28.03.1941 – Seeschlacht bei Kap Matapan

 

Schlachtschiff Vittorio Veneto feuert auf britische Kreuzer bei der Insel Gavros zu Beginn der Seeschlacht bei Kap Matapan

Quelle: Wikimedia Commons

Vorgeschichte


Niederlage Frankreichs

Als sich der deutsche Sieg im Feldzug gegen Frankreich abzeichnete, erklärte der italienische Diktator Mussolini seinerseits den Franzosen noch schnell den Krieg und besetzte die ostfranzösischen Gebiete von den Alpen bis zum ligurischen Meer.


Kampfraum Mittelmeer

Mit der Niederlage Frankreichs wurde der maritime Hauptgegner im Mittelmeer, auf den sich die italienischen Seestreitkräfte ausgerichtet hatten, auf einen Schlag inexistent. An seine Stelle war jetzt die weit gefährlichere britische Marine getreten. Der Force A, stationiert im ägyptischen Alexandria, war der östliche Mittelmeerraum zugewiesen, während die Force H von Gibraltar aus im westlichen Mittelmeer operierte. Beide Kampfgruppen waren mit Schlachtschiffen, Kreuzern, Flugzeugträgern, Zerstörereinheiten und U-Booten ausgerüstet. Wie ein Stachel im Fleisch der Achsenmächte sollte sich Malta im Zentrum des Mittelmeerraumes erweisen und behaupten.


Italienisches Großmachtstreben

In der Absicht, den Balkan unter ihren Einfluss zu bringen, eroberten Mussolinis Truppen im April 1939 Albanien.
Anfang August 1940 fielen italienische Landstreitkräfte in Britisch-Somaliland ein und griffen aus Libyen heraus das mit den Engländern verbündete ägyptische Königreich an.


Die Seeschlacht bei Punta Stilo

Die am 9. Juli 1940 unentschieden endende Seeschlacht bei Punta Stilo wäre für die britischen Seestreitkräfte zum Desaster geworden, hätten die Italiener die beiden neuesten Schlachtschiffe der Littorio-Klasse eingesetzt. Die Schäden hielten sich in Grenzen. Auf beiden Seiten wurden je drei Schiffe beschädigt, an der seestrategischen Lage änderte sich kaum etwas.

Erwähnenswert ist der gravierende Mangel an Koordination zwischen Flotte und Luftwaffe der Italiener. Auch den strategischen Vorteil landnaher Flugplätze konnte die italienische Luftwaffe nicht ausnützen. Die Luftangriffe erfolgten zu spät, stießen ins Leere oder führten zu Angriffen auf die eigenen Schiffe. Außenminister Graf Ciano meinte gar, nicht die britische Flotte sei das Problem der italienischen Seekriegsführung, sondern die katastrophale Zusammenarbeit zwischen Luftwaffe und Marine.


Angriff auf Griechenland

Um einer Landung englischer Streitkräfte in Griechenland zuvorzukommen, versuchten Mussolinis Truppen Ende Oktober 1940 aus Albanien heraus in Griechenland einzufallen. Der Angriff scheiterte am entschiedenen Widerstand der Griechen. Zur Unterstützung der Griechen gegenüber den Absichten der Achsenmächte entsandte England drei Divisionen und eine Panzerbrigade mit etwas mehr als 50.000 Mann samt Nachschubmaterial nach Griechenland.


Britischer Angriff auf Tarent (Operation Judgement)

Hauptaufgabe der britischen Streitkräfte im Mittelmeer war die Offenhaltung der Achse Gibraltar – Suezkanal, während die italienische Marine alle Verbindungen vom italienischen Mutterland nach Ostafrika (Libyen) schützen musste. Überraschende Begegnungen und Behinderungen konnten nie ausgeschlossen werden. Um die Gefahr zu mindern, war es dem britischen Oberbefehlshaber Mittelmeer in Alexandria, Admiral Andrew Cunningham, ein großes Anliegen, seinen Gegner zu schwächen. So plante er, die defensiv agierenden italienischen Kriegsschiffe in einem ihrer Häfen anzugreifen. Anfang November 1940 war die gesamte britische Mittelmeerflotte zum Schutz von fünf Konvois im Einsatz. Cunningham standen zwei Flugzeugträger, die HMS Eagle und die HMS Illustrious, zur Verfügung. Die Gelegenheit nützend, plante er einen Nachtangriff auf die vor Anker liegenden Flottenteile im Hafen von Tarent. Diesem Angriff mit erstmaligen Nachtlandungen auf einem Flugzeugträger war bei geringsten Eigenverlusten ein voller Erfolg beschieden. Drei der sechs italienischen Schlachtschiffe wurden für Monate außer Gefecht gesetzt. In der Folge wurde der Rest der italienischen Flotte in weiter nördlich gelegene Häfen verlegt. Die stets bedrohliche Lage im östlichen Mittelmeer hatte sich zu Gunsten der Briten verändert.


