im Original recht selten war: das von Aichi, in 17 Exemplaren, gebaute Aufklärungsflugboot E11A1, von den Alliierten kurz "Laura" genannt.
"Laura" war ein kleines Flugboot, das in seiner Auslegung sehr an die britische Supermarine "Walrus" erinnert. Als Doppeldecker ausgelegt, verfügte die E11A1 über einen 620 PS Motor, der anders als bei der "Walrus" nicht zwischen den Tragflächen "hing", sondern auf der oberen Tragfläche thronte.
Dieser Antrieb ermöglichte eine für das Jahr 1937, äußerst bescheiden zu nennende Höchstgeschwindigkeit von 217 km/h in 2400 m Höhe. Die Besatzung bestand aus drei Mann. Der Bordschütze konnte zur Abwehr etwaiger Angreifer ein "gefährliches" 7,7 mm MG zum Einsatz bringen, das wohl nicht viel Schutz hätte bieten können. "Laura" war als bordgestützer Aufklärer konzipiert, war aber bereits zu Begin des Pazifikkrieges obsolet und wurde nur noch wenig, als Nahaufklärer bei Nacht, eingesetzt , weswegen der Bauplan auch einen rund herum nachtschwarzen Anstrich vorgibt. Diese Bemalvorgabe halte ich aber für zumindest fragwürdig. Es existiert eine Flugaufnahme einer "Laura" mit der Leitwerkskennung 'F-1', die extrem dunkel lackiert zu sein scheint. Dies Aufnahme ist allerdings auch von extrem schlechter Qualität und ich würde dafür, dass diese Maschine wirklich schwarz lackiert ist, keine Wetten annehmen. Tatsächlich kenne ich kein Flugzeug der Marine, das nachweislich schwarz lackiert war. Ein Anstrich in den für Aichi üblichen Farben erscheint mir persönlich richtiger zu sein.
Das kleine Modell besteht aus insgesamt 20 Teilen, die überzeugend detailliert sind. Lediglich die Rippenstruktur ist bei diesem Modell etwas übertrieben ausgefallen, was zuallererst an den enger als bei der oben beschriebenen "Alf" gesetzten Rippen liegt. Dies ergibt ein "unruhiges" Bild und wirkt nicht so überzeugend wie die Rippen bei den anderen Flugzeugmodellchen. Alles in allem aber ein gelungenes Modell eines seltenen Flugzeugtyps.
Gibt es noch eine Steigerungsmöglichkeit bei den Bordflugzeugen?
Nun, ich denke das geätzte 'N' Streben bei Doppeldeckern und generell geätzte Propeller durchaus zur Grundausstattung der künftigen Bausätze gehören sollten. Desweiteren ist es wünschenswert die, zum Teil sehr großen, Kabinenverglasungen aus Klarsichtmaterial zu erstellen, am besten aber gleich die ganzen Rümpfe um das Ankleben der Kanzelteile zu vermeiden.
Fazit
Der Bausatz der Nagara legt die Latte für alle Hersteller von Plastikspritzguss-Bausätzen in diesem Produktbereich um einiges höher. Schlechter als Nagara sollte künftig kein Plastik-Bausatz in 1:350 mehr sein und verbessern bzw. verfeinern kann man ja auch in Zukunft immer noch etwas.
uneingeschränkt empfehlenswert
Olaf
Wir danken Glow2B für das Bausatzmuster