Die Seeschlacht von Kap Matapan

Die wieder nach Libyen zurückgedrängten italienischen Truppenverbände erhielten ab Januar 1940 materielle und personelle Unterstützung durch das Dritte Reich. Großadmiral Raeder forderte anlässlich eines Treffens in Meran mehr Aktivitäten der italienischen Flotte zum Schutz der strategisch wichtigen Seetransporte nach Nordafrika.

In der Annahme, dass zwei britische Schlachtschiffe durch Torpedoangriffe deutscher Kampfflugzeuge vom II./KG außer Gefecht gesetzt seien, befahl Supermarina der Flotte, unter dem Schutz des X. Deutschen Fliegerkorps von Griechenland kommende britische Konvois überraschend anzugreifen und in die Ägäis einzudringen.


Zusammensetzung der italienischen Flotte

Die Angriffsflotte unter Vizeadmiral Angelo Iachino setzte sich wie folgt zusammen:

Aus Neapel
Schlachtschiff Vittorio Veneto
13. Zerstörer-Flottille: Alpino, BersagliereFuciliere und Granatiere

Aus Tarent unter dem Kommando von Konteradmiral Carlo Cattaneo
1. Division Schwerer Kreuzer: Zara, Pola und Fiume
9. Zerstörer-Flottille: GiobertiAlfieriOriani und Carducci 

Aus Brindisi unter dem Kommando von Konteradmiral Antonio Legnati
8. Division Leichter Kreuzer: Luigi di Savoia, Duca degli Abruzzi und Giuseppe Garibaldi
16. Zerstörer-Flottille: Da Recco und Pessagno

Aus Messina unter Konteradmiral Luigi Sansonetti
3. Division Schwerer Kreuzer: TriesteTrento und Bolzano
12. Zerstörer-Flottille: CorazziereCarabiniere und Ascari


Die britische Aufklärung

Dank Einbruchs in den italienischen Enigma Schlüssel waren die Briten über den Vorstoß informiert. Alle durch ULTRA ermittelten Aufklärungsergebnisse mussten sorgsam getarnt werden, damit der Gegner nicht auf die Quelle tippen und entsprechende Vorkehrungen hätte treffen können. Tatsächlich glaubten die Achsenmächte bis zum Kriegsende, dass Enigma nicht entschlüsselt werden konnte. Es musste also immer eine andere plausible Erklärung bereitgehalten werden. In diesem Falle schickte man ein Flugboot zur „zufälligen" Entdeckung des in See stehenden Flottenverbandes.


Zusammensetzung der britischen Seestreitkräfte

Force A in Alexandria unter dem Kommando von Admiral Cunningham
1. Schlachtschiffverband: HMS Warspite, HMS Barham, HMS Valiant;
Flugzeugträger HMS Formidable;
10. Zerstörerflottille: HMS Jervis, HMS Janus, HMS Mohawk, HMS Nubian

Force C in Alexandria
HMS Stuart, HMS Greyhound, HMS Griffin, HMS Hotspur, HMS Havcock

Force B von Piräus her unter dem Kommando von Vizeadmiral Pridham-Wippell
HMS Orion, HMS Ajax, HMS Gloucester, HMAS Perth
2. Zerstörerflottille: HMS Ilex, HMS Hasty, HMS Hereward, HMS Vendetta

 

 


Das Gefecht der Kreuzer

Auf Befehl Cunninghams verließ Vizeadmiral Pridham-Wippell mit seiner Force B den Hafen von Piräus, um westlich von Kreta aufzuklären und sich dort mit dem von Alexandria kommenden Schlachtgeschwader zu treffen. In der Nähe der Insel Gavros stieß er um 8.30 Uhr auf den Kreuzerverband von Konteradmiral Sansonetti. Das Gefecht wurde auf große Entfernung eröffnet. Da sein Verband den italienischen Kreuzern punkto Bewaffnung unterlegen war, zog sich Pridham-Wippell in südöstlicher Richtung zurück, in der Absicht, den Gegner ins Feuer der anmarschierende Hauptmacht Cunninghams zu locken.

Weil das Überraschungsmoment misslungen war, und die deutsche Luftunterstützung ausblieb, entschloss sich Admiral Iachino gegen Mittag zum Rückzug. Cattaneo versuchte nun seinerseits, die Briten vor die Rohre der schweren Einheiten zu ziehen.


Die Luftangriffe

Da zwischen den sich zurückziehenden Italienern und den sie verfolgenden Briten eine Distanz von 65 Meilen lag, veranlasste Cunningham einen Luftangriff, um den Feind zu stoppen oder mindestens zu verlangsamen. Den Swordfish Torpedoflugzeugen der HMS Formidable gelang es um 15.00 Uhr, die Geschwindigkeit der Vittorio Veneto vorübergehend herabzusetzen. Um 18.30 Uhr erfolgte ein weiterer Angriff mit Flugzeugen von Kreta her und vom Flugzeugträger HMS Formidable. Der Schwere Kreuzer Pola wurde getroffen und blieb bewegungslos liegen. Admiral Iachino befahl Teilen der 1. Division umzukehren und der Pola beizustehen. Er selbst zog sich in der Folge unbehelligt weiter nach Nordwesten zurück.


Schwerer Kreuzer Bolzano angegriffen von Fairy Swordfish Torpedobombern der HMS Formidable

Quelle: Wikimedia Commons


Das Nachtgefecht

Trotz großer Risiken, in der Nacht selbst durch Torpedos getroffen zu werden, entschloss sich Cunningham, die Italiener mit all seinen Kampfgruppen zu verfolgen. Um 21.10 Uhr meldete Pridham-Wippell Radarkontakt. In der Meinung, die Vittorio Veneto vor sich zu haben, stießen die Schlachtschiffe auf die bei der liegengebliebenen Pola eintreffenden Schweren Kreuzer Zara und Fiume. Die völlig überraschten Italiener wurden auf Kurzdistanz mit vernichtendem Feuer zusammengeschossen und sanken innert kurzer Zeit. Die Zerstörer Alfieri und Carducci erlitten das gleiche Schicksal. Am frühen Morgen wurde die Pola durch Torpedos der Zerstörer HMS Jervis und HMS Nubian versenkt, nachdem sie 259 Besatzungsmitglieder abgeborgen hatten.

Die aus sieben Schiffen bestehende  Kampfgruppe Cattaneos hatte fünf Schiffe und ihren Befehlshaber verloren. 2303 Seeleute waren gestorben, 915 Besatzungsmitglieder konnten durch britische und griechische Zerstörer und ein italienisches Lazarettschiff gerettet werden. Die italienische Marine hatte ihre schwerste Niederlage erlitten.


Die Auswirkungen

Der Sieg bei Kap Matapan verschaffte den Briten die Möglichkeit, ihre Expeditionstruppen unbeschadet aus Griechenland abzuziehen, als sie der Übermacht zweier deutschen Armeen gegenüberstanden, die im Begriffe waren, Jugoslawien und Griechenland einzunehmen.

Ohne funktionierenden Luftschirm, kaum mit Radar ausgerüstet und unter ständigem Brennstoffmangel leidend, waren die italienischen Marinestreitkräfte kaum mehr zu offensiven Aufgaben fähig und blieben bis zur Kapitulation mehrheitlich in ihren Häfen liegen.


Quellen

  • S.W. Roskill, Royal Navy – Britische Seekriegsgeschichte 1939-1945, Stalling 1961
  • Rohwer / G. Hümmelchen, Chronik des Seekrieges 1939-1945, Pawlak Verlagsgesellschaft 1968
  • Siegfried Breyer, Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer 1905-1970, Lehmannsverlag 1970
  • Potter/Nimitz/Rohwer, Seemacht – Von der Antike bis zur Gegenwart, Pawlak 1982
  • Andrew Cunningham, Die Schlacht bei Kap Matapan, Verlag Das Beste: Der Zweite Weltkrieg, Band 1, 1989
  • Janusz Piekalkiewicz, Der Zweite Weltkrieg, Weltbild Verlag 1992
  • Gabriele Faggioni, Militär- und Seeoperationen im Mittelmeer 1939-1945, Motorbuchverlag 2019
  • Informationen aus dem Internet, vorwiegend Wikipedia